Das Wort „Metapher“ kommt aus dem Griechischen und bedeutet „Übertragung“. Seit der Antike wird die Metapher zu den wichtigsten rhetorischen Figuren gezählt.
In dieser Arbeit soll zunächst dargestellt werden, wie die Metapher in der Antike beschrieben und eingeordnet wurde. Zu diesem Zweck werden die Sichtweisen von Aristoteles, Cicero und Quintilian kurz vorgestellt. Dabei wird deutlich, daß sich schon in der antiken Rhetorik die Wichtigkeit der Metapher für den Bedeutungswandel andeutet.
Der Schwerpunkt der Arbeit liegt darin, genau diese Rolle der Metapher näher aufzuzeigen. Dies soll geschehen, indem die Theorien zweier Vertreter der historischen Semantik, Paul und Blank, näher betrachtet werden. Entsprechend der Darstellung der ersten Metapherntheorien in der Antike werden zunächst die Anfänge der Metapher als Verfahren des Bedeutungswandels beschrieben. Paul gilt als einer der einflußreichsten Vertreter der traditionellen historischen Semantik. Mit Hilfe seines Bedeutungsbegriffs soll dargelegt werden, wie Bedeutungswandel durch Metaphern zustande kommt und in welche Kategorien die Metapher eingeteilt wird.
Diese Punkte finden sich auch bei Blank, einem Vertreter der gegenwärtigen historischen Semantik. Seine Theorie erläutert vor allem die kommunikative Leistung der Metapher und ist auch in anderen Punkten weitaus differenzierter, wie ein Vergleich mit Paul zeigen wird.
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Die Metapher in der Rhetorik
2.1 Die Metapher bei Aristoteles
2.1.1 Typologie der Metapher
2.1.2 Die Metapher als rhetorisches Mittel
2.1.3 Metapher und Vergleich
2.2 Die Metapher bei Cicero und Quintilian
2.3 Kritik der Metapher
3. Die Metapher im Bedeutungswandel
3.1 Die Metapher bei Paul
3.1.1 Der Bedeutungsbegriff bei Paul
3.1.2 Die Metapher
3.1.3 Typologie der Metapher
3.2 Die Metapher bei Blank
3.2.1 Der Bedeutungsbegriff bei Blank
3.2.2 Die Metapher
3.2.3 Typologie und kommunikative Leistung der Metapher
4. Schluß
5. Literaturverzeichnis
1. Einleitung
Das Wort „Metapher“ kommt aus dem Griechischen und bedeutet „Übertragung“. Seit der Antike wird die Metapher zu den wichtigsten rhetorischen Figuren gezählt.
In dieser Arbeit soll zunächst dargestellt werden, wie die Metapher in der Antike beschrieben und eingeordnet wurde. Zu diesem Zweck werden die Sichtweisen von Aristoteles, Cicero und Quintilian kurz vorgestellt. Dabei wird deutlich, daß sich schon in der antiken Rhetorik die Wichtigkeit der Metapher für den Bedeutungswandel andeutet.
Der Schwerpunkt der Arbeit liegt darin, genau diese Rolle der Metapher näher aufzuzeigen. Dies soll geschehen, indem die Theorien zweier Vertreter der historischen Semantik, Paul und Blank, näher betrachtet werden. Entsprechend der Darstellung der ersten Metapherntheorien in der Antike werden zunächst die Anfänge der Metapher als Verfahren des Bedeutungswandels beschrieben. Paul gilt als einer der einflußreichsten Vertreter der traditionellen historischen Semantik. Mit Hilfe seines Bedeutungsbegriffs soll dargelegt werden, wie Bedeutungswandel durch Metaphern zustande kommt und in welche Kategorien die Metapher eingeteilt wird.
Diese Punkte finden sich auch bei Blank, einem Vertreter der gegenwärtigen historischen Semantik. Seine Theorie erläutert vor allem die kommunikative Leistung der Metapher und ist auch in anderen Punkten weitaus differenzierter, wie ein Vergleich mit Paul zeigen wird.
2. Die Metapher in der Rhetorik
2.1 Die Metapher bei Aristoteles
Aristoteles behandelt die Metapher in seinen Schriften über Poetik und Rhetorik. Auf ihn geht die Substitutionstheorie zurück, eine der ältesten und verbreitetsten Theorien. Danach wird die Metapher als ein Wort betrachtet, welches von seiner eigentlichen lexikalischen Stelle an eine fremde Stelle übertragen wird. Dort erhält es eine neue Bedeutung, die von seiner ursprünglichen abweicht. Die Bedeutung der Wörter ergibt sich hier also durch eine konventionell festgelegte Zuordnung zu den Dingen. Das ersetzte und das ersetzende Wort stehen in einer paradigmatischen Beziehung, die auf Bedeutungsähnlichkeiten zwischen den beiden Wörtern basiert. Es kommt bei Aristoteles also nicht auf den Kontext an, der schließlich auch bedeutungsbestimmend ist, sondern auf den Austausch
zweier Wörter und warum dieser möglich ist.[1]
Der Vorgang der Übertragung findet somit mehr Beachtung als das Ergebnis. Wenn jedes
Wort seine eigentliche lexikalische Stelle hat, wird eine Metapher bewußt als fremdes Wort wahrgenommen. Zum Verständnis der Metapher ist daher nötig, das ersetzte Wort zu erkennen. Der Hörer muß aber auch die ursprüngliche Bedeutung des übertragenen Wortes kennen, damit es ihm in einer bestimmten Verwendungsweise als Metapher auffallen kann.[2]
2.1.1 Typologie der Metapher
Aristoteles’ Typologie der Metapher folgt logischen Kriterien. Je nach Ursprungsort und -ziel werden vier Kategorien unterschieden:
1. Übertragung von der Gattung auf die Art: stillstehen für ,vor Anker liegen‘
2. Übertragung von der Art auf die Gattung: zehntausend für ,viel‘
3. Übertragung von Art zu Art: abschöpfen für ,abschneiden ‘ (Gattung: ,wegnehmen‘)
4. Übertragung nach einer Analogie: Abend des Lebens für ,Alter‘
Die erste Kategorie bezeichnet demnach eine verallgemeinernde Metapher (stillstehen als Oberbegriff), die zweite eine präzisierende Metapher (,viel‘ als Oberbegriff). In den ersten drei Fällen geht es also um Similaritäten, welche die einzelnen Wörter verbinden und austauschbar machen.[3]
Der vierte Typ der Metapher wird eingehender behandelt. Er basiert auf einem proportionalen Verhältnis zwischen zwei Relationen: A verhält sich zu B wie C zu D (Alter verhält sich zu Leben wie Abend zu Tag) . Bei der Metapher wird nun ein Wort aus seiner Position in einer Relation in die entsprechende Stelle in der anderen Relation übertragen. Derartige Analogien gehören zum vorsprachlichen Wissen, welches hier die Basis für das Verstehen einer Metapher ausmacht. Die Übertragung nach einer Analogie kann auch stattfinden, wenn ein analoger Begriff nicht existiert. Ein Motiv, Metaphern zu verwenden, ist also der Mangel an einer passenden Bezeichnung für einen Gegenstand oder einen Sachverhalt.[4]
Nach Aristoteles beruht das Erkennen von Similaritäten und Analogien auf Begabung.
Gute Metaphern zu bilden, kann daher nicht erlernt werden.[5]
2.1.2 Die Metapher als rhetorisches Mittel
Die metaphorische Verwendung eines Wortes sieht Aristoteles als Abweichung vom alltäglichen Sprachgebrauch, wobei aber übersehen wird, daß die alltägliche Sprache ebenfalls reich an Metaphern ist.[6] In der poetischen Redeweise gilt die Metapher als das wichtigste sprachliche Mittel. Ihr Gebrauch darf nicht übertrieben werden, sondern muß angemessen sein, damit die Rede verständlich bleibt. Die Funktion der poetischen Mittel ist, die alltägliche Rede zu verfremden, um eine neue Sicht der Dinge zu erzeugen. Dies ist ein zweites wesentliches Motiv für den Gebrauch von Metaphern.[7] Durch die Übertragung eines fremden Wortes wird zunächst die sprachliche Ordnung gestört, während dann durch das Erkennen von zugrundeliegenden Bedeutungsähnlichkeiten eine neue Ordnung hergestellt wird. Eine solche Verfremdung der Rede wirkt für den Hörer interessant. Die Metapher erhält so eine instruktive und persuasive Kraft. Sie kann aber auch manipulativ sein. Aristoteles führt hier Euphemismen und Disphemismen als Beispiele an, z.B. Beschaffer für ,Räuber‘.[8]
2.1.3 Metapher und Vergleich
Nach der gängigen Auffassung wird die Metapher als verkürzter Vergleich verstanden,
bei dem das Vergleichswort weggelassen wurde. Dies sahen schon die Nachfolger Aristoteles’, Cicero und Quintilian, so. Allerdings hatte Aristoteles zuvor das Gegenteil gezeigt, daß nämlich der Vergleich eine Art der Metapher ist. Nicht die Metapher ist um das Vergleichswort gekürzt, sondern der Vergleich um dieses erweitert. Zudem werden die zwei Bestandteile einer Metapher (Substitut und Substituent) als identisch hingestellt, während die Bestandteile eines Vergleichs hinsichtlich einer Gemeinsamkeit verglichen werden. Dabei sind auch alle Elemente wörtlich gemeint. Die Metapher, bei der Wörtliches und Übertragenes verbunden wird, leistet also viel mehr als ein Vergleich.[9]
2.2 Die Metapher bei Cicero und Quintilian
Bei Cicero und Quintilian finden sich Systematisierungen der aristotelischen Ausführungen, die das Fundament der schulrhetorischen Metapherntheorie bilden. Die Metapher gilt als der wichtigste und schönste Tropus (Austausch von Wörtern). Auch hier vollzieht sich die Übertragung eines Wortes an eine fremde Stelle auf der Basis einer Bedeutungsähnlichkeit. Die Funktionen der Metapher sind zum einen die Schaffung eines Ausdrucks, wo ein Mangel besteht, zum anderen das Ausschmücken der Rede zum Vergnügen des Hörers. Die besondere Qualität der Metapher zeigt sich, wenn das fremde Wort an der neuen Stelle mehr besagt als der eigentliche Ausdruck, wenn die Metapher den Sachverhalt anschaulicher und genauer darstellt.
Folgende Typologie wird von Quintilian aufgestellt:[10]
1. Übertragung vom Belebten zum Belebten: Fuchs > ,schlauer Mensch‘
2. Übertragung vom Belebten zum Unbelebten: Fuß des Berges
3. Übertragung vom Unbelebten zum Unbelebten: Motorhaube
4. Übertragung vom Unbelebten zum Belebten: Schrank > ,kräftig gebauter Mensch‘ (Beispiele E.S.)
2.3 Kritik der Metapher
Bis in das 18. Jahrhundert hinein verändert sich die Theorie der Metapher nicht. Im Barock ist die kühne Metapher, die äußerst widersprüchliche Bedeutungen verbindet, kennzeichnend für viele Gedichte. Weiterhin bleibt die Orientierung der Metapher am Vergleich bestehen. Neben der Funktion des Vergleichs zweier Sachen ist die Metapher kein bloßer Schmuck einer Rede, welcher austauschbar ist, sondern eine sprachliche Form, die etwas anschaulich darstellen soll. Mitte des 18. Jahrhunderts kommt jedoch eine Kritik der Rhetorik auf, welche alle rhetorischen Mittel als etwas Überflüssiges betrachtet. Statt dessen wird eine natürlichere Ausdrucksweise bevorzugt.[11] Die Metapher verliert ihre Wirkung und wird zum bloßen schmückenden Beiwerk. Die Substitutionstheorie und vor allem die verbum proprium-Lehre in der Rhetorik nach Aristoteles unterstützen diese Ansicht. Letztere geht davon aus, daß ein Wort und das, was es bezeichnet, von Natur aus fest zusammengehören.[12] Ein uneigentlicher Ausdruck (verbum improprium), der an eine ihm fremde Stelle tritt, um das eigentliche Wort (verbum proprium) zu ersetzen, kann demnach nur als Ornament fungieren.[13]
3. Die Metapher im Bedeutungswandel
Bei Aristoteles deutet sich schon an, weshalb die Metapher als eines der wichtigsten Verfahren des Bedeutungswandels betrachtet wird. Eine Metapher, welche durch eine Störung der sprachlichen Ordnung eine neue Sichtweise erzeugt, dürfte auf den Hörer besonders originell und anschaulich wirken. Damit erhöht sich die Wahrscheinlichkeit, daß die einzelne besondere Verwendungsweise eines Wortes vermehrt aufgegriffen wird und sich verbreitet.[14] Dies wiederum ist eine Voraussetzung für Bedeutungswandel. Denn erst wenn eine neue Verwendungsvariante eines Wortes als „Teil einer kollektiven Praxis“[15] konventionalisiert ist, hat eine Bedeutungsveränderung stattgefunden.
Das andere Motiv zur Verwendung einer Metapher, das bei Aristoteles auftaucht, spielt beim Bedeutungswandel ebenfalls eine gewichtige Rolle. In unserem Wortschatz finden sich sehr viele Metaphern, die aus Bezeichnungsmangel entstanden sind. Oft erhalten neu erfundene Gegenstände auf Grund ihrer Ähnlichkeit zu anderen Dingen deren Bezeichnung (z.B. Fuchsschwanz für ,Handsäge‘). Die Leistung der Metapher liegt dabei darin, das Fremde durch den bekannten Ausdruck, der gebraucht wird, vertraut erscheinen zu lassen.[16]
Schließlich erwähnt Aristoteles noch die euphemistische Funktion der Metapher, welche
auch zu Bedeutungswandel führen kann. Durch eine euphemistische Ausdrucksweise soll ein tabuisierter Sachverhalt entschärft werden (z.B: entschlafen für ,sterben‘; Dirne für ,Prostituierte‘). Durch sehr häufige Verwendung kann der euphemistisch gebrauchte Ausdruck seine ursprüngliche Bedeutung verlieren. So hieß Dirne früher ,junge Dienerin‘, eine Bedeutung, die heute weggefallen ist.[17]
3.1 Die Metapher bei Paul
3.1.1 Der Bedeutungsbegriff bei Paul
In seinem 1880 erschienenem Werk „Prinzipien der Sprachgeschichte“ behandelt Hermann Paul die Metapher als eine wichtige Art des Bedeutungswandels. Nach Paul kommt Bedeutungswandel folgendermaßen zustande: Bei der individuellen Anwendung eines Wortes kann es zu einer Abweichung von der usuellen, also der gebräuchlichen, konventionalisierten Bedeutung kommen, die dann allmählich selbst usuell wird. Die Möglichkeit des Bedeutungswandels ist dadurch gegeben, daß die Bedeutung, die das Wort bei der jeweiligen Verwendung hat, sich nicht mit der eigentlichen Bedeutung des Wortes zu decken braucht. Für diese Diskrepanz benutzt Paul die Begriffe usuelle und okkasionelle Bedeutung.[18]
Unter ersterem versteht Paul „den gesamten Vorstellungsinhalt, der sich für den Angehörigen einer Sprachgenossenschaft mit einem Worte verbindet, unter okkasioneller Bedeutung denjenigen Vorstellungsinhalt, welchen der Redende, indem er das Wort ausspricht, damit
verbindet und von welchem er erwartet, dass ihn auch der Hörende damit verbinde.“[19]
Die okkasionelle Bedeutung hat somit einen größeren Begriffsinhalt als die usuelle Bedeutung und dadurch auch einen kleineren Begriffsumfang. Damit wiederum hängt zusammen, daß ein Wort in der okkasionellen Bedeutung etwas Konkretes bezeichnet, während es usuell etwas Abstraktes bezeichnet. Paul meint hiermit nicht die Einteilung der Substantive in Abstrakta und Konkreta, sondern er versteht unter einem Konkretum etwas real Existierendes, das an Raum und Zeit gebunden ist. Das Abstrakte, das durch die usuelle Bedeutung ausgedrückt wird, ist hingegen ein allgemeiner Vorstellungsinhalt.[20]
So kann z.B. das Wort Hund in einer okkasionellen Verwendung einen bestimmten Hund bezeichnen, der real existiert und der ihm eigentümliche Merkmale hat (daher die größere Intension). Die usuelle Bedeutung von Hund ist im Gegensatz dazu die allgemeine Vorstellung, die man von Hunden hat.
[...]
[1] Vgl. Gerhard Kurz, Theodor Pelster: Metapher. Theorie und Unterricht, Düsseldorf 1976, S. 11ff.
[2] Ebd., S. 15.
[3] Vgl. Andreas Blank: Prinzipien des lexikalischen Bedeutungswandels am Beispiel der romanischen Sprachen, Tübingen 1997, S. 172.
[4] Vgl. Kurz et. al., S. 16ff.
[5] Ebd., S. 22.
[6] Vgl. Gerhard Kurz: Metapher, Allegorie, Symbol, 3., bibliographisch ergänzte Auflage, Göttingen 1993, S. 8.
[7] Vgl. Kurz et al., S. 19f.
[8] Ebd., S. 22f.
[9] Ebd., S. 24.
[10] Ebd., S. 26ff.
[11] Ebd., S. 29f.
[12] Ebd., S. 11.
[13] Ebd., S. 34f.
[14] Vgl. Gerd Fritz: Historische Semantik, Stuttgart und Weimar 1998, S. 40.
[15] Fritz, S. 38.
[16] Ebd., S. 43f.
[17] Ebd., S. 46f.
[18] Vgl. Hermann Paul: Prinzipien der Sprachgeschichte, 8., unveränderte Auflage, Tübingen 1968, S. 75.
[19] Ebd.
[20] Ebd.
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