Die Manipulation der Sprache durch die NSDAP. Eine Darstellung anhand des Artikels "Kleiner Verrat eines Gernegroß" ("VB" vom 29. April 1945)


Trabajo Escrito, 2004

15 Páginas, Calificación: 2,7


Extracto


Inhaltsverzeichnis

1. Vorwort

2. Der Völkische Beobachter
2.1 Die Geschichte des VB
2.2 Die Manipulation der Sprache durch die NSDAP - eine Darstellung anhand des Artikels „Kleiner Verrat eines Gernegroß“ („Völkischer Beobachter“ vom 29.April 1945) S. 5-12
2.2.1 Der geschichtliche Hintergrund des Artikels
2.2.2 Die Manipulation der Sprache durch die NSDAP

3. Schluss

4. Literaturverzeichnis

5. Anhang

1. Vorwort

Auch heute, knapp sechzig Jahre nach seinem Ende, stößt man im Alltag noch häufig auf Spuren des Zweiten Weltkrieges. Im Jahre 2003 besichtigten 913 000 Menschen das „Anne Frank-Haus“ in Amsterdam[1] und noch immer bringt das Fernsehen zahlreiche Reportagen und Filme, die mit erhobenem Zeigefinger an diese schreckliche Zeit erinnern. Einer der wesentlichen Gründe, die dazu führen, dass die Dramatik des Zweiten Weltkrieges ständig erneut geschildert und betont wird, ist wohl die Fassungslosigkeit, mit der die Menschheit den schrecklichen sechs Jahren unbarmherzigsten Kriegsgeschehens rückblickend begegnet. Schließlich blickt die ganze Welt auf sechs grausame Jahre zurück, die mehr als 55 Millionen Menschen das Leben gekostet haben – darunter allein sechs Millionen Juden – und Millionen von Menschen zu Heimatlosen machten[2].

Wie konnte es zu einem Desaster solchen Ausmaßes kommen? Warum hat niemand dem Fanatismus, mit dem ganze Völker ausgelöscht werden sollten, Einhalt zu gebieten gewusst? Die Fragen der jungen deutschen Bevölkerung an ihre Vorfahren werden meist mit einem Achselzucken beantwortet. Niemand kann sich erklären, wie eine der größten Katastrophen in der Geschichte der Menschheit ihren Lauf nehmen konnte.

Eine große Rolle spielte hierbei der 1920 von der NSDAP erworbene „Völkische Beobachter“ (VB). Er war das wichtigste Organ, das ihr zur Verbreitung ihrer Ideologie zur Verfügung stand und sollte die Bevölkerung fortan mit allen Mitteln für die Ziele der Nationalsozialisten einnehmen.

Die Untersuchung eines dieser Mittel, der Sprache, ist Thema dieser Arbeit. Anhand des Artikels „Kleiner Verrat eines Gernegroß“ („VB“ vom 29. April 1945) werde ich darstellen, wie sie von der NSDAP beeinflusst und manipuliert wurde. Es erscheint mir jedoch unumgänglich, zuvor auf die Geschichte des „VB“ einzugehen. Im Anschluss daran werde ich kurz den geschichtlichen Hintergrund des von mir ausgewählten Artikels erläutern, um danach zur Darstellung der Manipulation der Sprache überzugehen.

2. Der Völkische Beobachter („VB“)

2.1 Die Geschichte des „VB “

Vielleicht hätten die Nationalsozialisten ihr Unwesen nicht in dem Maße treiben können, wie sie es getan haben, hätte nicht Johann Naderer, Druckereibesitzer, im Jahre 1887 eine Wochenzeitung namens „Münchener Beobachter“ gegründet. Diese wurde 1900 von dem Österreicher Franz Xaver Eher erworben und ging 1918, nach dessen Tod, in den Besitz der Thule Gesellschaft, eines „vaterländischen Vereine[s]“[3], über. Sie erfuhr einen Namenswechsel und wurde zum „Völkischen Beobachter“ („VB“) umbenannt. Der „VB“ sollte von nun an den Kampf gegen „[den] Wucher in allen Gestalten, [die] jüdische Zwangsherrschaft in Deutschland, [den] volksverderbenden Geldwahn und [den] volksfremden Scheinsozialismus, der nur Vernichtung aller deutschen Arbeit will“[4] mit allen ihm zur Verfügung stehenden Mitteln unterstützen. Am 18. Dezember 1920 übernahm ihn die NSDAP[5], um ihn fortan als „rücksichtsloseste Waffe für das Deutschtum auszubauen gegen jede feindliche undeutsche Bestrebung“[6]. Zu diesem Zeitpunkt war die wirtschaftliche Lage des „VB“ jedoch äußerst schlecht und erst als Max Amann die Geschäftsleitung übernahm, gelang es mit seiner Hilfe, den „VB“ zu einem wirtschaftlich arbeitenden Betrieb umzustrukturieren. Nach und nach wurde dieser so zum wichtigsten Propagandaorgan der Nationalsozialisten, das in ihrem Sinne „Erziehungsarbeit am deutschen Volke“[7] leisten sollte.

Dies durchzusetzen war Aufgabe der Mitarbeiter des „VB“, die sich im Wesentlichen aus zwei Gruppen zusammensetzten. Einerseits gehörten der Redaktion Leute an, die fachlich nicht vorgebildet waren, jedoch dem engeren Kreis um Hitler angehörten. Unter ihnen waren beispielsweise Herrmann Esser und Josef Berchtold[8]. Andererseits waren sie Journalisten, die der alten völkischen Bewegung angehörten. So zum Beispiel auch Dr. Josef Stolzing-Czerny, der lange Zeit den Kulturteil leitete, sowie Dietrich Eckart, seit 1921 Hauptschriftleiter. Eckart wurde von Anfang an unterstützt durch Alfred Rosenberg der ihn 1923 in seinem Amt ablöste[9] und es seinerseits nach fünfzehn Jahren im Dienste des „VB“, 1938, an Wilhelm Weiß übergab.

Auch Adolf Hitler selbst war bis zum Jahre 1922 ständiger Mitarbeiter in der Redaktion und schrieb Artikel für den „VB“[10]. So konnte er persönlich überwachen, ob dort alles zu seiner Zufriedenheit vor sich ging. Später wurden vor allem seine Reden abgedruckt. „Sie predigten Hass und Rache“[11].

1923, nach dem Hitlerputsch, wurden sowohl die NSDAP als auch der „VB“ verboten, jedoch nach Hitlers Entlassung im Jahre 1925 erneut gegründet. Ab 1927 erschien neben der „Bayernausgabe“ auch die sogenannte „Reichsausgabe“[12]. Fünf Jahre später wurde außerdem in Berlin eine Redaktion eingerichtet. Zu den beiden bereits bestehenden Ausgaben des „VB“ kamen nun die „Berlinausgabe“ sowie die „Norddeutsche Ausgabe“ hinzu. Nach einem weiteren Jahr erschien auch die „Wiener Ausgabe“ und ab dem Jahre 1941 wurde zusätzlich zu den anderen fünf Ausgaben außerdem die „Feldpostausgabe“ gedruckt[13].

Der „VB“ wurde zusehends größer und mächtiger. Lag seine Auflage im Jahre 1925, nach der Neugründung der Partei, noch bei 4500 Exemplaren, so wuchs sie über die Jahre hinweg immer weiter an und hatte 1941 den Umfang von 1 192 542 Exemplaren erreicht[14].

2.2 Die Manipulation der Sprache durch die NSDAP - eine Darstellung anhand des

Artikels „Kleiner Verrat eines Gernegroß“ („Völkischer Beobachter“ vom 29.April 1945)

2.2.1 Der geschichtliche Hintergrund des Artikels

Der ausgewählte Artikel entstammt der Ausgabe 100a des „Völkischen Beobachters“, die zwar die vorletzte überhaupt gedruckte, jedoch die letzte ausgelieferte Ausgabe des „VB“ darstellt[15]. Ihr Leitartikel „Kleiner Verrat eines Gernegroß“ handelt von der Revolte der Dolmetscher-Kompanie des Wehrkreises VII in der Nacht vom 27. auf den 28. April in München. Unter der Leitung ihres Hauptmannes Dr. Rupprecht Gernegroß wollte diese im Zuge der „Freiheitsaktion Bayern“[16] den Münchener Gauleiter Paul Giesler verhaften und durch Reichsstatthalter Franz Ritter von Epp den Amerikanern die Kapitulation anbieten lassen[17]. Das Unternehmen scheiterte, als von Epp, auf dessen Unterstützung sich Gernegroß verlassen hatte, seine Hilfe verweigerte. Mit Hilfe von SS-Einheiten konnte Giesler den Aufstand niederschlagen[18].

2.2.2 Die Manipulation der Sprache durch die NSDAP

Anhand dieses Artikels lässt sich zweifellos erkennen, dass sprachregelnde Eingriffe der Propaganda für den offiziellen Sprachgebrauch des Nationalsozialismus typisch waren[19]. Sie dienten der gezielten Manipulation des Lesers im Sinne der Abhärtung gegen wirkliche Brutalität und „[der] sprachliche[n] Vorbereitung für die Bereitschaft zur Gewalttätigkeit“[20]. Auch zur Vorspiegelung falscher Tatsachen und der Einnahme des Lesers für die nationalsozialistische Ideologie bediente man sich verschiedenster sprachlicher Mittel.

Beispielsweise finden sich im Leitartikel vom „VB“ vom 29. April 1945 - wie für die damalige Diktion üblich - viele umgangssprachliche Wendungen und lapidare Ausdrücke. So ist davon die Rede, dass „eine Hand voll“[21] „dumm[er], nichts als dumm[er]“[22] „verlotterter“[23] Deserteure und „Drückeberger“[24] versucht habe, sich gegen den Nationalsozialismus aufzulehnen. Die Verwendung solcher Expressionen ist insofern nicht erstaunlich, als die Nationalsozialisten eine extrem antiintellektuelle Haltung pflegten. Man wollte nicht einzelne Gebildete erreichen. Diese sollten im Gegenteil „der breiten Bevölkerung [, an die man sich richtete,] suspekt gemacht werden[25] “. Da jene in der Regel etwas schlichter war, wurde Vokabular gewählt, das dem entsprach. So wollte man ausschließen, dass der einfache Leser durch eine hochgestochene Form der Artikulation das Interesse am nationalsozialistischen Kampfblatt, dem „VB“ verliere.

[...]


[1] „Rekordzahl Besucher Anne Frank Haus. Pressemeldung – 2. Januar 2004.“ 13. September 2004 http://www.annefrank.org/content.asp?PID=220&LID=3

[2]Zweiter Weltkrieg.“ Enzyklopädie 2003 ©1999,2000,2001 WISSEN digital Software Verlags GmbH, München.

[3] Plewnia, Margarete: Völkischer Beobachter (1887-1945). In: Fischer, Heinz-Dietrich (Hrsg.): Deutsche Zeitungen des 17. bis 20. Jahrhunderts. Band 2. Pullach 1972 S. 381-390.

[4] „VB“ vom 16.09.1920.

[5] Plewnia, 381

[6] Franz-Willing, Georg: Die Geschichte des Völkischen Beobachters von 1920-1923, phil. Diss. München 1956, S. 236 ff.

[7] Plewnia, 383

[8] Plewnia, S.384

[9] Plewnia, 383/384

[10] Plewnia, 384

[11] Noller, Sonja: Der Völkische Beobachter. In: Noller, Sonja und Hildegard von Kotze (Hrsg.): Facsimile Querschnitt durch den Völkischen Beobachter. S.4-13

[12] Plewnia, 386

[13] Plewnia, 386

[14] Noller, 9, 13

[15] von Kotze, Hildegard: Anmerkungen. In: Noller, Sonja und Hildegard von Kotze (Hrsg.): Facsimile Querschnitt durch den Völkischen Beobachter. S.30

[16] Kulturreferat der Landeshauptstadt München. „Kein weiteres sinnloses Blutvergießen. Versuche, den Krieg abzukürzen“ (1998). 25. September 2004 http://www.widerstand.musin.de/w3-25.html

[17] von Kotze, S.30

[18] „Paul Giesler“ 25. September 2004 http://www.historisches-centrum.de/ns-zeit/paul_giesler.htm

[19] Dieckmann, Walther: Information oder Überredung. Zum Wortgebrauch der politischen Werbung seit der Französischen Revolution. In: Kunz, Josef und Ludwig Erich Schmitt (Hrsg.): Marburger Beiträge zur Germanistik. Marburg 1964 (8) S.40-101.

[20] Bork, Siegfried: Mißbrauch der Sprache. Tendenzen nationalsozialistischer Sprachregelung. Bern [1970] S.20.

[21] Artikel “Kleiner Verrat eines Gernegroß”, Z.4

[22] Artikel Z.20

[23] Artikel Z.26

[24] Artikel, Z.4/5

[25] Bork, 32

Final del extracto de 15 páginas

Detalles

Título
Die Manipulation der Sprache durch die NSDAP. Eine Darstellung anhand des Artikels "Kleiner Verrat eines Gernegroß" ("VB" vom 29. April 1945)
Universidad
University of Trier
Curso
Einführung in die gegenwartsbezogene Sprachwissenschaft: Sprache in der Politik
Calificación
2,7
Autor
Año
2004
Páginas
15
No. de catálogo
V42953
ISBN (Ebook)
9783638408646
ISBN (Libro)
9783656573470
Tamaño de fichero
505 KB
Idioma
Alemán
Notas
Kommentar des Dozenten: Einleitung und Schluss sind nicht gelungen. Der Vorspann der Einleitung ist zu lang und zu belanglos für den Umfang der Arbeit, gelegentlich zu pathetisch. Der Schluss bleibt hinter den Ergebnissen der Arbeit zurück. Sprachliche Analyse detailliert und gelungen, aber insgesamt zu unsystematisch. Eine Gliederung in rethorische Mittel, Taktiken, Strategien fehlt.Hier wird viel vermischt. Wichtige Begriffe fehlen (z.B. Miranda/Antimiranda).
Palabras clave
Manipulation, NSDAP, Eine, Darstellung, Artikels, Kleiner, Verrat, Gernegroß, April, Einführung, Sprachwissenschaft, Politik
Citar trabajo
Julia Balogh (Autor), 2004, Die Manipulation der Sprache durch die NSDAP. Eine Darstellung anhand des Artikels "Kleiner Verrat eines Gernegroß" ("VB" vom 29. April 1945), Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/42953

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