Mentales Training. Sportpsychologische Intervention am Beispiel einer Jugendmannschaft im Nachwuchsfußball


Bachelor Thesis, 2017

57 Pages, Grade: 1,7


Excerpt


Inhaltsverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Tabellenverzeichnis

1 Einleitung

2 Gegenstand der Arbeit

3 Definition "Mentales Training"

4 Sportpsychologische Interventionen
4.1 Die Selbstgespriichsregulation
4.2 Die Kompetenzerwartung
4.2.1 Das Prognosetraining
4.2.2 Training der Nichtwiederholbarkeit
4.2.3 Prognosetraining und Einmaligkeitstraining mit Zeitverzogerung
4.3 Die Aufmerksamkeitsregulation
4.4 Die Aktivationsregulation
4.4.1 Relaxationstechniken
4.4.2 Mobilisationstechniken
4.5 Die Vorstellungsregulation
4.5.1 Mentales Training

5 Sportpsychologie im NachwuchsfuBball

6 Das Trainingsprojekt- Angewandtes Verfahren
6.1 Pre-Test.
6.2 PMR als InterventionsmaBnahme.
6.3 Post-Test

7 Die U17 des SV Bergisch Gladbach

8 Auswertung und Analyse der Ergebnisse
8.1 Ergebnisvergleich der beiden Ubungen
8.2 Ergebnisse der einzelnen Spieler
8.3 Ergebnisvergleich nach Positionen
8.4 Sonstige Erkenntnisse

9 Fazit .

10 Ausblick

11 Uteraturverzeichnis

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Darstellung der Aufmerksamkeitsausrichtungen im Fußball

Abbildung 2:Das Yerkes-Dodson-Gesetz: Zusammenhang zwischen Aktivationsniveau und entsprechender Leistung

Abbildung 3: Obersicht: Autogenes Training

Abbildung 4: Ansatzstellen einer Mobilisationstechnik

Abbildung 5: Die drei Ebenen des Mentalen Trainings

Abbildung 6: Unterscheidung zwischen Fertigkeit und Fahigkeit

Abbildung 7: Die vier zu treffenden Ziele in den unteren und oberen Torecken

Abbildung 8: Aufbau der komplexen Spielsituation

Abbildung 9: Tabelle der B-Junioren-Mittelrheinliga zu Beginn des Projektes

Abbildung lO:Tabelle der B-Junioren-Mittelrheinliga zum Ende des Projektes

Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Ergebnisse der ersten Torschussiibung aus dem Pre-Test

Tabelle 2: Ergebnisse der ersten Torschussiibung aus dem Post-Test

Tabelle 3: Uberblick der Trefferverteilung bei Torschussiibung

Tabelle 4: Ergebnisse der zweiten Torschussiibung aus dem Pre-Test

Tabelle 5: Ergebnisse der zweiten Torschussiibung aus dem Post-Test

Tabelle 6: Uberblick der Trefferverteilung bei Torschussiibung

Tabelle 7: Vergleich der einzelnen Spielerleistungen von Pre-Test zu Post-Test fiir Torschussiibung

Tabelle 8: Zusammenfassung der einzelnen Spielerleistungen fiir Torschussiibung

Tabelle 9: Vergleich der einzelnen Spielerleistungen von Pre-Test zu Post-Test fiir Torschussiibung

Tabelle 10: Zusammenfassung der einzelnen Spielerleistungen fiir Torschussiibung

Tabelle 11: Vergleich der Spielerleistungen nach Positionen fiir Torschussiibung

Tabelle 12: Vergleich der Spielerleistungen nach Positionen fiir Torschussiibung

Tabelle 13: Gesamtiibersicht der Spielerleistungen nach Positionen fiir beide Ubungen

Executive summary

Die vorliegende Bachelorarbeit widmet sich dem Thema ,Mentales Training - Sportpsychologische Intervention am Beispiel emer Jugendmannschaft 1m NachwuchsfuBball." In ihr soli die Frage beantwortet werden, ob sich die Leistungsfiihigkeit junger Nachwuchsspieler durch bewusstes und gezieltes mentales Training mittels sportpsychologischer Intervention steigern liisst. Urn auf diese Ausgangsfrage eine aussagekriiftige Antwort zu bekommen, wurde ein spezielles Trainingsprojekt entwickelt, welches sich tiber insgesamt viereinhalb Wochen streckt.

Zur Messung der Leistungssteigerung absolvierte die U17 des SV Bergisch Gladbach 09 zu Beginn und zum Abschluss des Projektes jeweils eine Trainingseinheit mit zwei verschiedenen Torschussiibungen. Die Spieler hatten die Aufgabe, aufgestellte Ziele in den unteren und oberen Ecken des Tores zu treffen. In den viereinhalb Wochen zwischen diesen heiden Trainingseinheiten lernte die Mannschaft die Progressive Muskelrelaxation (PMR) als sportpsychologische Intervention kennen. Diese Art des mentalen Trainings sollte zur Aktivationsregulation beitragen und die individuelle Leistungsfiihigkeit der einzelnen Spieler verbessern.

Am Ende des Trainingsprojektes wurden die erzielten Ergebnisse der Spieler aus den Trainingseinheiten mit den Torschussiibungen ausgewertet und analysiert. Daraus folgte die Erkenntnis, dass sich die kurze Zeit der Intervention als positiv wirksam fiir die zu untersuchende Gruppe herausgestellt hat. In nal!ezu allen Auswertungen hat sich eine Leistungssteigerung der Nachwuchsspieler ergeben. AuBerdem sicherte sich die U17 des SV Bergisch Gladbach 09 wiihrend des Zeitraums des Projektes, auch durch den Einsatz von mentalem Training mittels sportpsychologischer Intervention, in einem Iangen Saisonendspurt den Klassenerhalt in ihrer Spielklasse.

1 Einleitung

FuBballmannschaften werden stets an ihren Ergebnissen und Spieler an ihren sportlichen Leistungen gemessen 1 Trainer und Vereinsvorstande stellen in der Sommervorbereitung ein Team zusammen, von dem sie sich den bestmoglichen Erfolg versprechen. Im Laufe einer Saison kommt es allerdings nicht selten vor, dass die Akteure unterschiedlichen Drucksituationen ausgesetzt werden. Fiinf Spieltage vor Schluss steckt der Verein beispielsweise auf einem Abstiegsplatz und ist auf Siege angewiesen oder in einem Pokal­ Endspiel wird der Gewinner erst im ElfmeterschieBen ermittelt. In Situationen wie diesen, sind bei den Spielern besondere Eigenschaften gefragt: Ruhe bewahren und sich mental auf die anstehenden Aufgaben einstellen.

Den unterlegenen Sportlern wird oft unterstellt, kopflos und nervos gewirkt zu haben oder nicht auf dem Spielfeld anwesend gewesen zu sein. In diesem Fall werden wahrend eines FuBballspiels auBere Ablaufe wie die Bewegungsausfiihrung nicht von inneren Ablaufen wie Gedanken und Gefiihlen unterstiitzt.2 Folglich darf im Leistungssport das tagliche Trainieren mentaler Fertigkeiten nicht vemachlassigt werden.

Zu dieser Erkenntnis sind in den vergangenen Jahren auch einige Vereine gekommen . Sportpsychologen galten lange Zeit als , weitgehend tabu"3. Diese Einstellung hat sich bis heute jedoch geandert. Zwar ist noch von einem ,zarten Abtastversuch"4 zu sprechen, doch immer haufiger wird auf Mentaltrainer zuriickgegriffen. So betreute Prof. Dr. Andreas Marlovits die Spieler des VfL Wolfsburg in der Saison 2016/2017 rund urn die Relegationsspiele urn den Klassenerhalt in der Bundesliga gegen Eintracht Braunschweig, den Drittplatzierten der 2. Bundesliga5.

Die wachsende Medienlandschaft, Kommerzialisierung, Internationalisierung und das standig schneller und athletischer werdende Spiel verlangt den Sportlern Fertigkeiten ab,,die zusatzliche Anforderungen und eventuell Belastungen an Spieler und Trainer stellen"6. Die Spieler sind von vielen auBeren Einflussfaktoren abgelenkt und rufen dementsprechend nicht die geforderte Leistung an einem Spieltag oder auch im Training ab. Durch mentales Training konnen auch die letzten noch vorhandenen Leistungsreserven an die Oberflache geholt werden, urn die notigen positiven Ergebnisse zu erzielen. Hier geht es hauptsachlich urn die Fertigkeiten Selbstvertrauen, Motivation, Konzentrationsvermogen, Erholungsregulation oder Mannschaftszusammenhale.7 Mentales Training ist prinzipiell wirksamer als kein Training, allerdings ist der Effekt geringer als der des praktischen Trainings. ,Den groBten Leistungszuwachs verspricht eine Kombination aus mentalem und praktischem Training."8

Doch nicht nur 1m Seniorenbereich sind Schwierigkeiten in Bezug auf die mentale Belastbarkeit zu erkennen. Auch im NachwuchsfuBball spielen einige, wenn auch etwas andere, Faktoren eine wichtige Rolle. Diese werden in der vorliegenden Arbeit niiher erlautert und anhand eines mentalen Trainingsprojektes veranschaulicht.

2 Gegenstand der Arbeit

Ziel der vorliegenden Bachelorarbeit ist die Beantwortung der Frage, ob sich die Leistungsfiihigkeit bei jugendlichen NachwuchsfuBballern durch gezieltes und bewusstes mentales Training verbessern Hisst. In der nachfolgenden Ausftihrung wird zunachst der Fachbegriff des ,Mentalen Trainings" anhand von ausgewiihlter Literatur verschiedener Autoren definiert und mit der Selbstgesprachsregulierung, Kompetenzerwartung, Aufmerksamkeitsregulation, Aktivationsregulation und Vorstellungsregulation eine Auswahl an sportpsychologischen Interventionen prasentiert. Im Anschluss wird der Bezug zum NachwuchsfuBball hergestellt, in dem Probleme und der richtige Umgang ftir den zu untersuchenden Sachverhalt erlautert werden, und das Verfahren zur Leistungsdiagnostik beschrieben. Daraufhin wird die zu untersuchende Gruppe vorgestellt und die erzielten Daten und Ergebnisse eines ftir diese Arbeit entwickelten Trainingsprojektes, welches sich tiber einen Zeitraum von viereinhalb Wochen streckt, ausgewertet, analysiert und in einem Fazit noch einmal zusammengefasst. Dies macht zugleich den Hauptteil der nachfolgenden Ausftihrung aus. Den Abschluss dieser Bachelorarbeit bildet ein kurzer Ausblick in die Zukunft und die Frage, ob FuBballmannschaften mithilfe von mentalem Training, durchgeftihrt von Sportpsychologen oder auch vereinsinternen Ubungsleitern, bessere Leistungen erbringen konnen.

3 Definition „Mentales Training“

In der Wissenschaft wird mentales Training im FuBball aus verschiedenen Blickwinkeln betrachtet. Der ehemalige deutsche Sportwissenschaftler Hans Eberspacher bezieht sich in seiner Definition auf die Vorstellungskraft jedes einzelnen Sportlers:

,Mentales Training ist das planmaj3ig wiederholte, bewusste Sich-Vorstellen einer sportlichen Handlung ohne deren gleichzeitige prakti sche Ausfohrung. "9

In emem weiteren Werk erganzt Eberspacher diese Kurzausftihrung, urn em umfassenderes Bild seiner Definition zu kreieren:

,Mentales Training ist das planmaj3ig wiederholte, systematische, bewusste und kontrollierte Optimieren von Vorstellungen des Eigenzustands,einer Handlung oder eines Weges ohne gleichzeitige praktische Ausfohr ung. Man kann damit,innere Navigationssysteme' entwickeln, die einen Schritt for Schritt zum Ziel fuhren. "10

Ftir diesen Ansatz mentales Training durchzuftihren, nennt Eberspacher ftinf verschiedene Techniken. Neben der Selbstgesprachsregulation sind dies die Kompetenzerwartung, Aufmerksamkeitsregulation, Aktivationsregulation und die Vorstellungsregulation. Auf jede einzelne Technik wird 1m Kapitel zu sportpsychologischen Interventionen eingegangen.

Eine ahnliche Definition wie Eberspacher liefern auch Prof. Dr. Jan Mayer und Prof. Dr. Hans-Dieter Hermann, anerkannte Sportpsychologen und seit Jahren in der sportpsychologischen Praxis tatig:

,Mentales Training ist ein Trainingsverfahren im Rahmen des sportpsychologischen Trainings, das insbesondere zur Lern- und Leistungsoptimierung im Spitzensport eingesetzt wird.Grnndlage des Mentalen Trainingssind Bewegungsvorstellungen,die auch als Priif- und FilhrungsgrojJe des menschlichen Handelns aufgefasst werden konnen. Beim Mentalen Training geht es also darum, adaquate Bewegungsvorstellungen auftubauen und diese dann regelmaj3ig zu trainieren." 11

Fiir das Thema und der dazugehorigen Fragestellung dieser Arbeit, miissen auch die folgenden zwet Definitionen als wichtig erachtet werden. Psychologisches Fertigkeitstraining meint hier Mentales Training.

, Psychologisches Fertigkeitstraining bezieht sich auf systematisches und bestandiges Uben mentaler oder psychologischer Fertigkeiten mit dem Ziel, die Leistung zu steigern, dabei SpajJ zuhaben oder die Zufriedenheit durch Sporttreiben zu erhohen." 12

,Psychologisches Fertigkeitstraining beinhaltet keine Veifahren, die geheimnisvolle oder schnelle Problem!Osungen herbeifilhren. Sie sind systematisch und padagogisch ausgerichtete Veifahren,umIhnen und Ihren Athleten zu helfen,psychologische Fertigkeiten zu erlernen und einzuilben.Die entsprechenden Veifahren habensich als niltzlich zur Leistungssteigerung und Freudeam Sporterwiesen.Psychologisches Fertigkeitstraining kann Ihren Athleten eine wichtige Hilfestellung geben, wobei oftmals nur geringe Impulse erforderlich sind."13

Diese Definitionen sind insofern relevant, da sie wichtige Inhalte fiir den Umgang mit JugendfuBballern offenlegen. Hierzu gehort der SpaB am Sport, die Zufriedenheit durch Sporttreiben, einhergehend auch mit der alternativen Beschaftigung zum Schulalltag, und die Tatsache, dass fiir einen Erfolg durch mentales Training haufig nur geringe Impulse ausreichen.

An den zahlreichen und aussagekraftigen Definitionen ist zu erkennen, dass der Themenbereich sehr komplex und nicht zu vereinheitlichen ist. Dennoch lassen sich aus ihnen notwendige Schliisse ziehen, urn ein Verstandnis zur Sachlage zu bekommen.

4 Sportpsychologische Interventionen

Mentales Training wird tiber den Einsatz diverser sportpsychologischer Interventionen definiert, die zur Verbesserung kognitiver Fertigkeiten beitragen. ,Mittels sportpsychologischer Intervention wird in den verschiedenen Anwendungsfeldern des Sports durch professionelle Hilfestellung psychosozialen Problemen sowohl vorgebeugt als auch, in einem der Diagnostik nachgeschalteten Prozess, entgegengewirkt.'14

Neben der Diagnostik stellen Interventionen den Kern der sportpsychologischen Betreuung dar. Durch planmlilliges und systematisches Einwirken und unter Verwendung wissenschaftlich iiberpriifter MaBnahmen, versuchen s1e die psychosoziale Handlungskompetenz zu optimieren, Handlungsfahigkeiten und -intentionen situationsangemessen zu realisieren und das Wohlbefinden zu verbessern. 15

Sportpsychologische Interventionen helfen Sportlern demnach in vielerlei Hinsicht. Zum einen konnen Versagensangste reduziert oder der individuelle Umgang mit Verletzungen verbessert werden und zum anderen sind s1e hilfreich fiir sogenannte, Trainingsweltmeister", die wahrend der Trainingseinheiten ihre voile Leistung abrufen konnen, in Wettkampfsituationen dann aber gehemmt oder instabil wirken.16

Wie bereits in Kapitel drei beschrieben, nennt Eberspacher fiinf verschiedene Techniken, mentale Trainingsformen zur Verbesserung kognitiver Fertigkeiten mithilfe von sportpsychologischer Intervention durchzufiihren: Die Selbstgesprachsregulation, Kompetenzerwartung, Aufmerksamkeitsregulation, Aktivationsregulation und die Vorstellungsregulation.

4.1 Die Selbstgesprächsregulation

Wie der Name bereits vermuten lasst, geht es bei der Technik der Selbstgesprachsregulation darum, Informationen oder Vorgange entweder gedanklich im Kopf in Worten abzurufen oder diese Worte laut auszusprechen. Oft sind Selbstgesprache einem gar nicht bewusst. Sie erfolgen meist automatisch, indem Plane fiir das eigene Handeln formuliert, sich selbst Anweisungen gegeben, eigene Gedanken geordnet oder das eigene Handeln kommentiert werden. 17 Die Intensitat der Gesprache variiert und hangt von der erlebten Beanspruchung ab. Je schwieriger ein Problem oder je zahlreicher die aufgenommenen Reize, desto lauter die Selbstgesprache18 Diese konnen aber nicht nur unbewusst stattfinden, sondern bewusst zur Leistungssteigerung eingesetzt werden. Auch hierftir nennt Eberspacher verschiedene Techniken19

Die Technik der Selbstmotivierung ist ftir Sportier geeignet, die Probleme haben, sich ftir Wettkampfsituationen tiberwinden zu mtissen, urn die bestmogliche Leistung zu erzielen. Dies gelingt tiber immer wiederholte Selbstinstruktionen (,Gib bloB nicht so schnell auf!"), das Vergegenwiirtigen eigener Fertigkeiten (,Ich bin besser vorbereitet als der Gegner!"), die Selbstbekraftigung iiber Eigenlob oder die Antizipation, dem Vorwegnehmen von Fremdbekraftigung, wie beispielsweise die positive Reaktion der Presse auf gezeigte Leistungen.

In die entgegengesetzte Richtung wirkt die Rationalisierungstechnik. Hier soll , die Bedeutsamkeit eines als beanspruchend erlebten Ereignisses"verringert werden20 Das Relativieren einer Problemsituation steht im Vordergrund. Uber Selbstgesprache wird im Kopf der Gedanke verankert, dass eine erfolglose Teilnahme an einem Wettkampf oder eine Niederlage in einem K.o.-Spiel nicht so schlimm sei, da beispielsweise in der darauffolgenden Woche bereits die nachste Moglichkeit besteht, siegreich zu sein. Somit werden negative Gedanken schnell entsorgt und durch deutlich positivere und in die Zukunft blickende ausgetauscht.

Per Selbstgesprach Iasst sich zudem die Aufmerksamkeit verandern. Ober die Anwendung dieser Technik kann es Sportlern gelingen, sich nicht mehr nur auf die eigenen Schwachen zu fokussieren, sondem auf die des Gegners. Durch die Verschiebung der Aufmerksamkeit auf den Gegner lassen sich viele neue Strategien entwickeln, urn am Ende ein positives Ergebnis zu erzielen, als wenn sich der Sportier ganz allein auf seine eigenen Fahigkeiten konzentriert.21

Die letzte von Eberspacher beschriebene Technik zum bewussten Einsatz von Selbstgesprachen zur Leistungssteigerung ist die Suche nach Problemlosungsstrategien. Steht ein Sportier vor schwierigen Herausforderungen, kann er sich mehrere verschiedene Losungswege ausdenken und die daraus resultierenden Folgen miteinander vergleichen. Im Anschluss entscheidet er sich ftir die angemessenste Strategie und handelt nach dieser.22

Problematisch ist die Anwendung der Selbstgesprachsregulation insofem, dass Gedanken, die das sofortige Handeln unterstiitzen sollen, nicht immer abrufbar sind. Haufig werden nach Fehlern oder Niederlagen Selbstgesprache mit negativem Einfluss geftihrt, urn Arger oder Prust auszulassen. Daher muss das Fiihren positiver Selbstgesprache systematisch und taglich trainiert werden. Zudem miissen die Sportier einen realistischen Ansatz verfolgen und diirfen sich demnach keine zu hoch oder zu niedrig gesteckten Ziele setzen. Dies wiirde eine erfolgreiche Anwendung der Selbstgesprachsregulation verhindern.23

4.2 Die Kompetenzerwartung

Die zweite von Eberspacher genannte mentale Trainingsform ist die Kompetenzerwartung. Diese Technik eignet sich besonders ftir Sportier, denen das Phanomen des Trainingsweltmeisters nachgesagt wird. Solche Athleten sind sich im Training ihrer korperlichen, technischen und taktischen Voraussetzungen bewusst und erbringen dementsprechend wahrend der Ubungseinheiten stets die geforderte Leistung. Unter Wettkampfbedingungen verlieren die Trainingsweltmeister jedoch ihre Ausgeglichenheit und beginnen, an sich selbst zu zweifeln. Infolgedessen verlieren sie die Leistungsfahigkeit und erreichen nicht das Trainingsniveau.24

Urn seine Ausftihrungen zu untersttitzen, beruft sich Eberspacher auf die ,Self-Efficacy­ Theorie" von Albert Bandura aus dem Jahre 1977. In seiner Abhandlung widmet sich der kanadische Psychologe unter anderem dem Konzept der Kompetenzerwartung, in dem er beweist, dass diese das Handeln von Personen in groBem MaBe beeinflussen.25

So bestimmen positive und/oder negative Erwartungen hinsichtlich der Wirksamkeit des eigenen Handelns, ,ob zum Beispiel in einer Beanspruchungssituation eine Handlung eingeleitet, wieviel Anstrengung aufgewendet und wie lange sie aufrechterhalten wird."26

Unter Berticksichtigung dieser Erkenntnis wird die Notwendigkeit deutlich, die Uberzeugung der Kompetenzerwartung, also der Wirksamkeit des eigenen Handelns, zu trainieren.27 Bei den Sportlern kann somit die Uberzeugung gestarkt werden, die guten Leistungen aus dem Training auch in Wettkampfsituationen abzurufen. Ziel des Kompetenztiberzeugungstrainings ist demnach die Starkung des Selbstbewusstseins, der Wettkampfstabilitat und der Erwerb der Fahigkeit, sich selbst Ziele zu setzen und diese, aus Uberzeugung und Vertrauen auf die eigenen Fahigkeiten, erreichen zu konnen.28

Vor dem Hintergrund, dass Wettkampfe einmalig und nicht wiederholbar sind, sie immer mit einer Prognose iiber das erwartete Ergebnis einhergehen und immer Konsequenzen haben, hat Eberspacher drei verschiedene Trainingsformen entwickelt, die zur Steigerung der Kompetenzerwartung beitragen: Das Prognosetraining, das Training der Nichtwiederholbarkeit sowie eine Kombination des Prognosetrainings und des Trainings der Nichtwiederholbarkeit mit Zeitverzogerung.29

4.2.1 Das Prognosetraining

Sportier mit mangelnder Kompetenzerwartung vermeiden oft psychische Beanspruchung, indem sie erst nach einer erbrachten Leistung das Ziel festlegen, welches erreicht werden so11te. Sie gehen damit den Konsequenzen eines Misserfolgs aus dem Weg, konnen sich aber zugleich nie zu eigener Hochstleistung motivieren. Das soli das Prognosetraining verhindern.30

Schon durch kleine Eingriffe lassen sich normale Trainingseinheiten 1n Wettkampfsimulationen umwandeln. Vor einer Torschussiibung konnen FuBballer beispielsweise bekanntgeben, wie viele Treffer sie bei zehn Versuchen erzielen werden. Angespornt von Ehrgeiz, aber dennoch mit dem Wissen, sich im Training und nicht im Wettkampf zu befinden, versuchen die Sportier, die eigene Prognose zu erfii1len. So Iemen sie ,mit psychischer Beanspruchung durch selbstgestellte Anforderungen sowie mit Erfolg und Misserfolg umzugehen."31 Im Anschluss ist zu analysieren, ob sich die Prognose bewahrheitet hat, sie nicht erreicht oder iibertroffen wurde. In der nachsten Trainingseinheit konnen die Voraussagen dementsprechend realistisch angepasst werden.32

Niihern sich die Sportier ihren Prognosen zunehmend an, liisst sich das Prognosetraining noch weiter verschfufen. Raben die FuBballer bisher ihre Voraussagen noch fiir sich behalten oder nur dem Trainer mitgeteilt, wird im obigen Beispiel auch der Torwart in die Prognose eingeweiht. Auch er kann eine andere Prognose abgeben, etwa wie viele von den zehn Torschiissen er parieren wird. Durch diese MaBnahme werden ,ausgesprochen wettkampfnahe Anforderungen"33 gestellt, denn wie in einem reguliiren Meisterschaftsspiel treffen zwei Gegner aufeinander, die sich mit vollem Einsatz ihrer eigenen Aufgabe widmen. Der Angreifer will Tore erzielen, der Torwart will sie verhindern. Eberspacher weist allerdings darauf hin, dass der Trainingsalltag nicht nur aus Prognosetraining bestehen kann, sondern auch Zeit fiir andere Zielstellungen gebraucht wird.34

4.2.2 Training der Nichtwiederholbarkeit

Fiir Sportier mit mangelnder Kompetenzerwartung miissen moglichst wettkampfnahe Trainingseinheiten organisiert werden. Wettkampfe zeichnen sich unter anderem dadurch aus, dass sie nicht wie das alltagliche Training wiederholbar sind. Das Iasst sich allerdings Ieicht iibertragen, indem den Sportlern untersagt wird, eine bestimmte Ubung mehrfach auszufiihren.35 Damit konnen bei FuBballern die hemmenden psychischen Beanspruchungen eines Meisterschaftsspiels simuliert werden.

Wie bei einem Wettkampf iiblich, wird der Termin der Leistungsabgabe bei dieser Trainingsform ebenfalls von auBen, also vom Trainer, vorgegeben.36 So haben die Spieler genug Zeit zur Vorbereitung. Wird die nur einmal zu absolvierende Ubung, beispielsweise eine Spielsituation Angriff gegen Abwehr, an das Trainingsende gesetzt, lernen die Spieler noch effektiver mit den Konsequenzen umzugehen. Laut Eberspacher werden diejenigen, die die Ubung erfolglos abgeschlossen haben, bei der nachsten Gelegenheit viel motivierter sein, ein anderes Ergebnis zu erzielen.37

4.2.3 Prognosetraining und Einmaligkeitstraining mit Zeitverzogerung

Als dritte Variante bietet sich das Prognosetraining in Kombination des Trainings der Nichtwiederholbarkeit mit Zeitverzogerung an. Wie bei den anderen heiden Trainingsformen geben die Sportier eine Voraussage ftir die anstehende Ubung an, die auch bei diesem Verfahren nur ein einziges Mal absolviert wird. Allerdings haben die Spieler diesmal eine vom Trainer vorgegebene Zeitspanne zur Vorbereitung.38 Diese MaBnahme simuliert beispielsweise die Anspannung vor einem ElfmeterschieBen, bei dem die Schiitzen auch eine gewisse Zeit bis zu ihrem entscheidenden Schuss iiberbriicken miissen. Je Hinger die Vorbereitungszeit, desto schwieriger wird die Aufgabe, da sich die Sportier Hinger von st6renden Einfliissen, wie negativen Selbstgesprachen, beeinflussen lassen konnten.39

Diese Trainingsform sollte allerdings nicht zu haufig angewendet werden, da ihre Wirksamkeit mit der Zeit verblasst. Wie bei den anderen Varianten des Kompetenziiberzeugungstrainings, werden die Ergebnisse im Anschluss an die Durchfiihrung analysiert und fiir die nachste Trainingseinheit individuell angepasst.40

4.3 Die Aufmerksamkeitsregulation

Wie in allen Lebenslagen Hisst sich auch im Sport ,die Aufmerksamkeit auf bestimmte Objekte, Handlungen, Vorstellungen und Gegebenheiten einengen, oder auf mehrere Aspekte verteilen."41 Urn die Trainingsform der Aufmerksamkeitsregulation zu beschreiben, bezieht sich Eberspacher auf em Modell des amerikanischen Sportpsychologen Robert Nideffer, der die Kontrolle von Aufmerksamkeit im Sport als wichtige Voraussetzung ftir situationsangemessenes Handeln sieht. 42 In seinem Modell beschreibt Nideffer vier verschiedene Formen von Aufmerksamkeit: External-weit, external-eng, internal-weit und internal-eng.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb.1.:Beispielhafte DarstellungderAufmerksamkeitsausrichtungenim FujJball (in Anlehnungan Nideffer,1976 in Beckmann&Elbe, 2008,S.77).

Die Grafik zeigt die vier verschiedenen Moglichkeiten, auf die sich die Aufmerksarnkeit wiihrend eines Wettkampfes richten kann. Richten Sportier diese external-weit aus, nehmen sie viele Informationen gleichzeitig auf und machen sich ein erstes Bild von einer neuen Situation in einer moglicherweise unbekannten Umgebung.43 Als Beispiel dient hier die Ankunft an einem Wettkampfort oder das ,scannen" des Spielfeldes bei einem AbstoB des Torwarts.

Bei der external-engen Ausrichtung der Aufmerksamkeit geht es weiterhin urn auBere Einfhisse, die aber in einem kleineren Rahmen gehalten werden. So werden, wie zum Beispiel beim Anvisieren einer Torecke und der Reaktion des Torhiiters beim Torschuss, bestimmte umschriebene Sachverhalte sehr genau betrachtet.44

Die internal-weite und internal-enge Aufmerksamkeitsausrichtungen beziehen sich hingegen auf den Sportier selbst und sein Befinden. Internal-weit ist die Aufmerksamkeit ausgerichtet, wenn sich FuBballspieler auf ein ElfmeterschieBen vorbereiten und ihre eigene Befindlichkeit beschreiben. Beispielsweise ob sie sich wohl ftihlen oder nicht.45

Achten die Spieler in dieser Situation zudem auf ihre Atmung oder andere bestimmte Aspekte des eigenen Korpers, dann ist die Aufmerksamkeit internal-eng ausgerichtet.46

Da es verschiedene Varianten der Aufmerksamkeitsausrichtung gibt und aile wahrend eines Wettkampfes genutzt werden, ist ein regelmaBiges Trainieren der Regulierung und des Wechsels zwischen den Stadien notwendig, urn sich richtig auf jede beliebige Situation einzustellen. Das gelingt am besten, wenn sich die Sportier bereits vor einem Wettkampftag bestimmte Situationen zu jeder Ausrichtung vorstellen und diese in Gedanken nacheinander immer wieder durchlaufen.47

4.4 Die Aktivationsregulation

Beim Training der Aktivationsregulation geht es urn die psychophysische Aktivation, die durch ein angemessenes psychisches und physisches Erregungsniveau bestimmt wird. 48 Zeitdruck im Wettbewerb kann bei Sportlern dieses Erregungsniveau zu sehr in die Hohe treiben. Eine komfortable Ftihrung bewirkt das Gegenteil. Die Konsequenzen sind Konzentrationsschwachen oder eine fahrliissige Spielweise. Folglich muss eine Balance gefunden werden, die zu einer fortwiihrenden Bestleistung beitriigt.49

In seinen Ausftihrungen beruft sich Eberspacher dabei auf Forschungsergebnisse von Robert Yerkes und John D. Dodson. Die amerikanischen Psychologen entwickelten ein eigenes Gesetz, welches besagt, ,dass es fUr die Bewiiltigung jeder Anforderung ein optimales Aktivationsniveau gibt."50

[...]


1 Vgl. Schliermann, R. und Hiilli, H. (2008): S. 9.

2 Vgl. Eberspacher, H. (2012): S. 12.

3 Schlier mann, R. und Hiiill, H. (2008): S. 7.

4 Vgl. ebd.

5 Vgl. Sport-Informations-Dienst (07.06.2017), erschienen auf: rp-online.de, Web.

6 Schliermann, R. und Htiill, H. (2008): S. 10.

7 Vgl. Schliermann, R. und Htilli, H. (2008): S. 13.

8 Hansel, F. et al. (2016): S. 274.

9 Eberspacher, H. (2012): S. 70.

10 Eberspacher, H. (2008): S. 76.

11 Mayer, J. und Hermann, H.-D. (2015): S. 8.

12 Schliermann, R. und Hiilli, H. (2008): S. 13. Die Autoren zitieren aus: Weinberg, R.S. und Gould, D. (2003): S. 242.

13 Schliermann, R. und Hiilli, H. (2008): S. 13. Die Autoren zitieren aus: Martes, R. (1987): S. 70.

14 Hansel, F. et al. (2016): S. 262, zitiert nach: Beckmann, J. und Elbe, A.-M . (2008): S. 28 und Nitsch, J.R. (2001): S. 19.

15 Vgl. Hansel, F. et al. (2016): S. 262, zitiert nach Nitsch, J.R. (2001): S. 20.

16 Vgl. ebd.

17 Vgl. Eberspacher, H. (2012): S. 21.

18 Vgl. ebd.

19 Vgl. Eberspacher, H. (2012): S. 25.

20 Vgl. ebd.

21 Vgl. Eberspacher, H. (2012): S. 26.

22 Vgl. ebd.

23 Vgl. ebd.

24 Vgl. Eberspacher, H. (2012): S. 30.

25 Vgl. ebd.

26 Vgl. ebd.

27 Vgl. ebd.

28 Vgl. Eberspacher, H. (2012): S. 37.

29 Vgl. Eberspacher, H. (2012): S. 32.

30 Vgl. ebd.

31 Eberspacher, H. (2012): S. 33.

32 Vgl. Eberspächer, H. (2012): S. 33.

33 Eberspacher, H. (2012): S. 33.

34 Vgl. Eberspacher, H. (2012): S. 33.

35 Vgl. Eberspacher, H. (2012): S. 36.

36 Vgl. ebd.

37 Vgl. ebd.

38 Vgl. Eberspacher, H. (2012): S. 36.

39 Vgl. ebd.

40 Vgl. Eberspacher, H. (2012): S. 37.

41 Eberspacher, H. (2012): S. 40f.

42 Vgl. Eberspächer, H. (2012): S. 41.

43 Vgl. Eberspacher, H. (2012): S. 41f.

44 Vgl. Eberspacher, H. (2012): S. 42.

45 Vgl. ebd.

46 Vgl. ebd.

47 Vgl. Eberspacher, H. (2012): S. 43.

48 Vgl. Eberspacher, H. (2012): S. 55.

49 Vgl. Eberspacher, H. (2012): S. 56.

50 Eberspacher, H. (2012): S. 56.

Excerpt out of 57 pages

Details

Title
Mentales Training. Sportpsychologische Intervention am Beispiel einer Jugendmannschaft im Nachwuchsfußball
College
FHM University of Applied Sciences
Grade
1,7
Author
Year
2017
Pages
57
Catalog Number
V456241
ISBN (eBook)
9783668902497
ISBN (Book)
9783668902503
Language
German
Keywords
mentales, training, sportpsychologische, intervention, beispiel, jugendmannschaft, nachwuchsfußball
Quote paper
Daniel Höfelmanns (Author), 2017, Mentales Training. Sportpsychologische Intervention am Beispiel einer Jugendmannschaft im Nachwuchsfußball, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/456241

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