Seit Entstehung des Europäischen Binnenmarkts am 01.01.1993 ist der grenzüberschreitende Warenhandel kein Sonderfall mehr im alltäglichen Wirtschaftsverkehr, sondern stellt viel eher die Norm dar. Da im Laufe der Zeit leider immer nur kleinere Anpassungen vorgenommen wurden, ist es nicht weit hergeholt, dass die Mehrwertsteuersystemrichtlinie nicht mit der Globalisierung und Digitalisierung Schritt halten konnte. Trotz einer ersehnten Harmonisierung der Mehrwertsteuerregelungen in der Europäischen Union sind viele Sachverhalte ungeklärt oder einfach nicht mehr zeitgemäß.
Insbesondere vernachlässigt wurde bisher der Fall des Reihengeschäfts. Nicht selten kommt es im Wirtschaftsleben vor, dass mehrere Unternehmer Umsatzgeschäfte über denselben Gegenstand schließen und dieser infolge dessen vom ersten Unternehmer unmittelbar an den letzten Abnehmer versendet oder befördert wird. Diese Konstellation ist in Deutschland seit langem bekannt und verankert über den § 3 Abs. 6 Satz 5 f. Umsatzsteuergesetz. Solange diese im Inland stattfindet bereiten diese Geschäfte keinerlei Schwierigkeiten. Doch wie bereits erwähnt ist es an der Tagesordnung, dass grenzüberschreitende Umsatzgeschäfte getätigt werden. Da es hierbei keine geregelte Norm innerhalb der Europäischen Union gibt, wirft es Fragen auf und es mangelt an Rechtssicherheit. Dies führte in letzter Zeit zu vermehrter Rechtsprechung auf nationaler und europäischer Ebene, was leider auch nicht mehr Klärung verschaffte. Insbesondere erwies es sich schwer einen gemeinsamen Nenner hinsichtlich der Zuordnung der bewegten Lieferung zu finden. Dies ist insofern wichtig, da es bei einem Reihengeschäft trotz mehreren Umsatzgeschäften nur eine Warenbewegung gibt, welche in den Genuss einer steuerbefreiten innergemeinschaftlichen Lieferung gem. § 6a Umsatzsteuergesetz kommen könnte. Hinsichtlich der Zuordnung sieht die Finanzverwaltung die Transportverantwortung als ausschlaggebendes Kriterium an, während der EuGH und der XI. Senat die Ansicht vertreten, dass es auf die Verfügungsmacht zum Zeitpunkt des Übergangs ankommt. Der V. Senat hingegen vertritt die Meinung, dass die Absichtsbeurkundung ausschlaggebend für die Zuordnung der bewegten Lieferung sei.
Aufgrund dieser differenzierten Betrachtungsweisen wird die Bachelorarbeit genauer auf die Urteile auf nationaler und europäischer Ebene eingehen und eine kritische Analyse über die Zuordnung bei Reihengeschäften anstellen.
Inhaltsverzeichnis
- 1 Einleitung
- 2 Reihengeschäft nach dem Umsatzsteuergesetz
- 2.1 Definition des Reihengeschäfts
- 2.1.1 Tatbestandsmerkmale
- 2.1.2 Rechtsfolge
- 2.1.3 Ortsbestimmung
- 2.2 Sonderformen des Reihengeschäfts
- 2.1 Definition des Reihengeschäfts
- 3 Entstehung und Entwicklung
- 4 Aktuelle Rechtslage
- 4.1 Zuordnung der Warenbewegung nach deutschem Recht
- 4.2 Zuordnung im Sinne des Unionsrechts
- 5 Ergänzende Europäische Rechtsprechung
- 6 Nationale Rechtsprechung / Umsetzung
- 7 Auswirkung
- 8 Mehrwertsteueraktionsplan der Europäischen Kommission
- 9 Stellungnahmen und Kritik
- 10 Fazit
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Bachelorarbeit untersucht die Zuordnung der bewegten Lieferung im Reihengeschäft unter kritischer Betrachtung der nationalen und europäischen Rechtsprechung. Ziel ist es, ein umfassendes Verständnis der komplexen Rechtslage zu schaffen und mögliche Optimierungspotenziale aufzuzeigen.
- Definition und Tatbestandsmerkmale des Reihengeschäfts
- Rechtsfolgen der verschiedenen Zuordnungsmodelle
- Analyse der nationalen und europäischen Rechtsprechung
- Auswirkungen des Mehrwertsteueraktionsplans der Europäischen Kommission
- Formulierungsvorschläge zur Optimierung der Rechtslage
Zusammenfassung der Kapitel
1 Einleitung: Diese Einleitung führt in die Thematik des Reihengeschäfts im Umsatzsteuerrecht ein und beschreibt den Aufbau und die Zielsetzung der Arbeit. Sie skizziert die Bedeutung der korrekten Zuordnung der bewegten Lieferung für die Steuerpflicht und benennt die Herausforderungen, die sich aus der nationalen und europäischen Rechtsprechung ergeben.
2 Reihengeschäft nach dem Umsatzsteuergesetz: Dieses Kapitel definiert das Reihengeschäft nach dem Umsatzsteuergesetz (UStG). Es erläutert die Tatbestandsmerkmale, wie die beteiligten Unternehmer, den Gegenstand des Geschäfts und die Umsatzgeschäfte. Besondere Aufmerksamkeit wird der unmittelbaren Warenbewegung und der daraus resultierenden Rechtsfolge gewidmet. Die Ortsbestimmung im Reihengeschäft und die Sonderformen wie innergemeinschaftliche Reihengeschäfte, Dreiecksgeschäfte und Reihengeschäfte mit Drittlandsbezug werden detailliert analysiert. Das Kapitel bildet die Grundlage für das Verständnis der komplexen rechtlichen Fragestellungen der folgenden Kapitel.
3 Entstehung und Entwicklung: Dieses Kapitel beleuchtet die historische Entwicklung der rechtlichen Regulierung des Reihengeschäfts. Es beschreibt die Entstehung der Problematik und den Weg zur heutigen komplexen Rechtslage, der durch zahlreiche Gerichtsurteile und Gesetzesänderungen geprägt ist. Es werden die wichtigsten Meilensteine und ihre Auswirkungen auf die Praxis dargestellt und die Unterschiede zwischen der früheren und der aktuellen Rechtslage herausgearbeitet.
4 Aktuelle Rechtslage: Dieses Kapitel beschreibt die aktuelle Rechtslage zur Zuordnung der Warenbewegung im Reihengeschäft. Es analysiert die deutsche und die europäische Rechtsprechung und beleuchtet die unterschiedlichen Zuordnungsansätze. Es werden die verschiedenen Interpretationen der Rechtslage anhand von Beispielen verdeutlicht und die jeweiligen Vor- und Nachteile diskutiert. Insbesondere der Einfluss von EuGH-Entscheidungen wie Euro Tyre und VSTR wird detailliert betrachtet und die damit verbundenen Auswirkungen auf die Praxis erläutert.
5 Ergänzende Europäische Rechtsprechung: Dieses Kapitel analysiert wichtige Entscheidungen des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) zu Reihengeschäften, wie die Fälle Kreuzmayr, Toridas und EMAG Handel Eder oHG. Es zeigt die unterschiedlichen Auslegungen der relevanten Rechtsgrundlagen durch den EuGH und deren Auswirkungen auf die nationale Umsetzung auf. Die Kapitel beleuchtet die Bedeutung der Rechtsprechung des EuGH für die nationale Rechtsanwendung und für die Harmonisierung des Umsatzsteuerrechts innerhalb der Europäischen Union.
6 Nationale Rechtsprechung / Umsetzung: Dieses Kapitel befasst sich mit der nationalen Umsetzung der europäischen Rechtsprechung im Bereich der Reihengeschäfte. Es analysiert die verschiedenen Interpretationen des Bundesfinanzhofs (BFH) zu den EuGH-Entscheidungen Euro Tyre und VSTR, wobei der Fokus auf den unterschiedlichen Ansätzen des V. und XI. Senats liegt. Das Kapitel beleuchtet den Konflikt zwischen nationalem und unionsrechtlichem Zuordnungskonzept und zeigt die Herausforderungen auf, die sich aus der unterschiedlichen Auslegung der Rechtsgrundlagen ergeben.
7 Auswirkung: Dieses Kapitel analysiert die Auswirkungen der verschiedenen Zuordnungsmodelle auf die Praxis. Es werden Lösungsansätze und Vorschläge zur Vereinfachung der Rechtslage diskutiert. Das Kapitel beinhaltet auch Stellungnahmen und Alternativen zur aktuellen Rechtslage und stellt verschiedene Ausführungsmöglichkeiten dar.
8 Mehrwertsteueraktionsplan der Europäischen Kommission: Dieses Kapitel befasst sich mit dem Mehrwertsteueraktionsplan der Europäischen Kommission und dessen Auswirkungen auf die Reihengeschäfte. Es wird die Rechtslage ab 01.01.2019 und ab 01.07.2022 erläutert, wobei der Fokus auf der Vereinfachung des Nachweises für die Beförderung von Waren liegt. Der Begriff des zertifizierten Steuerpflichtigen wird ebenfalls definiert und eingeordnet.
9 Stellungnahmen und Kritik: Dieses Kapitel präsentiert kritische Stellungnahmen zur aktuellen Rechtslage und zu den vorgeschlagenen Änderungen. Es werden die Vor- und Nachteile der verschiedenen Ansätze diskutiert und offene Fragen aufgezeigt.
Schlüsselwörter
Reihengeschäft, Umsatzsteuer, Mehrwertsteuer, Warenbewegung, Rechtsprechung, EuGH, Bundesfinanzhof (BFH), innergemeinschaftliches Reihengeschäft, Dreiecksgeschäft, Zuordnung, Ortsbestimmung, Mehrwertsteueraktionsplan, Umsatzsteuergesetz (UStG), Unionsrecht, nationales Recht.
Häufig gestellte Fragen (FAQ) zur Bachelorarbeit: Reihengeschäft im Umsatzsteuerrecht
Was ist der Gegenstand dieser Bachelorarbeit?
Die Arbeit untersucht die Zuordnung der bewegten Lieferung im Reihengeschäft unter kritischer Betrachtung der nationalen und europäischen Rechtsprechung. Ziel ist ein umfassendes Verständnis der komplexen Rechtslage und die Aufdeckung möglicher Optimierungspotenziale.
Welche Themen werden in der Arbeit behandelt?
Die Arbeit behandelt die Definition und Tatbestandsmerkmale des Reihengeschäfts, die Rechtsfolgen verschiedener Zuordnungsmodelle, die Analyse nationaler und europäischer Rechtsprechung, die Auswirkungen des Mehrwertsteueraktionsplans der Europäischen Kommission und formuliert Vorschläge zur Optimierung der Rechtslage.
Wie ist die Arbeit strukturiert?
Die Arbeit gliedert sich in zehn Kapitel: Einleitung, Reihengeschäft nach dem Umsatzsteuergesetz (inkl. Definition, Tatbestandsmerkmale, Rechtsfolgen und Ortsbestimmung), Entstehung und Entwicklung, aktuelle Rechtslage (nationales und Unionsrecht), ergänzende europäische Rechtsprechung, nationale Rechtsprechung/Umsetzung, Auswirkungen verschiedener Zuordnungsmodelle, Mehrwertsteueraktionsplan der Europäischen Kommission, Stellungnahmen und Kritik sowie Fazit.
Welche Rechtsquellen werden berücksichtigt?
Die Arbeit berücksichtigt das Umsatzsteuergesetz (UStG), die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) – insbesondere die Fälle Euro Tyre, VSTR, Kreuzmayr, Toridas und EMAG Handel Eder oHG – sowie die Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH). Der Fokus liegt auf dem Konflikt zwischen nationalem und unionsrechtlichem Zuordnungskonzept.
Was sind die wichtigsten Schlüsselwörter?
Reihengeschäft, Umsatzsteuer, Mehrwertsteuer, Warenbewegung, Rechtsprechung, EuGH, Bundesfinanzhof (BFH), innergemeinschaftliches Reihengeschäft, Dreiecksgeschäft, Zuordnung, Ortsbestimmung, Mehrwertsteueraktionsplan, Umsatzsteuergesetz (UStG), Unionsrecht, nationales Recht.
Wie werden die Kapitel zusammengefasst?
Jedes Kapitel wird in der Arbeit durch eine eigene Zusammenfassung erläutert. Diese Zusammenfassungen geben einen Überblick über die behandelten Themen und die wichtigsten Ergebnisse. Die Kapitel befassen sich detailliert mit den jeweiligen Aspekten des Reihengeschäfts im Umsatzsteuerrecht, von der Definition über die historische Entwicklung bis hin zur aktuellen Rechtslage und den Auswirkungen des Mehrwertsteueraktionsplans.
Welche praktischen Auswirkungen werden untersucht?
Die Arbeit analysiert die Auswirkungen der verschiedenen Zuordnungsmodelle auf die Praxis und diskutiert Lösungsansätze und Vorschläge zur Vereinfachung der Rechtslage. Stellungnahmen und Alternativen zur aktuellen Rechtslage werden ebenfalls präsentiert.
Wie wird der Mehrwertsteueraktionsplan der Europäischen Kommission behandelt?
Die Arbeit erläutert die Rechtslage des Mehrwertsteueraktionsplans ab 01.01.2019 und ab 01.07.2022, mit Fokus auf die Vereinfachung des Nachweises für die Beförderung von Waren und die Definition des zertifizierten Steuerpflichtigen.
Welche kritischen Aspekte werden beleuchtet?
Die Arbeit präsentiert kritische Stellungnahmen zur aktuellen Rechtslage und den vorgeschlagenen Änderungen, diskutiert Vor- und Nachteile verschiedener Ansätze und zeigt offene Fragen auf.
Welche Schlussfolgerungen zieht die Arbeit?
Das Fazit der Arbeit fasst die Ergebnisse zusammen und gibt einen Ausblick auf zukünftige Entwicklungen im Bereich des Reihengeschäfts im Umsatzsteuerrecht.
- Quote paper
- Daniel Schwarzenbach (Author), 2018, Zuordnung der bewegten Lieferung im Reihengeschäft mit kritischer Bewertung der nationalen und europäischen Rechtsprechung, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/442186