Mitte November diesen Jahres berichtete unter anderem Die Zeit über das von Israel forcierte Abkommen mit Uganda und Ruanda, welches Israel ermöglichen soll, bis zu 40.000 momentan in Israel lebende flüchtende Menschen in einer „intensivierten Abschiebung“ ausreisen zu lassen. Im Fokus stehen vor allem Asylsuchende, welche von Afrika (vorrangig aus Eritrea, Sudan und Südsudan) über den Sinai nach Israel geflohen sind und dort bereits seit einigen Jahren auf die Bearbeitung ihrer Asylgesuche warten. Mit dem Abkommen, dessen konkrete Konditionen nicht veröffentlicht werden, will Israel jährlich bis zu 3.000 Flüchtende vor die Wahl stellen, entweder vermeintlich freiwillig in eines der beiden Vertragsländer auszureisen, oder sich in die Obhut der israelischen Strafjustiz zu begeben. Als Gegenleistung, so viel ist bekannt, sollen Uganda und Ruanda sowohl finanziell, als auch durch Waffenlieferungen und militärische Ausbildungsangebote unterstützt werden. Für die bereits in Uganda lebenden Flüchtenden herrschen indes verheerende Bedingungen.
Angesichts dieser erneuten Verschärfung der Situation für Asylsuchende in Israel sollen in der vorliegenden Arbeit Indizien für eine institutionalisierte Diskriminierung in der israelischen Migrationspolitik gegenüber subsaharischen Flüchtenden beleuchtet werden.
Dabei beschreibt Diskriminierung zunächst im Allgemeinen eine herabwürdigende oder benachteiligende Verhaltensweise gegenüber anderen sozialen Akteuren aufgrund konstruierter, vermuteter oder vorhandener Zuschreibungen von Merkmalen. Im Begriff der Institutionalisierten Diskriminierung wird von einem organisatorischen Handeln von Institutionen ausgegangen, welches zu einer dauerhaften Benachteiligung, bzw. Herabsetzung sozialer Gruppen führt. Dabei ist dieses Handeln losgelöst von auf einer Individualebene existierenden Vorurteilen und Absichten.
Mitte November diesen Jahres berichtete unter anderem Die Zeit über das von Israel forcierte Abkommen mit Uganda und Ruanda, welches Israel ermöglichen soll, bis zu 40.000 momentan in Israel lebende flüchtende Menschen in einer „intensivierten Abschiebung“ ausreisen zu lassen.[1] Im Fokus stehen vor allem Asylsuchende, welche von Afrika (vorrangig aus Eritrea, Sudan und Südsudan) über den Sinai nach Israel geflohen sind und dort bereits seit einigen Jahren auf die Bearbeitung ihrer Asylgesuche warten. Mit dem Abkommen, dessen konkrete Konditionen nicht veröffentlicht werden, will Israel jährlich bis zu 3.000 Flüchtende vor die Wahl stellen, entweder vermeintlich freiwillig in eines der beiden Vertragsländer auszureisen, oder sich in die Obhut der israelischen Strafjustiz zu begeben. Als Gegenleistung, so viel ist bekannt, sollen Uganda und Ruanda sowohl finanziell, als auch durch Waffenlieferungen und militärische Ausbildungsangebote unterstützt werden.[2] Für die bereits in Uganda lebenden Flüchtenden herrschen indes verheerende Bedingungen.
Angesichts dieser erneuten Verschärfung der Situation für Asylsuchende in Israel sollen in der vorliegenden Arbeit Indizien für eine institutionalisierte Diskriminierung in der israelischen Migrationspolitik gegenüber subsaharischen Flüchtenden beleuchtet werden.
Dabei beschreibt Diskriminierung zunächst im Allgemeinen eine herabwürdigende oder benachteiligende Verhaltensweise gegenüber anderen sozialen Akteuren aufgrund konstruierter, vermuteter oder vorhandener Zuschreibungen von Merkmalen. Im Begriff der Institutionalisierten Diskriminierung wird von einem organisatorischen Handeln von Institutionen ausgegangen, welches zu einer dauerhaften Benachteiligung, bzw. Herabsetzung sozialer Gruppen führt. Dabei ist dieses Handeln losgelöst von auf Individualebene existierenden Vorurteilen und Absichten.[3]
Als Anmerkung soll an dieser Stelle erwähnt werden, dass sich die textuellen Formulierungen vorliegender Arbeit an der Gender Mainstreaming-Variante der Sternchen-Form (*-Form) nach den Prinzipien bewussten und anti-diskriminierenden Sprachhandelns orientiert.[4]
Derzeit befinden sich etwa 42.000 Asylsuchende in Israel, von denen der Großteil seit mehr als drei Jahren auf die Bearbeitung ihres Asylgesuches wartet und sich auf die vier großen städtischen Zentren Israels, vor allem aber auf und in Tel Aviv verteilt. Des weiteren befindet sich ein Teil der Flüchtenden in israelischen Internierungslagern, bzw. in Gefängnissen.
Um die momentane Situation der flüchtenden Menschen in Israel einordnen zu können, ist es notwendig die Migration Israels zu betrachten. Anfänglich musste sich der Staat Israel vor allem mit zwei nennenswerten Phasen der Flucht auseinandersetzen. Zum einen ist hier die jüdische Flucht hervorzuheben, zum anderen ist die palästinensische Flucht erwähnenswert. Subsaharische Flucht spielte in der Gründungs- und Etablierungsphase Israels noch keine Rolle, sondern kam erst später zum tragen. Dennoch ist eine Betrachtung dieser beiden Phasen wichtig, da sie den Umgang mit der subsaharischen Flucht erklären kann. Die jüdische Flucht resultierte aus den Verbrechen des deutschen nationalsozialistischen Regimes, der Verfolgung jüdischer Menschen im späten 19. Jahrhundert in Osteuropa, sowie aus dem Konflikt zwischen der zionistischen Bewegung und arabischen Nationalbewegungen Mitte des 20. Jahrhunderts im Nahen Osten und Nordafrika und macht den wesentlichen Teil der Immigration Israels aus. Im Zuge der palästinensischen Flucht haben circa 700.000 Menschen das Gebiet verlassen müssen, ohne dabei ein Anspruch auf Rückkehr zu haben.[5] Grundlage dieses Verbotes ist das Gesetz zur Verhinderung von Infiltration aus dem Jahre 1954, welches für die Betrachtung subsaharischer Flucht nach Israel später noch interessant wird. Zunächst ist aber wichtig zu verstehen, dass sich Israel vor allem für jüdische Menschen seit Staatsgründung und bis heute als Immigrationsland sieht.
Die Identität und das Staatsverständnis Israels sind sowohl von einer äußeren Bedrohung durch angrenzende Nachbarn und den dennoch, bzw. gerade deshalb geleisteten Errungenschaften geprägt, als auch von den Erfahrungen der jüdischen Leidensgeschichte (im modernen Israel vor allem durch die Shoa).[6] Israel versteht sich in diesem Zusammenhang vor allem als Zufluchtsort für jüdische Menschen, während es sich seit Staatsgründung mit der Bedrohung durch die arabische Kultur und Religion auseinandergesetzt fühlt.[7] Im Verlauf der weiteren Entwicklung des Konflikts der arabischen Nachbarn mit Israel und den Erweiterungen des israelischen Gebietes stieg gleichzeitig die Rolle der arabischen Historie, wodurch die Frage nach der politischen, rechtlichen und gesellschaftlichen Integration repräsentativ für alle nicht-jüdischen Menschen im israelischen Hoheitsgebiet aufkam. Dadurch steht letztlich das eigene Staatsverständnis Israels als jüdischer Mehrheitsstaat im Widerspruch zum tatsächlichen demografischen Wandel des Hoheitsgebietes und könnte somit eine Erklärung für die wahrgenommene Bedrohung durch nicht-jüdische Menschen sein.
Gleichzeitig stellt sich die Frage, ob der demografische Wandel einzig auf den Zuzug von nicht-jüdischen Menschen, bzw. die „Orientalisierung“ zurückzuführen ist. Wolffsohn spricht in diesem Zusammenhang von einer „Entleerung des Judentums“ zugunsten eines Israelismus, welcher die Nation in den Vordergrund rücke und damit die Anziehungskraft des jüdischen Staates für Diasporajüdinnen und für in israel-lebende Jüdinnen mindere, da Israel somit an jüdischer Substanz verliere.[8] Und tatsächlich reisten bereits 2007 mehr Jüdinnen aus Israel aus, als dass sie immigrierten.[9] Dies widerspricht der offiziellen Argumentation seitens der Regierungsverantwortlichen, welche eine Bedrohung der demografische Entwicklung im absoluten mit dem Zuzug nicht-jüdischer Menschen und einer damit einhergehenden Orientalisierung Israels beschreiben.
Hinzu kommt eine innerjüdische Diskrepanz zwischen Aschkenasim und Sfaradim, die aus der erfahrenen Leidensgeschichte abzuleiten ist. Während Aschkenasim vor allem die Shoa als eigene Leidensgeschichte ansehen, nehmen Sfaradim noch eher die Auswirkungen der Verfolgung durch den Konflikt zwischen Zionist*Innen und Palästinenser*Innen wahr. Das hat vor allem bei orientalischen Israelis durch die Fortsetzung des Konflikts nach der Staatsgründung Israels mit seinen arabischen Nachbarn eine Stärkung des Feindbildes gegenüber sogenannten Eindringlingen und des Willens der unbedingten Abgrenzung zur Folge.[10]
Aus beiden Erfahrungen heraus soll der zukünftige jüdische Staat von Stärke und Wehrhaftigkeit geprägt sein, während die Zeit der Diaspora mit Schwäche, Verfolgung und Wehrlosigkeit verbunden wurde.[11] Hier wird deutlich, wie sich Israel gegenüber Bedrohungen von außen positioniert und somit auch gegenüber Asylsuchenden, die eine vermeintliche Bedrohung für die demografische Entwicklung darstellen würden.
Parallel zur Staatsgründung Israels setzte sich der junge Staat in der UN für die Genfer Flüchtlingskonvention ein. Zum einen sollte durch das Vorantreiben der Flüchtlingskonvention der Schutz jüdischer Menschen im Ausland vorangetrieben werden, zum anderen wollte Israel vor der internationalen Gemeinschaft als demokratischer Staat auftreten, welcher Menschenrechte und die Genfer Flüchtlingskonvention respektiere. Israel verpasste jedoch die Implementierung der Vorgaben der Flüchtlingskonvention in den eigenen Gesetzen, wodurch die Bedingungen der Einwanderung für jüdische Menschen und für nicht-jüdische Menschen unterschiedlich ausfallen. Während für Jüdinnen der Kern der Einwanderungspolitik im Verständnis als Zufluchtsort für das jüdische Volk liegt und sich im Rückkehrgesetz von 1951 manifestiert, gibt es für nicht-jüdische Immigranten bis heute keine entsprechenden Einwanderungsrichtlinien gemäß der Genfer Flüchtlingskonvention.[12]
[...]
[1] Vgl. Zeit.de (2017), o.S. u. Vgl. spiegel.de (2017) o.S.
[2] Vgl. spiegel.de (2013) o.S.
[3] Vgl. Scheer, Mafaalani, Yüksel (2017), S.134
[4] Vgl. Hornsscheidt (2012), S. 293ff
[5] Vgl. Matar (2016), o.S.
[6] Vgl. Wolffsohn, Grill (2016), S.30
[7] Vgl. ebd.
[8] Wolffsohn, Grill (2016), S.32f
[9] Vgl. faz.net (2007), S. 1f
[10] Wolffsohn, Grill (2016), S.30f
[11] Vgl. ebd., S.31
[12] Vgl. Yaron, Hashimshony-Yaffe, Campbell (2013), S.145
- Quote paper
- Willy Stefanowsky (Author), 2018, Der Umgang Israels mit nicht-jüdischen Asylsuchenden. Institutionelle Diskriminierung subsaharischer Flüchtender in Israel, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/417821
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