Der Netzausbau ist aktuell Bestandteil öffentlicher Diskussionen. Gegenstand der Debatte ist das Verlangen eines Teils der Öffentlichkeit, lediglich Glasfasernetze zum Netzausbau zu verwenden. Unternehmen wie beispielweise die Deutsche Telekom, welche den Netzausbau maßgeblich vorantreiben, argumentieren allerdings, dass, um schneller einer möglichst breiten Menge der Öffentlichkeit Hochgeschwindigkeitsnetze bieten zu können, nicht nur Glasfaser verlegt werden kann, sondern die bestehenden Kupfernetze so weit ausgenutzt werden sollten, bis sie an ihre Potentialgrenze stoßen. Mit Vectoring kann durch die konventionellen Kupferadern auf der "last mile" zum Kunden mehr Datendurchsatz erzielt werden.
In Bezug auf diese Diskussion umrandet dieses Paper zunächst die technischen Hintergründe der beiden Techniken FTTH (Fiber To The Home) und VDSL2-Vectoring am konventionellen Kupfernetz. Im Anschluss wird erarbeitet, welche Vor- und Nachteile diese im Einzelnen mit sich bringen und wie sie gegeneinander aufgewogen werden können. Zu guter Letzt erfolgt eine Betrachtung der wirtschaftlichen und operativen Aspekte und es wird ein Fazit getroffen, welche Technik unter welchen Umständen den besten Einsatzzweck erzielt.
Problemlösung und Diskussion
Fachbereich Informatik, Hochschule Darmstadt
Zusammenfassung. Der Netzausbau ist aktuell Bestandteil öffentlicher Diskussionen. Gegenstand der Debatte ist das Verlangen eines Teils der Öffentlichkeit, lediglich Glasfasernetze zum Netzausbau zu verwenden. Unternehmen wie beispielweise die Deutsche Telekom, welche den Netzausbau maßgeblich vorantreiben, argumentieren allerdings, dass um schneller einer möglichst breiten Menge der Öffentlichkeit Hochgeschwindigkeitsnetze bieten zu können, nicht nur Glasfaser verlegt werden kann, sondern die bestehenden Kupfernetze so weit ausgenutzt werden sollten, bis sie an ihre Potentialgrenze stoßen. Mit Vectoring kann durch die konventionellen Kupferadern auf der ”lastmile“zumKundenmehrDatendurchsatz erzielt werden. In Bezug auf diese Diskussion umrandet dieses Paper zunächst die technischen Hintergründe der beiden Techniken FTTH (Fiber To The Home) und VDSL[2]-Vectoring am konventionellen Kupfernetz. Im Anschluss wird erarbeitet, welche Vor- und Nachteile diese im Einzelnen mit sich bringen und wie sie gegeneinander aufgewogen werden können. Zu guter Letzt erfolgt eine Betrachtung der wirtschaftlichen und operativen Aspekte und es wird ein Fazit getroffen, welche Technik unter welchen Umständen den besten Einsatzzweck erzielt.
Schlüsselwörter: Vectoring, FTTH, FTTC, Netzausbau
1 Einleitung
Zum Zeitpunkt der Erstellung dieser Arbeit hat allein die Deutsche Telekom insgesamt 400.000 Kilometer Glasfaser in ganz Deutschland verlegt.[1] Allein im letzten Jahr waren es über 40.000km und der Ausbau soll weiter beschleunigt werden: Im Jahr 2018 sollen insgesamt 60.000km Glasfaser verlegt werden.[2] Damit trägt die Deutsche Telekom maßgeblich zum Netzausbau bei, hinzu kommen die Bemühungen der Konkurrenz. Ein leistungsfähiges Netz ist natürlich auch wirtschaftlich betrachtet sinnvoll. So führt eine Steigerung der Breitbandpenetration von 10 Prozent zu einer Steigerung des BIP[3] um 0,9 bis 1,5 Prozent.[4] In jedem Fall wird also Glasfaser in den Boden verlegt, allerdings wird auch ein weiteres Verfahren zum Einsatz gebracht: Das sogenannte Vectoring. Dabei handelt es sich um eine weitere Technik für den Netzausbau, die auch mit Glasfaser kombiniert werden kann und mit der über die konventionellen, bereits verlegten Kupferadern mehr Bandbreite erreicht werden kann.[5] Die Entscheidung eine solche Technik auszurollen, führte in derÖffentlichkeit zu gespaltenen Meinungen mit Lagerbildung. Die eine Seite kann die Entscheidung nicht nachvollziehen und besteht darauf, auf direktem Wege lediglich Glasfaser zum weiteren Ausbau zu verwenden. Der Zwischenschritt über das Vectoring sei eine unnötige Verzögerung des ”richtigen“Ausbaus,dennaufreineGlasfasernetzekönnein Zukunft sowieso nicht verzichtet werden. Man hätte dann also nur vermeidbare zusätzliche Kosten. Das andere Lager steht auf der Seite der Netzbetreiber und ist der Meinung, diese Argumente entkräften zu können. Ein reiner Glasfaserausbau benötigt viel mehr Zeit als eine Kombination mit Vectoring, und Ziel ist es schließlich, möglichst schnell einer möglichst breiten Masse - vor allem auch im ländlichen Raum - einen Hochgeschwindigeitsanschluss zu gewährleisten. Auch wirtschaftlich ist das Vectoring keine Verschwendung von Ressourcen, da hierfür ja dennoch Glasfaser mitverlegt wird und in Zukunft lediglich der Anschluss vom Haus zum Straßenverteiler nachgerüstet werden müsste. Somit ergebe sich also ein schnellerer Ausbau, eine zügigere flächendeckende Versorgung mit schnellem Internet auch für ländliche Bereiche und eine Möglichkeit, in Zukunft kostengünstig weiter aufzurüsten. Es entfachte sich also eine Diskussion, die bis heute nicht eindeutig gelöst werden konnte. Tatsache ist, dass diese Thematik nicht mit einem schwarz-weißen Ansatz gelöst werden kann. Es gibt Voraussetzungen und Restriktionen für beide Techniken, auch die Wirtschaftlichkeit unterscheidet sich von Fall zu Fall. Diese Arbeit erörtert also unter welchen Umständen welche der beiden Techniken eher zum Einsatz kommen sollte und welche auf lange Sicht am meisten Sinn ergibt.
2 Vergleich beider Techniken
Eine stetig wachsende Anzahl an Diensten kann digitalisiert und über das Internet abgerufen werden. Hierdurch steigen die Anforderungen an ein vorhandenes Netz, zusätzlich benötigen die Kunden ebenfalls ein leistungsfähigeres Netz für leistungshungrigere Dienste. In Abbildung 1 lässt sich erkennen, wie sich laut FTTH Council Europe die Downstream-Anforderung der letzten Jahre verhalten hat und wie sie sich voraussichtlich in Zukunft verhalten wird. Für jegliche vorhandene Services wird demnach die benötigte Bandbreite bis 2020 um ein Vielfaches steigen. Besonders dominant sind in dieser Entwicklung die StreamingServices für Onlinevideos sowie zukünftig entstehende, neuartige Services. Auch
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Abb. 1. Entwicklung der Anforderung an die Downstreamkapazität von 2013-2020 gemessen in Megabyte/Tag pro Person (Quelle: FT2016a, S.5)
in Bezug auf mobiles Arbeiten werden die Anforderungen weiter steigen. Die Anforderungen an die Upload-Kapazität werden sich in einer ähnlichen Weise entwickeln.[6] Diesen stets steigenden Anforderungen kann ein bisher bestehendes Netz ohne weitere Ausbaumaßnahmen nicht standhalten. Aus dem Grund der Zukunftssicherheit muss also unweigerlich in neue Infrastruktur investiert werden. Wie genau dies geschieht, liegt zu einem gewissen Grad in der Entscheidungsfreiheit der Netzbetreiber. Die beiden populärsten Techniken in Bezug hierauf sind Fiber To The Home[7] und Vectoring. Beide Techniken steigern die Bandbreite stark und besitzen ihre Vor- und Nachteile, die Funktionsweise unterscheidet sich allerdings ebenso stark. Aus diesem Grund soll diese im Folgenden näher dargestellt werden.
2.1 Fiber To The Home (FTTH)
2.1.1 Klassifizierung
Der grundlegendste Unterschied von FTTH zum konventionellen Kupfernetz steckt schon im Namen der Technologie: Fiber To The Home. Das bedeutet also, dass die Daten nicht mehr durch Kupferadern, sondern durch Glasfaser geleitet werden. Hierbei fließen die Datenströme in Form von Licht, welches innerhalb der Ader reflektiert wird. Die Datenkabel sind sehr empfindlich und benötigen deshalb besondere Schutzschichten.[8] Das To The Home in FTTH besitzt eine ebenso eindeutige Bedeutung. Damit ist gemeint, dass die optische Leitung bis in das Haus und gegebenenfalls auch die Wohnung - also sprich das Heim - des jeweiligen Kunden verlegt wird. Alternativen mit ähnlichem Namen wären FTTB (Fiber To The Building) und FTTC/FTTN (Fiber To The Curb bzw. Fiber to The Node). FTTH und FTTB lassen sich zu FTTP, also Fiber To The Premises zusammenfassen, da beide Techniken bis auf das Grundstück des Kunden reichen.[9] Bei FTTB wird die Leitung nur bis zum Haus selbst mit Glasfaser realisiert, innerhalb des Hauses erfolgt die Leitung nur noch mit konventionellen Kupferleitungen. FTTC/FTTN wird in diesem Kapitel nicht näher betrachtet, da es sich hierbei um eine Kombinationsmöglichkeit mit Vectoring handelt (siehe Kapitel 2.2). Allgemein ausgedrückt liegt der Unterschied darin, dass bei dieser Technik die Glasfaserleitung nur bis zum Multifunktionsgehäuse beziehungsweise Straßenverteiler vorhanden ist - ergo Fiber To The Curb oder Bordstein. An Abbildung 2 lässt sich der architektonische Unterschied zwischen
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 2. Schematische Darstellung des Unterschieds zwischen FTTH und FTTB (Lila=Glasfaser, Orange=Kupfer) (Quelle: FT2016a, S.9)
FTTH und FTTB schematisch erkennen. Um als FTTH klassifiziert zu werden, müssen laut FTTH Council Europe zusätzlich zum Erreichen der Grenze des Gebäudes eine von drei Anforderungen erfüllt sein[10]:
- Die Leitung endet innerhalb des Gebäudes des Kunden.
- Die Leitung endet an einer außenliegenden Wand des Gebäudes des Kunden.
- Die Leitung endet weniger als zwei Meter von einer außenliegenden Wand des Gebäudes des Kunden.
Sind diese Voraussetzungen erfüllt, kann die verbaute Technik als FTTH klassifiziert werden. Alle oben genannten Techniken lassen sich wiederum unter de ÜberbegriffFTTXzusammenfassen.[11]
2.1.2 Architektur
Eine beliebte Variante von FTTH-Netzwerken sind die sogenannten Passive Optical Networks oder PONs. Der Name verrät, dass hier lediglich passive Komponenten wie Splitter statt aktiver Komponenten wie beispielsweise Verstärker verbaut sind. Hauptvorteil hierbei sind die geringen Kosten, nachteilig kann die begrenzte Reichweite von circa zwölf Meilen (entspricht ungefähr 19,31 Kilometern) bewertet werden. Im Vergleich zu Kupferadern mit ihrem starken Dämpfungseffekt ist dies aber immer noch sehr positiv anzusehen.[12] Typischerweise wird hier eine P2MP[13] Architektur verwendet, sprich ein zentraler Zugangsknoten stellt den Service bereit, während optische Splitter eine einzelne Leitung wiederum in mehrere Adern aufsplitten und diese den Kunden bereit stellen. Im Heim des Kunden wiederum existiert ein weiteres Netzelement, das die optische Leitung und damit das PON terminiert[14]: Die ONU[15]. Diese Architektur hat zur Folge, dass alle Kunden alle Daten einer bestimmten Wellenlänge erhalten. Die ONU muss anschließend wiederum erkennen, an wen die Daten gerichtet waren.[16] Die Daten müssen außerdem kodiert werden.[17] Der meistver-
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abb. 3. Schematische Darstellung der Architektur von GPON mit WDM (Quelle: Eigene Erstellung)
wendete PON-Standard zum Zeitpunkt der Erstellung dieser Arbeit ist GPON oder Gigabit PON. Dessen Architektur kann in Abbildung 3 schematisch erkannt werden. Hierbei kommt laut Frenzel eine weitere Methode zum Einsatz:
”GPONusesopticalwavelengthdivisionmultiplexing(WDM)soasingle fiber can be used for both downstream and upstream data.“[18]
[...]
[1] Vgl. Su2016
[2] Vgl. Fr2017
[3] Bruttoinlandsprodukt
[4] Vlg. HaHeLa2016, S. 3
[5] Funktionsweise wird in Kapitel 2.2 näher erläutert
[6] Vgl. FT2016a, S.5
[7] Im Folgenden nur noch FTTH genannt
[8] Vgl. FT2016a, S.8
[9] Vgl. We2012, S.14
[10] Vgl. FT2016a, S.9
[11] Vgl. We2012, S.14
[12] Vgl. Fr2014, S.1
[13] Point to Multipoint
[14] Vgl. Ebd., S.2
[15] Optical Network Unit
[16] Vgl. Ebd.
[17] Vgl. FT2016b, S.15
[18] Fr2014, S.2
- Quote paper
- Fabian Groß (Author), 2018, FTTH und VDSL2-Vectoring im Vergleich unter Berücksichtigung operativer, wirtschaftlicher und regulatorischer Aspekte, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/418335
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