John Lockes liberaler Gegenentwurf zu der autoritären Position von Hobbes


Trabajo Escrito, 2018

23 Páginas, Calificación: 2,0


Extracto


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Biographische Eckdaten und politische Zustände im 17.Jahrhundert
2.1. Wer war John Locke?
2.2. Wer war Thomas Hobbes?

3. Der Naturzustand und das Menschenbild nach der Vorstellung von John Locke in Abgrenzung zu Thomas Hobbes

4. Die Theorie des Gesellschaftsvertrages nach John Locke verglichen mit Thomas Hobbes

5. Abschließende historische Einordnung von Hobbes und Locke unter Berücksichtigung der biographischen Daten

6. Fazit

7. Literaturverzeichnis

1.Einleitung

"Um politische Gewalt richtig zu verstehen und sie von ihrem Ursprung herzuleiten, müssen wir sehen, in welchem Zustand sich die Menschen von Natur aus befinden. Es ist ein Zustand vollkommener Freiheit"(Locke 1689).

In meiner Hausarbeit möchte ich untersuchen, in welchem Maße sich die politische Haltung des englischen Philosophen John Locke (1632-1704) von den sozialen Prinzipien des Staatstheoretikers Thomas Hobbes (1588-1679) abhebt. Da John Locke in seinem Werk der Zwei Abhandlungen über die Regierung von 1689 als erster Gedanken über eine politische Freiheit entwickelte, gilt er allgemein als der Vater des Liberalismus. Um die besondere Bedeutung von Lockes Menschenbild in der Kontroverse zu Hobbes zu erklären, ist die Arbeit in mehrere Kapitel gegliedert.

Insgesamt lautet die konkrete Fragestellung: In welcher Hinsicht zeigt Locke idealtypisch eine Argumentation gegen absolutistische Führung und für einen liberaldemokratisch geprägten Staat auf bzw. präziser: Inwiefern erweist sich Lockes Vertragstheorie als liberaler Gegenentwurf zu der autoritären Position von Hobbes?

Diese Frage steht in dieser Hausarbeit im thematischen Mittelpunkt. Ausgangspunkt ist hierzu eine durchgehende Gegenüberstellung der Positionen von Hobbes und Locke, in der die auffälligsten Aspekte zielgerichtet herausgearbeitet werden mit dem Ziel, zu einem wissenschaftlich fundierten Fazit zu gelangen. Eine Reduzierung auf einige wesentliche Aspekte ist in einer auf wenige Seiten begrenzten Hausarbeit unvermeidbar.

In einem ersten Schritt werden vordergründig die biographischen Eckdaten betrachtet. Diese Eckdaten sollen im Verlauf der Arbeit zur Verdeutlichung der Differenzen zwischen den beiden Philosophen beitragen. Im Anschluss daran erfolgt eine umfassende Darstellung von Lockes Naturzustand und Menschenbild in Abgrenzung zu Thomas Hobbes. Im nachfolgenden Kapitel werden die zentralen Elemente seines Gesellschaftsvertrages genauer unter die Lupe genommen. Dabei werden in der vorliegenden Hausarbeit an verschiedenen Stellen zahlreiche und vielfältige Vergleiche zwischen Thomas Hobbes und John Locke benannt. So soll die klare Abgrenzung zum Absolutismus ersichtlich werden, welcher von Thomas Hobbes befürwortet wird.

2. Biographische Eckdaten und politische Zustände im 17. Jahrhundert

Für den theoretischen Vergleich der Vertragstheorien von Hobbes und Locke ist es obligatorisch, die Rahmenbedingungen der damaligen historischen Ära des 17. Jahrhunderts aufzuarbeiten, in denen die aus England stammenden Philosophen gelebt haben (vgl. Dube 2007: 3).

Daher beinhaltet meine Hausarbeit in einem summarischen Überblick einen kurzen biographischen Ausschnitt von Hobbes und Locke. Auf diesem Wege soll der Beweis dafür erbracht werden, dass das jeweilige Gesellschaftsmodell der beiden Philosophen eng mit den politischen Begebenheiten zu dieser Zeit zusammenhängt.

Die Historie des 17.Jhs. lässt sich nach Ottfried Höffe in drei basale Dimensionen einteilen. Da waren erstens die konfessionellen Konflikte zwischen Anglikanern, Puritanern, Presbyterianern und Katholiken. An zweiter Stelle gab es die Kontroverse zwischen Krone und Parlament, in der die Machtbefugnisse der absoluten Monarchie eine große Rolle spielten. In einem dritten Schritt nennt Höffe verallgemeinert die wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Konditionen Englands im 17.Jahrhundert, wie unter anderem das allmähliche Aufkommen einer frühkapitalistischen Marktgesellschaft, in der die Maximierung des Nutzens im Zentrum steht (vgl. Höffe 1981: 11-15).

2.1. Wer war John Locke?

John Locke (1632-1704) war einer der einflussreichsten Staatstheoretiker und Staatsphilosophen, überdies zählt er zu den bedeutsamsten Vertretern der Aufklärung bzw. des aufklärerischen Denkens (vgl. Danzer/Rattner 2005: 63). Sein wissenschaftliches Augenmerk richtete Locke neben der Staatsphilosophie auch auf die Erkenntnistheorie, in der er die Position des Empirismus vertrat. In seinen Schriften zur politischen Philosophie widmete er sich überwiegend den Bereichen Recht und Gesetz. Die von Locke konstruierten Staatstheorien liegen bis heute dem Selbstverständnis der westlichen Demokratien zugrunde. Somit gilt Locke als wesentlicher Wegweiser zum westlichen Demokratieverständnis (vgl. Schweizer 2014: 29), weil er erstmals die damalige fest verankerte politische Überzeugung des Gottesgnadentums ablehnte. Dabei schränkt Locke jedoch -wie andere politische Denker seiner Zeit- die aktive Partizipation am politischen Geschehen auf die besitzenden Schichten ein. Als klassischer Repräsentant des Bürgertums sieht er den Schutz des Eigentums als eine der Hauptpflichten des Staates. Locke machte 1666 eine Begegnung mit Anthony Ashley-

Cooper (Erster Earl Of Shaftesbury). Diese Begegnung sollte immensen Einfluss auf seine weiteren politischen Untersuchungen haben. Später entstand auf der Grundlage dieser Zusammenkunft Lockes tiefgründiger und berühmter Brief über die Toleranz, in dem er erstmalig die Umrisse seiner republikanischen Staatsphilosophie vorträgt. Sein populärstes Werk war "Two Treatises of Government (1689)" mit dem Hauptanliegen, den Absolutismus anzuprangem. Es gilt als wissenschaftlich und historisch bestätigt, dass Locke dieses Werk im Auftrag von Ashley-Cooper schrieb. Insbesondere die zweite Abhandlung kommt einer Streitschrift gegen die Monarchie gleich (vgl. Euchner 1996: 60). Lockes Leitbild einer freiheitlichen gesellschaftlichen Ordnung diente maßgeblich als Vorbild für die Unabhängigkeitserklärung der Vereinigten Staaten von Amerika (U.S.A.) von 1776 und für den französischen Verfassungsentwurf von 1791 (vgl. Kuhlmann 2002: 1). Gemeinhin lebte Locke in einem Jahrhundert mit großen Veränderungen. In seinem Heimatland Großbritannien herrschte im 17.Jahrhundert ein revolutionärer Bürgerkrieg. Lockes Vater kämpfte im Bürgerkrieg für die Partei des Parlamentes gegen die Krone (vgl. Rosenzweig 2012: 119). John Locke wird gemeingültig das Verdienst zugeschrieben, eine bahnbrechende Ligur für die europäische Aufklärung gewesen zu sein (vgl. Schweizer 2014: 30).

2.2. Wer war Thomas Hobbes?

Thomas Hobbes (1588-1679) gilt als Begründer der politischen Philosophie der Neuzeit. Er hat die Begründungsfigur des Gesellschaftsvertrags in seinem Hauptwerk "Leviathan (1651)” als erster zur Legitimation des Staates und seiner Zwangsgewalt eingesetzt (vgl. Celikates/Gosepath 2013: 55). übereinstimmend mit Locke begründete er die Dringlichkeit des Staates (in seinem Lall das Gewaltmonopol) nicht anhand von religiösen oder metaphysischen Voraussetzungen, sondern vom Interesse des Individuums aus. Zu seinen Lebenszeiten wüteten in Europa eine große Anzahl blutiger Kriege, darunter der Dreißigjährige Krieg (1618-1648) in Deutschland. Vertraut mit der damaligen Naturwissenschaft versuchte Hobbes deren Methoden auf die Staatstheorie zu übertragen (vgl. Röhrich 2013: 11). Er fertigte mehrere staatsphilosophische Werke an, in denen er das absolutistische Königtum verteidigt, aber zugleich Kritik an Religion und Kirche übt. Eine Parallele zu Locke ist sein Kriegserlebnis. Hobbes" Heimatland Großbritannien war Schauplatz eines Krieges zwischen König und Parlament (vgl. Böttger 2014: 40). Seine politische Theorie ist stellvertretend für das 17.Jahrhundert eine Reaktion auf den folgenschweren Bürgerkrieg (vgl. Münkler 2014: 53). Der um 1640 ausbrechende Bürgerkrieg ist bei Hobbes der Schlüsselfaktor für die Legitimation des starken Staates (vgl.

Höffe 2010: 13). Die Bürger Englands waren auf bewusster Sinnsuche nach Frieden und Sicherheit. Der Leviathan sollte die Lösung auf diese Sinnsuche bieten. In einer Vielzahl von Äußerungen nimmt Hobbes in seinem Leviathan zum Kriegsverlauf Stellung (vgl. Dube 2007: 3). Es wird wiederholt der mächtige Einfluss der persönlichen Erfahrungen auf Hobbes" Denkmuster deutlich (vgl. Münkler 2014: 23). Anknüpfend an den aufstrebenden Kapitalismus in England ist auch bei Hobbes der nutzenmaximierende Mensch ein zentraler Gegenstand seiner Theorie (vgl. Böttger 2014: 71).

3. Der Naturzustand und das Menschenbild nach der Vorstellung von John Locke in Abgrenzung zu Thomas Hobbes

Um die Unabdingbarkeit sowie die Aufgaben und Rechte eines Staatswesens zu begründen, geht Locke anfänglich von einem hypothetischen, staatsfreien Naturzustand aus. Der Naturzustand ist der gewöhnliche Ausgangspunkt für die Reflexion von konstruktiven Kontraktualisten, deren methodischer Maxime sich John Locke ebenfalls bedient (vgl. Kersting 2002: 48).

"Die Natur hat den Menschen den Wunsch nach Glück und den Widerwillen gegen das Elend mitgegeben. Es sind dies angeborene, grundsätzliche Einstellungen zum Leben, die unser Leben, die unsere Handlungen immer wieder und unaufhörlich beeinflussen." (Locke 1690: 67). Aus diesem Zitat lässt sich der Grundgedanke herleiten, dass laut Locke Menschen von Natur aus eine friedliche Gesinnung besitzen. John Locke ist der Auffassung, dass Menschen auch ohne staatliche Herrschaft prinzipiell eine friedliche Koexistenz bilden können (vgl. Held 2006: 57). Grundsätzlich gilt der Naturzustand als ein Zustand der vollkommenen Freiheit und der absoluten Gleichheit der Menschen. "Der Naturzustand ist ein Zustand vollkommener Freiheit, innerhalb der Grenzen des Naturgesetzes seine Handlungen zu lenken und über seinen Besitz und seine Person zu verfügen, wie es einem am besten scheint- ohne jemandes Erlaubnis einzuholen und ohne von dem Willen eines anderen abhängig zu sein. " (Locke 2007: 13). Demnach ist Lockes Menschenbild vornehmlich geprägt von

Unabhängigkeit und Individualität.

Lockes Auffassung steht im starken Kontrast zu der Konzeption des Naturzustands von Thomas Hobbes. Im Gegensatz zu Locke mündet der Naturzustand bei Hobbes zwangsläufig in einem sogenannten "Krieg aller gegen alle" (vgl. Böttger 2014: 9). In dieser Hinsicht liefert John Locke einen Gegenentwurf zu der misanthropischen Anschauung von Thomas Hobbes. Selbst im rechtsfreien Naturzustand haben die Menschen laut Locke eine tiefverwurzelte

Sehnsucht nach einem harmonischen Miteinander (vgl. Blanck-Wehde 1998: 3). Seine Worte sind: "Der gleiche natürliche Beweggrund hat die Menschen zu der Erkenntnis gebracht, daß es ihre Pflicht sei, die anderen ebenso sehr zu lieben wie sich selbst, denn sie sahen, daß gleiche Dinge auch notwendigerweise das gleiche Maß haben müssen (...). " (Locke 2007: 1314). Weiterhin existiert in seiner Denkweise im gesetzlosen Naturzustand keine biologische Unterordnung oder Unterwerfung einzelner Individuen (vgl. Isensee 1983: 7). Hierarchische Strukturen sind künstlich geschaffen, indem explizit ein sogenannter Herr und Richter durch eine deutliche Willensäußerung den einen über den anderen erheben würde. Ferner betont Locke in seinen Ausführungen zum Ursprungszustand des Menschen mehrmals, dass dieser Zustand einerseits ein Zustand der Freiheit ist. Andererseits ist es aber kein Zustand der Zügellosigkeit (vgl. Kreimendahl 2006: 205). Demzufolge unterstellt Locke den Menschen implizit ein Interesse an der rationalen Gestaltung des Zusammenlebens. Ein individuelles moralisches Bewusstsein ist naturgegeben. Im Naturzustand herrscht ein natürliches Gesetz, das jeden verpflichtet. Das natürliche Gesetz enthält die Grundlagen der Sittlichkeit, zudem aber auch die Grundlagen des Rechts (vgl. Specht 2007: 157) Demgemäß möchte kein "mit Vernunft begabtes Lebewesen" einen "Kriegszustand". Locke argumentiert, dass das natürliche Gesetz keinesfalls dem Eigeninteresse der Menschen zugrunde liegt, sondern sich vielmehr durch tugendhaftes Handeln auszeichnet. Tugend ist in dem Fall nicht mit egoistischen Motiven identisch (vgl. Held 2006: 47).

Im klaren Widersprach zu dem Absolutisten Thomas Hobbes agieren die Menschen bei Locke auch ohne staatliche Instanz vernünftig und tolerant. Freiheit im Naturzustand manifestiert sich bei Locke von vornherein nicht als isolierte Willensfreiheit, sondern als gesellschaftliche Handlungsfreiheit (vgl. Röhrich 2013: 37). Dieses natürliche Gesetz ist universal und für alle Mitglieder einer Gesellschaft verbindlich. Darüber hinaus unterliegt das Naturgesetz keinerlei menschlicher Gesetzgebung, sondern es ist einzig und allein aus der Natur ableitbar. Widersprechend zu Hobbes ist diese Übertragung der Rechte bei Locke kein Rechts- bzw. Freiheitsverzicht, sondern das Entstehen einer neuen bürgerlichen Freiheit. Auf indirekte Weise beinhaltet dieses Naturgesetz die Pflicht zur Selbsterhaltung und die daraus resultierenden Rechte wie Freiheit, Leben, Gesundheit und Besitz (vgl. Hering 2013: 14). Diese Pflicht zur Selbsterhaltung basiert auf dem Wort Gottes: "...by his (God's) order and about his business, they are his property whose workmanship they are, made to last during his, not one another's pleasure :...(human being) has no liberty to destroy himself, or so much as any creature in his possession, yet when some nobler use than its bare possession calls for it." Dieses originale englische Zitat aus Two Treatises Of Government soll authentisch vermitteln, wie John Lockes Wertvorstellung war. Im Großen und Ganzen enthält seine Schrift mannigfaltige Gottesbeweise. Fernerhin argumentiert Locke in Divergenz zu Hobbes, dass Gott die Natur allen Menschen gemeinsam gab, weshalb auch allen ein Zugriffsrecht auf einen Teil der Natur, der zum Privateigentum wird, zustehe (vgl. Wittinger 2008: 19). Locke belegt mit der Berufung auf die Existenz Gottes, dass der Mensch aus der Selbsterkenntnis heraus das Wissen von einem höheren Gott erlangt, dem er die Eigenschaften Güte, Weisheit und Gerechtigkeit zurechnet. Lockes Geisteshaltung sieht Gott als Schöpfer am Anfang allen Seins (vgl. Held 2006: 42). In Opposition zu Hobbes, der Gott als unwiderstehliche Machtperson tituliert und daraus im weitesten Sinne eine absolutistische Unterwerfung ableitet (vgl. Hobbes 2008: 142), ist das Gottesbild von Locke weniger restriktiv.

Während bei Hobbes (Vertreter des Absolutismus) im Naturzustand keine verbindlichen vernunftrechtlichen Regeln vorhanden sind, ist der Naturzustand nach Locke bereits ein Rechtszustand (vgl. Isensee 1983: 6). Anders als bei Hobbes wirkt der gesetzlose Zustand bei Locke weitaus weniger bedrohlich (vgl. van Elten 2008: 8). Das liegt daran, dass Missachtungen des Naturgesetzes nicht mit einer bösartigen oder feindseligen Veranlagung des Menschen begründet werden. Nach dem Standpunkt von Locke besitzt der Mensch von Geburt an die Gabe, zwischen Recht und Unrecht zu differenzieren. Als Gruppenmitglied ist der Mensch zu Kooperation und gegenseitiger Unterstützung im Stande (vgl. ebenda : 8). Unter geeigneten Bedingungen leistet der Mensch konstruktive Beiträge zur Erreichung von Organisationszielen (vgl. Skupnik 2002: 23). Vielmehr ist die Ursache für Zuwiderhandlungen gegen das Naturgesetz mit mangelnder Motivation zu erklären Außerdem fehlt im Naturzustand ein Kontrollorgan, welches die Befolgung des natürlichen Gesetzes überprüft. Deswegen ist die freie Entfaltung der Menschen im Naturzustand mit Schwierigkeiten verbunden -es dominiert ein latentes Gefühl der Unsicherheit. Daher besteht doch die potentielle Gefahr eines Kriegszustands im Naturzustand- allerdings aus anderen Beweggründen als bei Hobbes, bei dem der Naturzustand wegen der egoistischen, triebgesteuerten Nutzenmaximierung durchweg negativ konnotiert ist (der Mensch ist dem Mensch ein Wolf). Der Politikwissenschaftler Macpherson schreibt über den Hobbesschen Naturzustand: "Hobbes" Bild vom reinen Naturzustand ist ganz eindeutig die Negation der zivilisierten Gesellschaft: keine Kultivierung des Landes, kein gesellschaftlicher Umgang" (vgl. Macpherson 1990: 36). Lür Locke ist der Naturzustand demgegenüber nichts weiter als eine analytische Methode, die durch konstruierte Abwesenheit sämtlicher Ordnungsinstanzen den Grad der Vergesellschaftungsfähigkeit der Individuen aufzeigt. Unterdessen gibt es im Status naturalis keinerlei Rechtssicherheit. Sicherlich entwirft Locke ein gänzlich anderes Bild des natürlichen Zustandes als Hobbes (vgl. Held 2006: 53-54). Man kann sagen, dass der Naturzustand sowohl bei Hobbes als auch bei Locke eine dauerhafte Unzufriedenheit zur Folge hat (vgl. Schröder 2007: 5).

Ausschlaggebende Diskrepanzen zwischen Hobbes und Locke kommen prägnant in der Ressourcenfrage zum Ausdruck. Nach der Theorie von Hobbes bedingen in einem staatslosen Naturzustand limitierte Ressourcen einen bösartigen Wettkampf zwischen den Menschen (vgl. Böttger 2014: 46). So entwickeln sich die drei charakteristischen Eigenarten des Naturzustandes: Konkurrenz, Misstrauen, Ruhmsucht (vgl. Herrmann 2014: 43). Locke vertritt hingegen erstens die Denkweise, dass die Ressourcen der Natur so reichlich vorhanden sind, dass alle davon leben können (vgl. Birnbacher/Brudermüller 2001: 39), und zweitens, dass, wer knappe natürliche Ressourcen bearbeitet, dadurch das Eigentum an diesen Ressourcen erwirbt. Dementsprechend besteht Eigentum bei Locke bereits im Naturzustand (vgl. Weise 1993: 444).

Als Fazit dieses Kapitels lässt sich festhalten, dass Locke ein eher positives Menschenbild im Naturzustand skizziert. Aus diesem Grund favorisiert er eine Vereinigung freier Individuen zur Überwindung des Naturzustandes anstatt einer souveränen Staatsmacht wie bei Hobbes (vgl. Lorenz/Ntemiris 2015: 32). Die vergleichsweise optimistische Betrachtungsweise des Naturzustandes ist das signifikante Merkmal, weshalb er eine absolutistische Autorität und das Hobbessche Schreckensszenario konsequent verneint (vgl. Held 2006: 57).

4. Die Theorie des Gesellschaftsvertrages nach John Locke verglichen mit Thomas Hobbes

Das dem staats- und gesetzlosen Zustand zugrunde liegende Kernproblem ist das der Ressourcenknappheit. Dieser unausweichliche Ressourcenengpass wird in der Regel durch eine wachsende Bevölkerungsdichte immens verschärft. Mit der ansteigenden Bevölkerungsanzahl steigt ebenfalls die Anzahl der (gewaltsamen) Auseinandersetzungen. Um die Prämisse eines langfristigen freundschaftlichen Miteinanders zu schaffen, braucht die menschliche Gesellschaft dringend Gesetze und Richter. Mit diesen juristischen Mitteln sollen Streitfälle objektiv geregelt werden (vgl. Isensee 1983: 7). Im Klartext heißt das, dass der Zweck des Staates darin besteht, die Freiheit zu erhalten und zu erweitern. Locke, ein Mann der upper middle dass, kritisierte zwar vieles, aber immer ohne Radikalität. Hierbei orientierte er sich an einem Bild vom Menschen, das diesen als ein potentiell Vernunft- und fortschrittfähiges, religiöses und moralisches Wesen vorstellt (vgl. Schneiders 2014: 28).

[...]

Final del extracto de 23 páginas

Detalles

Título
John Lockes liberaler Gegenentwurf zu der autoritären Position von Hobbes
Universidad
RWTH Aachen University  (Institut für Politische Wissenschaften)
Curso
Politische Theorien des Gesellschaftsvertrags
Calificación
2,0
Autor
Año
2018
Páginas
23
No. de catálogo
V420499
ISBN (Ebook)
9783668686366
ISBN (Libro)
9783668686373
Tamaño de fichero
506 KB
Idioma
Alemán
Palabras clave
john, lockes, gegenentwurf, position, hobbes
Citar trabajo
Julia Engels (Autor), 2018, John Lockes liberaler Gegenentwurf zu der autoritären Position von Hobbes, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/420499

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