Die Vereinbarkeit von Smart Contracts mit dem deutschen Rechtssystem


Tesis (Bachelor), 2018

63 Páginas, Calificación: 1,0


Extracto


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

A. Einleitung
I. Kontext
II. Motivation
III. Fragestellung
IV. Aufbau

B. Technologische Grundlagen
I. Blockchain-Technologie
1. Eigenschaften
a) Dezentralität
b) Manipulationssicherheit
c) Transparenz
2. Grenzen der Blockchain
II. Bedeutende Blockchains
1. Bitcoin-Blockchain
2. Ethereum-Blockchain

C. Smart Contracts
I. Definition
II. Vertragsschluss
1. Vertragsrecht
a) Vertragsfreiheit
b) Voraussetzungen zum Vertragsschluss
c) Vertragsform
2. Vertragsschluss von Smart Contracts
a) Automatisierte Systeme
b) Autonom agierende Systeme
3. Zwischenergebnis
4. Darstellung des Vertragsschlusses in der Blockchain
III. Vertragstypen
IV. Vertragsabwicklung
V. Orakel
VI. Problematiken bei Smart Contracts
1. Vertragssprache
2. Form
3. Unwirksamkeitsgründe
4. Auslegung / Wertungsfragen
5. Minderjährigenschutz
6. Durchsetzung von Ansprüchen
7. Datenschutz
8. Identitätsnachweis
9. Anerkennung
10. Anwendbares Recht
VII. Haftung bei Fehlern
VIII. Rechtliche Wirksamkeit
IX. Automatische Einleitung von Schiedsstellenverfahren / Gerichtsverfahren
X. Unerlaubte Rechtsberatung
XI. Regulierung von Smart Contracts

D. Fazit

Literaturverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: The Technology Stack

Abbildung 2: Verteilte (links) und zentrale (rechts) Netzstruktur

Abbildung 3: Verteiltes Peer-to-Peer-Netz

Abbildung 4: Bestandteile eines Blocks

Abbildung 5: Ablauf einer Bitcoin-Transaktion

Abbildung 6: Vertragsabwicklung am Beispiel eines Autokaufs

Abkürzungsverzeichnis

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

A. Einleitung

I. Kontext

Die neuen Technologien, welche die digitale Transformation mit steigender Geschwindigkeit voranschreiten lassen, gewinnen an Reife. In den Innovationszentren der Welt stellen sie die Werkzeuge der Gründer dar, die sie zusammenfügen, um neue Geschäftsmodelle zu schaffen, mit disruptiven Folgen für die bestehenden. Eine dieser Technologien heißt Blockchain (zu dt. Blockkette).

Die Blockchain hat das Potenzial, die Verwaltung und Speicherung von Daten zu dezentralisieren. Diese Aufgabe wird derzeit häufig einem neutralen, vertrauenswürdigen Intermediär anvertraut, welcher entsprechend dafür entlohnt wird. In Zukunft kann sie von einem System mit Hilfe der Blockchain übernommen werden, was dazu führt das der Intermediär mitunter obsolet wird.

Dieses Potenzial ist im Informationszeitalter von gewaltiger Bedeutung. Das IT- Marktforschungsunternehmen Gartner ist der Ansicht, dass langfristig die Blockchain -Technologie zu einer Umgestaltung ganzer Branchen führen wird.1

Ähnlich wie das Internet, stellt die Blockchain eine Grundlage - Plattform - für Anwendungsfälle verschiedenster Art dar. Neben der Pflege eines Distributed Ledger (Verteiltes Kontenbuch) für jegliche Arten von Vermögenswerte, ermöglicht sie auch die Ausführung von Smart Contracts (Intelligente Verträge). Damit offeriert die Blockchain einen völlig neuen Grad von Automatisierung in den Alltag der Menschen zu implementieren.

Smart Contracts sind kleine Computer-Programme, deren zwingende Ausführung an vorher definierte Bedingungen gebunden ist. Dies erlaubt es Verträge vollständig digital abzuschließen und deren Ausführung sicherzustellen.

Damit können Smart Contracts nicht zuletzt das Rahmenwerk für die Verschmelzung der virtuellen und physischen Welt darstellen, wenn Sie die Wege bestimmen, wie im Internet of Things autonom agierende Geräte Geschäfte miteinander abwickeln.

Aus diesen neuen, digitalen Möglichkeiten ergeben sich offensichtlicher Weise völlig neue vielfältige juristische Fragestellungen.

II. Motivation

Die Digitalisierung verändert auch das Recht und somit die Tätigkeit der Juristen. Es sind neue Kompetenzen gefragt, um die neuen Fragestellungen adäquat beantworten zu können. Die aktive Mitgestaltung dieser Zukunft durch die Juristen selbst ist dabei essentiell. Hierzu bedarf es den Mut, sich mit unbekannten und ungewissen Themengebieten auseinanderzusetzen.

Immer mehr Unternehmen verschiedenster Branchen beschäftigen sich mit den neuen Technologien und forschen, wie sie diese effizient in ihre Geschäftsprozesse integrieren können. Dies geschieht insbesondere in der Finanzbranche, die hierbei wohl bekanntesten Zusammenschlüsse sind: Blockchain Insurance Industry Initiative (B3i) und R3 (Bankenkonsortium). In der Rechtsbranche ist die Integrierung dieser neuen Technologie noch am Anfang.2 Um so wichtiger ist es deshalb die Potenziale zu erforschen und künftig den Arbeitsablauf dementsprechend zu modifizieren.

Welche rechtlichen Rahmenbedingungen müssen von Smart Contracts erfüllt werden und an welchen Stellen müssen möglicherweise Änderungen oder Ergänzungen im Rechtssystem vorgenommen werden, damit Smart Contracts rechtskonform sind?

Der Fokus dieser Arbeit liegt auf der Einordnung der Smart Contracts ins deutsche Rechtssystem und wie diese grundsätzlich zu den Prinzipien des deutschen Rechtsystems stehen.

III. Fragestellung

Daher wird folgende Fragestellung in dieser Arbeit erörtert:

Sind Smart Contracts mit dem deutschen Rechtssystem vereinbar?

Diese Frage ist abschließend noch nicht beantwortet und in der Literatur umstritten. Nach einer Literaturrecherche werden die unterschiedlichen Ansichten zum Vertragsschluss von Smart Contracts gegenübergestellt und analysiert. Dabei werden die Smart Contracts hauptsächlich auf die Vereinbarkeit mit dem

Vertragsrecht im deutschen Rechtssystem geprüft. Zudem werden weitere Rechtsgebiete und Rechtsstatuten, die mit Smart Contracts in Berührung kommen allgemein bewertet - dabei aber nicht tiefgehend analysiert -, um letztlich ein rechtliches Gesamtbild der Smart Contracts abbilden zu können.

IV. Aufbau

Im folgenden Kapitel werden die technologischen Grundlagen der Blockchain, auf denen Smart Contracts basieren, erläutert. Die bekanntesten Blockchain Plattformen sind die Bitcoin-Blockchain und Ethereum-Blockchain, die ebenfalls beschrieben werden.

Im dritten Kapitel werden die rechtlichen Aspekte von Smart Contracts im Hinblick auf den Vertragsschluss, den Vertragstyp, und die Vertragsabwicklung durchleuchtet und die Vereinbarkeit zum deutschen Rechtssystem bewertet. Die bestehenden juristischen Problematiken bei Smart Contracts sowie die grundlegende Haftung, die rechtliche Wirksamkeit, die automatische Einleitung von Schiedsverfahren bzw. Gerichtsverfahren, die unerlaubte Rechtsberatung und die Regulierung von Smart Contracts ergeben ein Gesamtbild der aktuellen rechtlichen Stellung von Smart Contracts.

Abschließend werden die wichtigsten Punkte zusammengefasst, die zentrale Fragestellung der Arbeit beantwortet und die aufgeführten Ansichten kritisch bewertet. Mit dem anknüpfenden Ausblick werden Anregungen für das ausgearbeitete Thema gegeben.

B. Technologische Grundlagen

I. Blockchain-Technologie

Eine einheitlich anerkannte Definition der Blockchain existiert bisher nicht. Das erste Mal wurde der Begriff im Jahre 1976 in einem Patent genannt. Demnach sind Blockchains „fälschungssichere, verteilte Datenstrukturen ohne zentrale Instanz, in denen Transaktionen in der Zeitfolge protokolliert und nachvollziehbar sind“.3

Eine Blockchain zeichnet sich durch die folgenden wesentlichen Eigenschaften aus:4

- Dezentralität: Durch eine dezentrale Koordinierung in einer verteilten Datenstruktur ist eine zentrale Instanz nicht mehr erforderlich.
- Manipulationssicherheit: Aufgrund von kryptographischen Verfahren ist die Manipulation von Transaktionen praktisch unmöglich.
- Transparenz: Jeder berechtigte Teilnehmer hat jederzeit die Möglichkeit alle Transaktionen einzusehen.

Diese Eigenschaften werden durch die innovative Verknüpfung von verschiedenen bereits bekannten Technologien erreicht, welche in der folgenden Abbildung veranschaulicht sind:5

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: The Technology Stack (nach Glatz in: Breidenbach/Glatz, 2018, S. 62)

In den folgenden Kapiteln wird auf die Eigenschaften im Detail eingegangen.

1. Eigenschaften

a) Dezentralität

Die Dezentralität ist eines der wichtigsten Grundelemente der Blockchain.6 Sie ist sowohl in der technischen Infrastruktur als auch der steuernden Organisation begründet. Durch die Dezentralität wird das Risiko eines Systemausfalls niedriger und ist damit zuverlässiger als ein zentrales System. Die Dezentralität wird durch folgende Elemente erreicht.

Die technische Infrastruktur der Blockchain wird durch ein Netzwerk von Einzelcomputern - den Teilnehmern - gebildet. Es handelt sich also um eine verteilte Netzstruktur, die sich darüber auszeichnet, dass alle Teilnehmer ohne eine zentrale Stelle miteinander verbunden sind. Dem gegenüber steht die zentrale Netzstruktur, in der inmitten der einzelnen Teilnehmer eine zentrale Stelle zwischengeschaltet ist, welche die Koordinierung und Kontrolle des Systems übernehmen kann.7

Die beiden beschriebenen Netzstrukturen sind in folgender Abbildung dargestellt:8

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 2: Verteilte (links) und zentrale (rechts) Netzstruktur (nach Drescher, 2017, S. 31)

Die Netzstruktur einer Blockchain ist nicht zwangsläufig eine verteilte Struktur, auch verschiedenste Mischformen sind möglich.9 Dabei hat die implementierte Struktur Auswirkungen auf den tatsächlichen Grad der Dezentralisierung und somit auch auf einen eventuell benötigten Intermediär.

Die steuernde Organisation in einem verteilten System ohne zentrale Stelle ist dezentral, denn die Steuerung und Koordinierung des Systems wird von den

einzelnen Teilnehmern selbst übernommen.10 Damit eine Koordinierung zwischen den einzelnen Teilnehmern funktioniert, müssen diese miteinander kommunizieren können.11 Dies wird durch ein Peer-to-Peer-Netz, das eine spezielle Form der verteilten Netzstruktur ist, ermöglicht.

Das Peer-to-Peer-Netz besteht aus einzelnen Knoten (Einzelcomputer), die sich über das Internet gegenseitig Berechnungsressourcen zur Verfügung stellen. Zu den Berechnungsressourcen gehören z.B. die Speicherkapazität, Verarbeitungsleistung oder Informationsverteilung.12 Dabei agiert jeder Teilnehmer gleichzeitig als Nutzer sowie Bereitsteller der Ressourcen.13 Die Struktur des verteilten Peer-to- Peer-Netzes ist in folgendem Schaubild skizziert:

Abbildung 3: Verteiltes Peer-to-Peer-Netz (Quelle: Eigene Darstellung)

Zusammen bilden die Teilnehmer in einem verteilten Peer-to-Peer-Netz das gesamte verteilte System ab, ohne eine vorhandene zentrale Koordinierungsstelle.14

Jeder dieser Teilnehmer hält eine vollständige Kopie aller Daten der Blockchain.15 Die Daten werden also nicht zentral gespeichert. Dadurch ist das Risiko eines Systemausfalls sehr niedrig, denn bei einem Verlust eines einzelnen Teilnehmers wird nicht das gesamte System stillgelegt. Vielmehr verteilen sich dann die benötigten Berechnungs- und Speicherressourcen auf die verbliebenen Teilnehmer.16

Bei der Kommunikation der Teilnehmer werden Daten ausgetauscht. Beim Datenaustausch besteht die Gefahr eines missbräuchlichen Datenzugriffs. Nicht nur dem Datenschutz ist hier Rechnung zu tragen, sondern auch einer möglichen Datenmanipulation ist entgegen zu wirken. Da es keine zentrale Stelle gibt, ist ein Mechanismus erforderlich, mit dem die Richtigkeit der Transaktionen bestimmt wird. Im folgenden Unterkapitel wird die Eigenschaft der Manipulationssicherheit erläutert, in der genau diese Sicherheitsbelange berücksichtigt werden.

b) Manipulationssicherheit

Mit Hilfe des Konsens-Algorithmus können die Teilnehmer des Netzwerks auf die Richtigkeit der Informationen vertrauen. Durch die Replikation der Daten auf jedem Einzelcomputer hat jeder Teilnehmer jederzeit Einsicht in die gesamte Transaktionshistorie. Wenn neue Transaktionen in die Blockchain geschrieben werden, müssen diese validiert werden.17 Die Teilnehmer der Blockchain überprüfen durch einen Abgleich mit der Transaktionshistorie die zu validierende Transaktion. Die Transaktion wird als valide bewertet, wenn die aktuelle Transaktion nicht im Widerspruch zur Transaktionshistorie steht. Die Teilnehmer, die Transaktionen validieren, werden als Miner bezeichnet. Die Gesamtheit der einzelnen validierten Transaktion durch die Miner bilden einen gemeinsamen Konsens. Erst durch diesen gemeinsamen Konsens gilt die Transaktion als richtig und wird in der Blockchain als solche gespeichert. Wenn eine Transaktion einmal als richtig anerkannt wurde, dann kann sie zukünftig nicht mehr verändert werden.18

Damit ein stabiler Konsens sichergestellt werden kann, müssen die Teilnehmer sich an festgelegte Mehrheitsregeln halten. Die Einhaltung der Regeln wird durch das Nash-Gleichgewicht ermöglicht. Von dem Mathematiker John F. Nash wurde dieses spieltheoretische Prinzip aufgearbeitet und zudem mit einem Existenznachweis belegt.19 In einem Nash-Gleichgewicht lohnt es sich für den einzelnen Spieler in einem nicht-kooperativen Spiel nicht, von seiner Strategie abzuweichen.20

In der Blockchain wird dies durch einen finanziellen Anreiz für die Miner sichergestellt. Sie werden dazu motiviert, ihre Berechnungsressourcen dem

Netzwerk bereitzustellen, um dafür eine Belohnung zu erhalten. Wenn ein bösartiger Miner das Netzwerk mit einer falschen Transaktion angreifen möchte, muss dieser erstmal in der Lage sein, mehr Rechenleistung aufzubringen als alle ehrlichen Miner zusammen. Darüber hinaus hat er den gleichen Aufwand, wie bei einer richtigen Transaktion, für die er eine Belohnung erhält, zu erbringen. Sich an die Regeln zu halten ist für ihn schon alleine deshalb profitabler, da er mit einem Betrug das System untergräbt und damit auch sein eigenes Vermögen vernichtet.21 Dadurch hat jeder Miner selbst das Interesse, dass die Funktionsfähigkeit des Netzwerks nicht beschädigt wird.

Bei der Leistungserbringung der Miner werden die neuen Transaktionen nach erfolgreicher Validierung in einem Block zusammengefasst und anschließend an die Transaktionshistorie angehängt, daher kommt der Name Blockchain (zu dt. Blockkette). In diesem Block werden zusätzliche Daten hinterlegt, nämlich ein Zeitstempel, ein Verweis auf den vorherigen Block (Prev Hash - Identifikationsnummer des vorherigen Blocks) und arbiträre Daten, in denen der Hashwert des Blocks erstellt wird (Nonce).22 Die Bestandteile eines Blocks sind in folgendem Schaubild dargestellt:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 4: Bestandteile eines Blocks (Quelle: Nakamoto, 2008, S. 3)

Der Hashwert ist eine mathematische Abbildung einer größeren Datenmenge in eine kleinere. Er dient als digitaler Fingerabdruck oder auch Identifikationsnummer z.B. Blockidentifikationsnummer. Die verwendete Hashfunktion in der Blockchain ist zudem kryptographisch, damit bestimmte gezielte Hashwerte nicht erzeugt werden können. Ebenfalls ist es nicht möglich, mit dem Hashwert auf die vorherige Datenmenge zurückzuschließen.23

Der Hashwert wird durch eine vom System bestimmte Anzahl von Nullen und einer zu findenden Kombination von Zufallszahlen (Nonce) generiert. Die Miner versuchen einen passenden Hashwert, durch ständiges Ausprobieren verschiedenster Zahlenkombinationen, für den Block zu finden. Dieses Finden einer passenden Zahlenkombination wird Proof-of-Work genannt. Wenn ein qualifizierter Hashwert errechnet wurde, beweist der Miner mit der Bekanntmachung des Hashwertes, wie viel Rechenleistung für die Berechnungen aufgewendet wurde, daher auch der Name Proof-of-Work (zu dt. Arbeitsnachweis).24

Infolge der Abhängigkeit der Blöcke voneinander führt eine Veränderung eines Blocks zur Unterbrechung der Kette. Durch die Veränderung des Blocks wird eine neue Blockidentifikationsnummer (Hashwert) generiert. Da der Folgeblock noch die alte Blockidentifikationsnummer referenziert, muss auch dieser Block angepasst werden, wodurch wieder eine neue Blockidentifikationsnummer entsteht. Deshalb muss bei einer Änderung eines einzigen Blocks die gesamten Blöcke in der Kette mit angepasst werden. Je länger die Blockkette ist, um so aufwendiger ist es, einen Block in der Kette zu verändern. Daher ist eine Manipulation der Blockkette aufgrund der erforderlichen Rechenleistung nicht rentabel.25

Wenn es zu einem Sachverhalt mehrere Ketten in der Blockchain gibt, gilt die Kette als die „Richtige“, in der am meisten Rechenaufwand investiert wurde, denn letztlich ist diese am Aufwändigsten zu fälschen. Mit Hilfe des oben beschriebenen finanziellen Anreizes für die Miner wird die Kette der ehrlichen Miner am schnellsten wachsen und alle Ketten der bösartigen Miner abhängen.26

Durch diese implementierten Konsens-Mechanismen (Proof-of-Work und Hashing) ist die Blockchain manipulationssicher.

c) Transparenz

In der Blockchain können alle Transaktionen von den Teilnehmern eingesehen werden und sind somit für alle transparent. Dies ist auch erforderlich, um die oben beschriebenen Konsens-Mechanismen auszuführen.

Im Vergleich dazu ist bei einem System mit einem Intermediär der Zugriff auf die Informationen in der Datenbank auf diese vertrauenswürdige dritte Person und den beteiligten Parteien beschränkt. In der Blockchain wird durch eine Unterbrechung des Informationsflusses die Anonymität der Teilnehmer hergestellt. Die Transaktionen sind alle öffentlich einsehbar, jedoch ohne die Angabe von personenbezogenen Daten, das heißt von außen ist nicht klar erkennbar, welche Personen an der Transaktion beteiligt sind.27

Technisch wird dies mit Hilfe von asymmetrischer Verschlüsselung umgesetzt. Bei der asymmetrischen Verschlüsselung gibt es zwei Schlüssel, einen privaten und einen öffentlichen, zum Ver- und Entschlüsseln der Daten. Der öffentliche Schlüssel (Public Key) kann öffentlich bekannt gegeben werden, beispielsweise durch Veröffentlichung im Internet oder Mitteilung an einen Geschäftspartner. Er wird zum Verschlüsseln der Daten benutzt. Der private Schlüssel (Private Key) dagegen ist geheim zu halten und wird zum Entschlüsseln der Daten benutzt, kann aber auch als elektronische Signatur verwendet werden. In einem Schlüsselpaar kann aufgrund seiner mathematischen Eigenschaft der öffentliche Schlüssel vom privaten Schlüssel abgeleitet werden. Andersherum ist eine Ableitung jedoch nicht möglich, um die Geheimhaltung des privaten Schlüssels zu wahren.28

Durch die Verschlüsselung ist auf den ersten Blick nicht erkennbar, welche Personen an der Transaktion beteiligt sind. Wird aber die reale Identität des Schlüssels bekannt, können alle Transaktionen, die mit diesem Schlüssel getätigt wurden, eindeutig dieser Person zugeordnet werden.29

Die Information kann mit dem privaten Schlüssel signiert werden. Anschließend kann mit dem dazugehörigen öffentlichen Schlüssel überprüft werden, ob tatsächlich der Eigentümer des privaten Schlüssels die Information signiert hat. Dadurch können die elektronischen Signaturen als Legitimationsprüfung für Transaktionen genutzt werden.30 Hierbei handelt es sich jedoch nicht um eine fortgeschrittene elektronische Signatur im Sinne von Art. 26 Verordnung (EU) Nr. 910/2014, da eine Identifizierung der Person nicht erfolgt.

Aus der asymmetrischen Verschlüsselung ergeben sich also zwei Anwendungsfälle, nämlich die Geheimhaltung der Daten (Teilnehmer können miteinander kommunizieren, ohne dass andere Teilnehmer den Inhalt der Nachricht sehen können) und die elektronische Signatur (Authentizität und Integrität der Nachricht wird sichergestellt).31

Der Grad der Transparenz kann durch eine Beschränkung des Teilnehmerkreises beeinflusst werden. Es wird zwischen zwei Arten von Blockchains unterschieden, den Public Blockchains und den Private Blockchains. Alle Teilnehmer in einer Public Blockchain haben Leserechte und das Recht neue Transaktionen zu erstellen. In einer Private Blockchain sind die Leserechte und das Recht neue Transaktionen zu erstellen auf eine im vorhinein festgelegte Teilnehmergruppe beschränkt.32 Daher ist die Transparenz in einer Private Blockchain bedeutend geringer als in einer Public Blockchain.

2. Grenzen der Blockchain

Durch die Offenheit der Blockchain und das Nichtvorhandensein einer zentralen Koordinierungsstelle entstehen Grenzen für die Einsatzmöglichkeiten der Blockchain.33

Die wesentlichen Grenzen der Blockchain sind folgende:34

- Fehlender Datenschutz: Die Teilnehmer der Blockchain können die gesamte Transaktionshistorie einsehen. Die Pseudonymität ermöglicht lediglich einen sehr geringen Grad an Datenschutz, denn sobald bekannt wird, welche Person hinter dem Schlüssel tatsächlich steht, können ihr die gesamten getätigten Transaktionen zugeordnet werden.
- Asymmetrische Verschlüsselungsverfahren: In der Blockchain ist die elektronische Signatur die einzige Möglichkeit der Legitimationsprüfung. Wenn der private Schlüssel, mit dem die elektronische Signierung getätigt wird, in die Hände von einer anderen Person als dem rechtmäßigen Eigentümer fällt, existiert kein weiterer Sicherheitsmechanismus, der die Legitimität anderweitig überprüft.
- Reduzierte Verarbeitungsgeschwindigkeit: Aufgrund des implementierten
Konsens-Mechanismus, der die zeitaufwändige Berechnung des Hashwertes beinhaltet, dauert die Verarbeitung einer Transaktion relativ lange.
- Kosten: Das Finden eines qualifizierten Hashwertes ist sehr rechenintensiv, dadurch entstehen hohe Berechnungskosten.
- Verborgene Zentralität: Die Berechnungsintensivität führt zu einer verborgenen Zentralität, da finanzstarke Miner in eine spezielle Hardware investieren können, um das Finden eines qualifizierten Hashwertes für sie einfacher und damit lohnenswerter zu machen. Deshalb ist es für die finanzschwachen Miner, die keinen Zugriff auf solch eine spezielle Hardware haben, nicht mehr lohnenswert Berechnungen durchzuführen. Die Folge ist ein kleiner Kreis von Minern, die sich zusammenschließen könnten, um Transaktionen zu manipulieren.
- Anerkennung: Die Wichtigkeit der gesellschaftlichen Anerkennung der Blockchain ist nicht zu unterschätzen. Ohne das Vertrauen der Menschen in die neue Technologie und die Akzeptanz von gesellschaftlichen Institutionen, wie z.B. Finanzämter oder Arbeitgeber, wird die Blockchain nicht eine vergleichbare hohe Nutzung wie das Internet erreichen können.

Je nach Anwendungsfall sind diese Grenzen für die Implementierung der Blockchain relevant oder nicht.

II. Bedeutende Blockchains

Zum besseren Verständnis der einzelnen wesentlichen Eigenschaften werden zwei bedeutende Blockchains vorgestellt. Die Bitcoin-Blockchain und die Ethereum- Blockchain sind die zwei größten bestehenden Blockchains.35 Beide gehören zu den Public Blockchains.

1. Bitcoin-Blockchain

Der Grundstein für die Bitcoin - Blockchain wurde 2008, durch den veröffentlichten Aufsatz von einer bislang unbekannten Person mit dem Pseudonym Satoshi Nakamoto, gelegt. Dieser Aufsatz ist eine Anleitung für ein neues elektronisches

Peer-to-Peer-Bezahlsystem, das unmittelbar und ohne vertrauenswürdige dritte Partei funktioniert.36 Die globale Finanzkrise 2008 hatte das Vertrauen der Gesellschaft in zentrale Instanzen und insbesondere in Banken geschädigt.37 Diese Idee, eines Bezahlsystems ohne eine zentrale Instanz, wurde mit dem Hintergrund der Finanzkrise von den Lesern des Aufsatzes mit Begeisterung aufgenommen. Sie haben die Idee letztlich in Zusammenarbeit mit Satoshi Nakamoto (über E-Mail- Verkehr) umgesetzt.38 Die Technologie hinter diesem Bezahlsystem ist die Blockchain -Technologie. Diese Technologie ist vor allem durch den Anwendungsfall Bitcoin bekannt geworden.39

Bitcoin ist die virtuelle Geldeinheit der Bitcoin - Blockchain. Aufgrund der implementierten kryptographischen Elemente gehört Bitcoin zu den Kryptowährungen. Mittlerweile hat die BaFin die virtuellen Währungen den Finanzinstrumenten nach § 1 Abs. 11 S. 1 Nr. 7 2. Alt. KWG unter der Tatbestandsalternative der Rechnungseinheiten zugeordnet.40 Die Bitcoin - Einheiten werden über die Bitcoin - Blockchain bestimmten Personen zugeordnet (wie in einem Kontenbuch).41 Die Teilnehmer der Bitcoin - Blockchain können Bitcoins direkt untereinander handeln, ohne eine zwischengeschaltete Bank dafür zu benötigen.42 Aufgrund der Blockchain -Technologie ist das System, auf dem Bitcoins generiert und gehandelt werden, dezentral, transparent und manipulationssicher.

Eine Bitcoin -Transaktion läuft wie folgt ab:43

1. Als erstes wird vom Sender der Bitcoins ein Schlüsselpaar erzeugt. Der Private Key ist der Zugang zur elektronischen Geldbörse, in der die Bitcoins hinterlegt sind. Der Public Key ist wie die Kontonummer der Geldbörse.

2. Anschließend erstellt der Sender eine Transaktion, in der die Zieladresse (Public Key des Empfängers), der Betrag und die Transaktionsreferenzen (Verweis auf vorherige Transaktionen) enthalten sind. Bevor der Sender die Transaktion dem Empfänger zusendet, wird sie vom Sender mit seinem Private Key signiert. Die Transaktion mit den enthaltenen Daten wird nun mit dem Public Key verschlüsselt und an den Empfänger über die Bitcoin - Blockchain versendet.

3. Der Empfänger kann die elektronische Signatur mit dem Public Key des Senders verifizieren.

In folgender Abbildung ist der beschriebene Ablauf einer Bitcoin -Transaktion skizziert:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 5: Ablauf einer Bitcoin-Transaktion (Nach Madeira; Hrsg. CryptoCompare.com; How do digital signatures in Bitcoin work; 2017; unter: https://www.cryptocompare.com/wallets/guides/how-do-digital-signatures-in-bitcoin-work/ (abgerufen am 20.05.2018))

Damit die Transaktion an die Transaktionshistorie angehängt wird, muss sie wie oben beschrieben (B.I.1.b) von den Minern validiert werden.

2. Ethereum-Blockchain

Die Ethereum-Blockchain wurde Ende 2013 von Vitalik Buterin initiiert. Er war Autor und Mitgründer des Bitcoin Magazine, in dem er einige Artikel über Kryptowährungen veröffentlichte. Mit den Themen Bitcoin und Blockchain hatte er sich daher intensiv beschäftigt und so seine Idee von der Ethereum-Blockchain entwickelt. Seine Vision war es eine neue Blockchain Plattform zu entwickeln, die

[...]


1 Gartner, Inc., Top Trends in the Gartner Hype Cycle for Emerging Technologies, 2017, unter: https://www.gartner.com/smarterwithgartner/top-trends-in-the-gartner-hype-cycle-for-emerging- technologies-2017/ (abgerufen am 13.05.2018).

2 Wagner, 2018, S. 1.

3 Kreiterling/Mögelin, ZfgK 2017, 528. | dazu auch BaFin, Blockchain-Technologie, 2017, unter: https://www.bafin.de/DE/Aufsicht/FinTech/ Blockchain/blockchain_node.html (abgerufen am 20.05.2018).

4 Vgl. Dapp/u.a., Blockchain - Disruption der öffentlichen Verwaltung?, 2017, S. 3, unter: http://www.kas.de/wf/doc/kas_49305-544-1-30.pdf?170622171027 (abgerufen am 15.05.2018).

5 Glatz in: Breidenbach/Glatz, 2018, S. 62.

6 Sixt, 2017, S. 31.

7 Drescher, 2017, S. 30.

8 Drescher, 2017, S. 30 f.

9 Ploom in: Burgwinkel, 2016, S. 123.

10 Drescher, 2017, S. 43.

11 Drescher, 2017, S. 33.

12 Drescher, 2017, S. 42.

13 Tannenbaum, 2008, S. 62.

14 Sixt, 2017, S. 13.

15 Drescher, 2017, S. 43.

16 Drescher, 2017, S. 32.

17 Die zu validierenden Transaktionen können z.B. auf folgender Plattform eingesehen werden https://blockchain.info/de/unconfirmed-transactions (abgerufen am 15.05.2018).

18 Narayanan/u.a., 2016, S. 33.

19 Nash, 1950, S. 48-49.

20 Vgl. Glatz in: Breidenbach/Glatz, 2018, S. 66.

21 Nakamoto, 2008, S. 4, unter: https://nakamotoinstitute.org/static/docs/bitcoin.pdf (abgerufen am

20.05.2018).

22 Nakamoto, 2008, S. 3.

23 Berentsen/Schär, 2017, S. 141.

24 Sixt, 2017, S. 40 f.

25 Sixt, 2017, S. 40.

26 Nakamoto, 2008, S. 3.

27 Nakamoto, 2008, S. 6.

28 Kaulartz, CR 2016, 474, 475.

29 Sixt, 2017, S. 33.

30 Kaulartz, CR 2016, 474, 475.

31 Berentsen/Schär, 2017, S. 145.

32 Drescher, 2017, S. 227.

33 Drescher, 2017, S. 217.

34 Drescher, 2017, S. 217-221.

35 Vgl. CoinDesk, State of Blockchain 2018, unter: https://www.coindesk.com/research/state- blockchain-2018/?slide=16 (abgerufen am 20.05.2018).

36 Nakamoto, 2008, S. 1.

37 Arpe/Döttinger, Hrsg. Bertelsmann-Stiftung, Vertrauen in der Krise, 2009, S. 12, unter: https://www.bertelsmann-stiftung.de/fileadmin/files/BSt/Presse/imported/downloads/ xcms_bst_dms_30532_30533_2.pdf (abgerufen am 14.05.2018).

38 Nakamoto/u.a., Cryptography Mailing List Emails, 2008-2009, unter: https://satoshi.nakamotoinstitute.org/emails/cryptography/ (abgerufen am 14.05.2018).

39 Vgl. BaFin, Blockchain-Technologie, 2017, unter: https://www.bafin.de/DE/Aufsicht/FinTech/ Blockchain/blockchain_node.html (abgerufen am 20.05.2018).

40 BaFin, Virtuelle Währungen/Virtual Currency (VC), 2016, unter: https://www.bafin.de/DE/ Aufsicht/FinTech/VirtualCurrency/virtual_currency_node.html (abgerufen am 20.05.2018).

41 Berentsen/Schär, 2017, S. 49.

42 Burgwinkel, 2016, S. 23.

43 Brühl, Wirtschaftsdienst (Vol. 97) 2017, 135, 136, unter: https://doi.org/10.1007/s10273-017- 2096-3 (abgerufen am 20.05.2018).

Final del extracto de 63 páginas

Detalles

Título
Die Vereinbarkeit von Smart Contracts mit dem deutschen Rechtssystem
Universidad
University of Applied Sciences Frankfurt am Main
Calificación
1,0
Autor
Año
2018
Páginas
63
No. de catálogo
V448589
ISBN (Ebook)
9783668835559
ISBN (Libro)
9783668835566
Idioma
Alemán
Palabras clave
Smart Contracts, LegalTech, IoT, AI, Blockchain, Vertragsrecht, FinTech, DLT, Digitalisierung Recht, Legal Tech, LegalTechnology, Distributed Ledger, Law Technology
Citar trabajo
Jessica Karl (Autor), 2018, Die Vereinbarkeit von Smart Contracts mit dem deutschen Rechtssystem, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/448589

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