Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
1 Nachhaltigkeitsmarketing von Bundesliga-Clubs – ein neuer Trend?
2 Überblick über Nachhaltigkeitsmarketing im Allgemeinen und diverse Implikationen
2.1 Begriffsklärung der Marketing-Norm Nachhaltigkeit
2.2 Grundlegende marketingtheoretische Einordnung
2.3 Strategische und operative Zielsetzungen
3 Nachhaltigkeitsmarketing von Profifußballclubs
3.1 Überblick zu deutschen Bundesliga-Clubs und deren organisationaler Aufbauten
3.2 Besonderheiten im Marketing von Fußballclubs
3.3 Überblick zu Club-Bestrebungen im Bereich Nachhaltigkeit
3.4 Status Quo der Nachhaltigkeits-Außenkommunikation der Vereine in der 1. Bundesliga im Überblick
4 Analyse der Nachhaltigkeitsmarketing-Kommunikationspolitik zweier konkreter Bundesliga-Clubs
4.1 Nachhaltigkeitsmarketing von Borussia Dortmund
4.2 Nachhaltigkeitsmarketing des Hamburger SV
4.3 Resümierende Gegenüberstellung beider Club-Aktivitäten
5 Kritische Zusammenfassung und Ausblick
Literaturverzeichnis
1 Nachhaltigkeitsmarketing von Bundesliga-Clubs – ein neuer Trend?
„Die Qualität eines Fußballvereins zeigt sich darin, wie er seinen sozialen Aufgaben gerecht wird“, postulierte schon vor etwa 100 Jahren Franz Jacobi, einer der Mitbegründer von Borussia Dortmund. Es scheint, als seien nachhaltiges Engagement in der DNA eines jeden Fußballclubs, doch gerade erst in den vergangenen Jahren lässt sich unter Fußballvereinen ein Trend in Richtung öffentlichkeitswirksamer Übernahme von sozialer Verantwortung oder eine offensiv nachhaltigere Ausgestaltung der Wertschöpfungsketten feststellen: „Der Sport wird grün“[1], titelte sogar schon ein deutsches Marketing-Magazin. Tatsächlich befinden sich aktuell viele Unternehmen in einem Wandel hin zu mehr Nachhaltigkeit, doch ist dies tatsächlich auch eine zu erkennende Tendenz bei Bundesliga-Clubs? Oder waren diese vielmehr nicht schon seit ihrer Gründung vorwiegend nachhaltig orientierte Organisationen, die ihre Nachhaltigkeit jetzt in Form ihrer Kommunikationspolitik besonders hervorheben und von daher erst jetzt eine breite Öffentlichkeit darauf aufmerksam wird? Diese und weitere Fragestellungen sollen in dieser Studienarbeit zu klären versucht werden.
Mit dieser Arbeit soll neben grundsätzlicher Begriffsklärungen eine grobe Übersicht darüber gegeben werden, inwiefern Bundesliga-Clubs mit dem Thema Nachhaltigkeitsmarketing umgehen, welche Strategien und allen voran welche konkrete Maßnahmen hier besonders zum Tragen kommen.
Die Studienarbeit gliedert sich wie folgt: Zuerst sollen trotz einer gewissen Uneinigkeit in Wissenschaft und Praxis die zentralen Begriffe Nachhaltigkeit und Marketing sowie deren Zusammenführung Nachhaltigkeitsmarketing und einige der daraus folgenden Implikationen erläutert werden. Anschließend folgt ein Überblick über den strukturellen Aufbau deutscher Bundesliga-Clubs und einiger Besonderheiten im Club-Marketing. Auch deren Status Quo in Nachhaltigkeits-Bestrebungen sowie der Vermarktung dessen sollen dabei nicht unerwähnt bleiben.
Vor dem Hintergrund der so gelegten thematischen Grundlagen folgt eine Analyse der Nachhaltigkeitsmarketing-Kommunikationspolitik zweier ausgewählter Fußballclubs, wobei dies keine tiefgründige Untersuchung deren Nachhaltigkeitsmarketings darstellt, sondern vielmehr eine exemplarische Veranschaulichung und punktuell einige auffällige grobe Entwicklungslinien im Nachhaltigkeitsmarketing aufzeigen möchte. Abgeschlossen wird diese Arbeit durch eine kurze kritische Reflexion, außerdem wird ein kleiner Ausblick auf mögliche zukünftige Entwicklungen bezüglich der behandelten Thematik gewagt.
2 Überblick über Nachhaltigkeitsmarketing im Allgemeinen und diverse Implikationen
Um den Begriff und einige Implikationen des Nachhaltigkeitsmarketings im Rahmen ihrer Entwicklung verstehen zu können, wird im Folgenden ausgehend von der Klärung zentraler Begrifflichkeiten ein näherer Überblick über diverse strategische und operative Ziele des Nachhaltigkeitsmarketings gegeben.
2.1 Begriffsklärung der Marketing-Norm Nachhaltigkeit
Dem Begriff Nachhaltigkeit geht in der ökonomischen, aber auch in der marketingtheoretischen Historie eine längere Entwicklung voraus; als eine Art definitorischer „Meilenstein“ wird der Brundtland-Bericht aus dem Jahr 1983 angesehen, da in diesem von der UN-Weltkommission für Umwelt und Entwicklung festgelegte konzeptionelle Grundmotive von nachhaltiger Entwicklung genannt werden[2]. Konkret wird Nachhaltigkeit dort wie folgt verstanden:
Sustainable development is development that meets the needs of the present without compromising the ability of future generations to meet their own needs.[3]
Bislang gibt es noch keine gemeinhin anerkannte Definition des Begriffs Nachhaltigkeit, jedoch werden meist die drei Säulen Ökonomie, Ökologie und Soziales als grundlegend anerkannt[4]. Im Kontext des Nachhaltigkeitsmarketings und somit auch dieser Arbeit gelten die eben erläuterten als grundsätzliche normative Zielsetzungen[5].
2.2 Grundlegende marketingtheoretische Einordnung
Unter dem Begriff Marketing versteht man im Allgemeinen die Ausrichtung sämtlicher Aktivitäten einer Organisation oder eines Unternehmens hinsichtlich der Bedürfnisse der Nachfrager, ferner des Marktes[6]. Dies beinhaltet die stetige Bereitschaft, sich verändernden Bedingungen anzupassen und entsprechend zielgerichtete Maßnahmen bzw. Kampagnen zu koordinieren und durchzuführen[7]. Um entsprechende Effekte herbeizuführen, orientiert man sich häufig an den klassischen operativen Instrumenten Product, Price, Place und Promotion, den sogenannten „marketing fundamental variables“[8]. Marketing kann also als „operative Unternehmensfunktion neben Beschaffung und Produktion einerseits und als normative Leitidee andererseits“[9] verstanden werden, wobei die Normen von der Unternehmensleitung selbst festgelegt werden.
Nachhaltigkeitsmarketing ist eine konkrete Marketing-Konzeption und orientiert sich am normativen Leitbild eines generationenübergreifend nachhaltigen Wirtschaftens[10] oder allgemeiner im Rahmen des Anspruchs einer nachhaltigen Entwicklung[11]. Konkreter ist es die „umwelt- und sozialorientierte Führung eines Unternehmens, die alle betrieblichen Marketingentscheidungen auf das Werteschaffen ausrichtet“[12] und somit eine bewusste Erweiterung des rein ökonomischen Kalküls des traditionellen Marketingansatzes um weitere Dimensionen, die allen voran sozialer oder ökologischer Natur sind.
2.3 Strategische und operative Zielsetzungen
Im Gegensatz zum klassisch-taktischen Marketing – das sich tendenziell an kurzfristigen Zielen orientiert - liegt dem Nachhaltigkeitsmarketing auch in wirtschaftlicher Hinsicht ein langfristiges Kalkül zugrunde[13]. Das strategische Nachhaltigkeitsmarketing versucht so in aller Regel, durch eine dauerhafte Kundenbindung sowie eine enge Beziehung zu Mitarbeitern der eigenen Organisation bzw. durch Stakeholder-Management eine erhöhte Wertschöpfung zu erzielen[14] ; dies wird meist durch eine besonders authentische und glaubwürdige Unternehmens- bzw. Produktpräsentation erreicht[15]. Eine umfassende Kommunikation über die betrieblichen Nachhaltigkeitsintentionen ist unabdingbar, wobei durch eine Darstellung der Verlinkungen zwischen den angebotenen Produkten, dem dahinterstehenden Unternehmen sowie den tatsächlichen Nachhaltigkeitsbestrebungen ein positives und dadurch potenziell gewinnsteigerndes Image noch weiter verstärkt wird[16]. Gerade das (sustainable) brand marketing – das Aufladen einer Marke mit bestimmten Werten und Kernbotschaften usw. – ist dabei besonders zielführend[17].
Das Engagement im Bereich Corporate (Social) Responsibility [18] sollte nicht schlicht im Rahmen einer unternehmerischen Kommunikationspolitik als operatives Marketinginstrument ausgeführt werden, sondern Teil einer größeren Nachhaltigkeitsstrategie sein, um so insgesamt die Glaubwürdigkeit des Unternehmens zu erhöhen[19]. Dies wirkt auch einem sonst möglichen Vorwurf des Green- oder Social-Washings entgegen, welchem meist nur punktuelle, aber nachhaltig scheinende Maßnahmen zugrunde liegen, die jedoch keiner langfristigen Nachhaltigkeitsstrategie folgen und so rein als kurzfristige Werbemaßnahme anzusehen sind oder zumindest intransparent gehandhabt werden[20]. Schließlich liegen beim Nachhaltigkeitsmarketing nicht nur das Produkt oder die Dienstleistung im zu vermarktenden Fokus, sondern die gesamte Organisation und deswegen sind loyales Verantwortungsbewusstsein und Integrität über alle Unternehmensbereiche hinweg von zentraler Bedeutung[21].
Um diese Ziele zu erreichen, bedarf es einiger operativer Instrumente, die sich in die Bereiche Kommunikations-, Produkt-, Distributions- und Preispolitik unterteilen lassen[22] ; in dieser Arbeit steht die Kommunikationspolitik im Mittelpunkt, deren Ziel es ist, dem Unternehmen eine gewünschte Identität zu verleihen und diese entsprechend an die Öffentlichkeit bzw. an gewünschte Zielgruppen zu kommunizieren[23] oder Verbraucher und potentielle Kunden zu einem insgesamt nachhaltigeren bzw. bewussten Konsumverhalten zu animieren[24].
3 Nachhaltigkeitsmarketing von Profifußballclubs
Von nun an widmet sich diese Arbeit einem konkreten Marktsegment, dem deutschen Profi-Herrenfußball. Zuerst wird ein Überblick über die Organisation deutscher Bundesliga-Clubs gegeben und anschließend neben Sportmarketing-Besonderheiten auch das Status Quo sowohl im nachhaltigen Engagement als auch in der Nachhaltigkeits-Außenkommunikation der Erstligisten gegeben.
3.1 Überblick zu deutschen Bundesliga-Clubs und deren organisationaler Aufbauten
Bevor näher auf die formellen Rahmenbedingungen eines Fußballclubs eingegangen werden soll, wird zunächst der praktische Hintergrund bzw. Aufbau der deutschen Bundesliga kurz dargelegt.
Fußballvereine beteiligen sich in aller Regel an sportlichen Wettbewerben, welche in verschiedenen Ligen aufgeteilt sind. Dabei definiert sich eine Liga wie folgt:
Eine Liga ist eine Institution, die eine Reihe von Wettkämpfen nach einem speziellen Regelwerk zwischen einer vorher bestimmten Anzahl von Teams in einer Zeitperiode (Saison) mit dem Ziel organisiert, eine Rangfolge dieser Teams nach ihrer sportlichen Leistungsfähigkeit zu ermitteln.[25]
Im deutschen Fußball funktioniert die Deutsche Bundesliga auch nach diesem Prinzip und wird auf Bundes-, aber auch auf Landesebene von teilweise verschiedenen Institutionen organisiert (beispielsweise Deutsche Fußball Liga (DFL) für die erste und zweite Bundesliga, der Deutsche Fußball-Bund (DFB) für die dritte Liga usw.). Die erste Bundesliga stellt hierbei die höchste zu erreichende Liga in Deutschland dar und trägt verglichen zu anderen Sportarten das größte mediale Gewicht, weswegen sie auch als „Premium-Produkt des deutschen Sports“[26] bezeichnet wird.
Grundsätzlich sind Fußballclubs aufgrund ihrer gemeinwohlorientierten Ausrichtung und gemäß geltenden Rechts in der Bundesrepublik in der Regel eingetragene Vereine [27],[28] ; dies schließt beispielsweise die langfristige und zielorientierte Ausrichtung dieser Körperschaft mit ein[29]. Bei einem Fußballverein bedeutet dies also konkret, dass es sich dieser Verein zum Ziel gemacht hat, an sportlichen Wettkämpfen in der eigenen Disziplin teilzunehmen sowie unter Umständen eigene Bestrebungen zu unternehmen, um die eigene Qualität und Leistung der Spieler zu steigern oder ähnliches.
Ein Bundesliga-Club trägt aufgrund seiner medialen und bundesweiten Präsenz sowie eines großen kommerziellen Drucks ein wesentlich erheblicheres Wirtschaftsvolumen als es von den Verfassern des Vereinsrechts bzw. der Bundesliga-Ordnung ursprünglich vorgesehen war; unter anderem aus diesem Grunde ist es Bundesliga-Vereinen seit 1998 erlaubt, eine gewinnorientierte Kapitalgesellschaft zu gründen, wobei der Mutterverein an dieser stets einen mehrheitlichen Anteil halten muss[30]. Heutzutage bestehen die meisten Bundesliga-Clubs, neben wenigen Ausnahmen, aus einem eingetragenen Trägerverein und einer entsprechenden Kapitalgesellschaft, deren konkrete Ausgestaltung der jeweiligen Verantwortungsbereiche unterschiedlich geartet sein kann[31].
3.2 Besonderheiten im Marketing von Fußballclubs
In der Literatur wird gemeinhin zwischen zwei verschiedenen Arten des Sportmarketings unterschieden: Dem Marketing mit Sport, wodurch beispielsweise sportfremde Produkte mithilfe von Sportlern oder Sportvereinen beworben werden, und dem Marketing von Sport, was letztlich die Vermarktung von Sportprodukten und Sportorganisationen darstellt[32] und in dieser Arbeit deshalb die relevante sein wird.
Auch von dieser Sportmarketing-Auffassung gibt es jedoch zwei verschiedene Denkrichtungen: Die eine fasst Sportmarketing nur als Teil des klassischen Marketings auf, also nur als Branche mit einigen spezifischen Charakteristika, die andere sieht Sportmarketing als spezifische Führungskonzeption und „eigene Sport-Marketing-Philosophie“[33] an, also als eine Art eigene Disziplin.
In diesem Bereich gibt es zahlreiche Besonderheiten, wovon hier nur eine kleine relevante Auswahl für das Fußballclub-Marketing genannt werden soll: So ist hierbei das Bewerben von materiellen Gütern eher von untergeordneter Bedeutung, es geht stattdessen um die „Rezeption von Sportinhalten“[34]. Die beworbenen Produkte – also die Clubs in ihrer Gesamtheit, einzelne sportliche Wettkämpfe oder die Leistung der Spieler – sind schließlich immaterieller Natur und darüber hinaus schwer messbar, da Wettkampfausgänge nicht vorhersehbar sind oder ähnliches[35]. Außerdem wird versucht, eine langfristige und allen voran persönliche Fanbindung und gegenseitige Identifikation herzustellen[36].
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[1] Werben und Verkaufen 2014: S. 29.
[2] Vgl. IHK Nürnberg für Mittelfranken 2018: Lexikales Stichwort Weltkommission für Umwelt und Entwicklung.
[3] United Narions, General Assembly 1987: S. 54.
[4] Vgl. Kanning 2013: S. 26f.
[5] Vgl. Kapitel 2.2.
[6] Vgl. Springer Gabler Verlag 2018: Lexikales Stichwort Marketing.
[7] Vgl. Vertical Media 2018: Lexikales Stichwort Marketing.
[8] Garcés Cano 2014: S. 59.
[9] Belz/Bilharz (Hrsg.): S. 5.
[10] Vgl. Meffert/Burmann/Kirchgeorg 2012: S. 249.
[11] Vgl. Kupp 2013: S. 323.
[12] Griese (Hrsg.) 2015: S. 3.
[13] Vgl. Griese (Hrsg.) 2015: S. 12.
[14] Vgl. Kupp 2013: S. 324f.
[15] Vgl. a. a. O.
[16] Vgl. Van Tulder/Van Tilburg/Francken/Da Rosa 2014: S. 50f.
[17] Vgl. a. a. O.
[18] CSR bzw. CR meint im weitesten Sinn die unternehmerische Gesellschaftsverantwortung und wird in der Regel als integraler Bestandteil von nachhaltigem unternehmerischen Handeln verstanden.
[19] Vgl. Kupp 2013: S. 325.
[20] Vgl. Müller 2018.
[21] Vgl. Schrader/Diehl 2010: S. 17.
[22] Vgl. Kapitel 2.2.
[23] Vgl. Kupp 2013: S. 330f.
[24] Vgl. Winzer/Goldschmidt 2015: S. 290.
[25] Daumann 2012: S. 6.
[26] Deutscher Fußball-Bund 2018.
[27] Vgl. §§ 21 – 79 BGB.
[28] Vgl. Dehesselles/Bragrock 2013: S. 38f.
[29] Vgl. Landessportbund Nordrhein-Westfalen e. V. 2009: S. 7f.
[30] Vgl. Schilhaneck 2008: S. 47f.
[31] Vgl. Hein-Reipen 2016.
[32] Vgl. Schlepper 2014: S. 6f.
[33] Freyer 1990: S. 29.
[34] Hermanns/Riedmüller 2013: S. 377.
[35] Vgl. Freyer 1990: S. 36ff.
[36] Vgl. Hopwood 2007: S. 227ff.