Leseprobe
INhaltsverzeichnis
1 Einleitung
2 Kommunikationsmodelle im Portrait
2.1 4-Ohren Modell von Schulz von Thun
2.2 Sender Empfänger Modell
3 Mögliche Problemfelder der Modelle im Rahmen menschlicher Führung
3.1 Kommunikationsprobleme des 4-Ohren Modells für Führungskräfte
3.2 Kommunikationsprobleme des Sender-Empfänger Modells für Führungskräfte
4 Grundsätze der Führungskommunikation
5 Fazit
Literaturverzeichnis
1 Einleitung
Die Bedeutung des Themas Kommunikation ist in den vergangenen Jahrzehnten signifikant gestiegen. Dies gilt für den privaten und insbesondere auch für den beruflichen Bereich. Die Kommunikation in Unternehmen hat sich stark gewandelt und zeichnet heute ein vollkommen neues Bild. Dies wirkt sich auch auf die Führungskräfte von Behörden und Wirtschaftsunternehmen aus: „Das Ende von Befehl und Gehorsam – Führungsaufgaben sind Kommunikationsaufgaben. Der Befund ist nicht neu – an Aktualität mangelt es ihm dennoch nicht.“ (Deekeling/ Barghop 2003: 94). Hier zeigt sich bereits, dass die Kommunikation eine äußerst wichtige Fähigkeit von Führungskräften darstellt. Manche Autoren gehen noch weiter und erklären: „In der wissenschaftlichen Fachliteratur wie auch in den untersuchten Ratgebern herrscht Einigkeit darüber, dass Führung zu großen Teilen aus Kommunikation bzw. kommunikationsintensiven Tätigkeiten besteht“ (Sternberg 2011: 43). An diesem Punkt werden Führungsaufgaben nahezu vollständig auf Kommunikation und solche Tätigkeiten beschränkt, die stark mit der Kommunikation verknüpft sind (ebd.).
Weshalb die Kommunikationsfähigkeit einer Führungskraft einen derart hohen Stellenwert innehat, macht folgendes Zitat deutlich: „Niemand würde heute ernsthaft bestreiten, dass die Qualität der Kommunikation im Unternehmen entscheiden die Wettbewerbskraft bestimmt“ (Schlötter 2006: 7). Letztlich scheint die Kommunikation innerhalb eines Unternehmens über den Erfolg und Misserfolg einer Firma und gegebenenfalls auch einer Behörde zu entscheiden.
In diesem Zusammenhang stellt sich die Frage, ob sich generelle Grundsätze zur Kommunikation von Führungskräften festhalten lassen, welche aus unterschiedlichen Kommunikationsmodellen abgeleitet werden können. Was sollte eine Führungskraft im Rahmen der beruflichen Kommunikation berücksichtigen? Welche Grundsätze der Führungskommunikation lassen sich aus den untersuchten Modellen ableiten?
Um diese Fragen beantworten zu können, sollen im ersten Schritt zwei Kommunikationsmodelle vorgestellt und kurz dargestellt werden. Im zweiten Schritt werden die Problemfelder menschlicher Kommunikation in Bezug auf Führungskommunikation näher betrachtet um anschließend Lösungsansätze zu generieren. Aus diesen Lösungsansätzen sollen Grundsätze der Führungskommunikation abgeleitet werden, welche in einem Fazit zusammengefasst werden.
2 Kommunikationsmodelle im Portrait
In den vergangenen Jahrzenten haben sich eine Vielzahl von Wissenschaftlern mit dem Begriff der Kommunikation beschäftigt und dabei unterschiedliche Theorien entwickelt und optimiert. Inwiefern diese Modelle zu einem besseren Verständnis von Kommunikation führen ist jedoch strittig. Nachfolgend werden zwei Kommunikationsmodelle kurz vorgestellt, um eine anschließende Analyse im Kontext der Menschenführung zu ermöglichen. Die Auswahl wurde aufgrund des Bekanntheitsgrades der jeweiligen Kommunikationsmodelle getroffen (Stahl/Menz 2014: 23).
2.1 4-Ohren Modell von Schulz von Thun
Friedmann Schulz von Thun entwickelte das Vier-Ohren Modell, welches auch als „Vier Seiten einer Nachricht“ bekannt wurde, in den 70er Jahren des 20. Jahrhunderts. Auslöser der Entwicklung war die Bitte eines Hamburger Industrieunternehmens einen „Beitrag zur Kommunikationsfähigkeit der Mitarbeiter“ (Schulz von Thun, 2014: 13) zu leisten. Schulz von Thun entwickelte gemeinsam mit einigen Kollegen das genannte Kommunikationsmodell (ebd. 14).
Das Modell besagt, dass jede von Menschen verbal geäußerte Nachricht eine Aussage auf vier unterschiedlichen Ebenen trifft. Diese Ebenen nennt Schulz von Thun Sachebene, Beziehungsebene, Selbstoffenbarungsebene und Appelebene (ebd. 14f). Im Folgenden werden die einzelnen Ebenen kurz dargestellt.
Die Sachebene einer Nachricht umfasst ausschließlich die inhaltlichen und objektiven Sachinformationen einer Nachricht (Röhner/ Schütz, 2012: 19).
Auf der Ebene der Selbstoffenbarung gibt der Sender Informationen über sich selbst bekannt. Teilweise senden Menschen bewusst Informationen auf der Selbstoffenbarungsebene. Dies lässt sich daran erkennen, dass sie darüber nachdenken, wie sie auf andere wirken und welchen Eindruck sie auf andere machen. Daneben gibt ein Sender auch unfreiwillige Informationen über sich preis, welche aus psychologischer Sicht besonders beachtenswert sind (Schulz von Thun, 2014: 14).
Die dritte Ebene wird als Beziehungsebene bezeichnet und beschreibt den Inhalt einer Nachricht, der durch die Stimmenmodulation und nonverbale Signale eine Aussage über den Empfänger trifft. Viele Menschen hören auf dieser Ebene besonders empfindlich und zeigen gelegentlich eine entsprechende Abwerhaltung. Diese Ebene zeigt wie ein Empfänger vom Sender „behandelt (oder misshandelt).“ (Schulz von Thun, 2014: 30) wird. Obwohl es sich hierbei genau genommen um einen Teil der Selbstoffenbarung handelt, wird er gesonderte betrachtet, weil er nur indirekt Aussagen über den Sender trifft und überwiegend die Beziehung zu dem Gegenüber beschreibt. Die Meinung des Senders über den Empfänger schwingt dabei ebenso mit. Zusammenfasend lässt sich sagen, dass die Selbstoffenbarungsebene Ich-Botschaften des Senders enthält und die Beziehungsebene sowohl Du-Botschaften als auch Wir-Botschaften impliziert (ebd. 30f).
Die Appellebene ist die vierte Ebene und beschreibt eine beabsichtigte Einflussnahme, die sich mehr oder minder verdeckt hinter einer Nachricht verbirgt. Verdeckte Einflussnahmen werden als Manipulationen bezeichnet (Röhner/ Schütz, 2012: 19).
2.2 Sender Empfänger Modell
Claude Shannon und Warren Weaver entwickelten das mathematische Sender-Empfänger-Modell, welches die Kommunikation im Management stark geprägt hat. Es beschreibt die Übermittlung von Informationen und Daten von einem Sender an einen Empfänger. Dabei wird ein sogenanntes Medium bzw. ein Kanal, wie zum Beispiel Luft, Elektrizität oder Papier genutzt. An den Beispielen der vorhandenen Medien wird bereits deutlich, dass sich das Modell ursprünglich nicht auf verbale zwischenmenschliche Kommunikation bezog, sondern eine rein technische Orientierung fand. Dem Modell zufolge erfolgt die Übertragung von Sprache und Daten über einen Kanal, welcher äußerst Störanfällig sein kann. Durch äußere Einflüsse oder Codier- und Decodierfehler des Senders oder des Empfängers können Kommunikationsprobleme entstehen (Stahl/ Menz 2014: 25ff). Das nachfolgende Zitat verdeutlicht die Problematik bei der Datenübermittlung: „Zunächst ist das, was gemeint ist, noch lange nicht gesagt. Die Gedanken beinhalten etwas anderes, meist mehr, manchmal aber auch weniger als das, was gesagt wird. Beim Aussprechen geht in aller Regel etwas verloren“ (Gehm 1997: 33). Derartige Probleme werden im Modell als Rauschen bezeichnet. Auch hier findet sich die technische Komponente wieder. Aufgrund unterschiedlicher Kritikpunkte, wurde das Modell von Osgood und Schramm weiterentwickelt. Statt von einer einseitigen Kommunikation zwischen zwei Parteien auszugehen, beschrieben Osgood und Schramm die Kommunikation als einen Kreislauf. Beide Seiten haben in dieser Erweiterung dieselbe Rolle und gehen nahezu identisch vor. „Sie dekodieren, interpretieren und kodieren, sie senden und empfangen Nachrichten“ (Stahl/ Menz 2014: 27; Gehm 1997: 33). Eine ständige Gleichberechtigung der Gesprächspartner kann insbesondere im Geschäftsleben jedoch bezweifelt werden (Stahl/ Menz 2014: 27). „Allgemein gesprochen muss für erfolgreiche Übermittlung einer Nachricht beidseitige Aufmerksamkeit gegeben sein und die Mitteilung sollte in vorhandenes Wissen integrierbar sein.“ (Röhner/ Schütz, 2012: 17). Auch die Teilnahme einer dritten Partei kann mit diesem Modell nicht vollumfänglich abgebildet werden (Stahl/ Menz 2014: 25ff; Gehm 1997: 33).
3 Mögliche Problemfelder der Modelle im Rahmen menschlicher Führung
Diese Arbeit beschränkt sich aufgrund des festgelegten Umfangs auf die zwei, zuvor erläuterten, Kommunikationsmodelle. In diesem Kapitel sollen Problemfelder im Rahmen der Führungskommunikation aufgezeigt werden, welche auf Grundlage der jeweiligen Kommunikationsmodelle identifiziert werden können.
3.1 Kommunikationsprobleme des 4-Ohren Modells für Führungskräfte
Im Rahmen dieses Modells lässt sich festhalten, dass auf allen vier Seiten einer Nachricht Probleme in der zwischenmenschlichen Kommunikation auftreten können. Eine vollständige Nennung aller Faktoren würde den Rahmen dieser Arbeit übersteigen, sodass exemplarisch einige wenige herausgearbeitet werden.
Das erste Problemfeld stellt bereits die Auswahl der jeweiligen Seite einer Nachricht dar. Der Empfänger entscheidet jeweils selber für sich, welchem Aspekt der Nachricht er die höchste Bedeutung beimisst. Dabei kann er einigen Empfangsfehlern unterliegen, sodass er durch sein eigenes Selbstbild oder durch eine Art des „Schubladendenkens“ über den anderen eine Fehlinterpretation der Nachricht vornimmt. Zudem kann er die Nachricht richtig verstehen, aber weitere Seiten der Nachricht empfangen und falsch auslegen (Schulz von Thun 2014: 63ff). Der Empfänger interpretiert also etwas in die Aussage des Senders auf der Grundlage seiner eigenen Erfahrungen und Glaubenssätze (ebd. 72f). Es handelt sich dabei um einen weit verbreiteten Glaubenssatz, der sich auch in anderen Literaturen im Zusammenhang mit dem genannten Kommunikationsmodell wiederfindet. Dieser Glaubenssatz kann mit „Alle sind wie ich“ umschrieben werden und wird als größter Fehler in der Kommunikation bezeichnet (Sternberg 2011: 72f).
1. „Alle sind wie ich“, Interpretation auf Grundlage der eigenen Situation
Ein weiterer Aspekt, der bereits anklang, stellt die falsche Auswahl der Seite dar, sodass die eigentlichen Informationen vom Empfänger nicht wahrgenommen werden. „Es „beruhen viele Missverständnisse darauf, dass ein Zuhörer auf einen ganz bestimmten Aspekt achtet und dabei den, den der Sender <<eigentlich>> meint, überhört“ (Gehm 1997: 31). Dies hängt häufig auch damit zusammen, dass einige Menschen besonders empfindlich für bestimmte Seiten einer Nachricht sind. So gibt es „beispielsweise Menschen, die in jeder Aussage den >>Appell<< besonders gut >>heraushören<<“ (ebd.). Eine einfache Weitergabe von Informationen an solche Mitarbeiter kann dabei zu unbeabsichtigten Handlungen selbiger führen.
2. Einige Menschen sind besonders empfindsam für bestimmte Seiten einer Nachricht.
Im Rahmen der Luhmanschen Theorie wird festgehalten, dass Menschen als psychische Systeme zu betrachten sind, dessen innere Arbeitsweise von außen nicht steuerbar ist. Die inneren Prozesse können demnach nur gering beeinflusst werden und unterliegen weitestgehend einer Selbstorganisation (Schlötter 2016:37). In Bezug auf das 4 Ohren Modell von Schulz von Thun, ist in diesem Zusammenhang festzuhalten, dass Führungskräfte daran scheitern könnten ihre Mitarbeiter zu ändern.
3. Mitarbeiter können nur geringfügig geändert werden, da die Führungskraft keinen Einfluss auf die inneren Prozesse hat.
Die Selbstoffenbarungsebene ist eine der eindrucksvollsten Seiten einer Nachricht. Die Führungskraft kann hier einen Blick in die inneren Prozesse von Mitarbeitern bekommen. Allerdings wird die Selbstoffenbarungsebene von den wenigsten Mitarbeitern offengelegt, sodass entsprechende Regulationsmechanismen in Kraft treten und eine Art Selbstschutz errichten. Dabei buhlen Menschen ständig um Aufmerksamkeit und Anerkennung. Dies lässt sich aus den unterschiedlichen Techniken zur Regulation der eigenen Selbstoffenbarung (Imponiertechniken und Fassadentechniken) schlussfolgern (Schulz von Thun 2014: 106ff).
4. Die Selbstoffenbarungsebene wird häufig verschleiert und ist nicht ohne weiteres erkennbar.
3.2 Kommunikationsprobleme des Sender-Empfänger Modells für Führungskräfte
Dieses Modell stellt insbesondere das Problem der Nachrichtenübermittlung in den Vordergrund. Daraus lassen sich auch die Probleme der Führungskommunikation erkennen. „Das Gemeinte unterscheidet sich von dem Ausgesprochen, das Gehörte unterscheidet sich wiederum von dem Gesagten“ (Gehm 1997: 35). Im Alltag einer Führungskraft kann dies zu falsch ausgeführten Aufträgen führen oder im Zweifel Spannungen zwischen Führungskraft und Mitarbeiter auslösen.
Anhand dieses Modells wird deutlich, dass Probleme in der Führungskommunikation entstehen können, weil der Empfänger etwas anderes versteht als der Sender ausdrücken wollte. „So kann etwa eine mehrdeutige Aussage beim Empfangenden auf falsche Weise interpretiert werden und so nicht die erhoffte Reaktion bewirken.“ (Röhner/ Schütz, 2012: 17). Es handelt sich dabei um Fehler bei der Ko- oder Dekodierung im Sinne dieses Modells (ebd.).
5. Die Führungskraft gibt ungenaue Anweisungen
6. Der Mitarbeiter interpretiert die gemachten Aussagen der Führungskraft fehlerhaft
Einigen Kritikern zufolge ist das Sender-Empfänger Modell zu formalistisch und spiegelt die Wirklichkeit nur unzureichend wieder. Als Gründe werden die fehlende Berücksichtigung der Empathie und der nonverbalen Kommunikation als wichtige Eigenschaften angeführt. Positiv zu vermerken ist, dass die Aufmerksamkeit auf das Rauschen gelenkt wird. Dies kann dazu führen, dass Informationen verloren gehen und dadurch weitergehende Missverständnisse entstehen (Stahl/ Menz 2014: 61ff).
7. Aufgaben und Anweisungen erreichen den Empfänger nur unvollständig.
Da sich dieses Modell ausschließlich auf die Übertragung von Nachrichten bezieht, können an dieser Stelle keine weiteren Problemfelder erkannt werden. Eine weitere Unterteilung der bereits genannten Aspekte wäre möglich, erscheint jedoch wenig zielführend. Obwohl dieses Modell das in Behörden oft gängige Top Down Verhältnis ideal widerspiegelt, ist es aufgrund seiner Einfachheit nur bedingt zur Führungskommunikation geeignet. „Das Potenzial, die Früchte der verschiedenen Stimmen einer Organisation zu ernten und damit Diversität und Möglichkeiten zur Veränderung zu erhalten, würden durch Organisationen, die sich strikt an den Idealen der Unternehmenskommunikation ausrichten, gravierend eingeschränkt“ (Duwe 2016: 23). Eine starre Einteilung nach Sender und Empfänger genügt zur Veranschaulichung der Unternehmens- und Führungskommunikation in heutigen Wirtschaftsbetrieben und der öffentlichen Verwaltung nicht mehr aus.
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