Das BVerfG bestätigte mit seinem Urteil vom 17. Dezember 2014, dass das System der Begünstigungsregelungen des ErbStG a.F. im Wesentlichen als geeignet eingeschätzt wird. Weiterhin bemerkte das Gericht die Notwendigkeit der Vergünstigungen für unternehmerisch gebundenes Vermögen, v.a. für Familien-KMU. Allerdings wurde die konkrete Ausgestaltung der Vorschriften als Missachtung des Grundsatzes der Gleichbehandlung gem. Art. 3 Abs. 1 GG gesehen. Deshalb wurde der Gesetzgeber dazu verpflichtet, zum 01. Juli 2016 ein modifiziertes ErbStG zu implementieren. Die neuen Vergünstigungsvorschriften fallen v.a. durch ihre hohe Komplexität auf. Das beginnt bei der Ermittlung des begünstigten Vermögens und setzt sich bei den verschiedenen Steuerbefreiungsmöglichkeiten fort.
Besonders hervorzuheben ist die neue Investitionsklausel zur nachträglichen Umwandlung von Verwaltungsvermögen in begünstigtes Vermögen und der neue Familienabschlag, der vor Anwendung einer Steuerbefreiungsoption einen Abschlag gewährt. Für Großerwerbe mit einem begünstigten Vermögen von mehr als 26 Mio. Euro wurden zwei neue Verschonungsregelungen eingeführt: das Abschmelz- und das Erlassmodell. Insbesondere die Verschonungsbedarfsprüfung eröffnet einige neue Gestaltungsvarianten. Dazu wurden mögliche Überlegungen im Rahmen der kritischen Analyse der Folgen der Erbschaftsteuerreform 2016 aufgezeigt.
Die Ebene der Erwerber wird in Zukunft vermehrt in den Vordergrund rücken. Diesbezüglich wird die Familienstiftung in der Literatur als Gewinner der Reform bezeichnet. Außerdem werden minderjährige Familienangehörige in den Blickpunkt treten. Insgesamt sind auch weitere Folgen nicht außer Betracht zu lassen. Das neue Erbschaftssteuerrecht mit seinen vielen Regelungen und Voraussetzungen wird finanzielle und materielle Aufwendungen erfordern. Der daraus resultierende Einfluss auf Wettbewerbsbedingungen darf nicht unterschätzt werden, weil eine zu hohe Erbschaftssteuerbelastung nötige Investitionen und Personalentscheidungen verhindert. Grundsätzlich werden die neuen Regelungen des ErbStG für weitere Diskussion sorgen, weil an einigen Vorschriften verfassungsrechtliche Bedenken haften.
Inhaltsverzeichnis
- A. Einleitung
- I. Problemstellung
- II. Zielsetzung und Gang der Untersuchung
- B. Hintergrund der Erbschaftsteuerreform 2016
- I. Rechtslage bis 30. Juni 2016
- II. Entscheidung des BVerfG vom 17. Dezember 2014
- 1. Kernaussagen des Urteils
- 2. Verfassungswidrige Bestandteile
- a) „Alles-oder-Nichts-Prinzip“
- b) Begünstigung für Großerwerbe
- c) Lohnsummenregelung
- 3. Zwischenbetrachtung
- III. Gang des Gesetzgebungsverfahrens
- C. Das Verschonungskonzept des ErbStG für Betriebsvermögen seit 01. Juli 2016
- I. Grundsystematik der Steuervergünstigungen
- II. Ermittlung des begünstigten Vermögens gem. § 13b ErbStG
- 1. Begünstigungsfähiges Vermögen
- a) Land- und forstwirtschaftliches Vermögen
- b) Inländisches Betriebsvermögen
- c) Beteiligungen an Kapitalgesellschaften
- 2. Aufteilung in begünstigtes und nicht begünstigtes Vermögen
- a) Überblick
- b) Deckungsvermögen für Altersversorgungsverpflichtungen
- c) Verwaltungsvermögenskatalog
- (1) Dritten zur Nutzung überlassene Grundstücke und Immobilien
- (2) Anteile an Kapitalgesellschaften
- (3) Gegenstände der privaten Lebensführung
- (4) Wertpapiere
- (5) Finanzmittel
- d) Investitionsklausel
- e) Nettowert des Verwaltungsvermögens
- f) Unschädliches Verwaltungsvermögen
- 3. Beurteilung des modifizierten § 13b ErbStG
- 1. Begünstigungsfähiges Vermögen
- III. Verschonung des begünstigten Vermögens gem. § 13a ErbStG
- 1. Vorwegabschlag für Familienunternehmen
- a) Ziel des Gesetzes
- b) Voraussetzungen
- c) Rechtsfolgen
- 2. Verschonungsregelungen für Kleinerwerbe
- (1) Verschonungsabschlag
- (2) Gleitender Abzugsbetrag
- 3. Nachsteuertatbestände
- a) Lohnsummenregelung
- b) Behaltensfrist
- 4. Beurteilung der Steuerbefreiung nach § 13a ErbStG
- 1. Vorwegabschlag für Familienunternehmen
- IV. Sonderregelungen für Großerwerbe
- 1. Allgemeines
- 2. Abschmelzmodell
- 3. Erlassmodell
- V. Stundungsmöglichkeit
- VI. Änderungen bei der Unternehmensbewertung
- VII. Unionsrechtliche Fragen
- VIII. Verfassungsrechtliche Brennpunkte
- D. Kritische Analyse der Folgen der Reform für Unternehmen
- I. Vorbemerkungen
- II. Gestaltungsüberlegungen
- 1. Ansätze
- a) Ausgangslage
- b) Berücksichtigung der Erwerbshöchstgrenze
- c) Einhaltung der Verwaltungsvermögensquoten
- d) Optimierung der Besteuerung von nicht begünstigtem Vermögen
- e) Langfristige Planung
- 2. Gestaltungen im Rahmen der §§ 13a, 13b, 13c ErbStG
- a) Mehrfache Nutzung der Höchstbeträge
- b) Ermöglichung des Wertabschlags für Familienunternehmen
- c) Senkung des Verwaltungsvermögens
- 3. Gestaltungen im Zusammenhang mit § 28a ErbStG
- 4. Gestaltungen auf Ebene der Erwerber
- a) Das Rechtsinstitut der Familienstiftung
- (1) Einführung
- (2) Erbschaft- und Schenkungsteuerliche Behandlung
- (3) Einzelne Regelungen des neuen Erbschaftsteuerrechts
- b) Die Rolle von Minderjährigen
- c) Kritische Würdigung
- a) Das Rechtsinstitut der Familienstiftung
- 1. Ansätze
- III. Erhöhter Bürokratieaufwand
- IV. Finanzielle Mehrbelastungen
- V. Beeinflussung der Wettbewerbsfähigkeit
- VI. Kritische Würdigung der Folgen der Erbschaftsteuerreform 2016
- E. Zusammenfassung und Schlussbetrachtung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Masterarbeit befasst sich mit der erbschaftsteuerlichen Behandlung des Betriebsvermögens im Kontext der Erbschaftsteuerreform 2016. Ziel der Arbeit ist es, die Folgen der Reform für Unternehmen kritisch zu analysieren und die Gestaltungsmöglichkeiten für Unternehmen und Erwerber zu beleuchten. Die Arbeit soll somit einen Beitrag zum Verständnis der aktuellen Rechtslage und ihrer Auswirkungen leisten.
- Die Erbschaftsteuerreform 2016 und ihre Hintergründe
- Das Verschonungskonzept des ErbStG für Betriebsvermögen
- Gestaltungsüberlegungen für Unternehmen und Erwerber
- Kritische Analyse der Folgen der Reform für Unternehmen
- Zusammenfassung und Schlussbetrachtung
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in die Problemstellung ein und erläutert die Zielsetzung und den Gang der Untersuchung. Anschließend wird der Hintergrund der Erbschaftsteuerreform 2016 beleuchtet, wobei insbesondere die Rechtslage vor der Reform und die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 17. Dezember 2014 im Vordergrund stehen. Kapitel C beschäftigt sich mit dem Verschonungskonzept des Erbschaftsteuergesetzes (ErbStG) für Betriebsvermögen seit 01. Juli 2016. Dabei werden die Grundsystematik der Steuervergünstigungen, die Ermittlung des begünstigten Vermögens und die Verschonung des begünstigten Vermögens detailliert untersucht.
Kapitel D widmet sich der kritischen Analyse der Folgen der Erbschaftsteuerreform 2016 für Unternehmen. Es werden Gestaltungsüberlegungen für Unternehmen und Erwerber aufgezeigt, die sich aus den neuen Regelungen ergeben. Darüber hinaus werden die Auswirkungen der Reform auf den Bürokratieaufwand, die finanziellen Mehrbelastungen und die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen beleuchtet.
Schlüsselwörter
Erbschaftsteuerreform 2016, Betriebsvermögen, Verschonungskonzept, Gestaltungsmöglichkeiten, Familienunternehmen, Erbschaftsteuerrecht, Verwaltungsvermögen, Unternehmensbewertung, Wettbewerbsfähigkeit.
- Citation du texte
- Daniel Seidel (Auteur), 2018, Die erbschaftssteuerliche Behandlung des Betriebsvermögens. Die Folgen der Erbschaftssteuerreform 2016, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/423977