Die Zielsetzung der Arbeit besteht darin, das Phänomen der Guerillakommunikation aus zwei verschiedenen Blickwinkeln zu betrachten. In einem ersten Schritt wird aus theoretischer Perspektive dargelegt, welchen Ursprung Guerillakommunikation hat und welche unterschiedlichen Facetten hierbei eine wichtige Rolle spielen. Daran anschließend wird anhand des Beispiels "Peng! Collective" ein Praxisbezug hergestellt.
Inhalt
1 Einleitung
1.1 Zielsetzung der Arbeit
2 Guerillakommunikation - Irritation von kulturellen Codierungen
2.1 Umberto Ecos semiologische Guerilla
2.2 Kulturelle Grammatik
3 Entwicklung der Guerillakommunikation
3.1 Kommunikationsguerilla
3.1.1 Strategien und Taktiken
3.1.2 Prinzipien der Kommunikationsguerilla
3.1.3 Aktionsräume
4. ״Peng! Collective“- Transformationen einer Kommunikationsguerilla
4.1 Allgemeines zum Politkollektiv
4.2 Kampagnen und Taktiken
4.2.1 ״Vattenfake“
4.2.2 Aktionsräume und Taktiken 4.2.3 Folgen und Erfolgen
5. Fazit
6. Literatur- und Qpellenverzeichnis
1 Einleitung
״... provokant, irritierend, innovativ, ungehorsam, anarchisch, subversiv, kreativ, ge- seilschaftskritisch, subkulturell, zerstörerisch, illegal - alles Adjektive, die mit dem Begriff der Guerilla allgemeinhin verbunden werden. Aber wie kann es, dass [in gesellschaftlichen Bereich] überhaupt geben?“[1]
1.1 Zielsetzung der Arbeit
In der heutigen Zeit lassen sich in verschiedensten gesellschaftlichen Bereichen wie beispielsweise Politik, Kultur und Wirtschaft sogenannte Guerilla-Taktiken finden, die aus Sicht unterschiedlichster Institutionen fester Bestandteil der Kommunikationsstrategie geworden sind. Regelbruch und Irritation innerhalb der öffentlichkeitsarbeit verstehen sich hierbei nicht als ein neues Selbstverständnis, sondern als eine neue Art der Öffentlichkeit. Institutionen wollen aktiv nach außen treten, um nicht nur auf herkömmliche Art und Weise zu kommunizieren. Als Kommunikationsvehikel dienen hierbei in der Regel das Internet sowie die sozialen Medien, mit dem klaren Ziel, gewohntes zu durchbrechen und das übertreten der Grenzen zu einem institutionellen System der Irritation zu machen.[2]
Die Zielsetzung der Arbeit besteht darin, das Phänomen der Guerillakommunikation aus zwei verschiedenen Blickwinkeln zu betrachten. In einem ersten Schritt wird aus theoretischer Perspektive dargelegt, welchen Ursprung Guerillakommunikation hat und welche unterschiedlichen Facetten hierbei eine wichtige Rolle spielen. Daran anschließend wird anhand des Beispiels ״Peng! Collective“ ein Praxisbezug hergestellt.
2 Guerillakommunikation - Irritation von kulturellen Codierungen
2.1 Umberto Ecos semiologische Guerilla
In Umberto Ecos Vortrag ״Für eine semiologische Guerilla“ aus dem Jahr 1967, der von ihm auf dem New Yorker Kongress des International Center for Communicati- on gehalten wurde, spricht der Philosoph und Medienwissenschaftler erstmalig davon, dass sich die Kommunikation ״in eine Schwerindustrie“[3] entwickelt hat und ״ein Land dem [demjenigen gehöre], der die Kommunikation beherrscht“[4]. Zumindest, wenn dieses wirtschaftlich und industriell so fortgeschritten ist, dass militärische Gewalt die Beeinflussung nicht mehr stützt. Er bezieht sich auf Erkenntnisse des kanadischen Geisteswissenschaftlers Marshall McLuhan, der die Massenmedien als Indikator sieht, der den Menschen zu einer anderen Sicht auf die Welt verhilft.[5]
Eco stellt ein einfaches System der normalen Kommunikation vor, in dem eine Quelle vorausgesetzt wird, die ein Signal durch einen Kanal an ein Empfangsgerät schickt. Der Empfänger kann dann durch das Empfangsgerät eine Botschaft erhalten, die jedoch entsprechend redundant sein muss, da es im Kanal zu Störgeräuschen kommen kann, die sonst verhindern, dass die Botschaft klar beim Empfänger ankommt. Des Weiteren muss vorausgesetzt werden, dass sowohl Quelle als auch Emp- fanger den selben Code verwenden. Dieser Code wird als festgelegtes System verstanden, dass den Empfänger entscheiden lässt, ob es sich um intentionale Elemente aus der Botschaft der Quelle handelt, oder ob diese von Störgeräuschen hervorgerufen werden.[6]
In der Guerillakommunikation wird dieser Ablauf genutzt, indem absichtliche Störgeräusche in den Prozess eingebaut werden und eine korrekte Entschlüsselung nicht mehr möglich gemacht werden kann. Somit übt die Guerillakommunikation Kritik an der vorgegebenen Art die Botschaft zu interpretieren aus und nicht an der Botschaft selbst.[7]
Wenn man diese Kommunikationskette auf die Welt der Massenkommunikation anwendet, stellt man fest, dass die Empfänger die Botschaften variieren können, indem sie unterschiedliche Codes verwenden. Die eigentliche Botschaft ist daher leer und abhängig von dem auf sie angewandten Code. Eco beschreibt somit, dass ״die Interpretationsvariabilität [..] das Grundgesetz der Massenkommunikation“[8] sei. Um das Prinzip von Ecos Kommunikationskette zu erläutern nehme man folgendes Gedankenspiel:
Die öffentlich-rechtlichen Fernsehsender ARD und ZDF, die in diesem Fall als Opel- le fungieren, berichten in ihren Nachrichtensendungen, im Zuge der FlüchtlingszuWanderung, mit arabischen Untertiteln. So fühlt sich der rechtsgesinnte Bürger in seiner Kultur bedroht, da er einen Code verwendet, der in ihm Angst vor seiner kul- türellen Existenz auslöst und in ihm den Eindruck erweckt, dass keine kulturelle Integration stattfinden wird. Ein arabisch sprechender Flüchtling hingegen versteht nach seiner Ankunft in einem fremden Land leichter, was in den Nachrichten thematisiert wird, was die Mitbürger des Landes bewegt und fühlt sich, was das Erwerben von Nachrichten angeht, integriert. Der verwendete Code löst den Gedanken aus, dass es deutschen Fernsehsendern wichtig sei, dass viele Menschen mit arabischer Herkunft ihre Nachricht verstehen.
2.2 Kulturelle Grammatik
Die Grammatik wird als Teil der Sprachwissenschaft gesehen, der sich mit dem der Sprache zugrundeliegenden Regelsystem beschäftigt. Diese Idee lässt sich auf die sogenannte kulturelle Grammatik projizieren, die damit ״das Regelsystem [bezeichnet], das gesellschaftliche Beziehungen und Interaktionen strukturiert.“[9]. Durch sie wird deutlich, ״wie gesellschaftliche Normen das alltägliche Leben der Menschen bestimmen.“[10]
Mit anderen Worten ausgedrückt ist die Kulturelle Grammatik eine etablierte Koni- munikationsordnung, die aufgrund von gesellschaftlichen Konventionen besteht. Somit lässt sich sagen, dass es zahlreiche Varianten einer Kulturellen Grammatik gibt, die wiederum zahlreiche Interventionsmöglichkeiten zu bieten haben und ״ver- schiedene gesellschaftliche Strukturen [...] zum Objekt ihrer Kritik werden [können].“[11]
Um an Umberto Ecos Kommunikationskette anzuschließen, lässt sich sagen, dass der verwendete Code des Empfängers abhängig davon ist, welche Kommunikationsordnung die Kulturelle Grammatik vorgibt. Das Ziel der Guerillakommunikation ist es somit, die Kulturelle Grammatik so zu instrumentalisieren, dass die Botschaft von dem Empfänger anders gelesen werden kann.
3 Entwicklung der Guerillakommunikation
3.1 Kommunikationsguerilla
Das Konzept der Kommunikationsguerilla, welche ״die alte Grenzziehung zwischen politischer Aktion und Alltagswelt, subjektiver Wut und rationalem politischen [...] überschreiten“[12] soll wurde von den 1990er Jahren geprägt und gilt als ״Antwort auf die Erschöpfung des traditionellen linken Aktivismus nach dem Fall der Mauer“[13] Diese neue Art des Aktivismus ist globaler und vernetzter und zielt in erster Linie darauf ab, die Normalität zu kritisieren und eine neue Sichtweise auf gewohnte Bilder des Alltags zu erschaffen, sodass ein neuer Interpretationsrahmen entstehen kann.[14]
Für die Kommunikationsguerilla gilt ״weder ein wasserdichtes Theoriekonzept noch genau festgelegte Regeln für die konkrete Ausgestaltung einer emanzipatorischen politischen Praxis“[15] ist gegeben
3.1.1 Strategien und Taktiken
Der französische Soziologe und Kulturphilosoph Michel de Certeaus differenziert in seinem Werk ״Kunst des Handelns“ aus dem Jahr 1988 klar die Begriffe ״Strategie“ und ״Taktik“.
Als Strategie bezeichnet er ״eine Berechnung von Kräfteverhältnissen, die in dem Augenblick möglich wird, wo ein mit Macht und Willenskraft ausgestattetes Subjekt [...] von einer ,Umgebung‘ abgelöst werden kann. Sie setzt einen Ort voraus, der als etwas Eigenes umschrieben werden kann und der somit als Basis für die Organisation einer bestimmten Außenwelt [...] dienen kann“[16]. Das bedeutet mit anderen Worten, dass ein eigener Ort, der in Form einer autonomen Organisationsstruktur existiert und der somit abgelöst von der Struktur der Gesellschaft sein kann, für das strategische Handeln vorausgesetzt wird. Somit handelt es sich bei der Strategie um ״den Versuch, die Logik der eigenen Struktur auf die Umwelt zu übertragen“[17]. Wenn dies geschieht und ein bestimmtes Strukturmuster zu einem führenden Muster eines sozialen Systems wird, entsteht eine Kulturelle Grammatik.[18]
Eine Taktik hingegen definiert Michel de Certeaus als ״ein Kalkül, das nicht mit etwas Eigenem rechnen kann und somit auch nicht mit einer Grenze, die das Andere als eine sichtbare Totalität abtrennt. Die Taktik hat nur den Ort des Anderen. Die dringt teilweise in ihn ein, ohne ihn vollständig erfassen zu können. Sie verfügt über keine Basis, wo sie ihre Gewinne kapitalisieren, ihre Expansion vorbereiten und sich unabhängig gegenüber den Umständen bewahren kann“[19]. Taktik ist somit gegenteilig zu einer Strategie, da kein eigener Ort vorausgesetzt wird. ״Taktisches Handeln ist also daran gebunden, dass eigene Strukturen nur in Abhängigkeit von anderen Strukturen existieren [...]“. Eine Intervention innerhalb und gegen solche Strukturen ist taktisch und beschreibt somit die Kommunikationsguerilla. Schlussfolgernd lässt sich sagen: ״Kommunikationsguerilla funktioniert nicht als Strategie, sondern nur als Taktik“[20] und ist weder lokal noch temporal begrenzt.[21]
3.1.2 Prinzipien der Kommunikationsguerilla
Die Kommunikationsguerilla bedarf sich zwei Grundprinzipien für ihre Arbeit: Zum einen die Verfremdung, die durch ״[die] subtilen Veränderungen der Darstellung des Gewohnten, [...] neue Aspekte eines Sachverhalts sichtbar machen[...] oder über Verschiebungen Bedeutungen herstellen, die nicht vorgesehen oder erwartbar sind.“[22]. Das zweite Prinzip ist das der Überidentifizierung, das ״dagegen bedeutet, solche Aspekte des Gewohnten offen anzusprechen, die zwar allgemein bekannt, zugleich aber auch tabuisiert sind“[23]
Die beiden Prinzipien können durch das Abweichen der Normen und somit der gewohnten und erwartbaren Muster, Irritationen auslösen, die keine zweifelsfreie Interpretation zulassen. Ihr Ziel ist es ״Räume für unterschiedliche Deutungen zu öff-nen.
[...]
[1] Greisinger (2013): S.14
[2] vgl. Greisinger(2013): s. 8
[3] Eco (2007): 146
[4] ebenda
[5] vgl. Eco 2007): 146
[6] ebenda
[7] Schölzel (2013): 278 ff.
[8] Schölzel (2013): 152
[9] autonome afrikagruppe (u.a. 2001): 17
[10] autonome afrika (u.a 2001): 24 ff.
[11] Schölzel (2013): 277
[12] autonome a.f.r.i.k.a. gruppe (2002): 1
[13] ebenda
[14] vgl. Autonome a.f.r.i.k.a. gruppe (2002): 1
[15] autonome a.f.ri.k.a. gruppe (2001): 6
[16] De Certeau (1988): 23
[17] Schölzel (2013): 274
[18] Schölzel (2013) 274
[19] De Certeau (1988): 23
[20] autonome Afrika 2001: 214
[21] Schölzel (2013): 275
[22] autonome a.f.r.i.ka. gruppe (2001): 46
[23] ebenda
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