Die Arbeitswelt durchläuft gegenwärtig eine Phase raschen Wandels. Die Verschärfung der globalen Wettbewerbssituation zwingt immer mehr Unternehmen dazu, permanente Veränderungsprozesse in Gang zu setzen. Technische und organisatorische Neuerungen halten Einzug in die Büros, Ämter, Geschäfte, Laboratorien und Fertigungshallen. Somit müssen sich Organisationen und ihre Mitarbeiter einem permanenten Veränderungs- und Optimierungsprozess unterziehen. Doppler, Fuhrmann, Lebbe-Waschke und Voigt (2002, S. 19) argumentieren, dass eine Unternehmung nur auf Dauer überleben kann, wenn ihre Lern- und Änderungsgeschwindigkeiten, den Veränderungen des Umfeldes entsprechen. Starre Bereichs-, Revier- und Verantwortungsgrenzen und die dadurch gegebenen Machstrukturen werden immer mehr durch Horizontalisierung, Prozessausrichtung der Strukturen, Abflachung und Abbau von Hierarchien aufgehoben. Die Organisationsentwicklung stellt dabei eine von verschiedenen Möglichkeiten, notwendiger Veränderungs- und Anpassungsprozesse dar. Sie ist ein ausgesprochen partizipatives Konzept, mit der eine bestimmte Vorgehensweise, eine bestimmte Methode der Steuerung und Beeinflussung der Veränderungsprozesse sowie eine bestimmte Denkweise und "Philosophie" verbunden wird. Der Slogan "Betroffene zu Beteiligten zu machen", stellt dabei das wesentliche Merkmal dieses Konzeptes dar, auf das in dieser Arbeit immer wieder Bezug genommen wird. Organisationsentwicklung impliziert nicht nur eine Leitlinie im Umgang mit Mitarbeitern, sondern es macht auch mögliche Ursachen von Widerständen deutlich. Eine Abkehr von idealtypischen OE-Maßnahmen können Widerstandshandlungen hervorrufen, die sich auf die, in dieser Arbeit skizzierte "Theorie der psychologischen Reaktanz", bei möglicher Freiheitseinengung oder Kontrollverlust, zurückführen lassen. In Anlehnung an Schmidt (1996, S. 15) werden Widerstände im Zusammenhang mit der Reaktanztheorie betrachten und anschließend zwei Themenbereiche abgehandelt, die für das Thema dieser Arbeit von Bedeutung sein können. Erstens, wird die "Theorie der psychologischen Reaktanz" (Brehm 1966) als Reaktion auf Freiheitseinengung diskutiert werden, dabei wird auf das Konzept der Handlungsspielraumerweiterung Bezug genommen. Zweitens, Handlungsspielraumerweiterungen, die als Resultat von Organisationsentwicklungsmaßnahmen diskutiert werden, können aber auch Unsicherheiten und damit den Verlust von Handlungskontrolle produzieren. Reaktanz wird hier, in Anlehnung an Heckhausen (1988, S. 482) als unmittelbare Reaktion auf die erfahrene Nicht-Kontrollierbarkeit gesehen.
Im zweiten Teil dieser Arbeit werden dann die Bedingungen diskutiert, die zum optimalen Erfolg eines OE-Prozesses beitragen.
Gliederung:
1. Einleitung
2. Grundverständnis von Organisationsentwicklung
2.1. Die Laboratoriumsmethode
2.2. Die Survey-Feedback-Methode
2.3. Sechs Grundannahmen zum OE-Konzept nach Comelli
2.3.1. Anwendung sozialwissenschaftlicher Erkenntnisse
2.3.2. Orientierung am Menschenbild der Humanistischen Psychologie
2.3.3. Betroffene zu Beteiligten machen
2.3.4. Der hohe Stellenwert des Erfahrungslernens
2.3.5. Die Betonung des Prozesses
2.3.6. Die Notwendigkeit systemischen Denkens
3. Widerstand und Reaktanz
3.1. Psychologische Reaktanz bei Freiheitseinengung
3.2. Psychologische Reaktanz bei Kontrollverlust
4. Die Bedeutung der Theorie der psychologischen Reaktanz für die Organisationsentwicklung
4.1. Supervision während einer Umstrukturierungsmaßnahme. Ein Beispiel
5. Einfluss des Wertewandels und der Handlungsspielraum
5.1. Die Bedeutung des Handlungsspielraums
6. Handlungskontrolle
6.1. Handlungsspielräume und Selbstkontrolle
7. Erfolgreiche Organisationsentwicklung
7.1. Interventionsebene: Individuum
7.2. Interventionsebene: Gruppe
7.2.1. Beispiele für Teamentwicklung
7.3. Interventionsebene: Organisation
7.3.1. Das Aktionsforschungsmodell
7.3.2. Das NPI-Modell
8. Kritische Schlussbemerkungen
Literaturliste:
1. Einleitung
Die Arbeitswelt durchläuft gegenwärtig eine Phase raschen Wandels. Die Verschärfung der globalen Wettbewerbssituation zwingt immer mehr Unternehmen dazu, permanente Veränderungsprozesse in Gang zu setzen. Technische und organisatorische Neuerungen halten Einzug in die Büros, Ämter, Geschäfte, Laboratorien und Fertigungshallen. Somit müssen sich Organisationen und ihre Mitarbeiter einem permanenten Veränderungs- und Optimierungsprozess unterziehen. Doppler, Fuhrmann, Lebbe-Waschke und Voigt (2002, S. 19) argumentieren, dass eine Unternehmung nur auf Dauer überleben kann, wenn ihre Lern- und Änderungsgeschwindigkeiten, den Veränderungen des Umfeldes entsprechen. Starre Bereichs-, Revier- und Verantwortungsgrenzen und die dadurch gegebenen Machstrukturen werden immer mehr durch Horizontalisierung, Prozessausrichtung der Strukturen, Abflachung und Abbau von Hierarchien aufgehoben. Die Organisationsentwicklung stellt dabei eine von verschiedenen Möglichkeiten, notwendiger Veränderungs- und An-passungsprozesse dar. Sie ist ein ausgesprochen partizipatives Konzept, mit der eine bestimmte Vorgehensweise, eine bestimmte Methode der Steuerung und Beeinflussung der Veränderungsprozesse sowie eine bestimmte Denkweise und “Philosophie” verbunden wird. Der Slogan “Betroffene zu Beteiligten zu machen”, stellt dabei das wesentliche Merkmal dieses Konzeptes dar, auf das in dieser Arbeit immer wieder bezug genommen wird. Organisationsentwicklung impliziert nicht nur eine Leitlinie im Umgang mit Mitarbeitern, sondern es macht auch mögliche Ursachen von Widerständen deutlich. Eine Abkehr von idealtypischen OE-Maßnahmen können Widerstandshandlungen hervorrufen, die sich auf die, in dieser Arbeit skizzierte „Theorie der psychologischen Reaktanz“, bei möglicher Freiheitseinengung oder Kontrollverlust, zurückführen lassen. In Anlehnung an Schmidt (1996, S. 15) werden Widerstände im Zusammenhang mit der Reaktanztheorie betrachten und anschließend zwei Themenbereiche abghandelt, die für das Thema dieser Arbeit von Bedeutung sein können. Erstens, wird die „Theorie der psychologischen Reaktanz“ (Brehm 1966) als Reaktion auf Freiheitseinengung diskutiert werden, dabei wird auf das Konzept der Handlungs-spielraumerweiterung bezug genommen. Zweitens, Handlungsspielaumer-weiterungen, die als Resultat von Organisationsentwicklungsmaßnahmen diskutiert werden, können aber auch Unsicherheiten und damit den Verlust von Handlungskontrolle produzieren. Reaktanz wird hier, in Anlehnung an Heckhausen (1988, S. 482) als unmittelbare Reaktion auf die erfahrene Nicht-Kontrollierbarkeit gesehen.
Im zweiten Teil dieser Arbeit werden dann die Bedingungen diskutiert, die zum optimalen Erfolg eines OE-Prozesses beitragen.
2. Grundverständnis von Organisationsentwicklung
Organisationsentwicklung wird als ein intentionaler, also geplanter, gesteuerter und systematischer Prozess verstanden, der zur Veränderung von Verhaltensweisen und Strukturen innerhalb von Organisationen führen soll. Insbesondere die theoretischen und praktischen Kenntnisse der Arbeits- und Organisationspsychologie sind für die Organisationsentwicklung grundlegend. Zusammenhänge verschiedener Problemstellungen und komplexer Prozesse können durch interdisziplinäre Ansätze psychologischer, soziologischer und betriebs-, sowie personalwirtschaftlicher Sichtweisen erschlossen werden. Das Ziel der Organisationsentwicklung ist eine gesteigerte Effektivität bei der Lösung von Problemen und dem Erreichen ihrer Ziele. Eine langfristige Veränderung personeller und situativer Faktoren vermag nicht nur die Produktivität, sondern auch die Lebensqualität innerhalb einer Organisation zu erhöhen (French, Bell 1977, S. 31 ff.). Ein wesentliches Oberziel der Organisationsentwicklung ist die Verbindung von Effektivität und Humanisierung. Auch Gebert (1974, S. 11 ff.) nennt die Humanisierung der Arbeitswelt und die Erhöhung der Leistungsfähigkeit, Flexibilität, Veränderungs- und Innovationsbereitschaft einer Organisation als Hauptziele der Organisationsentwicklung. French und Bell (1990, S 90 f.) führen hierzu zwei grundsätzliche Annahmen an, die in der OE-Konzeption in bezug auf Menschen gemacht werden. So weisen sie darauf hin, dass Menschen ein Bedürfnis nach individueller Entfaltung und Entwicklung haben und sich ihrem individuellen Potential zu entwickeln suchen. Zweitens, möchten und können Menschen einen effektiveren Beitrag zu den Zielen der Organisation leisten, als dies oftmals jeweilige Organisationssituationen zulassen. Oft bleiben konstruktiv empfundene Vorschläge von Mitarbeitern unberücksichtigt.
Zum Beispiel kann der Versuch, ein Problem durch horizontale Kommunikation zwischen den Abteilungen zu lösen, mit dem Hinweis unterdrückt werden, dass er dem Prinzip der Einhaltung des Dienstweges widerspricht.
Viele OE-Interventionen zielen auf eine Entfaltung der Persönlichkeit, der persönlichen Beiträge von Mitarbeitern ab oder streben eine Veränderung der organisatorischen Bedingungen an, die einer entsprechenden Entfaltung im Wege stehen. So kann nicht jede Veränderungsmaßnahme in Organisationen als Organisationsentwicklung bezeichnet werden. Unter einem „klassischen“ Konzept der Organisationsentwicklung wird also eine Vorgehensweise verstanden, die durch bestimmte typische Grundannahmen und Grundüberzeugungen gekennzeichnet ist. Die von French und Bell (1977, S. 31 f.) skizzierten, grundsätzlichen Annahmen zur Organisationsentwicklung, lassen sich durch Theorien und Technologien der angewandten Sozialwissenschaften stützen. Für die Autoren ist die Organisationsentwicklung ein geplanter, langfristiger und organisationsumfassender Wandel, der von den Betroffenen mitgetragen wird. Dabei vollzieht sich dieser Wandel durch erfahrungsgeleitete Lern- und Problemlösungsprozesse, die durch Verfahren der angewandten Sozialwissenschaften induziert und unterstützt wird. Diese genannten Charakteristika der Organisationsentwicklung sollen an zwei Ansätzen thematisieren werden, die Comelli (1985, S. 45 ff.) als „Zwei-Quellen-Theorie“ versteht und die sich in den weiter unten skizzierten Grundannahmen und Grundüberzeugungen, die er auch als „Philosophie“ der Organisationsentwicklung bezeichnet, wiederspiegeln. Danach hat sich die Organisationsentwicklung aus dem Gruppendynamischen Verfahren, insbesondere der Laboratoriumsmethode, die gegen Ende der 40er Jahre von Kurt Lewin am „Institute for Social Research“ der Universität von Michigan in Ann Arbor angeregt wurden und der sogenannten Datenerhebungs- und Rückkopplungsmethode oder „Survey-Feedback-Methode entwickelt.
2.1. Die Laboratoriumsmethode
Das Laboratoriumstraining oder gruppendynamische Training (Anger 1980, S. 804 ff.) verfolgte das Ziel, Mitgliedern von ad hoc zusammengesetzten Gruppen, die nur nach der Regel des „Hier und Jetzt“ agieren durften, die sich in der Gruppe abspielenden Prozesse bewusst zu machen und Feedback darüber zu erlangen, wie sie selbst auf andere wirkten. Das „Hier und Jetzt“ bedeutet, dass nur die aktuellen Vorgänge in der Gruppe, Materialien des Lernens stellen. Damit wurde eine mögliche Voreingenommenheit, beruhend auf unüberprüfbare und einseitige Berichte aus anderen Situationen, zu überwinden versucht. Aus diesem Grund, wurden in der klassischen Form der Laboratoriumsmethode, Gruppen aus Personen gebildet, die sich bisher nicht kannten. Dadurch, dass es keine klaren Einfluss- und Statusverhältnisse gab und Trainer keine formale Führungsrolle beanspruchten, fehlten den Teilnehmern die üblichen vertrauten Anhaltspunkte für die soziale Orientierung, wodurch sie eher offenes und nicht nur gewohnheitsmäßiges, rollenkonformes Verhalten zeigen konnten. Durch die Laboratoriumsmethode sollten sich die Teilnehmer bewusst werden, wie sie selbst auf andere wirkten. Dies geschieht in erster Linie durch das Feedback (Gebert, Rosenstiel 2002), dass sich durch folgende Merkmale charakterisieren lässt:
- freie Rückmeldung einzelner Teilnehmer an andere,
- Gruppenfeedback an einzelne Mitglieder,
- Teilgruppenrückmeldung an eine Teilgruppe,
- formalisiertes Feedback, anhand von Checklisten,
- und der Analyse von Tonbandaufnahmen.
Durch das Feedback soll eine Lockerung eingefahrener Verhaltensweisen angeregt und eine Änderung bisheriger Erlebens- und Verhaltensweisen initiiert werden. Jedoch erweisen sich die Versuche als schwierig, die Laboratoriumsmethode bei natürlichen Gruppen in Organisationen durchzuführen. Die gelernten und eingeübten Verhaltensweisen lassen sich nicht ohne weiteres auf die Arbeitssituation übertragen. Gebert (1972, 1976) weist darauf hin, dass die Bedingungen am Arbeitsplatz objektiv unverändert sind und Arbeitskollegen innerhalb der Arbeitsgruppe untrainiert bleiben. Aus der Laboratoriumsmethode entwickelte sich schließlich das Konzept der Teamentwicklung, durch die Personen, innerhalb bestimmter Aufgabenzusammenhänge, miteinander kooperieren und ihre Beziehungen zueinander reflektieren und entwickeln können.
2.2. Die Survey-Feedback-Methode
Die zweite wesentliche Quelle der Organisationsentwicklung läßt sich auf die Arbeiten des 1945 von Lewin begründeten Research Center for Group Dynamics, am Massachusetts Institute of Technology zurückführen. Mit der Survey-Feedback-Methode (Datenerhebungs- und Rückkopplungs-Methode) wurde eine spezielle Form der Aktionsforschung begründet, die darauf beruht, empirische Daten an die Betroffenen zurückzumelden, um ihnen die Möglichkeit zu geben, auf der Grundlage zurückgemeldeter Informationen, die eigene Situation selbst zu modifizieren. Nach Rosenstiel L., Molt W., Rüttinger B. (1995, S. 316 ff.) steht der Forscher dem Klienten nicht mehr nur als Experte gegenüber, sondern es wird vielmehr versucht, einen gemeinsamen Problemlösungsprozess durchzuführen, was sich wie folgt als Ablaufschema eines allgemeinen Steuerungskonzepts der Organisationsentwicklung kennzeichnen lässt:
1. Kontaktphase: Das OE-Projekt beginnt mit der Kontaktaufnahme eines Klienten mit einem Berater.
2. Vorgespräche: Der vorläufige Rahmen des Projekts wird abgesteckt, es wird z.B. geklärt, ob der OE-Prozess langfristig angelegt wird, welche Methoden zum Einsatz kommen, oder wie die Rolle des Beraters definiert wird.
3. Vereinbarung des Vorgehens: Formen der Zusammenarbeit und die Art des Vorgehens werden präzisiert und geregelt. Desweiteren findet eine Diagnose oder Ursachenklärung der Probleme statt. Betroffene Mitarbeiter werden miteinbezogen, oder es wird geklärt, welche Mitarbeiter des Unternehmens eine Projektgruppe bilden.
4. Datenerhebung: Die Datensammlung soll ja die Sichtweisen möglichst aller Beteiligten zu den Problembereichen reflektieren. Dementsprechend können auch alle Erhebungsmethoden der Sozialforschung eingesetzt werden.
5. Aufbereitung der Daten und Datenrückkopplung: Gesammelte Daten werden aufbereitet und zusammengefasst und an die Befragten zurückgemeldet.
6. Diagnose: Aus den rückgemeldeten Daten erfolgt eine systematische Problemdefinition, auf die sich die Betroffenen möglichst einheitlich verständigen.
7. Maßnahmenplanung und –durchführung, Erfolgskontrolle: Einzelne Mitarbeiter oder Gruppen übernehmen die Verantwortung für die einzelnen Projekte. Der Berater übernimmt dabei die Rolle eines Moderators oder Trainers. Die Erfolgskontrolle umfasst die gemeinsame Durchführung und Auswertung der erhobenen Informationen.
Aus der Survey-Feedback-Methode und der Aktionsforschung ergeben sich also typische Merkmale der Organisationsentwicklung, die in Anlehnung an Fengler (1978, S. 378) durch eine Aufhebung der Subjekt-Objekt-Spaltung gekennzeichnet ist. Versuchsleiter und Versuchpersonen arbeiten gleichberechtigt zusammen, indem sie in einer für jedermann durchschaubaren Untersuchungssituation, gemeinsam ein Instrumentarium entwickeln und gewonnene Daten in ihrer Bedeutung für die Fragestellung erörtert werden.
2.3. Sechs Grundannahmen zum OE-Konzept nach Comelli
Comelli (1985, S. 143 ff.) weist auf sechs Positionen hin, die für die Vorgehensweise nach der OE-Methode typisch und wichtig sind. Dabei bezeichnet er diese Grundannahmen und Grundüberzeugungen als „Philosophie“ der Organisationsentwicklung. Sie können auch als Thesen verstanden werden, die bei Organisationsentwicklungsmaßnahmen möglichst weitgehend verwirklicht werden sollten. Nachfolgend möchte ich diese sechs Positionen/Thesen kurz skizzieren, weil sie dem zugrundegelegten Thema dieser Arbeit, Entstehungsursachen und Lösungsmöglichkeiten von Widerständen im OE-Prozess, wesentliche Diskussionsgrundlagen bietet.
2.3.1. Anwendung sozialwissenschaftlicher Erkenntnisse
Erstens macht Comelli auf den bereits angesprochenen und entscheidenden Unterschied zur klassischen Umorganisation, sowie der sogenannten Organisationsplanung aufmerksam, der durch die bewusste Anwendung sozialwissenschaftlicher Erkenntnisse bei Planung, Durchführung und Bewertung von Veränderungsprozessen deutlich wird. Da jede Umorganisation nicht nur betriebswirtschaftliche Dimensionen beinhaltet, sondern auch Menschen betrifft und auf sie einwirkt, sollten Erkenntnisse „entsprechender“ Fachdisziplinen herangezogen werden. Dies hätte gerade für die betriebliche Praxis insofern erhebliche Vorteile, da das Erkenntnis- und Methodenangebot der Sozialwissenschaften überaus reichlich ist. Darüber hinaus wird durch Arbeiten zu Themen wie Teamarbeit, Gruppeneffektivität, Kommunikation und Information, Führung, Steuerung und Kontrolle, Teamaufbau und Teamentwicklung, usw., eine Vielzahl von Hinweisen, Anregungen und Empfehlungen gegeben.
2.3.2. Orientierung am Menschenbild der Humanistischen Psychologie
Zweitens weist Comelli auf die Orientierung an einem aus der Humanistischen Psychologie stammenden Menschenbild hin. Es geht um das Bild eines Menschen, der sich von Natur aus verwirklichen und entfalten möchte, der also danach strebt, seinen Neigungen und Interessen nachzukommen, der nach Sinn in der Arbeit sucht, der zu Engagement und Initiative in der Lage ist, nach Verantwortung strebt und auch Spaß bei der Arbeit finden kann. Dieses implizite Menschenbild der Organisationsentwicklung geht deutlich über die Annahme eines „funktionalen Menschen“ oder „rational man“ hinaus. Ein solches Menschenbild hat natürlich auch Auswirkungen auf die Normen, Werte und Strukturen von Organisationen, die eine entsprechende Entfaltung ermöglichen können. Es bedarf also einer bedürfnisgerechten Organisationsstruktur, durch die Mitarbeiter zur Entfaltung und zu persönlicher Entwicklung herausgefordert werden.
2.3.3. Betroffene zu Beteiligten machen
Als dritte Grundposition nennt Comelli die möglichst weitgehende und transparente Beteiligung der betroffenen Mitarbeiter bei der Planung, Durchführung und Bewertung von Veränderungsprozessen. Folgt man Comelli und Rosenstiel (2001, S. 268), dann haben Veränderungen in Organisationen die besten Realisierungschancen und die höchste Erfolgswahrscheinlichkeit, wenn Bedürfnisse und Erwartungen, sowie Kenntnisse und Erfahrungen der Betroffenen berücksichtigt werden. Mitarbeiter sollten deshalb nicht mehr nur „Betroffene“ von Veränderungen sein, sondern dem legitimen Wunsch, Veränderungsprozesse mitzugestalten, Anregungen und Bedenken einzubringen, nachkommen können. Die Forderung der Organisationsentwicklung nach einer möglichst transparenten und weitgehenden Beteiligung der Betroffenen, leitet sich auch aus der Tatsache ab, dass Mitarbeiter durch ihre Situationskenntnisse eine wichtige Art von Expertentum besitzen.
Damit Beteiligte nach Comelli wirklich zu Trägern von Veränderungsmaßnahmen werden, sollten Mitarbeiter nicht nur über einzelne Phasen beteiligt, sondern über den gesamten Veränderungsprozess miteinbezogen werden. Das schließt sowohl die Mitarbeit des ersten Schrittes eines OE-Prozesse ein, der Diagnose, als auch alle weiteren Maßnahmen, nämlich die Analyse und Prüfung von Lösungsalternativen, die Entwicklung, Planung und Durchführung von beschlossenen Maßnahmen und natürlich auch die abschließende Evaluierung oder Erfolgskontrolle.
2.3.4. Der hohe Stellenwert des Erfahrungslernens
Der hohe Stellenwert der Entfaltung von Lernprozessen unter Betonung des Erfahrungslernens ist eine weitere Grundposition, die nach Comelli typisch und wichtig für die OE-Methode ist. Unter Erfahrungslernen in der Organisationsentwicklung wird ein Lernen „am eigenen Leib“ verstanden, damit ist ein soziales Lernen gemeint, dass in direktem Kontakt und Austausch mit anderen steht. Dies bedeutet, dass die beteiligten Personen kognitiv, emotional und aktional voll involviert sind. Erfahrungslernen bezieht ein Lernen an sogenannten echten Fällen mit ein, da dadurch der Lernende unmittelbar betroffen ist. Er wird somit mit einem Problemlöseprozess konfrontiert, der mindestens aus den drei folgenden Schritten besteht.
Nach der Problemdefinition und der Analyse der Problemsituation einwirkenden Faktoren, erfolgt der zweite Schritt, der durch die Suche nach verschiedenen Lösungsmöglichkeiten gekennzeichnet ist, aus denen sich dann konkrete Handlungsentwürfe erarbeiten lassen.
Das Lernen durch reale Arbeitssituationen berücksichtigt die Annahme, dass der Mensch in ständiger Auseinandersetzung mit seiner Umgebung lernt und zwar ganz im Sinne von: „Verhältnisse schaffen Verhalten“. Nach Comelli ist jede Organisation ein großes und intensives „Trainingslager zu Verhaltensformung“, in der sich ein Mitarbeiter um die acht Stunden täglich schulen lässt. Aber auch im umgekehrten Sinne schafft Verhalten Verhältnisse. So können zum Beispiel neu erworbene soziale Kompetenzen positiv auf Gruppenarbeiten zurückwirken und soziale Beziehungen verbessern. Somit stehen also Verhalten und Verhältnisse in Wechselbeziehung zueinander, bedingen sich gegenseitig. Aus dieser Darstellung Comellis zum Erfahrungslernen lässt sich unter Einbezug des „transaktionalen Paradigmas“ (Steinkamp 1991 S. 251 ff.) eine mögliche Ursache für Widerstände von Organisationsentwicklungsmaßnahmen skizzieren, die darin gründet, dass Mitarbeiter eher zu „Opfern“ oder „Betroffenen“ von Veränderungen gemacht werden. Das „transaktionale Paradigma“ sieht Individuum und Umwelt nicht nur als sich gegenüberstehende, eigenständige Entitäten an, sondern akzentuiert die dynamische Wechselwirkung zwischen sich verändernden Individuen und der sich verändernden Umwelt. Ich werde weiter unten auf das zugrundliegende Menschenbild des „transaktionalen Paradigmas“, in Verbindung mit der Erörterung möglicher Ursachen von Widerständen, noch näher eingehen.
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