Sucht im Alter. Alkoholsucht, Benzodiazepinabhängigkeit, Missbrauch von illegalen Substanzen


Trabajo de Investigación (Colegio), 2017

69 Páginas, Calificación: 1,0


Extracto


Inhaltsverzeichnis

1 Einleitung

2 Definition der Sucht
2.1 Arten der Sucht
2.2 Die Entstehung der Sucht
2.3 Endstation Abhängigkeit im Alter

3 Alkohol sucht im Alter
3.1 Gesundheitliche und soziale Folgen des Alkoholkonsums
3.2 Pflege des alkoholkranken alten Menschen
3.3 Besonderheiten und Schwierigkeiten bei der Pflege alkoholkranker Senioren

4 Benzodiazepinabhängigkeit im Alter
4.1 Allgemeine Grundlagen
4.2 Besonderheiten der Abhängigkeitsentstehung bei Senioren
4.3 Gesundheitliche und soziale Konsequenzen bei Medikamentenmissbrauch
4.4 Pflegerisches Handeln bei Medikamentenabhängigkeit in der Altenhilfe

5 Missbrauch von illegale Substanzen bei älteren Menschen
5.1 Ausgangslage
5.2 Pflege von Konsumenten illegaler Substanzen in der stationären Altenhilfe
5.3 Besonderheiten und Herausforderungen für die Pflege von Konsumenten illegaler Drogen im Setting Altenhilfe
5.4 Perspektiven der Suchtbehandlung von alten Menschen

6 Ältere Drogenabhängige in Deutschland Eine Studie 6.1 Beschreibung
6.2 Ergebnisse der demographischen Erhebung
6.3 Auswertung der qualitativen Leitfadeninterviews
6.4 Ergebnisse der Expertenbefragung
6.5 Resümee

7 Ethische Leitfaden für die Pflege von Suchtkranken Menschen

8 Zusammenfassung

9 Diskussion

Literatur- und Quellenverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Abstract (deutsch)

Suchterkrankungen sind in unserer Zeit sehr aktuell.

Abhängigkeit betrifft alle sozialen Schichten, Geschlechter, aber auch alle Altersgruppen. Durch den demographischen Wandel hat sich unsere Gesellschaftsstruktur sehr verändert, was sich in der angestiegenen Lebenserwartung der Bevölkerung widerspiegelt. Der Konsum von diversen legalen und illegalen Drogen betrifft nicht nur die jüngeren Generationen. Immer mehr alte Menschen sind von Abhängigkeit betroffen und stellen das Versorgungssystem vor unerwartete Herausforderungen. Alkoholismus und Substanzmissbrauch bedeuten erhebliche Konsequenzen für die Gesundheit des alten Menschen. Studien konnten beweisen, dass nicht selten die Sucht iatrogen verursacht wird. In der Suchtthematik handelt es sich um Personen, die ein Leben lang Drogen konsumierten und alt geworden sind, und auch um Menschen, die ihr Suchtverhalten erst im Alter entwickelten. Bei der letzteren Gruppe handelt es sich meistens um Alkoholabusus und Benzodiazepin-Missbrauch und eher weniger um illegale Drogen. Diese Arbeit basiert auf Literaturstudien. Anhand der gewonnenen Erkenntnisse wird in diesem Paper dargestellt, wie Sucht bei alten Menschen entsteht und welche Perspektiven sie für den letzten Lebensabschnitt haben. Erklärt werden auch die Pflegeprobleme dieser Gruppe, denn es stellt sich die Frage, ob spezielle Pflegeheime hierfür gebraucht werden, welche Konzepte sich bereits in der Pflege etabliert haben und inwieweit das Pflegepersonal für diese anspruchsvolle Aufgabe entsprechend geschult ist.

Schlüsselwörter: Sucht, Alter, Benzodiazepin-Missbrauch,

Alkoholismus im Alter, illegale Drogen

Abstract (ENGLISH)

In our present time, dependence is a very topical issue. Addiction affects all social classes, genders and age groups. Due to demographic change, which leads to a rising life expectancy of the population, the consumption of diverse legal and illegal drugs concerns not only the young generation. More and more elderly people are affected by addiction, which poses unexpected challenges to our health system. Alcoholism and substance abuse brings forth major consequences for the health of elderly people. Studies have been able to prove that addiction often has iatrogenic causes. The subject of addiction revolves around people who have been consuming drugs for their entire life and also around people whose addiction has evolved in their old age. with this group, it is not so much about illegal drug abuse, but alcohol abuse and benzodiazepine consumption. This paper is based on literature reviews. On the basis of the acquired knowledge, this paper points out how elderly people's addictions come to be, and what perspectives they have for their final period of life. This paper also explains the problems when it comes to care, because the question is whether specialized nursing homes are needed or not, what concepts of care have already been established, and how far nurses are trained for this challenging task.

Keywords: addiction, old age, benzodiazepine abuse, alcoholism in the elderly, illegal drugs

Vorwort

Vor 30 Jahren wurde bei alten Menschen an Diabetes, Rheuma und Herzinsuffizienz gedacht, aber ganz bestimmt nicht an Methadon, ״binge drinking" und Valium Abhängigkeit. Der Umgang mit Drogenkonsum durchlebte einen Wandel, was einen Anstieg der gesellschaftlichen Akzeptanz zu Folge hatte. Durch meinen vorhergehenden Bildungsweg beschäftigte ich mich tiefgehend mit Sucht, deren sozialen-und gesundheitlichen Folgen im Adoleszenz und Erwachsenenalter. Es hat mich schon damals interessiert, ob diese Menschen überhaupt alt werden und wie sie im späteren mit ihrem Konsum leben können. Aufgrund meiner derzeitigen Ausbildung und Praktika ist mir klargeworden, wie stark Sucht im Alter präsent ist. Ich bemerkte auch, dass die Pflege dieser Menschen, sowohl im Krankenhaus, wie auch in der stationären Altenpflege, problembehaftet ist. Daher sah ich die Notwendigkeit, die derzeitigen Trends bezüglich der Pflege von älteren, abhängigen Personen zu untersuchen, um den Bedarf für Veränderungen ableiten zu können. An dieser stelle möchte ich besonderen Dank an Frau Ruth Fenzl aussprechen. Ohne ihren Anregungen, konstruktiven Kritik und Geduld würde diese Arbeit nicht in dieser Form vorliegen. Ich bedanke mich bei Frau Anna Praher, bei Frau Isabel Hollinger und bei Frau Monika Reiter für ihre selbstlose Unterstützung in den vergangenen drei Jahren. Abschließend danke ich meinen Mann und meinen Kindern für den emotionalen Rückhalt dieser Zeit.

Bauer Ildikó Wels

1 Einleitung

Das Handbuch Alkohol Österreich (2011,2016) berichtet darüber, dass ca. 340.000 Personen in Österreich als Alkoholkrank gelten und bereits 735.000 Menschen können ihren Alkoholkonsum als gesundheitsschädlich einstufen. Die erhobenen Daten geben einen Hinweis darauf, dass ein problematischer Konsum nicht unbedingt mit der Experimentierfreudigkeit der Jugend einhergeht. Den vorliegenden Berichten des Bundesministeriums für Gesundheit zufolge kann festgestellt werden, dass der kontinuierliche Alkoholkonsum ein Problem der 70+ Generation ist (vgl., strizek, Uhl, 2016, s. 39-43) . Besorgniserregend ist auch die Zunahme der Medikamentenabhängigkeit in der Altersgruppe 60+. Die Medikamentensucht unter dieser Altersgruppe ist nicht selten von iatrogener Ursache (vgl., Fruhwürth,2 014) . Der Missbrauch von illegalen Substanzen ist mittlerweile auch zum Problem der Senioren geworden. Immer mehr Junkies erreichen das Pensionsalter das vor allem als Resultat diverser Substitutionsprogrammen zu verzeichnen ist. Laut Angaben des ״Schweizer Hauses" (2015) beträgt der Anzahl der Drogensüchtigen 50+ Generation ca. 7500, betreffend der Lebenserwartung dieser Gruppe ist mit einem Anstieg zu rechnen. Deutlich kristallisiert sich eine spezifische Altersgruppe mit seinen Bedürfnissen heraus, deren Versorgungsproblematik unter unverwechselbaren Bedingungen entstanden ist. Aufgrund des demographischen Wandels in der Bevölkerung ist eine deutliche Veränderung in den Altersstrukturen zu beobachten. Die durchschnittliche Lebenserwartung in unserer Gesellschaft wird immer höher, was als Resultat der Medizinischen- und Sozialen Versorgung zu verzeichnen ist. Durch die Gewährleistung der Versorgung der genannten Systeme werden die Menschen ein zunehmend höheres Alter erreichen, auch im Falle einer Erkrankung bzw. mehrerer Erkrankungen (vgl., Niekrens,2012, S.7-15). Suchterkrankungen bilden hierbei auch keine Ausnahme. Die Suchtthematik als Ganzes ist weitgehend etabliert im öffentlichen Geschehen, nicht aber, wenn das Problem die reifere Generation betrifft. Zweifelsfrei wird in den Medien und im wissenschaftlichen Diskurs die Pflege alter Menschen, deren Gesundheitszustand bzw. die Probleme in ihrer Versorgung weitgehend diskutiert. Fakt ist aber, dass im Fokus der Interpretationen, Menschen mit internistischer oder orthopädischer Erkrankung stehen. Die Klassiker unter diesen Erkrankungen sind Z.B. koronare Herzerkrankungen, Herz-und Niereninsuffizienz, COPD, Erkrankungen des Magen-und Darmtrakts, Erkrankungen des Bewegungsapparats usw. Hinsichtlich der psychiatrischen Krankheitsbilder steht Demenz (bis zum kleinsten Detail) im Rampenlicht, auch Depression wird gut thematisiert. Leider ist damit aber das Repertoire so gut wie ausgeschöpft (vgl., Kutschke, 2012, s.27-28) . Die Ergebnisse der bisher zum Thema Sucht im Alter durchgeführten Studien weisen darauf hin, dass den Suchterkrankungen der 60+ Generation nicht genug Aufmerksamkeit gewidmet wird und die bisherigen Pflegekonzepte für diese Gruppe mangelhaft sind (vgl., Kutschke, 2012, s.27-30) . Unabhängig davon, unter welchen Bedingungen bei den Betroffenen Sucht entstanden ist, muss unbedingt die Frage hinsichtlich der Ressourcen der Versorgungssysteme gestellt werden. Es ist wichtig, dass die Pflegestrategien und Pflegehandlungen unbedingt an die altersspezifischen Bedürfnisse der Betroffenen angepasst werden. Weiters ist unerlässlich, dass sich das Pflegepersonal in der Altenpflege der Herausforderung stellen kann, Risikofaktoren für Sucht und Suchtverhalten zu erkennen und zu handeln. Hierzu stellt sich die Frage, wie weit das Pflegepersonal in Alten-und Pflegeheimen oder in der ambulanten Altenhilfe auf das Phänomen Sucht sensibilisiert ist. Es ist auch fraglich, ob die jetzige Ausbildung in der Alten- und Krankenpflege genügend ist, mit dieser Problematik pflegerisch entsprechend umgehen zu können. Die Komplexität der Abhängigkeit im Alter setzt vielseitige pflegerische Fertigkeiten voraus. Der Pflegende muss Kompetenzen aufweisen die eine übergreifende pflegerische Hilfestellung ermöglicht (vgl., Kutschke,2012, s.35-38 vgl., Gaßmann, 2015, s.13-17). Von den obigen Überlegungen abgeleitet, wird in den folgenden Kapiteln diverse Arten von Suchterkrankungen behandelt und die pflegerischen Herausforderungen im Zuge der Pflege alter Suchtkranker Menschen dargestellt. Weiters wird anhand der vorhandenen Literatur und der bisher zum Thema durchgeführten Studien die vorherrschenden Altenpflegekonzepte geprüft, inwieweit sie tauglich sind, um Pflegekonzepte für die Versorgung von Suchtkranken Menschen zu etablieren.

2 Definition der Sucht

Die Problematik Sucht bzw. Abhängigkeit zu definieren stellt sich als schwere Aufgabe. Nicht wenig Schuld tragen darin die vorherrschenden Konkretisierungsversuche, die alles was einem besonders gefällt (und daher dies oft tut), warnend mit der sich anschleichenden Gefahr der Abhängigkeit verbinden. Tatsache ist aber auch, dass bei diversen Darlegungsversuchen Sucht und Gewohnheit nicht klar voneinander abgegrenzt wird, daher sind derartige Definitionen nur mit Vorsicht zu genießen (vgl., Voigtei,2015, S.7-10). Besonders auffallend ist, dass diverse Fachrichtungen im wissenschaftlichen Diskurs betreffend ihre Erläuterungen mit gewisser Distanz zu einander stehen, wenn es um die Konkretisierung der Abhängigkeit geht. Letztlich sind Definitionen in der für unterschiedlichen Pflegeberufsgruppen gedachten Fachbücher (ausgenommen psychiatrische Pflege) nicht ausreichend besrbeitet, daher kann eine Verkennung des Suchtverhaltens seitens des Pflegepersonals leicht Vorkommen. Es stellt sich die Frage, um was handelt es sich überhaupt? Abhängigkeit? Sucht? Abhängigkeitserkrankung? Schneider (2015, S.3-7) erläutert, dass der Begriff Sucht erst seit 2013 sein ״Comeback" feiert, vorher sprach die Fachliteratur eher über Abhängigkeit, da selbst WHO Sucht als Bezeichnung für veraltet und umgangssprachlich erklärt. Die jüngere deutschsprachige Fachliteratur verwendet noch immer bevorzugt den Begriff Abhängigkeit. In der vorliegenden Arbeit werden die genannten Bezeichnungen gleichrangig verwendet. Die Benennung Sucht ist vielleicht am treffendsten, da die Internationale Literatur ״Addicton" als Begriff verwendet. Besonders eindeutig wird der Unterschied betreffend der Ausdruckskraft zwischen Sucht und Abhängigkeit, nach den Erläuterungen Schneiders von sprachlicher Relevanz bei den Begriffserklärungen. In diesem Sinne beschreibt er Sucht wie folgt:" Sprachlich kommt ״Sucht" nicht von ״suchen", wie oft behauptet wird, sondern von ״siech" (englisch: sick), d.h. krank" (Schneider,2015, S.3 vgl., Kutschke, 2012, S.47) . Dennoch wird im englischen Sprachgebrauch von der Verwendung ״sickness" kein Gebrauch gemacht. ״״Addicton" hat einen interessanten Bedeutungsinhalt: Wenn bei einer Sklavenauktion ein Sklave von einem Sklavenhalter ersteigert wurde, dann wurde er diesem neuen Herrn zugesprochen (״addicted to") und war ihm von diesem Zeitpunkt an auf Gedeih und Verderb ausgeliefert. Im Englischen wird damit der Aspekt der Unfreiheit in der Sucht viel deutlicher als im Deutschen. In Holland heißt Sucht sogar ganz drastisch ״verslaving"" (Schneider,2015, S.3). Deutlich wird nah dieser Darstellung, wie sehr Sucht die persönliche Freiheit dem Betroffenen nimmt, denn die Entscheidungen, die die Betroffenen treffen, werden von ihm geprägt. Im Alltag eines suchterkrankten alten Menschen können noch zusätzliche Faktoren dazukommen. Nach der WHO Definition aus dem Jahr 1957 ist Sucht ״ein Zustand periodischer oder chronischer Vergiftung, hervorgerufen durch den wiederholten Gebrauch einer natürlichen oder synthetischen Droge und gekennzeichnet durch vier Kriterien: ein unbezwingbares Verlangen zur Einnahme und Beschaffung des Mittels, eine Tendenz zu Dosissteigerung(Toleranzerhöhung),die psychische und meistens auch die physische Abhängigkeit von der Wirkung der Droge, die Schädlichkeit für den einzelnen und/oder die Gesellschaft"(Barth, 2009).

2.1 Arten der Sucht

In der Klarlegung der WHO wird die nicht Stof f gebundenen Abhängigkeit nicht erläutert. Für die vorliegende Arbeit haben derartige Abhängigkeiten wenig Relevanz, daher werden sie hier nur kurz interpretiert: Die nicht Substanzbezogene Abhängigkeit hat eher weniger körperliche Konsequenzen. Bei dieser Abhängigkeit sind die psychischen Suchtentwicklungsmerkmale ausschlaggebend, die das Verhalten der Betroffenen entgleisen lassen. Sehr charakteristisch ist hier, dass die Gefühlswelt der Betroffenen sich verändert und zunehmend die Konzentrationsfähigkeit der einzelnen sehr schwach wird. Die Kontrolle über die Impulse kann vollständig fehlen und die sozialen Rollen des einzelnen können nicht mehr erfüllt werden. Konflikte und gesellschaftliche Stigmatisierung sind vorprogrammiert, genauso wie im Falle der substanzgebundenen Suchtverhalten (vgl., Uchtenhagen, 2011 Menche et al. 2014, s. 1324-1328).

Betreffend substanzgebundenen Abhängigkeitsformen sind in der Suchtentwicklung beide, körperliche und psychische, Abhängigkeitsformen zu berücksichtigen. Wenn sich der Körper an eine Substanz gewöhnt hat, kann er ohne diese nicht mehr funktionieren, also tritt eine körperliche oder physische Abhängigkeit auf. Zu den häufigsten Symptomen gehören vor allem morgendliches zittern, Schweißausbrüche, Krämpfe, Übelkeit und Erbrechen. Körperliche Abhängigkeit, unter Einnahme bestimmter Substanzen wie Opioidanalgetika, Benzodiazepine, Alkohol und Heroin kann sich bereits nach sehr kurzer Zeit entwickeln (vgl., Schneider, 2015, s. 2-37; Kutschke 2012, s.46-51) . Die Wichtigkeit dieser Gruppe der psychotropen Substanzen zu erwähnen liegt darin, dass wie später ersichtlich wird, die Abhängigkeit der 60+ Generation (evtl, mit Ausnahme von Heroin) exakt von diesen Substanzen dominiert ist. Auch wenn die körperlichen Symptome von Suchtkrankheit nach kurzer Zeit (i.d.R. nach wenigen Wochen) abklingen, verbleibt bei fast alle Substanzen der psychischen Abhängigkeit, die sich allerdings nicht schnell behandeln lässt und sehr oft das Risiko eines Rückfalls erhöht. Die psychische Abhängigkeit ist von dem ständigen Drang, die Droge konsumieren zu wollen gekennzeichnet. Der Betroffene kann nicht mehr an etwas anderes denken. Das Verlangen wird immer größer und nicht mehr kontrollierbar, was i.d.R. schließlich zu erneuten Konsum führt(״craving"). wird die Zufuhr der Substanz verhindert, treten Anzeichen einer Entzugssymptomatik auf, wie Z.B. Depression, Aggressivität, Unruhe, Angstzustande und psychotische Probleme, (vgl., Kutschke 2012, s.46-51; Menche et al. 2014, s. 1324-1328)

2.2 Die Entstehung der Sucht

Dem aktuellen Forschungstand zufolge existieren diverse Modelle bzw. Theoriekonzepte die Entstehungswege der Suchterkrankung zu erklären bzw. zu beschreiben versuchen. Jedem Ansatz liegt ein anderes Phänomen zu Grunde, wie Z.B. das Individuum, biologische bzw. biochemische Prozesse, oder Diskrepanzen zw. den Einzelnen und der Gesellschaft. Das neurowissenschaftliche Modell legt die Annahme zu Grunde, dass die Abhängigkeit der Psyche untergeordnet entsteht (vgl., Wolter, 2011, s.55-56). Verantwortlich sind dafür die Neurotransmitter, vor allem das Dopamin. Dieser Botenstoff als Teil eines dopaminergen Systems wirkt steuernd auf das menschliche Verhalten, da die Erhöhung der Aufnahme von Dopamin stimulierend bzw. suchterregend wirken kann. Weitere Neurotransmitter sind u.a. Noradrenalin, Serotonin, Acetylcholin, und GABA. Man sollte sich vor Auge führen, dass die Wirkung diverser Substanzen auf die Transmitter unterschiedlich ist, was sich in unterschiedlichen menschlichen Verhalten auch wiederspiegelt. Alkohol wirkt aktivierend auf Noradrenalin und hat ein sogar stark aktivierenden Einfluss auf das Dopamin, wo hingegen Benzodiazepin und Cannabis einen inhibierenden Einfluss haben (vgl., Kutschke,2012, s. 54-57 Schneider,2015, S.8-16).

Das biologische Modell begründet Suchtverhalten zum einen mit genetischen Ursachen. Kutschke (2012) weist darauf hin, dass Studien diese Annahme der genetischen Abhängigkeit hinsichtlich mehrerer Substanzen bestätigen konnten. Zweitens erklärt dieses Modell Abhängigkeitsentstehung anhand biologischer Prozesse, die im Gehirn Veränderungen hervorrufen. Diese Veränderungen sind Schutzmechanismen des Gehirns, ״mit der dieses versucht, sich den akuten Wirkungen der schädlichen Substanzen entgegenzustellen" (Kutschke, 2012, s. 57).

Das psychologische Modell umfasst mehrere Erklärungsansätze. Die Gemeinsamkeit dieser Ansätze beruht auf der Annahme, dass Sucht von dem Individuum hergeht. Der Kontrollverlust ist bei diesem Modell als Kernelement zu betrachten und eine wichtige Rolle wird hier der Persönlichkeits-und Lerntheorie zugesprochen. Die Lerntheorie besagt im Sinne der klassischen Konditionierung, dass nach dem Drogenkonsum Reize situationsbedingt in Erinnerung bleiben, wird die Droge in unangenehmen, negativen Umfeld konsumiert, wird die angenehme Wirkung der Droge mit den negativen Erfahrungen verbunden. Aus dieses Entwicklung folgt, dass die Droge im Laufe der Zeit als Mittel der Bewältigung gewählt und konsumiert wird (vgl., Kutschke,2012, s. 57-58). Auch im Falle der Abstinenz können die Reize Situationsbedingt ein Verlangen nach der ״gespeicherten" Substanz hervorrufen (vgl., ebd.). Die Vertreter der Persönlichkeitstheorie gehen davon aus, dass diverse Persönlichkeitstypen unterschiedlich zum Konsum neigen. In der Forschung konnten Hinweise gefunden werden, die die Annahme bestätigen, dass ״launenhafte, reizbare und ängstliche sowie impulsive und aggressive Persönlichkeiten eher unter substanzbezogenen Problemen leiden als unter anderen Persönlichkeitsausprägungen" (Kutshke,2012, S.58). Nicht selten wird psychiatrische Komorbidität parallel zu den Suchterkrankungen festgestellt, obwohl diese Diagnosen an Häufigkeit bei steigendem Alter abnehmen(vgl., Wolter, 2011, s.71-72).

Die soziologischen und soziokulturellen Modelle gehören zu den nicht medizinischen Erklärungsansätzen. Große Rolle wird dem sozialen Umfeld zugeordnet, dem Sozialisationsprozess und dem Umgang mit Drogen in der Familie. Der Zugang zu diversen Substanzen, durch Peers, sowie Copingstrategien des Individuums in einer Risikogesellschaft sind weitere wichtige Aspekte, die das Entstehen eines Konsumverhaltens negativ beeinflussen können, bis zur Abhängigkeit im Alter (vgl., Wolter, 2011, s. 71-72) . Suchterkrankungen sind in ihrer Entstehung abhängig von vielen Faktoren, wie Z.B. der Substanz selbst, dem Individuum, der Genetik, biologische bzw. biochemische Prozesse, soziale und kulturelle Prozesse und Umwelteinflüsse. Daher sind die obigen Modelle als Teile einer großen Einheit zu betrachten und sollten zur Suchtentstehungserklärung integrativ verwendet werden (vgl., Kutschke, 2012, s.54-59).

2.3 Endstation Abhängigkeit im Alter

Die Entwicklung substanzgebundener Abhängigkeit durchläuft mehrere Stadien. Wegen der Komplexität des Phänomens Sucht kann bestimmt kein einheitliches Modell erfasst werden bezüglich der Stadien, die von den Betroffenen durchlaufen werden bis hin zum Endstation Abhängigkeit. Zwischen erstem Gebrauch und Abhängigkeit bzw. Sucht erstrecken sich sehr oft mehrere Jahre bzw. Jahrzehnten. Wenn der Gebrauch oft auch erstmal kontrolliert wiederholt wird, gelangt der Betroffene in die Phase der Gewöhnung, wo der riskante, unkontrollierte Konsum stark präsent ist (vgl., Niekrens,2012, s.35-39) . Dieses Stadium ist von Bedeutung, weil es sehr oft den Übergang bzw. die Grenze zur Sucht bildet (vgl., ebd.). In den vorgehenden Kapiteln wurden Modelle zur Suchtentstehung im Allgemeinen dargestellt. Der alternde Mensch kommt in eine Lebensphase, wo er sich bisher unbekannten Ängsten und Herausforderungen stellen muss, die seine Anpassungsfähigkeit in Probe stellen. Es kann eine Krisensituation entstehen, die von den Betroffenen nicht mehr bewältigt werden kann. Identitätskrisen, Verlust von Freunden, Bezugspersonen, Partner/in, der Einzug im Altersheim etc. beeinflussen die Suchtentwicklung im Alter. Diese Alterskrisen können zu den sog. ״Late Onset"- Trinkverhalten führen, die sich erst im Alter entwickelt hingegen das ״Early Onset" durch das chronische Trinken seit den jüngeren Jahren gekennzeichnet ist. (vgl., Nirkrens,2012, s.47-48 Jacob, stöver, 2009, S.117- 127). Stöver weist auch darauf hin, dass alleinstehende Männer betreffend Suchtentwicklung bzw. Abhängigkeit besonders gefährdet sind, da sie wegen mangelnden kommunikativen und kooperativen Fähigkeiten, mit Gefühlen oder körperlichen Beschwerden nicht befriedigend umgehen können (Vgl., Jacob, Stöver, 2009, s.117-127) . Multimorbidität und die damit verbundenen Schmerzen und Probleme erschweren den Alltag des alten Menschen. Eine Verkennung der Substanzabhängigkeit kann dadurch entstehen, dass Kriterien der Klassifikationssysteme, Z.B. ICD-10, im Fall der abhängigen alten Menschen nicht gut anwendbar sind vgl., Wolter 2011, s.50-55). Wolter (ebd.) kritisiert die Beurteilbarkeit mehrerer diagnostischen Kriterien für Missbrauch und Abhängigkeit. Nach seinen Überlegungen kann körperliche Entzugssymptomatik, als Klinik von einer nicht identischen Krankheit erkannt werden, aber ebenso können Symptome von diversen alterstypischen Erkrankungen als körperliches Entzugssymptom gehalten werden. Die Pensionierung, der Einzug ins Altersheim, aber auch diverse Erkrankungen führen dazu, dass alte Menschen die gesellschaftliche Teilhabe nur mehr bedingt erfüllen, daher ist die Vernachlässigung von Verpflichtungen ein fragliches Kriterium für diese Altersgruppe (vgl., Wolter, 2011, S.50- 55). Die Toleranzbildung als Kriterium erwies sich bei dieser Gruppe weniger tauglich, da es die Veränderungen bzw. der Toleranzentwicklung im Alter nicht berücksichtigt, wobei die bestehenden Erkrankungen und die Medikation diese sich auf die Toleranz auswirken kann (vgl., ebd.). In Anlehnung an Kutschke (2012, s.54-60) können die Schritte einer Suchtentwicklung folgender Maßen zusammenfassend dargestellt werden: 1. Auslöser und erster Konsum (Early Onset, Late Onset)2. Positiver Effekt und daher wiederholter Konsum 3. Schädlicher Gebrauch 4.Gefährdung in Alltagssituationen 5. Toleranzentwicklung 6. Craving und Entzug 7. Folgeschäden bzw. Verschlechterung bestehender Krankheiten.

3 Alkoholsucht im Alter

Wie bereits erwähnt wurde, ist ein erheblicher Anteil der österreichischen Bevölkerung von gesundheitsschädigenden Alkoholkonsum betroffen und die 60+ bzw. 70+ Generation bildet bei diesem Konsumverhalten auch keine Ausnahme. Laut DHS sind in Deutschland ca. 400.000 ältere Menschen von problematischem Alkoholkonsum betroffen (vgl., Kutschke, 2012, s. 39-40) . Laut Menche et.al, (2014., S.1327) ״Alkoholkrank ist, wer länger als ein Jahr größere Mengen an Alkohol konsumiert, die Kontrolle über den Alkoholkonsum verloren hat und dadurch körperlich, psychisch und in seiner sozialen Stellung geschädigt ist." Alkoholismus ist eine Krankheit deren Behandlung gesetzlich im Ambulanten und stationären Bereichen geregelt ist. Zu einer Behandlung und entsprechende Pflege kann es aber nur kommen, wenn der Betroffene, seine Umgebung und der Pfleger/in die Problematik erkennt und wahrnimmt (vgl., Kutschke, 2012, s.61-63). Die Besonderheit besteht allerdings bei alternden Menschen genau bei der Schwierigkeit Sucht bzw. Abhängigkeit zu erkennen, was zur verspäteten Diagnosestellung und Behandlung führt, wie schon bereits erwähnt wurde, kann das Auftreten von Symptomen zu Verwechselungen, da sie oft unspezifisch erscheinen führen. Nach Weyerer und Wickel (2007. s. 168-169) wird die Abhängigkeit mittels international geltenden diagnostische Kriterien festgestellt. Diese Kriterien sind nach ICD-10 wie folgt:

1. Craving
2.Kontrollverlust bzgl. der Menge, Beginn und Ende des Konsums
3.Toleranzentwicklung
4.Entzugserscheinungen
5.Vernachlässigung anderer Interessen
6. Kontinuierlicher Konsum trotz bereits bestehender physischer, psychischer und sozialer Folgen.

Entscheidend für die Diagnosestellung ist, wenn drei von den obigen sechs Kriterien in den vergangenen Jahren festgestellt werden können. Diverse Screening Instrumente (CAGE, MAST, MALT, LAST, AUDIT) können bei Verdacht auf Alkoholkrankheit gut eingesetzt werden und weitere differentialdiagnostische Untersuchungen, von Laboruntersuchungen, einschließlich der psychiatrischen Anamnese sind nötig die Alkoholabhängigkeit eindeutig feststellen zu können, (vgl., Banger, 2010, S.428- 430). Die Auswertung erfolgt unterschiedlich. Die Instrumente sind auch von unterschiedlicher Länge. Das Cage umfasst nur 4 Fragen und schon zwei bejahte Antworten können auf einen gefährlichen Konsum hinweisen. Das AUDIT arbeitet mit Punktesystem, sodass bei 10 Fragen min. 0 und max. 40 Punkte vergeben werden können.

[...]

Final del extracto de 69 páginas

Detalles

Título
Sucht im Alter. Alkoholsucht, Benzodiazepinabhängigkeit, Missbrauch von illegalen Substanzen
Calificación
1,0
Autor
Año
2017
Páginas
69
No. de catálogo
V451741
ISBN (Ebook)
9783668848467
ISBN (Libro)
9783668848474
Idioma
Alemán
Palabras clave
Sucht, Altenpflege Gerontopsychiatrie, Benzodiazepin-Missbrauch, Alkoholismus im Alter, illegale Drogen
Citar trabajo
Ildiko Bauer (Autor), 2017, Sucht im Alter. Alkoholsucht, Benzodiazepinabhängigkeit, Missbrauch von illegalen Substanzen, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/451741

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