Bislang existieren 16 Urteile des EuGH im Bereich der Goldenen Aktien. Das erste Urteil erging im Jahr 2000 gegen Italien, fand aber kaum Beachtung. Die drei darauffolgenden Urteile gegen Portugal, Frankreich und Belgien aus dem Jahr 2002 brachten die Goldenen Aktien in die rechtswissenschaftliche Diskussion. Zuletzt urteilte der EuGH am 22. Oktober 2013 im Rahmen eines Vertragsverletzungsverfahrens gegen Deutschland, welches die Umsetzung eines Urteils aus dem Jahr 2007 betraf. Das Vertragsverletzungsverfahren, welches dem Urteil aus 2007 voran ging, hatte die Kommission im Jahr 2005 aufgrund des VW-Gesetzes eingeleitet. Das neueste Urteil hat jedoch nicht die Goldenen Aktien zum Gegenstand, sondern setzt sich damit auseinander, ob Deutschland die Vorgaben des Urteils aus dem Jahr 2007 europarechtskonform umgesetzt hat. Insofern stammt das letzte Urteil, welches sich inhaltlich mit Goldenen Aktien beschäftigt aus dem Jahre 2012 gegen Griechenland. Nur in einem Fall handelte es sich um ein Vorabentscheidungsverfahren. Alle anderen Verfahren waren von der Kommission eingeleitete Vertragsverletzungsverfahren gegen unterschiedliche Mitgliedstaaten.
Als Erfinderin der Goldenen Aktien gilt Margret Thatcher. Seit ihrem Amtsantritt in Großbritannien im Jahr 1979 kam es verstärkt zu Privatisierungen in Großbritannien. Trotz der Privatisierungen hatte die staatliche Kontrolle und Lenkung in diesen Unternehmen weiterhin höhere Bedeutung als das Interesse an deren wirtschaftlichen Ertrag. So wurden nach englischem Gesellschaftsrecht Sonderaktien geschaffen, welche dem Staat spezielle Rechte an den privatisierten Unternehmen einräumten. Die Gestaltung der Goldenen Aktien ist jedoch bereits älter. Französische Staatsunternehmen, z. B. die Compagnie des Chemins de Fer de Maroc, kannten diese bereits Ende des 19. Jahrhunderts.
Im Folgenden werden zunächst die Goldenen Aktien und ihre unterschiedlichen Ausgestaltungsmöglichkeiten genauer dargestellt. Daraufhin soll auf die von Goldenen Aktien betroffenen Grundfreiheiten eingegangen werden. Auch die Urteile des EuGH und somit die Entwicklung der Rechtsprechung zu Goldenen Aktien soll unter Berücksichtigung der Besonderheiten, welche in der Grundfreiheitenprüfung hinsichtlich der Goldenen Aktien existieren, aufgezeigt werden. Zuletzt soll noch auf Möglichkeiten der Einschränkung des weiten Anwendungsbereichs der Kapitalverkehrsfreiheit im Rahmen der Goldenen Aktien auf Tatbestandsebene eingegangen werden.
Inhaltsverzeichnis
- A. Einleitung
- B. Hauptteil
- I. Goldene Aktien
- 1. Überblick
- 2. Ausgestaltungen
- a) Erwerbsbeschränkungen
- b) Einfluss auf Grundlagen- und Geschäftsentscheidungen
- c) Entsenderechte
- II. Betroffene Grundfreiheiten
- 1. Niederlassungsfreiheit
- a) Anwendungsbereich der Niederlassungsfreiheit
- b) Beschränkung
- c) Rechtfertigung
- 2. Freiheit des Kapital- und Zahlungsverkehrs
- a) Zahlungsverkehr
- b) Anwendungsbereich der Kapitalverkehrsfreiheit
- c) Beschränkung
- d) Rechtfertigung
- 3. Abgrenzung von Kapitalverkehrs- und Niederlassungsfreiheit
- a) Überschneidungen
- b) Parallele Anwendung
- c) Schwerpunktbetrachtung
- d) EuGH Urteil Kommission/ Griechenland
- 1. Niederlassungsfreiheit
- III. Die Urteile des EuGH in den „,Golden Shares\" Fällen
- 1. Überblick
- 2. Rechtliche Einordnung
- a) Staatliche Maßnahme
- aa) EuGH Urteil Kommission/ Vereinigtes Königreich
- bb) EuGH Urteil Kommission/ Niederlande
- cc) EuGH Urteil Kommission/ Portugal II
- dd) Ergebnis
- b) Diskriminierung und Beschränkung
- c) Rechtfertigung
- aa) Art. 345 AEUV
- bb) Geschriebene Rechtfertigungsgründe
- cc) Ungeschriebene Rechtfertigungsgründe
- dd) Verhältnismäßigkeit
- a) Staatliche Maßnahme
- IV. Einschränkungen der Kapitalverkehrsfreiheit auf Tatbestandsebene
- 1. Genaue Bestimmung des Verpflichtetenkreises bei der Kapitalverkehrsfreiheit
- a) Staatliches Handeln ohne Bindung an die Kapitalverkehrsfreiheit
- b) Bindung Privater an die Kapitalverkehrsfreiheit
- 2. Einschränkung des umfassenden Beschränkungsverbots
- a) EuGH Urteil Kommission/Vereinigtes Königreich
- b) Ansicht von Wellige
- c) Weitere Stimmen in der Literatur
- d) Ergebnis
- 1. Genaue Bestimmung des Verpflichtetenkreises bei der Kapitalverkehrsfreiheit
- I. Goldene Aktien
- C. Schluss
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Masterarbeit befasst sich mit der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) zu den sogenannten „Goldenen Aktien“, welche die Freizügigkeit von Kapital und die Niederlassungsfreiheit im Europäischen Binnenmarkt einschränken können. Ziel ist es, die Entwicklung der Rechtsprechung des EuGH in diesem Bereich zu analysieren und die rechtlichen Rahmenbedingungen für „Goldene Aktien“ zu beleuchten.
- Die Rolle der „Goldenen Aktien“ bei der Einschränkung von Grundfreiheiten
- Die Anwendung der Niederlassungsfreiheit und der Kapitalverkehrsfreiheit im Kontext von „Goldenen Aktien“
- Die Rechtfertigungsgrundlagen für die Beschränkung von Grundfreiheiten durch „Goldene Aktien“
- Die Bedeutung der Verhältnismäßigkeitsprüfung bei „Goldenen Aktien“
- Aktuelle Entwicklungen in der Rechtsprechung des EuGH zu „Goldenen Aktien“
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung führt in die Thematik der „Goldenen Aktien“ ein und erläutert den Forschungsgegenstand und die Zielsetzung der Arbeit. Der Hauptteil befasst sich zunächst mit dem Begriff der „Goldenen Aktien“ und ihren verschiedenen Ausgestaltungen. Anschließend werden die relevanten Grundfreiheiten des EU-Rechts, insbesondere die Niederlassungsfreiheit und die Kapitalverkehrsfreiheit, vorgestellt. Kapitel III analysiert die Rechtsprechung des EuGH in den „Golden Shares“-Fällen und beleuchtet dabei die Einordnung von „Goldenen Aktien“ als staatliche Maßnahme, die Diskriminierung und Beschränkung sowie die Rechtfertigungsgrundlagen. Kapitel IV behandelt die Einschränkungen der Kapitalverkehrsfreiheit auf Tatbestandsebene, wobei die genaue Bestimmung des Verpflichtetenkreises und die Einschränkung des umfassenden Beschränkungsverbots im Vordergrund stehen. Abschließend wird im Schluss ein Resümee der Ergebnisse gezogen und ein Ausblick auf zukünftige Entwicklungen gegeben.
Schlüsselwörter
Goldene Aktien, Grundfreiheiten, Niederlassungsfreiheit, Kapitalverkehrsfreiheit, EuGH-Rechtsprechung, Staatliche Maßnahme, Diskriminierung, Beschränkung, Rechtfertigung, Verhältnismäßigkeit, Tatbestandsebene, Verpflichtetenkreis, Beschränkungsverbots
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- Roswitha Laidorf (Author), 2014, Die "Goldene Aktien" Rechtsprechung des EuGH, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/435281