„Ich glaube, dass die Nation als solche vernichtet werden muss.“ Mit diesen Worten äußerte sich Generalleutnant Lothar von Trotha zu seiner Vorstellung des weiteren Vorgehens gegen die Stämme der Herero, die am 11. August 1904 in der Schlacht am Waterberg von den deutschen Schutztruppen geschlagen wurden. Was im Januar desselben Jahres als für die damalige Zeit nicht ungewöhnlicher Kolonialkrieg seinen Ursprung hatte, nahm in der Folgezeit die Züge eines Völkermords, begangen an den Herero und den Nama, an, der ca. 80.000 Menschen in den Tod riss und die gesellschaftlichen und ökonomischen Strukturen der indigenen Bevölkerung Namibias auf lange Sicht veränderte.
Die Tatsache, dass die deutsche Besatzung in Südwestafrika in einer solch humanitären Katastrophe mündete, war sicherlich nicht vorauszusehen. Doch lassen sich in den Jahren zuvor, in denen Theodor Leutwein als Kolonialgouverneur in Deutsch-Südwestafrika eingesetzt war, Tendenzen und Prozesse erkennen, die auf einen Zusammenschluss und Aufstand der indigenen Stämme schließen lassen. Als Leutwein im Jahre 1894 seinen Dienst in der Kolonie antrat, hatte er von Seiten der Reichsregierung den Auftrag bekommen, den deutschen Herrschaftsanspruch gegenüber der indigenen Bevölkerung durchzusetzen und zu manifestieren, wobei er stets darauf achten sollte, die finanziellen Mittel möglichst gering zu halten.
Dabei konnte er auf die lediglich 340 Mann starke Schutztruppe als exekutives Organ zurückgreifen, die in Relation zu der indigenen Bevölkerungsanzahl – die Angehörigen der verschiedenen Stämme summierten sich annähernd auf 250.000 – verschwindend gering anmutete und mit der er die ihm vorgeschriebene Politik nicht durchsetzen konnte. Mit der indigenen Bevölkerung bestanden bis dato nur vereinzelt Schutzverträge und
die Machtverhältnisse im Land wurden durch den stets latent vorhandenen Widerstand der verschiedenen Stammeshäuptlinge bestimmt, der sich allerdings aufgrund der vorkolonialen Rivalitäten zu keinem gemeinsamen Widerstand formieren konnte.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Deutsch-Südwestafrika in der Zeit vor Theodor Leutwein
- Kolonialpolitik unter Bismarck in Bezug auf Deutsch-Südwestafrika
- Die Situation im Schutzgebiet 1894
- Leutweins Zeit im Schutzgebiet
- Herrschaftserrichtung
- Herrschaftssicherung
- Die deutschen Siedler
- Schlussbetrachtung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die Gründe für den Aufstand der Herero und Nama gegen die deutsche Kolonialherrschaft in Deutsch-Südwestafrika zwischen 1894 und 1904. Dabei wird die Rolle des Gouverneurs Theodor Leutwein und seiner Politik zur Machtgewinnung und -stabilisierung im Vordergrund stehen.
- Die Kolonialpolitik Bismarcks in Bezug auf Deutsch-Südwestafrika
- Die Situation im Schutzgebiet vor Leutweins Amtsantritt, insbesondere die Rolle der Herero und Nama
- Die Machtstrukturen in Deutsch-Südwestafrika unter Leutwein, einschließlich der Schutzverträge und der deutschen Siedlungspolitik
- Die Ursachen für den Aufstand der Herero und Nama
- Die Verantwortung von Gouverneur Leutwein für die Eskalation der Konflikte
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt die Situation in Deutsch-Südwestafrika im Jahr 1904 dar und skizziert den Kontext des Völkermords an den Herero und Nama. Sie erläutert die besondere Bedeutung der Amtszeit Theodor Leutweins und die politischen und sozialen Prozesse, die zum Aufstand führten.
Das zweite Kapitel behandelt die Entwicklung Deutsch-Südwestafrikas vor Leutweins Ankunft. Es beleuchtet die Kolonialpolitik unter Bismarck, die Situation im Schutzgebiet 1894 und die Rolle der Herero und Nama.
Kapitel drei fokussiert auf die Zeit Leutweins als Gouverneur. Es analysiert seine Strategien zur Machtgewinnung und -stabilisierung, die Schutzverträge und die Folgen für die Herero und Nama.
Kapitel vier untersucht den Aufstieg der deutschen Siedler und deren Einfluss auf die Spannungen im Land.
Schlüsselwörter
Deutsch-Südwestafrika, Theodor Leutwein, Herero, Nama, Kolonialpolitik, Schutzverträge, Machtstrukturen, Siedlungspolitik, Aufstand, Verantwortung, Völkermord.
- Citation du texte
- Henning Isenberg (Auteur), 2014, Die "Eingeborenenpolitik" im System Leutwein. Grundsteinlegung für den Hereroaufstand von 1904?, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/446899