Unsere Erfahrungswelt besteht nicht ausschließlich aus Wahrnehmung. Es existieren andere Erfahrungsarten wie z.b.: die Erinnerung, die Vorausschau oder die Phantasie. Diese jedoch lassen sich auf die Wahrnehmung zurückführen. Husserl bezeichnet sie deshalb als Abwandlungen oder Modalitäten der Wahrnehmung.
Die Fähigkeit sich zu erinnern stellt eine der wichtigsten und nützlichsten Arten der menschlichen Erfahrung dar. Wir sind in der Lage, uns aktiv vergangene Erlebnisse jederzeit wieder ins Bewusstsein zu rufen. Husserl versucht zu zeigen, dass die Erinnerung zusätzlich eine wichtige Aufgabe bei der Konstitution unserer Wahrnehmung übernimmt. Er unterteilt die Erinnerung in die „Retention“, die er auch primäre Erinnerung nennt, und in die Wiedererinnerung, die er als Vergegenwärtigung des Vergan-genen oder sekundäre Erinnerung bezeichnet. Mit dieser Arbeit möchte ich zeigen, welche Bedeutung Husserl der Erinnerungsfunktion für die Konstitution unserer Erfahrungswelt beimisst. Im ersten Teil werde ich beschreiben, was Husserl unter einer „Retention“ versteht und welche Aufgaben sie erfüllt. Die „Protention“ als das auf die Zukunft gerichtete Gegenstück zur „Retention“ werde ich nur aus Gründen der Vollständigkeit kurz erklären, ansonsten mich aber auf die „Retention“ beschränken. Der zweite Teil meiner Arbeit beschäftigt sich mit der Wiedererinnerung bzw. „sekundären Erinnerung“. Hierbei möchte ich vor allen Dingen strukturelle Unterschiede und Gemeinsamkeiten zwischen der Wahrnehmung und der Wiedererinnerung herausarbeiten. Außerdem möchte ich zeigen wie „Retention“ und Wiedererinnerung ineinander greifen, und dass die „sekundäre Erinnerung“ ohne die „primäre“ nicht zustande käme. Im letzten Teil möchte ich zeigen, dass Husserl die „retentionale“ Struktur der Wahrnehmung auch in der Phantasie ausfindig macht.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Hauptteil
- Primäre Erinnerung
- Urimpression und Retention
- Modifikation der Retention
- Die Retentionskette
- Protention
- Beispiele für den Ablaufmodus von Urimpression, Retention und Protention
- Sekundäre Erinnerung
- Konstitution von Zeitobjekten durch reproduzierende Vergegenwärtigung
- Die,,Freiheit der Reproduktion"
- Phantasie
- Primäre Erinnerung
- Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die Bedeutung der Erinnerung für die Konstitution unserer Erfahrungswelt gemäß Husserls phänomenologischer Psychologie. Ziel ist es, Husserls Verständnis von der primären und sekundären Erinnerung darzulegen, die in der Konstitution von Zeitobjekten und unserer Wahrnehmung eine zentrale Rolle spielen.
- Husserls Unterscheidung zwischen primärer Erinnerung (Retention) und sekundärer Erinnerung (Wiedererinnerung).
- Die Rolle der Retention in der Konstitution von Zeitobjekten und der Wahrnehmung.
- Die Beziehung zwischen Retention und Wiedererinnerung.
- Die Bedeutung der Phantasie in Husserls phänomenologischem Kontext.
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in das Thema ein und erläutert Husserls Auffassung, dass unsere Erfahrungswelt nicht nur aus Wahrnehmung besteht, sondern auch andere Erfahrungsarten wie Erinnerung, Vorausschau und Phantasie umfasst. Die Arbeit fokussiert auf die Bedeutung der Erinnerung, insbesondere auf die „Retention“, die als primäre Erinnerung bezeichnet wird, und die „Wiedererinnerung“, die als sekundäre Erinnerung betrachtet wird.
Das erste Kapitel befasst sich mit der primären Erinnerung. Es werden die Konzepte der „Urimpression“ und der „Retention“ eingeführt, sowie die Rolle der „Protention“ als Gegenstück zur „Retention“ kurz erläutert. Das Kapitel beschäftigt sich mit der Funktionsweise der Retention in der Konstitution von Zeitobjekten, insbesondere am Beispiel einer Tonfolge.
Das zweite Kapitel behandelt die sekundäre Erinnerung. Es untersucht die Konstitution von Zeitobjekten durch die reproduzierende Vergegenwärtigung und die „Freiheit der Reproduktion“. Es werden strukturelle Unterschiede und Gemeinsamkeiten zwischen der Wahrnehmung und der Wiedererinnerung herausgearbeitet, sowie die Abhängigkeit der sekundären Erinnerung von der primären.
Schlüsselwörter
Die zentralen Begriffe der Arbeit sind: Phänomenologie, Edmund Husserl, Erfahrungswelt, Erinnerung, Retention, Protention, Wiedererinnerung, Wahrnehmung, Zeitobjekt, Konstitution, Phantasie, Urimpression, Hyle, Synthese.
- Quote paper
- Andre Fischer (Author), 2005, Erfahrungswelt und Erinnerung bei Husserl, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/41749