Autobiographische Motive in Lion Feuchtwangers "Exil"


Studienarbeit, 2017

19 Seiten, Note: 1,7


Leseprobe

Inhaltsverzeichnis:

1. Einleitung

2. Handlung und Hauptcharaktere des Romans „Exil“

3. Lion Feuchtwangers Exil von 1933 bis 1939

4. Parallelen des Romans zu Feuchtwangers ExilerfahrungenS
4.1 Reflexionen privater Problematiken
4.1.1 Alltägliche Probleme
4.1.2 Reaktionen der Einheimischen
4.1.3 Der Versuch, die Haltung zu wahren
4.2 Politische Reflexionen im Exil
4.2.1 Reflexionen über die Naziherrschaft
4.2.2 Reflexionen über den Kommunismus

5. Fazit

1. Einleitung

Schon vor seinem Roman „ Exil “ war Lion Feuchtwanger ein bekannter Autor, einige seiner Werke wie „ Jud S üß“ und „ Die h äß liche Herzogin Margarete Mautasch “ waren sogar Bestseller geworden. Des Weiteren ist „ Exil “ kein Einzelband, sondern stellt den letzten Teil der Wartesaal-Trilogie dar. Der erste Band „ Erfolg. Drei Jahre Geschichte einer Provinz “ von 1930 hatte von der Vorgeschichte des Dritten Reiches gehandelt, während der zweite Teil „ Die Geschwister Oppenheim “ von 1933 die Judenverfolgungen unter Hitler exemplarisch an einer jüdischen Bürgerfamilie veranschaulichte. An dem dritten Teil der Trilogie „ Exil “ , der das Emigrantendasein behandelte, hatte Lion Feuchtwanger vier Jahre gearbeitet. Die Geschichte wurde erstmals in einer Exilzeitschrift veröffentlicht und erschien dann 1940 im Querido-Verlag.1 Feuchtwanger seit dem Beginn der Arbeit an diesem Roman geplant, ihn zu einem historischen Roman werden zu lassen. 2 Diese Wahl ist typisch für die Schriftsteller aus der der Zeit zwischen 1930 und 1945, die emigriert waren, da diese in den meisten Fällen historischen Stoff in ihren Romanen verarbeiteten.3 Ein wichtiger Beweggrund dieser Tendenz ist der Kampf der Antifaschisten gegen die Geschichtsfälschung der Nazis.4

Lion Feuchtwanger hat sich im Allgemeinen mit der kollektiven Wir-Bezeichnung deutscher Emigranten schwer getan, auch wenn er der Bezeichnung den Wahrheitsgehalt nicht abspricht. Er hat darauf verwiesen, dass die deutschen Flüchtlinge in ihrer sozialen, wirtschaftlichen und politischen Situation vollkommen verschieden sind. Ihm ist aufgefallen, dass Literatur, die von Emigranten in der NS-Zeit handelt, das Bild der Exilanten verallgemeinernd wiedergibt und einzelne subjektive Erfahrungen auf das Kollektiv übertrug.5 Demgegenüber steht „ Exil “, welches zahlreiche Handlungsstränge verschiedenster Menschen einzeln darstellt und miteinander verflechtet. Gert Ueding sagte über Feuchtwangers Exil: „ Diesen peniblen Schilderungen liegen genaue Beobachtungen zugrunde; gesättigt mit sozialer Erfahrung, ersteht aus vielen Einzelteilen, aus Porträts und Reportagen, aus oft nur leicht getarnten Tatsachenberichten und Skandalchroniken ein umfassendes Lebensbild des Exils. “ 6 Er geht also davon aus, dass Feuchtwanger vor allem reale Begebenheiten etwas umgewandelt in seine Geschichte mit eingeflochten hat. Feuchtwanger selbst gibt zu, dass die neue Heimat den Schriftsteller in seinen Darstellungen deutlich beeinflusst,7 des Weiteren gesteht er im Vorwort zu „ Exil “, dass er sich durch zwei reale Geschehnisse inspirieren lassen hat, die Entführung des Journalisten Berthold Jacob und die Zeitung „ Westland “, die von Agenten des dritten Reiches aufgekauft wurde. Allerdings behauptet er, dass er sich neben diesen Ausnahmen an keinen anderen Geschehnissen oder Personen gerichtet hat. Er spricht davon, dass er in seiner ganzen Trilogie keine wirklichen, sondern vielmehr „ historische Menschen “ abgebildet hat.8 Trotz dieser Aussagen wurde immer wieder behauptet, der Roman sei ein Schlüsselroman und es wurde der Versuch unternommen, die Vorbilder der abgebildeten Figuren zu erraten.9

In dieser Hausarbeit, soll versucht werden, die autobiographischen Motive des Autors in dem Roman „Exil“ zu analysieren. Es soll sich hier auf seine Zeit in Frankreich und die Reise nach Moskau beschränkt werden. Dies ergibt sich schon alleine aus der Tatsache, dass für die Motive des Autors selbstverständlich nur die Zeit bis zur Fertigstellung dieses Romans eine Rolle spielen kann, da spätere Erfahrungen nicht in das Buch mit eingeflossen sind. Andererseits wird in dieser Arbeit nicht auf seine Exilzeit vor Frankreich eingegangen, da aufgrund des gewählten Ortes und den behandelten Problemen innerhalb des Buches vor allem die Zeit in Frankreich die Motive des Autors beeinflusst zu haben scheint.

2. Handlung und Hauptcharaktere des Romans „ Exil “

Das Roman „Exil“ spielt ebenfalls in Paris. Im Zentrum des Romans steht der bürokratische Kampf eines deutschen Exilanten in Paris. Lion Feuchtwanger versucht hier die Vielschichtigkeit der deutschen Emigranten aufzuweisen, die seiner Meinung nach zerklüfteter als alle anderen Emigrationen waren.10 Der Roman spielt im Jahre 1935 in Paris, das eines der Hauptstädte des Exils gewesen war. Der Musiker und Komponist Sepp Trautwein war nach Paris emigriert und entwickelte sich im Verlauf der Geschichte von einem weitgehend unpolitischen Menschen zu einem Verteidiger der Gerechtigkeit, indem er sich dafür einsetzt, den entführten Journalisten Friedrich Benjamin zu befreien. Zugunsten dieses Ziels vernachlässigt er sogar seine Musikkarriere, solange bis Friedrich Benjamin von der Gestapo freigelassen wird. Außerdem werden von Lion Feuchtwanger zahlreiche Parallel- und Nebenhandlungen dargestellt, wie die von Sepp Trautweins Sohn Hans, der seine Leidenschaft für den Kommunismus entdeckt und sich darauf vorbereitet, sein Architekturstudium in Moskau verbringen zu können oder die Handlung von Anna, der Frau von Sepp Trautwein, die sich vollkommen für ihre Familie aufopfert11 und einen Suizid begeht, weil sie durch Vereinsamung am Exil zerbricht.12 Doch auch die Sicht der Antagonisten wird gezeigt, die in einer reichsdeutschen Zeitung arbeiten.13 Der Journalist Erich Wiesener wird sozusagen zur zweiten Hauptperson.14 Er wird als Opportunist dargestellt, der zunächst als Republikaner in einer Zeitung schrieb, nach Hitlers Machtergreifung seine Artikel jedoch zugunsten der Nazis ausfallen lässt. Nach und nach verliert er seine Haltung, seine Geliebte Lea de Chassefierre wendet sich von ihm ab und schlägt sich sogar auf die gegnerische Seite, außerdem verliert sein Sohn Raoul, den er mit Lea hat, die einst empfundene Bewunderung für seinen Vater.15 Alle Charaktere sind Repräsentanten von unterschiedlichsten Menschen, die alle in irgendeiner Art und Weise, von den Bedingungen des Exils beeinflusst sind.16

3. Lion Feuchtwangers Exil von 1933 bis 1939

Auch wenn er jüdisch-orthodox ist,17 war Feuchtwangers Exil primär politischer Natur,18 als Jude und Antifaschist gleichermaßen galt er Goebbels als ärgster Feind, wie er in einer Rundfunkrede verlautbarte. Kurze Zeit nach der Machtübernahme von Hitler plünderte ein SA-Trupp sein Haus. Seine Bücher wurden mit vielen anderen zusammen am 10. Mail 1933 verbrannt, weil man sie als „ seelenlose Asphaltliteratur “ oder als „ jüdischen Giftstoff “ deklarierte. Weiterhin wurde er auf der Ausbürgerungsliste vermerkt.19 Am 11. März hatte er bereits Europa verlassen und war in einem Hotel in Tirol untergekommen. Freunde, die er in Berlin hatte, unter anderem Bertolt Brecht folgten ihm. Nachdem er und seine Frau von den Hotelinhabern vor SA-Männern gewarnt worden waren, die Feinde des Nazi-Regimes aus Österreich entführten, beschlossen sie in die Schweiz zu fliehen. Er hatte sich also bei seiner Erzählung über den entführten Journalisten nicht nur von dem bekannten Fall inspirieren lassen, sondern hatte die Bedrohung am eigenen Leib erfahren müssen, was sicherlich einen tiefen Eindruck bei ihm hinterlassen hat. Durch eine List konnte der wissenschaftliche Mitarbeiter Lion Feuchtwangers Werner Kahn-Bieker Bücher und Notizen aus dem Haus der Feuchtwangers mitnehmen, das die Nazis besetzt hatten. 20 25000 Deutsche flüchteten sich nach dem Machtantritt Hitlers nach Frankreich. Frankreich war durch die Nähe zu Deutschland zu einem bevorzugten Ort der Flüchtlinge. Des Weiteren hatten viele Schriftsteller und Künstler eine Vorliebe für die französische Kultur. Innerhalb Frankreichs existierten drei Zentren des Exils, die waren Nizza, Paris und Sanary-sur-Mer. 21 Auch die Feuchtwangers zog es nach Frankreich und sie beschlossen zunächst nach Marseille zu gehen. Dort führte Lion Feuchtwanger unmittelbar seine Arbeit an den zweiten Roman der Josephus Trilogie fort, dessen Manuskript unwiederbringlich in Berlin verloren gegangen ist. Die Feuchtwangers litten zu dieser Zeit an Geldproblemen. Allerdings ging es ihnen weit besser als anderen und Lion Feuchtwanger erhielt von seinem amerikanischen Verleger einen Vorschuss. In der Zeit, in der er an seinem Buch schrieb, suchte Marta ein Haus für sie in Sanary und wird fündig. Ab 1933 waren seine Geldsorgen Vergangenheit und er konnte es sich sogar leisten, Kollegen und Freunde, die Geldnöte hatten, zu unterstützen. Unterstützend wird er ebenfalls in dem „Schutzverband Deutscher Schriftsteller im Exil“ tätig, von dem er einer der Gründungsmitglieder ist.22

Von 1934 an lebten Lion Feuchtwanger und seine Frau Marta Feuchtwanger in der Villa Valmer. Er schrieb dort fünf Romane und wurde politisch-publizistisch tätig.23 Sieben Jahre lebte er in Südfrankreich, bis er wegen Hitler erneut fliehen muss. Er hat die Zeit trotz der schwierigen Umstände in positiver Erinnerung behalten. In dieser Zeit wurde er aktives Mitglied in verschiedenen Exilorganisationen. Des Weiteren unterstützte er die von Stalin propagierten Volksfrontpläne. Außerdem unternahm er zahlreiche Reisen, häufig nach Paris, einige Male auch nach London. 1936 verreiste er für zwei Monate nach Moskau.24 Auf diese Reise wird im weiteren Verlauf dieser Hausarbeit näher eingegangen.

[...]


1 S.251, Reich-Raniccki, Marcel (Hrsgb.) Romane von gestern - heute gelesen. Band 3 1933-1945, S. Fischer Verlag GmbH, Frankfurt am Main, 1990

2 S.845, Feuchtwanger, Lion: Exil. Roman, Aufbau Taschenbuch Verlag GmbH, Berlin, 1994

3 S.4, Ongha, Hamid: Geschichtsphilosophie und Theorie des historischen Romans bei Lion Feuchtwanger, Verlag Peter Lang GmbH, Frankfurt am Main, 1982

4 Ebd. S.20

5 S.23, Olden, Ika und Rudolf: „In tiefen Dunkel liegt Deutschalnd“. Von Hitler vertrieben - Ein Jahr deutscher Emigration. Vorwort von Lion Feuchtwanger, METROPOL VERLAG, Berlin, 1994

6 S.254, Reich-Raniccki, Marcel (Hrsgb.) Romane von gestern - heute gelesen. Band 3 1933-1945, S. Fischer Verlag GmbH, Frankfurt am Main, 1990

7 S.189, Höfer, Karl-Heinz/ Schubert, Werner (Hrsgb): Germanistische Studientexte. Deutungen und Bekenntnisse, VEB Verlag Enzyklopädie, Leipzig, 1986

8 S.7 f , Feuchtwanger, Lion: Exil. Roman, Aufbau Taschenbuch Verlag GmbH, Berlin, 1994

9 S.260f, Reich-Raniccki, Marcel (Hrsgb.) Romane von gestern - heute gelesen. Band 3 1933-1945, S. Fischer Verlag GmbH, Frankfurt am Main, 1990

10 S.400, Von Sternburg, Wilhelm: Lion Feuchtwanger. Die Biographie, Aufbau Verlag GmbH & Co. KG, Berlin, 2016

11 S.251f , Reich-Raniccki, Marcel (Hrsgb.) Romane von gestern - heute gelesen. Band 3 1933-1945, S. Fischer Verlag GmbH, Frankfurt am Main, 1990

12 S.398, Von Sternburg, Wilhelm: Lion Feuchtwanger. Die Biographie, Aufbau Verlag GmbH & Co. KG, Berlin, 2016

13 S.251f , Reich-Raniccki, Marcel (Hrsgb.) Romane von gestern - heute gelesen. Band 3 1933-1945, S. Fischer Verlag GmbH, Frankfurt am Main, 1990

14 S.398, Von Sternburg, Wilhelm: Lion Feuchtwanger. Die Biographie, Aufbau Verlag GmbH & Co. KG, Berlin, 2016

15 S.400, Von Sternburg, Wilhelm: Lion Feuchtwanger. Die Biographie, Aufbau Verlag GmbH & Co. KG, Berlin, 2016

16 S.251f , Reich-Raniccki, Marcel (Hrsgb.) Romane von gestern - heute gelesen. Band 3 1933-1945, S. Fischer Verlag GmbH, Frankfurt am Main, 1990

17 S.16, Rumler, Andreas: Exil als geistige Lebensform. Brecht + Feuchtwanger. Ein Arbeitsbündnis, Edition A B Fischer, Berlin, 2016

18 S.14, Stolle, Peter: Das Hitlerbild in den Romanen Lion Feuchtwangers. Martin Meidenbauer Verlagsbuchhandlung, München, 2004

19 S.117, Pischel, Joseph: Lion Feuchtwanger. Versuch über Leben und Werk, Verlag Phillip Reclam jun. Leipzig, 1983

20 S.138, Skierka, Volker: Lion Feuchtwanger. Eine Biographie, Quadria Verlag J. Severin, Berlin, 1984

21 S.323, Von Sternburg, Wilhelm: Lion Feuchtwanger. Die Biographie, Aufbau Verlag GmbH & Co. KG, Berlin, 2016

22 Ebd. S.326-334

23 S.118, Pischel, Joseph: Lion Feuchtwanger. Versuch über Leben und Werk, Verlag Phillip Reclam jun. Leipzig, 1983

24 S.328-333, Von Sternburg, Wilhelm: Lion Feuchtwanger. Die Biographie, Aufbau Verlag GmbH & Co. KG, Berlin, 2016

Ende der Leseprobe aus 19 Seiten

Details

Titel
Autobiographische Motive in Lion Feuchtwangers "Exil"
Hochschule
Universität Potsdam  (Philosophische Fakultät)
Veranstaltung
Seminar
Note
1,7
Autor
Jahr
2017
Seiten
19
Katalognummer
V434844
ISBN (eBook)
9783668759909
ISBN (Buch)
9783668759916
Dateigröße
568 KB
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Lion Feuchtwanger, Zweiter Weltkrieg Exil Autobiographisches Schreiben
Arbeit zitieren
Romana Laws (Autor:in), 2017, Autobiographische Motive in Lion Feuchtwangers "Exil", München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/434844

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