Code-Shifting im Standard-Nonstandard-Kontinuum bei sprachlichen Äußerungen in der Politik


Hausarbeit, 2018

27 Seiten, Note: 1.3


Leseprobe


Inhalt

1.) Einleitung

2.) Theoretische Grundlagen dieser Arbeit
2.1) Die Standardvarietät. Eine unter vielen
2.1.1) Varietät – Eine Eingrenzung
2.1.2) Standard- Nonstandardkontinuum
2.2) Untersuchen des Kontinuums
2.2.1) Bewegung auf dem Kontinuum
2.2.2) Code-Shifting, Code-Switching und Code-Fluktuation

3.) Sprache in der Politik

4.) Methodisches Vorgehen
4.1) Code-Shifting als Ausdruck funktionaler Handlungswahl
4.2) Die politischen Funktionen der Sprache
4.3) Sprachhandlungsmodell nach Werner Holly

5.) Praxisbeispiel
5.1) Wahl des Beispiels
5.2) Konkretes Vorgehen
5.3) Analyse
5.3.1) Code-Shifting
5.3.2) Sprachfunktionen
5.3.3) Sprachhandlungen
5.4) Rekapitulation und Schlussfolgerung

6.) Fazit

7.)Literaturverzeichnis

8.) Anhang

1.) Einleitung

Diese Arbeit beschäftigt sich mit sprachlicher Varietät in der Politik. Auf Grundlage der Annahme eines Kontinuums von Standard- zu Nonstandardvarietäten in der Sprache und unter Anwendung des Code-Shifting Modells von Auer, wird die funktionale Sprachwahl eines Politikers in einer öffentlichen, mündlichen Äußerung untersucht. Dazu werden zuerst Talk-Show Ausschnitte transkribiert und in ihnen nach Anzeichen von Code-Shifting gesucht. Mittels des interpretativen Sprachhandlungsmodell von Werner Holly und dem Sprachfunktionsmodell von Grünert können die Bewegungen auf dem Kontinuum genau untersucht und beschrieben werden, um die Code-Shifting Phänomene als funktionale Handlungswahl zu begründen. Die Ergebnisse werden dann mit vorher aufgestellten Thesen über die Äußerungen abgeglichen. Diese Hausarbeit stellt also einen Versuch dar, diese drei Modelle, das Code-Shifting, das interpretative Sprachhandlungsmodell und das Sprachfunktionsmodell zu einem methodischen Vorgehen zu vereinen.

Das wichtigste Kommunikationsmittel für Politiker/innen ist die gesprochene Sprache, mit der sich nicht nur Politikwissenschaftler/innen beschäftigen können, sondern auch Sprachwissenschaftler/innen. Diese Perspektive kann sehr fruchtbar sein, da der Linguistik viele Werkzeuge zur Verfügung stehen, mit denen die klassische Politikwissenschaft weniger vertraut ist. So werden Politologen/Politologinnen Äußerungen eher auf ihren Inhalt, den Kontext und die Absichten des Politikers/ der Politikerin hin abklopfen.

Für Sprachwissenschaftler/innen sind politische Spracherzeugnisse aber auf mehr Ebenen relevant. So können zum Beispiel die Lexik, die Semantik oder auch die Phonetik wichtige Erkenntnisse zu einer pragmatischen Analyse beitragen. Durch empirische Studien und kritisches Beurteilen der Ergebnisse kann die Linguistik, bzw. die Politolinguistik, wichtige Erkenntnisse für die Politikwissenschaft und gleichzeitig auch für sprachwissenschaftliche Methoden liefern. Denn vor einer empirischen Studie stehen immer auch Überlegungen zum methodischen Vorgehen. Dies gilt zwar für jede empirische Wissenschaft, ist aber in der jungen Geschichte der angewandten Linguistik um so wichtiger.

Daher werden in dieser Arbeit zunächst die Modelle und deren Terminologien geklärt, welche für die spätere Analyse gebraucht werden. Dies ist vor allem aufgrund der starken Heterogenität in der Fachliteratur relevant. Anschließend wird auf die Bedeutung von Sprache in der Politik und deren Zusammenhang eingegangen. Vor der tatsächlichen Analyse steht dann noch die Beschreibung des methodischen Vorgehen und das Vorstellen der zum Einsatz kommenden Modelle. In einem letzten Schritt werden in einer empirischen Studie Äußerungen eines Politikers in einer Talkshow analysiert und kritisch beurteilt.

In dieser Arbeit werden aufgrund der fast nicht eingrenzbaren Felder Politik und Sprache an vielen Stellen Zusammenhänge vereinfacht dargestellt und Annahmen gemacht, welche sicherlich selbst nochmals einer ausgiebigen wissenschaftlichen Untersuchung bedürften. Genau so bedürfte es für eine ausgiebige empirische Untersuchung sicherlich weit mehr als nur einer untersuchten Person in einer speziellen Situation. Ohne diese „Hilfsmittel“ wären solche Themen in der Kürze einer solchen Hausarbeit kaum sinnvoll zu bearbeiten. Diesen Vereinfachungen muss man sich natürlich bewusst bleiben, um trotzdem zu validen Ergebnissen zu kommen. Holly bringt dies in einem Buch über Politik und Sprache auf den Punkt:

Auch wenn mit einer Einzelfallanalyse niemals Repräsentativität in einem statistische Sinn erreicht werden kann, so zielen die Beschreibungskategorien doch auf allgemeinere Muster, die sich aus der „Logik der Aufgaben“, nicht nur aus persönlicher Neigung ergeben. (Holly 1990:43f.)

2.) Theoretische Grundlagen dieser Arbeit

2.1) Die Standardvarietät. Eine unter vielen

Von der naiven Vorstellung, dass die deutsche Sprache stets und überall gleich ist, von allen Sprecher/innen gleich ausgesprochen und jede/r zum Beispiel über die selbe Lexik verfügt, kommt man schnell los, wenn man sich etwas mit der Sprache und ihrer Funktionsweise beschäftigt. Um diese Theorie zu bestätigen, muss man nur einen Gang durch die Stadt oder über den Campus antreten. Selbst unter geübten Sprachbenutzer/innen würde es nicht schwer fallen, Unterschiede zu entdecken.

Nebst der, im Volksmund als 'Hochdeutsch' oder 'Bühnendeutsch' bekannten, Standardvarietät gibt es noch etliche weitere Varietäten des Deutschen. An bekanntere Beispiele wie Dialekt und Umgangssprache reihen sich noch beliebig viele weitere, die meist nur in der Fachliteratur zu finden sind. So stehen Soziolekte, Regiolekte, Register, Funktiolekte und Idiolekte, um nur eine Auswahl zu nennen, stellvertretend für die Mannigfaltigkeit der Sprachlandschaft im deutschsprachigen Raum. Der Begriff Hochdeutsch findet aus dem Grund hier keine Verwendung, da vermieden werden soll, einzelne Varietäten über andere zu Stellen. Eine, wie auch immer geartete, 'Wertigkeit' unter den Varietäten des Deutschen aufzustellen kann nicht Ziel einer kritischen, selbstreflektierten Sprachwissenschaft sein.

Dieses Kapitel nimmt sich zur Aufgabe Licht ins Dunkle des oftmals verwirrenden terminologischen Dschungels zu bringen, in dem man sich bei der Beschäftigung mit sprachlichen Varietäten schnell wiederfindet und will klären in welchem Bereich dieses linguistischen Forschungsfeldes sich die Arbeit bewegt.

Was diese Arbeit sicherlich nicht leisten kann, ist eine genaue Klärung von Varietätengrenzen oder eine exakte terminologische Einsortierung. In einem Aufsatz für das Jahrbuch des Instituts für deutsche Sprache beschreibt Löffler die Sprachwirklichkeit sehr passend als Brei, für welchen niemand ein passendes Messer zum zuschneiden habe (vgl.: Löffler 2004:25). Die folgenden Kapitel dienen also mehr einer groben Einordnung, um den Begrifflichkeiten für diese Arbeit handhabbar zu werden.

2.1.1) Varietät – Eine Eingrenzung

In der Einführung zu diesem Kapitel wurde bereits mehrfach der Begriff Varietät angeführt. Um aber zu klären, was unter diesem Begriff verstanden wird, bleibt ein Blick in die Fachliteratur unerlässlich. In einer Einführung in die Varietätenlinguistik versucht sich Sinner an einer Eingrenzung des Varietätenbegriffs. Das Kapitel zeigt aber sehr deutlich, wie uneins sich die über 30 angeführten Sprachwissenschaftler/innen bei diesem Begriff sind (vgl.: Sinner 2014:18ff.). Deshalb wird sich diese Arbeit der Definition Ammons bedienen. Wie dargelegt wird, bringt seine Herangehensweise einige Vorteile für die methodische Vorgehensweise mit sich. Um mit Ammons Definition arbeiten zu können, wird sie auf den spontanen mündlichen Sprachgebrauch ausgedehnt. Schneider und Albert verweisen zurecht auf die Fokussierung Ammons auf konzeptionelle Schriftlichkeit, auch im mündlichen Sprachgebrauch (vgl.: Schneider/Albert 2013:50).

Ammon sieht die einzelnen Varietäten einer Sprache (La) als Subsysteme (la, lb,.., ln) an, welche gemeinsam die Gesamtheit der Sprache ausmachen (vgl.: Ammon 1995:1f.). Seine Perspektive auf den Varietätenbegriff ist auch deshalb für diese Arbeit so passend, weil mit ihr einzelne Nonstandardvarietäten in einem Kontinuum dargestellt werden können, welches sich von großer Ähnlichkeit hin zu geringerer Ähnlichkeit erstreckt (vgl.: ebd.:4f.). Dies wird später, bei der Untersuchung von Code-Shifting und Code-Switching das methodische Vorgehen vereinfachen und bringt das Konzept eines Standard- Nonstandardkontinuums in Einklang mit der Definition des Varietätenbegriffs.

Ammon liefert neben seinem gut handhabbaren Varietätenbegriff auch eine nachvollziehbare Abgrenzung zu den Begriffen Variable und Variante. Varietäten beschreiben strukturalistische Phänomene und Variablen/Varianten beschreiben atomistische Phänomene, wobei Variablen einzelne Ausprägungen einer Variante sind (vgl.: Ammon 2004:30). Die beiden Begriffe stellen in seiner Terminologie Unterschiede dar, welche sich hauptsächlich auf lexikalischer Ebene, zwischen den Standard- und Nonstandardvarietäten einer Sprache bemerkbar machen. Eine Varietät ist dabei eine Menge an einzelnen Varianten. Eine einzelne Variante macht also noch keine Varietät aus, genauso wie eine ganze Varietät nicht anhand einer einzelnen Variante festzumachen ist.

Die Beziehung zwischen Variable und Variante kann dabei entweder onomasiologisch (Bsp.: ABENDESSEN={Vesper, Abendbrot, …}) oder semasiologisch (Bsp.: STEIGERUNG={Steigerung, Versteigerung, …}) sein (vgl.: Ammon 1995:61f.).

2.1.2) Standard- Nonstandardkontinuum

Nachdem das vorherige Unterkapitel geklärt hat, wie die Begriffe Varietät, Variable und Variante zueinander in Beziehung stehen und wie sie in der vorliegenden Arbeit gebraucht werden, nimmt sich dieses Kapitel nun vor, das Kontinuum zwischen Standardvarietäten und Nonstandardvarietäten näher zu beleuchten. Standard varietät macht dabei, im Gegensatz zu Standard sprache deutlich, dass keine wertende Abfolge in dem zu beschreibenden Kontinuum aufgemacht wird. Der Begriff Nonstandardvarietäten soll deutlich machen, dass sich diese Arbeit mit Varietäten befasst, welche innerhalb der Sprachlandschaft einer Nation auftauchen und nicht um Varietäten, welche grenzübergreifend in anderen Staaten als Standardsprache gelten (vgl.: Ammon 2004:31).

Wie schon im letzten Kapitel beschrieben, lässt sich eine sprachliche Äußerung auf einem Kontinuum darstellen. Die beiden Endpunkte sind dabei die Standardvarietät auf der einen und eine Nonstandardvarietät auf der anderen Seite. Um zu klären, was nun die Standardvarietät einer Sprache von Nonstandardvarietäten unterscheidet, hat Ammon 2004 in einem Aufsatz folgende vier Kriterien vorgeschlagen:

Im Gegensatz zu Nonstandardvarietäten sind Standardvarietäten

a) kodifiziert, d.h. Es gibt für die Sprachkodizes oder -kodexe im Sinne autoritativer Nachschlagewerke für den korrekten Gebrauch. Sie werden

b) förmlich gelehrt, und sie haben

c) amtlichen Status, schon durch die Schule, aber meist darüber hinaus.

Als Folge daraus wird

d) die Einhaltung ihrer Normen kontrolliert von Sprachnormautoritäten von Berufswegen, zu deren Berufsaufgaben die Korrektur von Sprachfehlern gehört, z.B. Lehrer oder Vorgesetzte auf Ämtern.

(Ammon, 2004, S.32)

Man kann also auch von einer normierten Varietät sprechen, wenn man die Standardvarietät einer Sprache beschreiben möchte. Die normsetzenden Instanzen stehen in einem sozialen Kräftefeld zueinander. Normautoritäten, Sprachkodexe, Modellsprecher/innen bzw. Modellschreiber/innen und Sprachexperten/ Sprachexpertinnen setzen zusammen die Normen und bedingen bzw. kontrollieren sich dabei gegenseitig (vgl.. Ammon 2004:32f.).

Die einzelnen Instanzen haben unterschiedliche Aufgaben im Normierungsprozess. Modellsprecher/innen bzw. Modellschreiber/innen produzieren zum Beispiel sprachliche Äußerungen und Modelltexte, auf die sich Lehrer/innen, als eine Form von Normautoritäten, bei Korrekturen berufen können. Ähnliches gilt für Sprachkodexe. Sie sind Nachschlagewerke, auf die sich die Sprachgemeinschaft bei Uneinigkeit über korrekten Sprachgebrauch, sowohl schriftlichen, als auch mündlichen, berufen können (dabei ist natürlich nicht ausgeschlossen, dass es auch zu sprachlichen Zweifelsfällen kommen kann). Schließlich wirken auch die Sprachexperten und Sprachexpertinnen als Linguisten und Linguistinnen mit, welche beim Erstellen, Rezensieren und neu Auflegen von Kodizes, wie zu Beispiel dem Duden, mit helfen und auf die sich ebenfalls berufen werden kann (vgl.: ebd.:ff.).

Im Unterschied zur förmlichen Normiertheit von Standardvarietäten sind Nonstandardvarietäten wie zum Beispiel Dialekte eher informell festgesetzt (vgl.: ebd.:32). Dieser Unterschied in der Kodifizierung liegt nicht zuletzt auch daran, dass die Standardvarietät eher schriftlich eingesetzt wird und hier eine Normierung besser zu leisten ist, als im vorwiegend mündlichen dialektalen Sprachgebrauch (vgl.: Schwittalla 2012: 33). Wenn nun die Standardvariation und, in unserem Fall, ein Regiolekt die beiden opponierenden Pole eines Kontinuums bilden, was liegt dann dazwischen? Und wie lässt sich dieses dazwischen fassen?

Löffler bietet als Möglichkeit den in der Linguistik oft verwandten Begriff Umgangssprache an. Zum Verhältnis von Umgangssprache zu Standardvarietät und Dialekt schreibt Löffler: „ Umgangssprache ist dazwischen, teilweise überregional, teilweise normiert und kodifiziert, eher mündlich, aber auch schriftlich“ (Löffler 2004:18). Nun könnte man argumentieren, dass man es sich mit einem solch weitem Begriff sehr einfach macht. Jedoch würden nur noch mehr Begriffe kaum dazu beitragen, die Abgrenzungen zwischen den Varietäten irgendwie zu verfeinern oder zu verschärfen. Vielmehr lässt der Umgangssprachenbegriff, wie auch schon beim Varietätenbegriff, Platz für eigene Aspekte und ermöglicht es Linguisten und Linguistinnen bei Untersuchungen von Sprachrealitäten den Begriff mit eigenen Schwerpunkten zu füllen.

Nachdem wir nun die relevante Terminologie geklärt haben, können wir uns das Kontinuum selbst genauer betrachten. Bei Löffler wird das Kontinuum zuerst als eine Art Stufenfolge dargestellt. Er schreibt selbst, dass sich das Deutsche, so wie jede andere organisch gewachsene Sprache, in keine Abschnitte einteilen lässt, sei es auf der Landkarte, zwischen sozialen Schichten oder Formalitätsgrad der Äußerung. Deshalb scheint es sinnvoller, das Kontinuum ohne trennscharfe Grenzen darzustellen, sodass die einzelnen Sprachwirklichkeiten ineinander übergehen und keine Hierarchie oder Grenze zu erkennen ist (vgl. ebd.:21f.).

Das Kontinuum der Sprachwirklichkeit des Deutschen, so wie ich es in dieser Arbeit annehme, ist also eine Art durchgehender Strang, auf dem wir nun unsere bereits geklärten Begriffe anbringen können. Dabei steht auf der einen Seite das kodifizierte und normierte Standarddeutsch, auf der anderen Seite ein Dialekt. Dazwischen können entweder stärkere oder schwächere dialektale Äußerungen verortet werden oder auch Sprachäußerungen, welche nicht direkt dem Dialekt zu zuordnen sind, aber auch nicht dem Standarddeutschen entsprechen, z.B. Umgangssprache, Funktiolekte oder Fachsprache.

2.2) Untersuchen des Kontinuums

2.2.1) Bewegung auf dem Kontinuum

Menschen sprechen mehr als nur eine Variation einer Sprache. Meist lernen sie im Kindesalter zuerst eine regionale Varietät des Deutschen und erst später in der Schule dann die normierte Standardvarietät. Da jeder Mensch auf eine ganz unterschiedliche Art und Weise und in ganz unterschiedlichen Milieus sozialisiert wird, spricht jeder unterschiedlichste Varietäten einer Sprache. Diese Spanne zwischen zwei Varietäten lässt sich, wie im vorherigen Kapitel gezeigt, auf einem Kontinuum darstellen. Je nach Gesprächspartner/in, -anlass, -umgebung und Umständen wählt jede/r Sprachbenutzer/in eine andere Art und Weise zu sprechen, teilweise verändern sie sogar im laufenden Gespräch ihre Position auf dem Kontinuum. Dabei entscheiden sich die Sprecher/innen nicht entweder für die Standardvarietät oder für den Dialekt, sondern bewegen sich je nach Anforderung zwischen den Systemen und benutzen sie eher ergänzend, als sich ausschließend (vgl.: Henn-Memmesheimer 1997:53f.).

Für diese Hin- und Herbewegung hat Auer die Begriffe Code-Shifting, Code-Switching und Code-Fluktuation geprägt, welche im Folgenden näher beleuchtet werden sollen.

2.2.2) Code-Shifting, Code-Switching und Code-Fluktuation

Mit diesem Unterkapitel möchte ich die Terminologie klären, bevor ich in einem nächsten Schritt die Einbettung in diese Arbeit vornehme.

Auer beschreibt mit seiner Trias aus Code-Shifting, Code-Switching und Code-Fluktuation Bewegungen eines Sprechers auf einem Kontinuum zwischen Standardvarietät und Nonstandardvarietät. Zunächst zu den beiden letzteren Begriffen. Mit dem Begriff Code-Fluktuation meint Auer eine ständige Bewegung, die bei jedem Sprecher/ jeder Sprecherin bei jeder Äußerung zu beobachten ist. Dabei lässt sich die Fluktuation aber keiner funktionalen Handlungswahl zuordnen und zeugt eher von der allgemeinen Varietätenbreite des Sprechers/ der Sprecherin. Deshalb ist sie für die linguistische Forschung aber nicht uninteressant. Mittels der Code-Fluktuation lassen sich Rückschlüsse auf die Bandbreite ziehen, in der sich ein/e Sprecher/in auf dem Kontinuum zwischen Standardvarietät und Nonstandardvarietät bewegt (vgl.: Auer 1986:119).

Bei Code-Shifting und Code-Switching kommen ähnliche Mechanismen zum Tragen, sie unterscheiden sich jedoch in der Art des Auftretens. Bei beiden werden sprachliche Parameter vom Sprecher/ von der Sprecherin verschoben. Beim Code-Shifting geschieht dies als kontinuierliche Bewegung auf dem Standard-Nonstandardkontinuum. Dabei kann die Richtung variieren und stetig wechseln (vgl.: ebd:97f.). Beim Code-Switching wechselt der Sprecher/ die Sprecherin mehrere Parameter, wie zum Beispiel Syntax, Phonetik und Lexik, in eine Richtung des Kontinuums. Dies kann sogar innerhalb eines Syntagmas passieren.

Beide Phänomene zeugen von einer funktionalen Handlungswahl. Das heißt, dass die Sprecher/innen ihre Sprachwahl bewusst oder auch unbewusst an die Situation anpassen. So können zum Beispiel mit einer dialektnäheren Ausdrucksweise bestimmte Ziele besser verfolgt werden, als andere. Dieser Punkt wird beim späteren methodischen Vorgehen in Kapitel 4.3 noch relevant.

3.) Sprache in der Politik

Nachdem wir nun eine sprachwissenschaftliche Basis für die empirische Studie gelegt haben, muss noch die Rolle von Sprache in der Politik geklärt werden. Da die Studie sich mit der funktionalen Sprachwahl von Politikern/Politikerinnen beschäftigt, ist es wichtig, sich der Bedeutung eben dieser Sprachwahl bewusst zu werden. Vor allem bei Berufspolitikern/Berufspolitikerinnen kann davon ausgegangen werden, dass sie rhetorisch geschult sind und darauf achten, was sie wie von sich geben. Mit dieser Grundannahme können Kategorien gebildet werden, mit denen Bewegungen auf dem Standard-Nonstandardkontinuum mit Absichten und Intentionen des Politikers/ der Politikerin in Verbindung gebracht werden können.

Aber zunächst zum Fundament weiterer Überlegungen, um von dort aus weiter aufzubauen. Verfolgt man die Lehrmeinungen über Zusammenhänge von Sprache und Politik zurück, gelangt man zu zwei recht unterschiedlichen tradierten Thesen.

[...]

Ende der Leseprobe aus 27 Seiten

Details

Titel
Code-Shifting im Standard-Nonstandard-Kontinuum bei sprachlichen Äußerungen in der Politik
Hochschule
Universität Koblenz-Landau
Note
1.3
Autor
Jahr
2018
Seiten
27
Katalognummer
V445099
ISBN (eBook)
9783668840393
ISBN (Buch)
9783668840409
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Transkription Politolinguistik Soziolinguistik Linguistik Sprachwissenschaft angewandte Auer Politikwissenschaft
Arbeit zitieren
Marius Heil (Autor:in), 2018, Code-Shifting im Standard-Nonstandard-Kontinuum bei sprachlichen Äußerungen in der Politik, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/445099

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