Beim Betrachten des heutigen praktizierten Katholizismus erscheint das Wallfahrtswesen nicht selten wie ein aus der Zeit gefallenes, vormodernes Relikt. Umso mehr erstaunt es, dass sich eine Vielzahl altbekannter sogenannter Gnadenstätten einer immer noch lebendigen Beliebtheit erfreuen, gar mancherorts von einem Wiedererstarken der Wallfahrten gesprochen werden kann. Mag diese individuelle Entscheidungsfreiheit des Gläubigen heute selbstverständlich erscheinen, so wurde dieses persönliche Bedürfnis im Zeitalter der politischen sowie kirchlichen Aufklärung einer starken Restriktion unterworfen. Jahrhundertelang gelebtem Brauchtum, basierend auf der Vorstellung des Eingebundenseins in die göttliche Weltordnung mit all ihren Erklärungstheorien, galten spätestens ab dem 18. Jahrhundert die Prämissen der Aufklärung, insbesondere die des aufkeimenden Vernunftdiskurses, als normgebender und den Grundcharakter der vorherigen, weitläufig akzeptierten Weltbilder verändernder Leitfaden. Fortan wurden weder Gott noch die Heiligen negiert oder gar „abgeschafft“; vielmehr zielte die von staatlicher, als auch von klerikaler Seite forcierte Volksaufklärung darauf ab, das ausufernde Frömmigkeitswesen in geordnete Bahnen zu lenken und auf diese Weise steuerbarer zu machen. In diesen Kontext fällt die Reduzierung von Feiertagen ebenso wie das schlichte Verbot mancher Bittgänge, welche in den Augen der politischen und geistlichen Führer eher Müßiggänge darstellten. Solch drastische Einschnitte in die intimste Privatsphäre des Einzelnen stießen auf breit angelegten Widerstand in der Bevölkerung. Galt es doch nicht zuletzt, ein mittlerweile fest installiertes Welterklärungssystem zu verteidigen, welches nun unter dem für die breite Masse noch unverständlichen Schlagwort der Vernunft einer Prüfung unterzogen werden sollte.
Inhaltsverzeichnis
- 1. Einführung
- 2. Der Ort Altötting und das Entstehen der Wallfahrt
- 3. Die Auswirkungen der Aufklärung
- 3.1. Orden und Bruderschaften
- 3.2. Staatliche und kirchliche Eingriffe
- 3.3 Volkstümliche Frömmigkeit
- 4. Gegenwärtige Situation und Schlussbemerkungen
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit untersucht die Auswirkungen der Aufklärung auf das Wallfahrtswesen in Altötting. Sie verfolgt die Entwicklung der Wallfahrt von ihren Anfängen bis zur Säkularisierung und beleuchtet die Konflikte zwischen staatlicher und kirchlicher Kontrolle sowie volkstümlicher Frömmigkeit.
- Die Entstehung und Entwicklung der Wallfahrt in Altötting
- Der Einfluss der Aufklärung auf die religiöse Praxis und die Steuerung des Wallfahrtswesens
- Der Konflikt zwischen staatlicher und kirchlicher Einflussnahme und der volkstümlichen Frömmigkeit
- Die Säkularisierung und die Einordnung der Kirche in das Staatswesen
- Die gegenwärtige Situation der Wallfahrt in Altötting
Zusammenfassung der Kapitel
Das erste Kapitel bietet eine Einführung in die Thematik und beleuchtet die Bedeutung des Wallfahrtswesens in der Zeit der Aufklärung. Im zweiten Kapitel werden die Entstehung der Wallfahrt in Altötting sowie die Entwicklung des Ortes als Pilgerstätte dargestellt. Das dritte Kapitel konzentriert sich auf die Auswirkungen der Aufklärung auf das Wallfahrtswesen. Es untersucht die Rolle von Orden und Bruderschaften, die Eingriffe von Staat und Kirche sowie die volkstümliche Frömmigkeit.
Schlüsselwörter
Altötting, Wallfahrt, Aufklärung, Frömmigkeit, Säkularisierung, Staatswesen, Kirche, Volksfrömmigkeit, Orden, Bruderschaften.
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- Ralph Manhalter (Autor), 2018, Die Altöttinger Wallfahrt zur Zeit der Aufklärung, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/454699