Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
Inhaltsverzeichnis
1. Executive Summary
2. Einleitung
3. Laissez-Faire-Führungsstil
3.1. Historische Einordnung von Laissez-Faire
3.2. Laissez-Faire in klassischen Führungsstilkonzepten
3.2.1. Führungsstile nach Lewin, Lippitt und White
3.2.2. Führungskontinuum nach Tannenbaum und Schmidt
3.2.3. Full Range Leadership Model nach Avolio und Bass
4. Destruktive Führung
5. Destruktivität des Laissez-faire-Führungsstils
6. Fazit
Quellen
ITM Checklist
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1. Beispiele für destruktives Führungsverhalten nach Buss’ von 1961
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1. Führungskontinuum nach Schmidt und Tannenbaum, 1973, S. 4 (eigene Darstellung)
Abbildung 2. Full Range Leadership Model nach Avolio und Bass (eigene Darstellung)
Abbildung 3. Modell der destruktiven und konstruktiven Führung (eigene Darstellung)
Die unsichtbare Hand im Unternehmen: Zur Destruktivität des Laissez-Faire-Führungsstils
1. Executive Summary
Der Führungsstil ist ein maßgeblicher Faktor für den Erfolg einer Unternehmung. Die wissenschaftliche Forschung kennt eine Vielzahl verschiedener Führungsstile, die je nach der dimensionalen Betrachtungsweise in Modellen zusammengefasst wurden. Besonders der Laissez-Faire-Führungsstil fand im Laufe der letzten Jahrhunderte eine besondere Betrachtung und wurde hinsichtlich seiner Wirksamkeit untersucht.
Ziel dieser Arbeit ist es, die Merkmale, die dem Laissez-Faire-Stil aus diversen wissenschaftlichen Perspektiven zugesprochen werden, herauszustellen und mit denen einer destruktiven Führung zu vergleichen. Diese Arbeit stellt die Frage, ob die Laissez-FaireFührung als destruktiver Führungsstil zu betrachten ist.
Es zeigte sich während der Recherche, dass Laissez-Faire-Führung durchaus einige Merkmale einer destruktiven Führung aufweist. Hinsichtlich der Auswirkungen auf die Mitarbeiter und den Unternehmenserfolg kann die Laissez-Faire-Führung destruktive Folgen haben. Allerdings verstehen viele wissenschaftliche Modelle nur Führungsstile als destruktiv, wenn der Führende absichtlich destruktiv handelt. Daher kann LaissezFaire nicht eindeutig den destruktiven Führungsstilen zugeordnet werden. Unabhängig davon zeigt die vorliegende Arbeit jedoch auf, dass ein Laissez-Faire-Führungsstil kein empfehlenswerter Führungsstil ist und nur unter besonderen Bedingungen situativ angewendet werden sollte.
2. Einleitung
Apple-Gründer Steve Jobs hat einmal angemerkt, es sei sinnlos, Leute einzustellen und ihnen dann zu zeigen, was sie tun und lassen sollten. Steve Jobs zufolge sollten clevere Leute angestellt werden, um Lösungen für Unternehmen zu finden.1 Laut Bass & Riggio sollten es die Mitarbeiter sein, die dem Management sagen, was zu tun ist und nicht umgekehrt.2 Jobs’ Bemerkungen weisen auf die Kernelemente des Laissez-Faire-Führungsstils hin. Entgegen Jobs’ Meinung wird dieser Führungsstil in der Wissenschaft mehrheitlich als eine Art destruktive Führung angesehen.3 Nur wenige Quellen attestieren dem Führungsstil eine positive Wirkung.4 Ein Grund dafür ist, dass Laissez-FaireFührung sich durch mangelnde Bereitschaft, sich aktiv an Arbeit zu beteiligen oder die Handlungen beziehungsweise Verhaltensweisen von Mitarbeitern zu beeinflussen, auszeichnet.5 Sie wird daher mitunter als Nicht-Führung bezeichnet.6
Die vorliegende Hausarbeit befasst sich mit dem Konzept der Laissez-Faire-Führung. Diese wird zunächst in Kapitel drei definiert und aus verschiedenen Blickwinkeln der wissenschaftlichen Literatur beleuchtet. Das darauffolgende Kapitel behandelt Merkmale destruktiver Führung und welche Auswirkungen eine destruktive Führung auf Mitarbeiter und den Unternehmenserfolg haben kann. Das fünfte Kapitel untersucht, inwieweit der Laissez-Faire-Führungsstil auf die Merkmale destruktiver Führung zutrifft. Das letzte Kapitel schließt mit einem Fazit.
3. Laissez-Faire-Führungsstil
Die Kernelemente der Laissez-Faire-Philosophie erkennen das Individuum als Basis der Gesellschaft an. Jedes Individuum hat das Recht, frei zu handeln. Hieraus entsteht eine natürliche Ordnung der Gesellschaft, die sich selbst reguliert und somit Harmonie erreicht.7 Die folgenden Unterkapitel geben einen Überblick über die historische Hinter-gründe von Laissez-Faire und beleuchten die Merkmale einer Laissez-Faire-Führung anhand klassischer Konzepte.
3.1. Historische Einordnung von Laissez-Faire
Der Ursprung dieser Philosophie lässt sich auf die industriellen Umwälzungen während der Regierungszeit Ludwigs XIV. in Frankreich zurückführen. Jean-Baptiste Colbert, Finanzexperte versuchte während der Regierungszeit von König Ludwig XIV., eine Lösung für die damalige Handelskrise zu finden, indem er Wege fand, wie die Regierung eingreifen konnte. Industrielle und Geschäftsleute hingegen erklärten, dass es ihnen selbst überlassen sein sollte so zu handeln, wie sie es für richtig hielten.8
Ab dem 18. Jahrhundert dominierte das Konzept, den Handel den Marktkräften zu überlassen. Diese Form der Laissez-Faire-Ökonomie basierte auf der Vorstellung, dass die natürliche Welt von Natur aus selbstregulierend ist, daher hielt man die natürliche Regulierung für sinnvoller als die menschliche. Dies bedeutete, dass die Märkte am besten funktionierten, wenn es keine staatliche Intervention gab. Adam Smith bezeichnete diese Form der Nicht-Regulierung durch den Staat als „Unsichtbare Hand“.9 Im 19. Jahrhundert wurde Laissez-Faire populärer und das Konzept breitete sich über ganz Europa aus, wobei die Lehren englischer liberaler Ökonomen wie Thomas Hobbes, Adam Smith und Thomas Payne die treibenden Kräfte war. Während dieser Zeit wurde die Rolle des Individuums wichtiger. Es wurde angenommen, wenn das Individuum seine Wünsche oder Ziele nach Gutdünken verfolgte, würde die Gesellschaft von der Erreichung individueller Ziele profitieren, was bedeutet, dass auch die Ziele der Gesellschaft erreicht würden.10
3.2. Laissez-Faire in klassischen Führungsstilkonzepten
Die Ideen und Konzepte von Laissez-Faire aus der Volkswirtschaftslehre wurden zu Beginn des 20. Jahrhunderts zu Grundprinzipien der Führungstheorie. Während dieser Zeit begannen Sozialwissenschaftler, verschiedene Managementund Führungsstile zu studieren und zu analysieren. Auch im 21. Jahrhundert ist der Laissez-Faire-Führungsstil noch weit verbreitet. Dies zeigt eine Studie, die Aasland und Kollegen mit 2.500 Angestellten durchführen, der zufolge 21 Prozent eine Laissez-Faire-Führung haben.11 Im Weiteren wird der Laissez-Faire-Führungsstil anhand drei klassischer Führungskonzepte erläutert.
3.2.1. Führungsstile nach Lewin, Lippitt und White
Kurt Lewin gilt als einer der einflussreichsten Wissenschaftler auf dem Gebiet der Führungsforschung. Als Pionier auf dem Gebiet der Sozialpsychologie sind Lewins Forschungsergebnisse auch heute noch relevant für Personalverantwortliche. Zusammen mit Kollegen hat er drei Formen klassischer Führungsstile identifiziert:12
1. Autoritärer Stil (Regeln, Aufgaben und Lösungswege werden von der Autorität vorgegeben. Die Autorität ist zwar persönlich in Lob und Kritik, dabei allerdings nicht feindlich eingestellt.)13
2. Demokratischer Stil (Alle Regel und Lösungswege werden in der Gruppe besprochen, unterstützt durch die Führungsperson, die allerdings Alternativen vorgibt. Die Führungsperson ist in ihrem Feedback objektiv und faktenorientiert.)14
3. Laissez-Faire Stil (Vollständige Freiheit der Gruppe ohne Einmischung des Verantwortlichen. Dieser versorgt die Gruppe lediglich mit den benötigten Informationen und Materialien. Es wird nur auf Nachfrage ein Feedback gegeben.)15
Die drei Stile sind hinsichtlicher der Einmischung in das Verhalten der Untergebenen, indem Regeln vorgegeben werden, der Vorgabe von Lösungswegen und die Art des Feedbacks mehrdimensional voneinander verschieden.16 Hinsichtlich der Praxistauglichkeit bestehen Zweifel, da Lewin und Kollegen nicht etwa das Verhalten von Erwachsenen im Arbeitskontext, sondern das von Jungen bei Bastelaufgaben untersuchten.17 Es ist anzumerken, dass Laissez-Faire im Sinne von Lewin und Kollegen nicht mit Nicht-Führung gleichzusetzen ist, da die Führungsperson immer noch Aufgaben wie die Informationsweitergabe und Feedback auf Anfrage übernimmt.
3.2.2. Führungskontinuum nach Tannenbaum und Schmidt
Tannenbaum und Schmidt entwickelten 1958 eine siebenstufiges Modell, das sich auf den Grad der Partizipation einer Führungsperson fokussiert. Unter Partizipation fassen Tannenbaum und Schmidt die Art der Lösungsund Entscheidungsfindung.18 Je geringer das Maß an Partizipation, desto weniger werden Mitarbeiter in die Entwicklung von Lösungsalternativen und die abschließende Entscheidung für eine dieser Alternativen eingebunden (Abbildung 1).
Abbildung 1. Führungskontinuum nach Schmidt und Tannenbaum, 1973, S. 4 (eigene Darstellung)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Innerhalb des Führungskontinuums ähnelt die siebte Stufe, der autonome Führungsstil, einer Laissez-Faire-Führung. Mitarbeiter identifizieren und diagnostizieren eigenständig das Problem und entwickeln Lösungswege. Die einzige Beschränkung erfolgt durch die Führungskraft oder die Organisation.19 Regeln und Limitationen sind allerdings ebenfalls eine Form der Führung, wohingegen eine Laissez-Faireoder auch Nicht-Führung20 einen noch höheren Freiheitsgrad der Mitarbeiter aufweist und daher im Führungskontinuum rechts des autonomen Stils einzuordnen wäre.
Das Führungskontinuum nach Tannenbaum und Schmidt ermöglicht durch die eindimensionale Betrachtung der Partizipation zwar eine bessere Vergleichbarkeit der Führungsstile, berücksichtigt aber andere Dimensionen wie Kommunikation und Feedback nicht.
3.2.3. Full Range Leadership Model nach Avolio und Bass
Das Full Range Leadership Model ordnet Führungsstile hinsichtlicher der Aktivität der Führungsperson und der beobachteten Effektivität der Mitarbeiter.21 Neben den vier I’s der transformationalen Führung, die in diesem Assignment keine nähere Betrachtung erfährt, ist das Full Range Leadership Model um drei Komponenten der Transaktionen Führung sowie dem Laissez-Faire-Führungsstil ergänzt (Abbildung 2).
Abbildung 2. Full Range Leadership Model nach Avolio und Bass22 (eigene Darstellung)
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Obwohl nicht aus dem Modell ersichtlich, unterscheidet sich die transformationale Führung von der transaktionalen Führung hinsichtlich ihres Aufgabenund Mitarbeiterbezugs. Transformationale Führung ist auf die Mitarbeiter ausgerichtet, während transaktionale Führung auf die Aufgaben ausgerichtet ist.23 Im Gegensatz zu den in den vorherigen Unterkapiteln beschriebenen Modellen, nimmt das Full Range Leadership Model eine Einschätzung hinsichtlich der Effektivität vor. Demnach ist ein Laissez-Faire-Führungsstil der ineffektivste Führungsstil, gefolgt vom passiven Management by Exception, bei dem eine Führungsperson nur eingreift, wenn Mitarbeiter Hilfe in besonderen Problemsituationen anfordern.24 Der Management by Exception Stil ähnelt dem Führungsstil, der ursprünglich durch Lewin und Kollegen als Laissez-Faire beschrieben wurde, bei dem die Führungsperson erst mit Feedback zur Verfügung steht, wenn die Mitarbeiter dies einfordern.
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1 https://www.businessinsider.de/steve-jobs-erklaerte-was-viele-unternehmen-bei-ihren-besten-angestellten-falsch-machen-2017-10, Zugriff am 13.07.2018
2 Bernard M. Bass und Ronald E. Riggio, Transformation Leadership (Mahwah, NJ: L. Erlbaum Associates, 2006).
3 Anders Skogstad et al., "The Destructiveness of Laissez-faire Leadership Behavior.,"Journal of Occupational Health Psychology 12, no. 1 (2007):, doi:10.1037/1076-8998.12.1.80).;
Josef Frischer and Knut Larsson, "Laissez-faire in Research Education — an Inquiry into a Swedish Doctoral Program,"Higher Education Policy 13, no. 2 (2000):, doi:10.1057/palgrave.hep.8390132.;
E. Kevin Kelloway et al., "Poor Leadership,"Handbook of Work Stress:, doi: 10.4135/9781412975995.n5.;
Piccolo, Ronald F., und Timothy A. Judge. "Personality and Transformational and Transactional Leadership: A Meta-Analysis."Journal of Applied Psychology 89, no. 5 (2004): 901-10. doi: 10.1037/0021-9010.89.5.901.
4 Inju Yang, "Positive Effects of Laissez-faire Leadership: Conceptual Exploration,"Journal of Management Development 34, no. 10 (2015). doi:10.1108/jmd-02-2015-0016.
5 Bass und Riggio, Transformational Leadership, S. 20.
6 Fred Luthans, Organizational Behavior (New York: McGraw-Hill Higher Education, 2010), 410.
7 Alan Wilson Watts und Al Chung-Liang Huang. Tao, 1975, 75.
8 John Maynard Keynes, "The End of Laissez-Faire,"Essays in Persuasion, 2010, doi: 10.1007/978-1-349-59072-8_21.
9 Adam Smith, The Wealth of Nations (Place of Publication Not Identified: Simon & Brown, 2012).
10 Jacob Viner, „The Intellectual History of Laissez Faire“The Journal of Law and Economics 3, 2000, 56ff
11 Merethe Schanke Aasland et al., "The Prevalence of Destructive Leadership Behaviour,"British Journal of Management, 2009, doi:10.1111/j.1467-8551.2009.00672.x.
12 Kurt Lewin, Ronald Lippitt, und Ralph K. White, "Patterns of Aggressive Behavior in Experimentally Created “Social Climates”,"The Journal of Social Psychology 10, no. 2 (1939): 273, doi: 10.1080/00224545.1939.9713366.
13 ebda.
14 ebda.
15 ebda.
16 ebda. ebda., 274ff
17 Luthans, Organizational Behavior, 416
18 Robert Tannenbaum und Warren H. Schmidt. „How to choose a leadership pattern.“Harvard Business Review, 1973, 43ff
19 ebda., 5
20 Stephen P. Robbins und Timothy A. Judge, Organizational Behavior (Harlow: Pearson Education Limited, 2017), 433
21 Bass und Riggio, Transformational Leadership, 8ff
22 Bass und Riggio, Transformational Leadership, 10
23 ebda., 5ff
24 ebda., 24