Die Entwicklung zur Disziplinargesellschaft nach Foucault in "Überwachen und Strafen. Die Geburt des Gefängnisses"


Seminararbeit, 2014

12 Seiten, Note: 1,3

Anonym


Leseprobe

Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Überblick in Foucaults Werk Exkurs: Über die Macht

3. Die Marter

4. Ein verändertes Strafsystem

5. Besserung der Seele anstatt Folter und Strafe

6. Formen der Disziplinierung
6.1 Macht und Körper
6.2 Parzellierung
6.3 Das Panoptikum

7. Institution Gefängnis

8. Kritik am Gefängnis

9. Fazit

Literaturverzeichnis

1. Einleitung

Die vorliegende Thesis beschäftigt sich mit der Darstellung des Werkes „Überwachen und Strafen. Die Geburt des Gefängnisses“, des Philosophen Michel Foucault, aus dem Jahre 1975. Hierbei soll der Fokus primär auf der historischen Entwicklung von der Marter- und Folterstrafe zu einer Disziplinargesellschaft liegen. Interessant für die Analyse ist hierbei, dass sich jegliche Ansätze, des von Foucault kritisierten Strafvollzugs des 19. Jahrhunderts, im heutigen Strafsystem wieder finden. Eben diese Strafanstalten sollen in dieser Arbeit näher betrachtet werden.

Für ein besseres Verständnis der Thematik wird zunächst eine kurze Einführung in Foucaults philosophische Ansätze erfolgen. Im weiteren Verlauf wird das einstige Strafsystem mit seinen Inhalten, wobei auf Grund der begrenzten Vorgabe nicht alle Gesichtspunkte des foucaulschen Werkes berücksichtigt werden können, vorgestellt. Diesen Punkten nachstehend erfolgt eine Beschreibung der Änderungen im Strafvollzug, wobei insbesondere auf den Gedankenaspekt einer Besserung und Heilung des_der Gefangenen eingegangen wird.

2. Überblick in Foucaults Werk

Seit 1970 hatte Foucault den Lehrstuhl am Collège de France für die Geschichte der Denksysteme inne und veröffentlichte hier im Laufe seiner Amtszeit Bücher, Abhandlungen, Interviews und Vorlesungen die u.a. als Vorläufer von „Überwachen und Strafen“ gelten (Stockhammer 2009, S. 217). Foucault vertrat die Meinung, dass es in der Philosophie viel mehr um eine Veränderung des Menschen und der gesellschaftlichen Verhältnisse gehe, als um das Entschlüsseln von Tatsächlichkeiten (vgl. Ruffing 2008, S. 7). Für Foucault stellte das Streben nach Veränderung einen der wichtigsten Punkte im Leben eines Menschen dar, während das Festhalten an bestehenden Mustern seiner Ansicht nach einem gesellschaftlichen Leiden gleicht. Der Begriff der „Transformation“ spielt bei Foucault folglich ebenfalls eine wichtige Rolle, da er mit der Übersetzung von „Umwandlung“ oder „Umgestaltung“ einhergeht (vgl. Dudenredaktion 1990, S. 788). In seinem philosophischen Werk stellte Foucault problembezogen zwei grundlegende Thesen auf. Zum einen, dass die Umgangsweise mit denjenigen Themen, welche in der Gesellschaft missbilligend betrachtet werden, wie z.B. Kriminalität oder Irrsinn, eine Vielzahl an essentiellen Informationen über die Gesellschaft als Ganzes preisgeben

Weiterhin macht Foucault mit seiner zweiten These deutlich, dass Institutionen und Praktiken, die von der gesellschaftliche Mehrheit als „normal“ angesehen werden, als veränderbare Folge einer historischen Praxis betrachtet werden können (vgl. Ruffing 2008, S. 8). Zeit seines Lebens sollte der Philosoph sich mit diesen beiden Lehrsätzen beschäftigen und in seinen Abhandlungen und Werken bearbeiten.

Dieses Lebenswerk wird allgemein in drei Phasen unterteilt, wobei es Foucault in der „strukturalistischen“ Phase primär um die Analyse dessen ging, was in einer Gesellschaft Einfluss auf die Diskurspraktiken hat, um somit die Regeln aufzudecken, unter der eine Epoche bzw. Gesellschaft agiert. In seiner zweiten Werkphase beschäftigte Foucault sich hauptsächlich mit den historischen Hintergründen der ersten Phase, welche als die „Analytik der Macht“ betitelt wird. Zum Tragen kommen hier vor allem die körperbezogenen Disziplinarmächte wie die Gefängnismacht oder die Macht der Psychiatrie. In eben dieser Zeit entstand u.a. das Werk „Überwachen und Strafen“ (vgl. Ruffing 2008, S. 8).

Noch im 18. Jahrhundert bestand in Europa die Bestrafung von Verbrecher_innen aus öffentlicher Marter und Todesstrafe. Die versehrten Körper der beschuldigten Personen wurden hierbei zur Schau gestellt, um den Mibtbürger_innen die Macht des Staates (des Monarchen) zu demonstrieren (Foucault 1994, S. 16). Erst im 19. Jahrhundert entwickelte sich das moderne Strafsystem mit Gefängnissen und einer ausgebauten Überwachungsfunktion. Der strafende Akt wurde somit nicht mehr in der Öffentlichkeit vollzogen, sondern hinter die Justizmauern verlegt (Sarasin 2005, S. 129) Foucaults Werk „Überwachen und Strafen“ analysiert diese Strafmechanismen, wobei der Verfasser sich insbesondere für die Entwicklung einer neuen Form der Machausübung interessiert. Foucault bringt hierbei den Begriff der Disziplin ein, wobei er diesen als Übertragungsbeispiel für die allgemeine Gesellschaft anführt (ebd., S. 132 f.).

Exkurs: Über die Macht

Foucaults Machtverständnis veränderte sich im Laufe seiner Arbeiten immer wieder, da er Zeit seines Lebens verschiedene Machttypen untersuchte. Von der Disziplinarmacht zur Bio-Macht, von der Mikrophysik der Macht bis zur Gouvernementalität Zu beachten ist dabei, dass alle diese Machttypen sich nicht gegenseitig ersetzten, sondern Foucault vielmehr die Erweiterungen und Verschiebungen der Machttechniken in der Geschichte aufzeigen wollte (Heidenreich 2011, S. 25) .

„[…] die Macht ist nicht eine Institution, ist nicht eine Struktur, ist nicht eine Mächtigkeit einiger Mächtiger. Die Macht ist der Name, den man einer komplexen strategischen Situation in einer Gesellschaft gibt.“ (Foucault 1976, S. 94)

Nach Betrachtung des obigen Zitates muss Macht nach Foucault als eine Art Mikrophysik betrachtet werden, die sich von unten aufbaut. Neben Staatsmacht oder Kapitalmacht stehen Mächte wie sie von Lehrer_innen, Väter usw. ausgehen. Jedoch ist Macht auch stets umkehrbar, was aufzeigt, dass auch eine als unterdrückt wahrgenommene Person Macht besitzt. Gerade aus diesem Grund ist die Anerkennung einer Machtbeziehung hier von großer Wichtigkeit (vgl. Ruffing 2008, S. 57). „Wir wählen als Gegenstand der Analyse nicht Macht, sondern Machtbeziehungen […].“ (Foucault 2005, S. 254) Es lässt sich also festhalten, dass „Macht […] subjektkonstituierend [wirkt] […] und aus Individuen Subjekte geformt werden (Mercheril 2010, S.36). „Macht wirkt […] nicht primär unterdrückend, sondern erzeugend. Sie ist nicht einfach das, wogegen Individuen sich wehren, sondern streng genommen das, was sie zu dem macht, was sie sind (Bublitz 2003, S. 69). Dies bedeutet, dass erst die Machtstrukturen überhaupt die Subjekte konstituieren, die eine Gesellschaft bilden.

3. Die Marter

„Überwachen und Strafen“ beginnt mit der Schilderung einer öffentlichen Hinrichtung in Paris im Jahre 1757. Robert-Francois Damien wird vor einem Publikum von Bürger_innen gefoltert und in vier Stücke zergliedert, da er den Versuch unternommen hatte den König zu ermorden (vgl. Sarasin 2005, S. 128). Je nach Schwere der Tat wurde zur damaligen Zeit die Höhe der Strafe festgelegt, wobei es sich bei einem Attentat auf den regierenden Herrscher um das schlimmste Vergehen handelte. Es wurde die unangefochtene Macht der staatlichen Autorität in Frage gestellt und gleichzeitig dessen Würde beleidigt (Foucault 1976; S. 134), welche es galt mit allen Mitteln wieder herzustellen (Foucault 1994, S. 140).

Für Vergehen bzgl. Freiheitsberaubung oder als vorübergehende Verwahrung bis zur Hinrichtung diente die Gefängnisstrafe. Das Urteil wurde zur damaligen Zeit jedoch stets hinter geschlossenen Mauern verhängt und konnte nicht angefochten werden, während der Vollzug von Martern und Hinrichtungen unter Beobachtung eines weiten Publikums durchgeführt wurde (vgl. ebd., S. 14f.). Die Marter kann heute als ein politisches Unterfangen zur Abschreckung bezeichnet werden, die eine gewisse Menge an körperlichen Schmerzen hervorrufen und einen langen qualvollen Tod nach sich ziehen sollte. Noch bis zum Anfang des 19. Jahrhunderts wurden Menschen, die sich gegen das Gesetz stellten, öffentlich gefoltert, Marterstrafen unterzogen und hingerichtet (vgl. Foucault 1994., S. 16).

Der Folterszene stellt Foucault ein Beispiel für die zaghaften Anfänge eines neuen Strafsystems gegenüber. In Paris wurden junge Gefangene 1838 unter Trommelwirbel täglich um sechs Uhr morgens geweckt und um neun Uhr zu Bett geschickt, um einen durchorganisierten Alltag zu verleben.

„Das eine Mal eine Leibesmarter, das andere Mal ein Zeitplaning. […], sie bestrafen nicht ein und denselben Typ von Delinquenten. Aber sie definieren jeweils einen bestimmten Straf-Stil. Zwischen ihnen liegt kaum ein Jahrhundert: innerhalb dieses Zeitraums wurde in Europa und in den Vereinigten Staaten die gesamte Ökonomie der Züchtigung umgestaltet.“ (Foucault 1994, S. 14).

4. Ein verändertes Strafsystem

Während im Absolutismus noch der Körper des Straffälligen als das zu bestrafende Augenmerk der königlichen Macht galt, so kam es Ende des 18. Jahrhunderts zu maßgeblichen Veränderungen. Einige Geistliche und Gelehrte protestierten gegen die Folterstrafen und die Hinrichtungen in der Öffentlichkeit. Im Sinne der damaligen humanistischen Bewegung wurden gemäßigterere Verfahren gefordert. Des Weiteren verloren die öffentlichen Prozesse ihre angsteinflößende Wirkung auf die Bevölkerung, die mehr nach einer gerechten Strafe als körperlicher Rache sinnierte (Foucault 1994, S. 82). Ursprünglich richteten sich Marter- und Folterstrafe an das Volk, um ein Exempel zu statuieren. Jedoch wurden die Marterfeste nicht selten zu Aufständen gegen den Souverän genutzt, was die Macht der regierenden Herrschaft nochmals befleckte.

Das Strafsystem wendete sich demnach mehr und mehr vom Körper ab und sah das Hauptproblem vielmehr in der Seele des Individuums. Wenn auch nicht im Ganzen auf Zwangsarbeit und Züchtigung verzichtet wurde, so ging es nun um die Heilung des „Inneren“. Dennoch ist dieser Wechsel nach Foucault nicht aus humanitären Gründen erfolgt, sondern lag vielmehr in der Tatsache begründet, dass die Machtübernahme über den_die Einzelne_n durch das ständige Beobachten und Registrieren von Auffälligkeiten besser von statten ging. Nicht mehr der Körper war von Interesse, sondern vielmehr die Seele des Sträflings mit seinen Anomalien und Trieben (vgl. Sarasin 2005, S. 129).

5. Besserung der Seele anstatt Folter und Strafe

„Die Strafe soll, wenn ich so sagen darf, eher die Seele treffen als den Körper.“ (Foucault 1994, S. 25f.) Seit dem 19. Jahrhundert, und einer grundlegenden Reformierung im Strafsystem, besteht der Grundgedanke des Strafvollzugs nicht mehr im Foltern und Bestrafen, sondern vielmehr in der Disziplinierung und Heilung der Seele des_der Verbrechers_in (Grabau 2013, S. 41). Dass Ausschließen einer Wiederholung der Tat wird nun zur obersten Priorität. Es soll sich der Gedanke manifestieren, dass jede_r Straftäter_in gefasst wird und jede kriminelle Aktion aufgeklärt wird (vgl. Ruffing 2008, S. 60). Subtilere Bestrafungsformen beschäftigten sich nun mit dem Charakter der kriminellen Person, um die genauen und individuellen Ursachen für das Vergehen herauszufinden (Sarasin 2005, S. 130).

Auf Grund der Verschiedenheit der Täter_innen was das angenommene Motiv betraf, so unterstellte der Staat z.B. Landstreicher_innen Faulheit als Tatursache und verpflichtete sie zu öffentlicher Zwangsarbeit. Bei Motiven wie Stolz sollte die Person vor Publikum gedemütigt werden (vgl. Ruffing 2008, S. 60). Lediglich für eine Minderheit wurde nach wie vor die Todesstrafe vorgesehen, u.a. um das Problem der Rückfälligkeit gänzlich auszuschließen.

Um Einfluss zu nehmen auf die Seele und den Charakter der Gefangenen wurden Psycholg_innen, Pädagog_innen und Psychater_inner eingestellt, die die Inhaftierten rum die Uhr bewachten. „Über die Formung des Körpers, seine Erfassung, Situierung im Raum, durch Übungen und Beobachtungen entsteht die Seele, ein Idealraum, welcher den Körper einkerkert.“ (Grabau 2013, S. 42).

Begründet sieht Foucault diese Form der Machtübernahme in dem neuen Strafsystem, welches durch die Einrichtung des Gefängnisses als Disziplinaranstalt repräsentiert wird (Ruffing 2008, S. 61). Hierbei handelte es sich um ein von der Öffentlichkeit ausgeschlossenes Wissenssystem, welches durch Kontrollen, Pläne und Dokumentationen geschürt wurde. Ein hervorragender Raum zum Experimentieren von Kontrollmechanismen bot sich vor allem durch die speziellen Bauten der Haftanstalten. Die Macht von oben herab konnte durch spezielle Bauweisen noch präziser ausgeübt werden, was Foucault als „Mikrophysik der Macht“ (Foucault 1994, S. 178) bezeichnet. Während das Wegsperren der Straftäter_innen der Abschreckung dienen sollte, so wurde durch die Entstehung einer neuartigen Gesetzeslage weiterhin die Angst der Bürger_innen auf definitiven Strafvollzug bei Gesetzesbruch geschürt (Foucault 1976, S. 133). Das Epizentrum dieser Vorgehensweise bildete die Disziplin. Diese war Ende des 18 Jahrhunderts zu einer soliden Machtform herangereift, welche das Individuum in den Mittelpunkt rückte und durch Einwirken von Wissen und Macht auf den Körper, diesen einer „nützliche[...] Dressur“ (Foucault 1994, S. 199) unterzog (Ruffing 2008, S. 62). Eine derartige Übertragung ereignete sich auch in anderen Institutionen des gesellschaftlichen Alltags wie Schulen, Krankenhäusern oder Fabriken. Foucault bezeichnet diesen Vorgang als einen „Machtwissenskomplex“ (vgl. ebd., S. 62). Maßnahmen der Disziplinierung vollzogen sich immer mehr durch die Gesellschaft, was die Entwicklung zur heutigen Disziplinargesellschaft nach sich zog.

6. Formen der Disziplinierung

Mit dem Begriff der Disziplin werden nach Foucault bestimmte Funktions- und Verhaltensweisen formuliert. Insbesondere beschreibt der Terminus die kontrollierte Machtübernahme über Individuen, speziell deren Körper und Seelen. Durch Planung, Organisation und Standardisierung werden perfekt agierende Bürger_innen erschaffen, die ähnlich wie Maschinen, perfekte Leistungen erbringen können (Foucault 1994, S. 175).

6.1 Macht und Körper

„.Sie [die Seele] existiert, sie hat eine Wirklichkeit, sie wird ständig produziert – um den Körper, am Körper, im Körper – durch Machtausübung an jenen, die man überwacht, dressiert und korrigiert, […].“ (Foucault: 1994, S. 41f.)

Die Disziplin wirkt sich somit primär auf den Körper und dessen Funktionen aus, wobei nur ein gelehriger Körper als unterwerfendes Produkt als nützlich für die Gesellschaft gilt (Foucault 1994, S. 175) Jedes Individuum bildet ein wichtiges Glied in einem komplexen Apparat, der so produktiv wie möglich funktionieren soll. Als Kernpunkt der Disziplin gilt die stetige Wiederholung, denn nicht das Ergebnis einer Tätigkeit ist von Wichtigkeit. Vielmehr der trainierte Ablauf ist für die Instanzen der Macht von Bedeutung. Durch diese Machtform, welche wie die Marter auf Körper und Geist des Individuums einwirkt, wird das Ziel des ökonomischen Nutzens erreicht. Der Mensch wird zur Ressource der Gesellschaft, von der immer und immer wieder Gebrauch gemacht werden kann (Sarasin 2005, S. 132).)

6.2 Parzellierung

Disziplinareinrichtungen weisen in der Regel vielfältige architektonische Übereinstimmungen mit Institutionen wie Klöstern und Schulen auf. Speziell die Raumaufteilung und ihre täglichen Abläufe ähneln im weiten Sinne denen eines Gefängnisses, wo die Räumlichkeiten ebenfalls der Kontrolle und der Einhaltung bestimmter Richtlinien dienen (Foucault 2005, S. 77). Jedes Individuum hat hier ihren_seinen vorgeschriebenen Platz oder Parzelle, was eine Gruppenbildung im täglichen Ablauf verhindern soll und die An- und Abwesenheit eines_r Insassen_in ständig überprüfbar macht (Foucault 1994, S. 179). Die Kommunikation von Zelle zu Zelle und mit der Bevölkerung außerhalb der Mauern wird jedoch gefördert, um den Bürger_innen die aussichtslose Situation der Gefangenen vor Augen zu führen (Sarasin 2005, S. 139).

6.3 Das Panoptikum

Nach dem Vorbild des Sozialreformers Jeremy Bentham entwickelte sich im 19. Jahrhundert das Panoptikum. Dieses ist wie folgt aufgebaut: Das Panoptikum ist ein ringförmiges Gebäude, welches einen hohen Turm in seiner Mitte umschließt. Der Ring ist in verschiedene kleine Parzellen unterteilt, in die die sich auf dem Turm befindliche Person jederzeit Einblick hat, ohne selbst gesehen zu werden. Jede Zelle hat zwei Fenster. Eines richtet sich auf den Turm in der Mitte, das andere gibt den Blick nach draußen frei (Ruffing 2008, S.63). Somit ist eine Überwachung durch den Menschen im Turm durchgängig gegeben, wohingegen die gefangene Person nicht einsehen kann, ob sie in einem bestimmten Moment beobachtet wird. Die besondere Aufgabe des Panoptikums ist demnach „[…] die Schaffung eines bewußten und permanenten Sichtbarkeitszustandes beim Gefangenen, der das automatische Funktionieren der Macht sicherstellt“ (Foucault 1994, S. 258). Der Wächter im Turm des Panoptikums wird im übertragenen Sinne hingegen von der Gesellschaft observiert und kann jederzeit von einem anderen Funktionsträger ausgetauscht werden (Sarasin 2005, S. 139).

Für Foucault bildet das Panoptikum den architektonischen Ursprung des modernen Gefängnisses, welches durch das Überwachungssystem und die damit einhergehende neue Form der Disziplinierung gänzlich auf körperliche Züchtigungen verzichten kann (vgl. ebd., S. 139). Der_die Insasse_in internalisiert die Vorstellung der ständigen Kontrolle und der Disziplinarmacht und richtet sie gegen sich selbst. Diese unumgängliche Tatsache verhindert jegliches Aufbegehren gegen die Macht. „Wann immer man es mit einer Vielfalt von Individuen zu tun hat, denen eine Aufgabe oder ein Verhalten aufzuzwingen ist, kann das panoptische Schema Verwendung finden, […]“ (Foucault 1994, S. 264). Heute erscheint das Panoptikum als etablierter Teil der Gesellschaft die mit ihren Krankenhäusern, Asylen Klöstern etc., ebenfalls eine kostengünstige Unterbringung fokussiert.

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Ende der Leseprobe aus 12 Seiten

Details

Titel
Die Entwicklung zur Disziplinargesellschaft nach Foucault in "Überwachen und Strafen. Die Geburt des Gefängnisses"
Hochschule
Universität Hamburg
Veranstaltung
Sozialisation und Entwicklung
Note
1,3
Jahr
2014
Seiten
12
Katalognummer
V440836
ISBN (eBook)
9783668792975
ISBN (Buch)
9783668792982
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Foucault
Arbeit zitieren
Anonym, 2014, Die Entwicklung zur Disziplinargesellschaft nach Foucault in "Überwachen und Strafen. Die Geburt des Gefängnisses", München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/440836

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