Überprüfung der Anwendbarkeit des Design Thinking für die öffentliche Verwaltung


Term Paper, 2016

16 Pages, Grade: 2,0


Excerpt


Gliederung

1. Einleitung

2. Projektmanagement in der öffentlichen Verwaltung
2.1 Definition eines Projektes
2.2 Besonderheiten des Projektmanagements in der öffentlichen Verwaltung
2.3 Kriterien zur Anwendbarkeit des Design Thinking in der öffentlichen Verwaltung

3. Design Thinking im Portrait
3.1 Design Thinking im allgemeinen Projektmanagement
3.2 Praxisbeispiele aus Wirtschaft und Industrie

4. Chancen und Risiken des Design Thinking

5. Fazit

1. Einleitung

Meetingräume in der Optik eines Skigebietes, Pausenräume im Design eines tropischen Regenwaldes (MEEDIA GmbH & Co. KG 2014: o.S.), selbstfahrende Autos, ein weltweites Netzwerk aus Ballons zur Sicherstellung eines dauerhaften Internetempfangs oder unbenannte Flugobjekte zum weltweiten Warentransport. Was auf den ersten Blick an Hollywood erinnert, sind reale Projekte bzw. bereits Tatsachen. Insbesondere die zuletzt genannten Projekte werden vom US Konzern Google vorangetrieben. Es handelt sich dabei um die „Moonshot“ Abteilung, dessen Chef offiziell die Bezeichnung „Captain of Moonshot“ trägt. Die Art und Weise wie die Ziele erreicht werden sollen wird als „Moonshot Thinking“ bezeichnet und von der Firma X vorangetrieben (X 2016: o.S.)

Die Art der Vorgehensweise erinnert dabei stark an Design Thinking, welches von einigen weiteren Firmen bereits angewandt wird. Aufgrund der zuvor genannten Ideen und Projekte scheint es, als könne Design Thinking die Welt verändern. Diese Arbeit soll zeigen wie innovativ Design Thinking wirklich ist und ob auch der Bereich der öffentlichen Verwaltungen von Design Thinking profitieren kann.

Fraglich ist welche Vorteile das Design Thinking tatsächlich bietet und ob es auch in der öffentlichen Verwaltung angewendet werden kann, wo Geld womöglich eine größere Rolle spielt als im 75 Milliarden Dollar umsatzschweren Google Konzern (Statista GmbH 2016: o.S.).

Letztlich gilt es zu klären, welche Vor- und Nachteile das Design Thinking der öffentlichen Verwaltung in Deutschland bieten kann.

Um diese Frage beantworten zu können wird im Folgenden der Begriff des Projektes geklärt und die Besonderheiten der öffentlichen Verwaltung im Projektmanagement herausgearbeitet um anschließend das Prinzip des Design Thinking vorzustellen. Nach einer Allgemeinen Darstellung wird Design Thinking in das Projektmanagement integriert und an praktischen Beispielen verdeutlich. Im weiteren Verlauf werden die Stärken und Schwächen des Design Thinking herausgearbeitet und auf das Projektmanagement der öffentlichen Verwaltung übertragen. Abschließend erfolgt eine kurze Zusammenfassung in Form eines Fazits.

2. Projektmanagement in der öffentlichen Verwaltung

In diesem Kapitel wird der Begriff des Projektes definiert und die Besonderheiten des Projektmanagements in der öffentlichen Verwaltung dargestellt. Zur späteren Überprüfbarkeit sollen außerdem Kriterien zur Anwendbarkeit des Design Thinking für die öffentliche Verwaltung ermittelt werden.

2.1 Definition eines Projektes

Um den Begriff des Projektes zu definieren können unterschiedliche Fachverbände herangezogen werden. Das Deutsche Institut für Normung e.V. legte beispielsweise eine hierzulande weitestgehend anerkannte Definition vor. International ist insbesondere das Project Management Institute (PMI) für eine gute Definition von Projekten bekannt. Da die Definitionen sich voneinander unterscheiden existiert keine einheitliche Projektdefinition (Hagen 2006: 28f). Dennoch lässt sich der Begriff des Projektes auf einige Kriterien eingrenzen, welche in allen gängigen Definitionen zu finden sind. Dazu gehört die zeitliche Befristung, mit einem festgelegten Startpunkt und einem festen Ende, die Neuartigkeit und Komplexität der Aufgabenstellung, klare Ziele und eine begrenzte Menge an personellen, finanziellen und sachlichen Ressourcen (ebd. 31). Es handelt sich demnach um einen Prozess über einen festgelegten Zeitraum, welcher ein bestimmtes Ziel anhand festgelegter Ressourcen verfolgt.

2.2 Besonderheiten des Projektmanagements in der öffentlichen Verwaltung

Sowohl die Organisationsstruktur der öffentlichen Verwaltung, als auch die Zielsetzungen unterscheiden sich zum Teil stark von jenen der Privatwirtschaft. Der Ursprung findet sich im Bürokratieansatz nach Max Weber, welcher sich in unterschiedlich starker Ausprägung in vielen Verwaltungen noch heute wiederfindet. Dazu zählen die Einlinienorganisationen, mit einer Entscheidungsbefugnis im Top Down System, ein umfangreiches „System von Regeln“ (Hagen 2009: 153) welches eine einheitliche Bearbeitung gewährleistet oder auch der Grundsatz der Schriftlichkeit. Es ergeben sich im Vergleich zur Wirtschaft folgende Unterschiede im Projektmanagement:

Beispielsweise äußert sich der Grundsatz der Schriftlichkeit in einem umfangreichen Bündel aus Regelungen und Vorgaben und steht im direkten Zusammenhang mit der Dokumentationspflicht. Dieses Prinzip lässt sich als Formalisierung bezeichnen. Auf diese Weise können alle Entscheidungsprozesse nachvollzogen und kontrolliert werden (ebd. 99). Möglicherweise sind die Gründe in dem erhöhten Kosten – Leistungs – Druck zu finden, da die öffentliche Verwaltung mit Steuergeldern arbeitet und ihre Ausgaben gegebenenfalls rechtfertigen muss (ebd. 232), während Wirtschaftsfirmen die eigenen Ausgaben maximal intern zu erklären haben.

Eine weitere Besonderheit kommt der Aufgabenerfüllung in der öffentlichen Verwaltung zu. Projekte werden in im öffentlichen Bereich in vielen unterschiedlichen Feldern eingesetzt. Dabei „steigt der Anteil an neuartigen, komplexen Problemstellungen aufgrund der zunehmenden Dynamik der Umfeldsysteme permanent an“ (ebd. 168). Die Vielfältigen Einsatzmöglichkeiten können der folgenden Abbildung entnommen werden:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Quelle: Hagen 2009: 230

Aufgrund der dargestellten Tabelle lässt sich auch erkennen, dass Projekte in der öffentlichen Verwaltung in der Regel keine Produkte im klassischen Sinne erzeugen. Es handelt sich dabei überwiegend um Dienstleistungen.

Hagen fasst in seinem Buch „Projektmanagement in der öffentlichen Verwaltung“ fest, dass die öffentlichen Verwaltungen hinsichtlich ihrer „Strukturen, Organisationsprinzipien, rechtlichen Rahmenbedingungen und […] kulturellen Gegebenheiten“ (Hagen 2009: 173) nicht auf ein modernes Projektmanagement vorbereitet ist. Die häufig starre Linienorganisation ist für eine dynamische und vernetzte Arbeitsweise nicht förderlich (ebd. 173).

2.3 Kriterien zur Anwendbarkeit des Design Thinking in der öffentlichen Verwaltung

Fraglich ist, welche Kriterien herangezogen werden können, um die Anwendbarkeit des Design Thinking für die öffentliche Verwaltung zu überprüfen.

Auch wenn Design Thinking bereits in der Wirtschaft angewandt wird, ist fraglich, ob es auch für das Produkt der Dienstleistung anwendbar ist. Gegebenenfalls könnte die öffentliche Verwaltung dieses Vorgehen nutzen, um interne Prozesse zu optimieren, sofern dies möglich ist.

Fraglich ist weiterhin, ob die Aufgaben der öffentlichen Verwaltung trotz ihres häufig hohen Grades an Komplexität (Eichhorn 2016: 234) mit der Hilfe des Design Thinking gelöst werden können.

Die finanzielle Situation von Kommunen und Staat kann gegebenenfalls als prekär eingeschätzt werden. Es ist daher im Sinne des öffentlichen Interesses abzuwägen, ob Gelder für ein bestimmtes Projekt zur Verfügung gestellt werden. Es stellt sich daher die Frage, wie hoch die Kosten im Rahmen eines Design Thinking Prozesses sind und ob Kommunen in der Lage sind diese zu tragen.

Weiterhin ist zu klären, ob Design Thinking auf der Grundlage aktuelle Organisationsformen in der öffentlichen Verwaltung eingesetzt werden kann. Kann Design Thinking trotz der Einschränkungen durch Datenschutz und andere Regelungen tatsächlich genutzt werden (ebd. 74)?

Die öffentliche Verwaltung hat in den vergangenen Jahren und Jahrzehnte einige Neuerungen erlebt. Beispielsweise wurde mit dem New Public Management (NPM) auch die Anforderungen an eine innovative Verwaltung gestellt (Hagen 2009: 156). Außerdem wurden bereits weitere Ansätze wie zum Beispiel die interkommunale Zusammenarbeit oder das Networking in den Verwaltungen etabliert (Eichhorn 2016: 189). Es stellt sich daher die Frage ob die öffentliche Verwaltung überhaupt einen Design Thinking Prozess braucht oder diesen gegebenenfalls bereits nutzt.

1. Eignet sich Design Thinking zur Optimierung von Dienstleistungen oder internen Prozessen?
2. Können mit Design Thinking auch Aufgaben von hoher Komplexität gelöst werden?
3. Mit welchen Kosten ist ein Design Thinking Prozess verbunden?
4. Inwiefern können der Datenschutz und andere Regelungen der öffentlichen Verwaltung einem Design Thinking Prozess blockieren?
5. Benötigt die öffentliche Verwaltung das Design Thinking überhaupt oder nutzt sie es ohnehin bereits?

Vielerorts wird eine Anpassung an Wirtschaftsunternehmen angestrebt. Dies zeigt sich auch am New Public Management, welches Methoden und Werkzeuge der Wirtschaft beinhalte. Dennoch ist auch festzuhalten, dass dies nicht in allen Bereichen möglich ist, da die öffentliche Verwaltung unter ständiger Beobachtung der Öffentlichkeit steht, weniger Erfahrungen hat und andere Ziele verfolgt als die Privatwirtschaft (Hagen 2009: 233, 235, 263)

3. Design Thinking im Portrait

Die im Rahmen der Einleitung genannten Innovationen lassen sich in ihrem Ursprung auf Design Thinking zurückführen.

Design Thinking ist ein kreativer und sozialer Prozess, welcher zu jedem Zeitpunkt von den menschlichen Bedürfnissen ausgeht (Hofmann/Vetter 2014: 35), einen breiten Blickwinkel (ebd. 30) einer heterogenen Gruppe herstellt und im Rahmen eines iterativen Vorgehens ungewöhnliche und innovative Lösungen hervorbringt. (ebd. 28)

Bei Design Thinking handelt es sich jedoch nicht um eine Methode im klassischen Sinne. Der Grund dafür ist die Existenz teils konkurrierender Ansätze, was zugleich bezeichnend für den Design Thinking Prozess ist. Vielmehr ist Design Thinking als eine Arbeitsweise oder ein Methodenbündel zu verstehen der die Bedürfnisse des Kunden in den Vordergrund stellt und durch einen iterativen Prozess zu innovativen Lösungen führen soll (ebd. 34f).

Zur besseren Anwendbarkeit wurden unterschiedliche Phasenmodelle entwickelt, welche im Kern dieselbe Ordnung beinhalten. An dieser Stelle soll kurz das Sechs-Phasen Modell von David Kelley (Stanford University) erwähnt werden. Es beinhaltet die sechs Phasen Verstehen, Beobachten, Sichtweise definieren, Ideen finden, Prototypen entwickeln und Testen. Diese Phasen sind nicht als bindend zu betrachten, sondern dienen lediglich als „Orientierungspunkte“ (ebd. 36; Erbeldinger/Ramge 2014: 70f). Weder die Häufigkeit, noch die Dauer einer Phase wird in diesem Modell vorgeschrieben. Dies Widerspräche ohnehin dem iterativen Vorgehen, welches dem Design Thinker ein hohes Maß an Flexibilität eröffnet und ihm alle Möglichkeiten bietet sich in dem Modell vor und zurück zu bewegen (Hofmann/Vetter 2014: 28). Tim Brown (2009) stellt in diesem Zusammenhang fest „that there is no “one best way“ to move through the process. There are useful starting points and helpful landmarks along the way…” (18).

Design Thinking kann als flexibles Gruppenwerkzeug betrachtet werden, welches Experten „mit verschiedenen Blickwinkeln“ (Hofmann/Vetter 2014: 30) zusammenbringt um ein gemeinsames Problem zu besprechen und innovative Lösungen zu entwickeln (ebd.). Auf die Zusammensetzung einer solchen Gruppe wird im folgenden Kapitel näher eingegangen.

Design Thinking ist weder als „Geniestreich“ (ebd. 102), noch als die „allumfassende Heilslehre“ (Erbeldinger/Ramge 2014: 14) anzusehen. Es ist vielmehr „die intelligente und […] praxistaugliche Kombination und Neuanordnung von bekannten Erfolgsfaktoren“ (ebd. 102) bei dem das iterative Vorgehen und die ständige Orientierung an den Bedürfnissen der Kunden im Vordergrund steht. Um mehr Struktur in diese Begrifflichkeit zu bringen wird in den folgenden Kapiteln die Anwendung des Design Thinking im Projektmanagement erläutert, die Teamzusammensetzung dargestellt und in einige Praxisbeispielen verdeutlicht.

3.1 Design Thinking im allgemeinen Projektmanagement

Im Rahmen von Projekten sollen für gewöhnlich Ziele erreicht und damit Probleme gelöst werden. Design Thinking kann durch die Berücksichtigung aller möglichen Einflussfaktoren technische, politische und wissenschaftliche Probleme lösen (Hofmann/Vetter 2014: 77).

Design Thinking unterscheidet sich als Methode im Projektmanagement jedoch von vielen bisher genutzten Methoden. Wichtig ist festzuhalten, dass Design Thinking sich nur für „unbekanntes Gelände“ (Erbeldinger/Ramge 2014: 112) eignet. Das heißt, dass Design Thinking eine offene Frage in die Zukunft richtet statt sich mit der Vergangenheit oder Benchmarking der Gegenwart zu beschäftigen (ebd.). Damit wird auch deutlich, dass diese Methode ein gewisses Maß von Unsicherheit beinhaltet. Dies zeigt sich beispielsweise daran, dass ein komplexes Thema im Design Thinking nicht in seine einzelnen Aufgabengebiete oder ähnlichen gegliedert wird, sondern über den kompletten Prozess als Gesamtheit anzusehen ist. Im Vergleich dazu, wird im klassischen Projektmanagement häufig eine Zerlegung der Thematik vorgenommen und einzelne Meilensteine zur Zielerreichung festgelegt. Derartige Meilensteine existieren im Design Thinking nicht, da das Projektteam den Verlauf des Projektes nicht vorhersagen kann und das Ergebnis des Prozesses offen ist (ebd. 113f). Erbeldinger und Ramge (2014) bringen dies wie folgt auf den Punkt: „Unsicherheit ist Teil des Plans“ (114).

[...]

Excerpt out of 16 pages

Details

Title
Überprüfung der Anwendbarkeit des Design Thinking für die öffentliche Verwaltung
College
University of Kassel
Grade
2,0
Author
Year
2016
Pages
16
Catalog Number
V451623
ISBN (eBook)
9783668843653
ISBN (Book)
9783668843660
Language
German
Keywords
Design Thinking, Google, Amazon, Facebook, öffentliche Verwaltung, Amt, Projektmanagement, Projekt, Projekte, kreatives Denken, Moonshot, Elon Musk
Quote paper
Fabian Kröger (Author), 2016, Überprüfung der Anwendbarkeit des Design Thinking für die öffentliche Verwaltung, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/451623

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