Bildungsverläufe und adoleszente Ablösungsprozesse bei jungen Männern aus italienischen Migrantenfamilien

Fallstrukturanalyse eines Interviews


Exposé Écrit pour un Séminaire / Cours, 2015

17 Pages, Note: 1,7

Anonyme


Extrait


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Definition Bildungserfolg - Bildungsmisserfolg

3. Männliche Adoleszenten mit Migrationshintergrund

4. Objektive Hermeneutik als Analyseverfahren

5. Interviewanalyse Enrico Danesi
5.1 Gegenstand der Analyse
5.2 Analyse der Eingangssequenz
5.3 Fallstrukturhypothese
5.3.1 Abschnitt „Schlaganfälle Vater“
5.3.2 Abschnitt „Lehrer“
5.4 Prüfung der Fallstrukturhypothese

6. Bezug zur Forschungsfrage und Fazit

7. Literatur

1. Einleitung

Bei der Betrachtung von Bildungsverläufen Jugendlicher mit Migrationshintergrund in Deutschland haben Studien der Bildungs- und sozialen Ungleichheitsforschung bestätigt, dass diese Gruppe Heranwachsender im Allgemeinen schlechtere Bildungschancen hat, als junge Männer und Frauen ohne Migrationshintergrund. Laut verschiedener Forschungsergebnisse werden Bildungsbeteiligung und Bildungserfolg der nachfolgenden Generation stark vom sozialen Ursprung der Herkunftsfamilie bestimmt (King et al. 2011: 583). Hierbei ist festzuhalten, dass gerade „männliche Jugendliche durchschnittlich schlechter abschneiden als weibliche“ (Zölch et al. 2009: 67).

King et al. halten weiterhin fest, dass für die Bildungsbeteiligung und den damit einhergehenden Bildungserfolg auch der schulische Werdegang eine einschlägige Rolle spielt. Gerade die genannten Faktoren wirken vielmals als Trennungsmechanismus, der den Ausschluss von Kindern aus bildungsferneren Familien begünstigt (vgl. King et al. 2011: 583).

Wie „der Prozess der intergenerationalen Transmission von Bildungschancen“ tatsächlich abläuft ist nach wie vor nicht geklärt (Becker/Lauterbach 2004: 13). Da „Zusammenhänge mit der sozialen Klasse oder Schicht“ (vgl. Zölch et al. 2009: 68) in Bezug auf ungünstige Bildungsverläufe nicht unbedingt auf einer schichttypischen geringen Bildungsaspiration oder einem Mangel an Kapitalausstattung beruhen (vgl. Zölch et al. 2009: 68), können diese hier nicht als Indikator gelten.

In Rahmen eines Forschungsprojekts der Universität Hamburg wurden in der Vergangenheit mögliche Ursachen für den geringeren Bildungserfolg türkischstämmiger junger Männer untersucht. Die Untersuchung der Korrelation zwischen Bildungskarriere- und Benachteiligung und Adoleszenzverlauf junger Männer mit italienischem Migrationshintergrund legt nun den Fokus auf diese Migrantengruppe.

In Bezug auf die beschriebene Erhebung wurden narrative Interviews mit schulisch erfolgreichen und weniger erfolgreichen jungen Männern und ihren Eltern geführt. Hierbei sollen Informationen über den Einfluss der Adoleszenz unter Migrationsbedingungen auf die schulische Karriere in Erfahrung gebracht werden.

Diese Hausarbeit wird eines der Interviews, die mit den jungen italienischstämmigen Männern geführt wurden, analysieren und auswerten. Mittels der objektiven Hermeneutik sollen fundierte Hypothesen gebildet und geprüft werden. Es ist zu betonen, dass es sich hierbei um ein Interview handelt, welches ausschließlich mit dem jungen Mann durchgeführt wurde. Die Eltern des Befragten wünschten keine Teilnahme an der Erhebung.

Vorab soll knapp dargestellt werden mit welchen Schwierigkeiten vor allem männliche Jugendliche mit Migrationshintergrund in der Adoleszenzphase konfrontiert sind.

Darauf folgend werden zwei von der Autorin ausgewählte Segmente des Interviews mit dem jungen Mann Enrico Danesi unter der oben genannten Fragestellung und auf der Grundlage einer interviewspezifischen Fallstrukturhypothese analysiert.

2. Definition Bildungserfolg - Bildungsmisserfolg

Da in dem bereits beschriebenen Forschungsprojekt der Universität Hamburg die Ursachen für Bildungserfolg bzw. Misserfolg von jungen Männern aus italienischen Migrantenfamilien untersucht werden, soll der Ausgangspunkt dieser Arbeit zunächst die Definition sein, nach der die Begrifflichkeiten „Bildungserfolg“ und „Bildungsmisserfolg“ eingeordnet werden.

Aufgrund des begrenzten Umfangs der hier vorliegenden Thesis können die thematischen Aspekte jedoch nur ansatzweise betrachtet werden.

Nach King/Koller gelten junge Menschen als bildungserfolgreich, sobald sie das Abitur erworben haben und vor kurzem ein Studium begonnen haben, da sie dies zu Menschen auszeichnet, die das Erlangen des höchsten Bildungsgrades in Deutschland begehren (vgl. Zölch et. al 2009: 68). Konträr dazu werden Gleichaltrige, die „zwar eine zur Hochschulreife führende Schule besuchten, diese Schulausbildung aber vor dem Abitur abgebrochen haben“ als weniger bildungserfolgreich angesehen (Zölch et al. 2009: 68).

3. Männliche Adoleszenten mit Migrationshintergrund

Die Adoleszenz stellt einen besonderen Abschnitt im Leben eines jungen Menschen dar. Es handelt sich hierbei um eine Zeit der Um- und Neugestaltung, sowohl auf kognitive und körperliche Weise, als auch auf psychischer Ebene. Die Auseinandersetzung mit Herkunft, Familie, Freunden und der eigenen Wahrnehmung findet in der Jugendzeit auf verändertem Wege statt. Die Adoleszenten befinden sich somit in einer wichtigen Phase der Identitätsentwicklung, in der sich ein differenziertes Selbst- und Weltverständnis entwickelt (King/Koller 2009: 10f.).

Dies inkludiert unter anderem, dass sich die Beziehung zwischen den Adoleszenten und ihren Eltern verändert, die Geschlechteridentitäten geklärt werden, die sexuelle Orientierung hinterfragt wird, sowie die psychische Aneignung der Geschlechtsreife stattfindet (vgl. King/Koller 2009: 10f.). Gerade in der Adoleszenzphase beschäftigen sich viele Jugendliche mit der eigenen Geschichte und Herkunft. Aus diesem Grund erhält hier die eigene Migration oder auch die der Eltern bzw. Großeltern einen großen Wert für die Identitätsentwicklung der Heranwachsenden (vgl. King/Koller 2009: 10f.). Für Jugendliche mit Migrationshintergrund bedeutet die Adoleszenz jedoch einen doppelten Transformationsprozess, der in den „Trennungs- und Umgestaltungsnotwendigkeiten“ (vgl. King et al. 587) der migrierten Familie und ihrer Mitglieder verankert ist. Diese stellen weitere spezifische Bedingungen für die Trennungs- und Umgestaltungsprozesse der Heranwachsenden dar (vgl. Zölch e. al. 2009: 69). Es ist festzuhalten, dass die Migrationserfahrungen der Eltern sich oftmals in ihren Zielen für die eigenen Kinder wiederspiegeln. Nicht selten wird bei den Adoleszenten das Bestreben nach Erfüllung der elterlichen Träume und Wünsche nach einer „besseren Zukunft“ beobachtet.

Ein weiterer Punkt, der sich als Schwierigkeit für Jugendliche mit Migrationshintergrund darstellt, ist dass diese Gruppe Heranwachsender innerhalb der in dieser Lebensphase zunehmend wichtiger werdender Instanzen (z.B. Peergroup, Schule, Vereine etc.) vielfach die Rolle der Außenseiter einnehmen. Diese Gegebenheit schlägt sich selbsterfüllend unmittelbar auf die Gestaltung der familiären Ablösungsprozesse nieder, was eine weitere Herausforderung für die Adoleszenten darstellt (vgl. King et al. 2011: 588).

Bei der Ergebnisbetrachtung weiterer Studien lässt sich feststellen, dass es in Bezug auf den Bildungserfolg Differenzen gibt. So haben Angehörige der zweiten Generation oftmals bessere Bildungschancen, aber auch ein mit einhergehendes Risiko auf den bildungsbezogenen Abstieg (Juhasz/Mey 2009: 85f.). Entscheidend für den Bildungserfolg bzw. Bildungsmisserfolg im Einwanderungsland sind dabei nicht primär das Herkunftsland oder die Migrantengruppe, sondern die sozioökonomischen Hintergründe der Heranwachsenden. Es ist davon auszugehen, dass der Grund für das erhöhte Abstiegsrisiko von Jugendlichen mit Migrationshintergrund darin liegt, dass diese in Deutschland stärker von sozialer Ungerechtigkeit betroffen sind als „einheimische“ Adoleszenten (Juhasz/Mey 2009: 86.). Ebenfalls von Bedeutung ist die Frage, in welcher Generation ein Jugendlicher mit Migrationshintergrund in dem Einwanderungsland lebt und in welche gesellschaftliche Struktur er oder sie eingewandert ist (King/Koller 2009: 11ff.).

Neben den Beschäftigungen und dem Einkommen der Eltern dürfen ebenfalls nicht die Bedingungen und Motive vernachlässigt werden, unter denen die Familie in das Einwanderungsland gekommen ist.

Als wichtig in Bezug auf den Titel der hier vorliegenden Arbeit hat sich weiterhin die Entwicklung der eigenen Männlichkeitsvorstellungen als „Bewältigung der migrationstypischen Erfahrungen“ (Zölch et al. 2012: 2) herausgestellt, da diese großen Einfluss auf die Geschlechter- und Generationsbeziehungen innerhalb der Familie nimmt. Aus der Gestaltung dieser Beziehungen entstehen auch die Bedingungen für die Entwicklung eigener Männlichkeitsentwürfe (Zölch et al. 2012: 2).

Die Auseinandersetzung mit dem eigenen Geschlecht wird von verschiedenen Faktoren beeinflusst. So prägen mediale Bilder- und Konstrukte, der Vergleich mit Peers und vorherrschende Männlichkeitsvorstellungen innerhalb der Familie die Entfaltung der eigenen Geschlechtsidentität (Zölch et al. 2012: 5). Für junge Männer ist zumeist der Vater von großer Bedeutung, da dieser als Vorbild dient mit dessen Idee von Männlichkeit sich der Heranwachsende auseinandersetzen kann (Zölch et al. 2012: 3).

Im Kontext der Migration der Eltern erfolgte nicht selten eine Entwertung der Berufe der Väter (Zölch et al. 2012: 5), die im neuen Heimatland oftmals einen mäßigeren sozialen Status bedeuten. Das Resultat war häufig eine Veränderung der bestehenden Männlichkeitsentwürfe. Dies kann die Auseinandersetzung der Söhne mit ihren Vätern behindern (Zölch et al. 2012: 5). Da vor allem männliche Jugendliche aus italienischen Migrantenfamilien ein hohes Risiko für weniger erfolgreiche Bildungsverläufe aufweisen, soll nachstehend untersucht werden, welchen Einfluss ihre Migrationsgeschichte in Zusammenhang mit Adoleszenz auf ihre Bildungskarriere hat.

4. Objektive Hermeneutik als Analyseverfahren

Für die Analyse des vorliegenden Interviews wird das Verfahren der objektiven Hermeneutik angewendet. Dieses Auswertungsverfahren bietet im Gegensatz zur Narrationsanalyse nach Schütze, bei der das gesamte Interview in die Analyse mit einbezogen wird, die Möglichkeit einer „sequenziellen Analyse“ (Przyborski/Wohlrab-Sahr 2010: 184) und somit die Chance auf eine gesonderte Untersuchung einzelner Analyseschwerpunkte. Mit der objektiven Hermeneutik können einzelne Sequenzen kontrastiert betrachtet werden, was eine Falsifikation oder Modifikation der im Anfangsabschnitt aufgestellten Forschungshypothese durch weitere Interviewsequenzen ermöglicht.

[...]

Fin de l'extrait de 17 pages

Résumé des informations

Titre
Bildungsverläufe und adoleszente Ablösungsprozesse bei jungen Männern aus italienischen Migrantenfamilien
Sous-titre
Fallstrukturanalyse eines Interviews
Université
University of Hamburg
Cours
Heterogenität, Medien, Bildungssituationen: Bildungsverläufe und Familiendynamik in Migrantenfamilien. Vergleichende Fallanalyse.
Note
1,7
Année
2015
Pages
17
N° de catalogue
V440887
ISBN (ebook)
9783668797598
ISBN (Livre)
9783668797604
Langue
allemand
Mots clés
Fallanalyse, italienische Migrantenfamilien, Männer, Migration, Bildung
Citation du texte
Anonyme, 2015, Bildungsverläufe und adoleszente Ablösungsprozesse bei jungen Männern aus italienischen Migrantenfamilien, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/440887

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