Stavrogin und sein Selbstmord als mögliches Epizentrum des Romans


Trabajo de Seminario, 2018

21 Páginas, Calificación: 1,3


Extracto


Inhaltsverzeichnis

Einleitung

1. Stavrogin und der Nihilismus
1.1. Erste Erwähnung des Nihilismus in der russischen Literatur
1.2. Der Nihilismus von Dostoevskij

2. Die Selbstmordproblematik
2.1. Der Selbstmord in der russischen Kultur
2.2. Philosophischen Positionen zum Thema Selbstmord im Roman „Besy“

3. Stavrogins Nihilismus als Ursache für den Selbstmord

Fazit

Literaturverzeichnis

Einleitung

Die vorliegende Hausarbeit beschäftigt sich mit dem Thema „Stavrogin und sein Selbstmord als mögliches Epizentrum des Romans „Besy“. Der Roman „Besy“ ist ein Roman voller Gedanken und philosophischer Analyse. Im Roman gibt es kein vollständiges Ende, wie der Leser am Ende eines konventionellen Romans erwarten würde. „Besy“ ist für das russische Volk eine Art von Voraussage der russischen Zukunft. Die Figur von Stavrogin spielt im Roman eine besonders wichtige Rolle. Stavrogin ist eine Person, in deren das ganze russische Volk der Zeit gespiegelt wird. Ähnlich wie die Gedanken der westlichen Intelligenzzusammen mit der ungebildeten bäuerlichen Bevölkerung einen revolutionären Einfluss auf das Russische Reich gegeben haben, treffen sich auch im Roman verschiedene Philosophien, die miteinander zwar unverbunden sind, aber den in der Hausarbeit beschriebenen Selbstmord zusammen definieren.

Die Ziele der Hausarbeit sind Stavrogins Innenwelt zu erleuchten und die Gründe für seinen Selbstmord zu finden. Im Laufe der Arbeit wurden bestimmte Arbeits- und Analyseschritte vorgenommen.

Erstens, werden die philosophischen und psychologischen Begriffe erklärt und die literarische Analyse des Werkes mit entsprechenden Schlussfolgerungen vorgegeben. Zweitens, werden die historischen Aspekte der Zeit, zu der das Werk Parallelen zieht, vorgestellt.

Zuerst wendet sich die Arbeit dem Begriff des “Nihilismus“ in der russischen Literatur. Wer war der erste Schriftsteller, der den gegebenen Begriff dem russischen Volk zugänglich machte? Was für eine Wirkung hat dieser Begriff auf die russische Literatur gebracht und wie wurde es von Lesern und Schriftstellern selber vorgesehen? Um den vorgegebenen Begriff zu verstehen, wird die vorliegende Arbeit auf das Werk „Otcy i det´i“ zugehen, um den Begriff „Nihilismus“ in früheren Etappen seiner Entwicklung in Russland zu verstehen und dann mit Dostoevskij Begriff zu vergleichen und die Unterschiede zu analysieren.

Das zweite Kapitel beschäftigt sich mit dem Thema Selbstmord und deren Problematik. Schon seit den Zeiten Altrusslands ist dieses Thema sehr schwierig in der russischen Literatur und Gesellschaft allgemein. In dem Kapitel wird man westliche und russische Meinungen zum Selbstmord sehen und analysieren können. Die russischen Traditionen und konventionelle Reaktionen über das Thema werden vorgelegen. Die Arbeit wird die verschiedenen westlichen Philosophien, die im Werk vorkommen, erleuchten und zusammenfassen. In dem Kapitel wird ein deutlicher Unterschied dem Thema zufolge zwischen Russland und dem Westen sichtbar gemacht.

Im dritten Kapitel wird der Schwerpunkt der Hausarbeit ermittelt, und zwar Stavrogins Nihilismus und seine Taten als Ursachen des Selbstmords. Stavrogin ist die komplizierteste Figur im Roman. Im Stavrogin spielen verschiedenen Anfänge und eine undeutliche Lebensansicht. Einerseits ist er einer der größten Nihilisten, anderseits – ein Aristokrat, der keinen auf seiner Ebene respektieren kann. Stavrogin Innenwelt ist undeutlich, ambivalent, ein Rätsel, das sich nicht von vorne her erraten lässt. Er ist eine Figur, die Sympathie und Negativität in gleich starke Intensivität verlangt. Seinen Selbstmord kann man im Kontext verschiedener Philosophien interpretieren. Man kann das Phänomen von medizinischer Art und Weise analysieren oder in Hinsicht auf die Religion. Diese Hausarbeit stellt sich aber die Aufgabe, den Selbstmord als ideologische Tat zu deuten, also wird in diesem Kapitel der „Nihilismus“ als Ursache des Selbstmordes behandelt.

Im Fazit werden die Ergebnisse der Hausarbeit zusammengefasst und eine Schlussforderung gezogen. Dort wird auch die zentrale Frage beantwortet und der „Nihilismus“ als Ursache des Selbstmordes dargestellt, als höhere Spitze des Nihilismus und dessen Nichtakzeptierung von der Welt.

1. Stavrogin und der Nihilismus

1.1. Erste Erwähnung des Nihilismus in der russischen Literatur

Der Begriff "der Nihilismus" taucht in Russland zum ersten Mal im „Vestnik Evropy“ von N. I. Nadeždin auf, veröffentlicht im Jahr 1829. (Zarjačkin 2009: 128) Etwas später, in den 30-40er Jahren, verwendeten N.A. Polevoj, G. Belinskij, M.N. Katkov und eine Reihe anderer russischen Schriftsteller und Publizisten den Begriff in ihren analytischen Werken. Der Begriff wurde in verschiedenen Kontexten angewendet. Mit ihm waren sowohl positive, als auch negative moralischen Konnotationen verbunden. Bakunin legte dem Begriff " Nihilismus" den positiven Sinn an. Später, in der 60er Jahren des 19. Jh. gewinnt der Begriff einer negativen Bedeutung an. Die Nihilisten wurden als junge Leute angesehen, die radikale Ansichten bezüglich des Lebens, der Regierung und dem Zaren hatten. Turgenev wird sich in seinen Werken den Versuch zu dem Verständnis der sozialen Phänomene und des Nihilismus machen, indem er sich auf die naturwissenschaftliche Theorie des Darwinismus stützt (vgl. Isaeva o.J.:1-4).

Der Begriff "Nihilist" findet für sich zum ersten Mal eine große Verbreitung und Erklärung im Ivan Turgenevs Roman „Otcy i deti“. Jevgenij Bazarov, die Hauptfigur des Romans, nennt sich selbst und seine Freunde – "die Nihilisten". Sie verneinen die geistigen und ästhetischen Werte der alten Welt und erkennen nur die unwiderlegbaren Tatsachen, die mit Hilfe der naturwissenschaftlichen Beobachtungen und Experimenten zu beweisen sind. Deswegen ist für Bazarov die Religion, Philosophie, Kunst und andere geistwissenschaftlichen Richtungen nicht mehr als romantischer Unsinn, der keine praktische Wirkung auf die Menschen erbringt. Für «die neuen Menschen» sind nur das Nutzen von konkreten Sachen und der Mut eine unerbittliche Wahrheit zu übernehmen wichtig, es ist aber nicht von Wichtigkeit, ob diese Wahrheit eine positive Wirkung trägt oder nicht.“Porjadočnyj himik v dvacat’ raz poleznee vsjakogo poeta“ (Turgenev 1958:21). Bazarov erkennt keine existierenden Normen, Traditionen oder Autoritäten. Er ist bereit, die Masken von alten Prinzipien abzureißen, die von den älteren Generationen geachtet werden. Im Gespräch mit dem alten Aristokraten Pavel Kirsanove klärt Bazarov die Denkrichtung der neuen Generation:

„V teperešnee vremja poleznee vsego otricanie – my otricaem. – Vse? – Vse. – Kak? Ne tol’ko iskusstvo, poeziju no i... strašno vymolvit’ – Vse, - s nevirozimym spokojstviem povtoril Bazarov. – Odnako pozvol’te... Vy vse otricaete, ili, vyražajas’ točnee, vy vse razrušaete... Da ved’ nadobno že i stroit’. – Eto uže ne naše delo... Sperva nužno mesto rasčistit’.“(Turgenev 1958:40f.)

Aber Basarovs Nihilismus, welchen Turgenev dem Leser vorführt, spiegelt keine tiefen idäischen Grundlagen in seinem Leben und widerspricht manchmal der inneren Logik von Bazarovs Charakter. Hinter seiner übermäßig anti-ästhetischen Sichtweise und seiner Gefühllosigkeit versteckt Bazarov den Wunsch, die „heiligen Prinzipien“ des Adligen Pavel Kirsanov auszulachen. Bazarov lacht über seinen Freund Arkadij, der verliebt ist, aber am Ende des Romans ist er selber von Liebe betroffen. Bazarov verliebt sich in eine schöne Frau aus der adligen Welt und leidet wegen ihrer Absage.

Wie es sichtbar wird, hat Bazarov eine radikale Absicht die Welt und Werte von der alten Generation zu ädern. Er hat genügend Entschlossenheit, um rohe Gewalt für die Verwirklichung dieser Aufgabe zu verwenden, aber sein Problem ist, dass er immer noch die Hoffnung auf gewisse alten Prinzipien bewahrt, auf denen er "die Neuen gegenwärtigen Werte“ gründen könnte.

Die Verneinung aller Sachen, unter anderen von Gott und der Religion trifft auch im Roman Besy“ zu. Bazarov ist nur ein Standpunkt von dem Nihilismus, deren Dostojevskij in seinem Werk darstellt.

1.2. Der Nihilismus von Dostoevskij

Der Nihilismus vom Dostojevskij Helden unterscheidet sich von Turgenevs Idee. Laut Dostojevskij, wohnt der Teufel des Nihilismus dort, wo es keine strengen Kriterien für das Unterscheiden des Guten und des Bösen gibt. Bei Dostojevskij benehmen sich Menschen, die die eigenen Prinzipien verloren haben, laut der Mode, der öffentlichen Meinung oder den eigennützigen Interessen.

„Hören Sie, ich habe sie schon alle gezählt: Der Lehrer, der sich mit den Schülern über ihren Gott und über ihre Wiege lustig macht, ist unser. Der Anwalt, der einen gebildeten Mörder damit verteidigt, daß er höher entwickelt sei als seine Opfer und daß er, um an Geld zu kommen, nicht anders konnte als morden, ist schon unser. Die Schüler, die einen Bauern erschlagen, um zu erleben, was man dabei empfindet, sind unser. Die Geschworenen, die die Verbrecher freisprechen, sind alle unser. Der Staatsanwalt, der bei Gericht davor zittert, nicht liberal genug zu erscheinen, ist unser. Verwaltungsbeamte, Literaten, oh, viele, viele, schrecklich viele sind unser, ohne es selbst zu wissen!“ (Dostojevskij 2016:552f.)

Der russische Schriftsteller findet den kritischen Punkt des Nihilismus dort, wo die geistigen Werte und Sinn des menschlichen Lebens verneint und abgesetzt werden. Dieser Teufel wohnt dort, wo der materielle Nutzen und die Selbstsuche als höchste Wahrheit des Lebens gelten. Die Hauptquelle des Nihilismus liegt im moralischen Relativismus und in der Abwesenheit von festen Überzeugungen. Dadurch, dass der Mensch seine Taten selber, ohne moralischen Grenzen, ausführt und selber entscheidet, was als Wahrheit gelten muss, führt ihn sein Wille “bis zum Ende“, sozusagen zu der Zerstörung des eigenen Lebens, als auch der Leben von anderen.

Das erste, was den Nihilisten als solchen Typus charakterisiert, ist die Abneigung zur offenbaren Verlogenheit der Umwelt. Oft wird dieser Hass vom Gefühl der Leere begleitet, dessen Ursache der Verlust der gewohnheitsmäßigen Überzeugungen ist. Diese Empfindung der inneren Leere ist eine Reflexion des Verlustes vom Sinn des Lebens. Die Stelle der positiven Beziehung zur Welt nehmen die irrationalen Affekte ein, deren wertmäßige Charakteristiken wenig gemeinsam mit den realen Eigenschaften der Gegenstände haben. (vgl. Nietzsche 1888: 220ff.)

„Der Nihilism als psychologischer Zustand wird eintreten müssen erstens, wenn wir einen „Sinn“ in allem Geschehen gesucht haben, der nicht darin ist: so daß der Sucher endlich den Muth verliert. Nihilismus ist da das Bewußt werden der langen Vergeudung von Kraft, die Qual des „Umsonst“, die Unsicherheit, der Mangel an Gelegenheit, sich irgendwie zu erholen, irgendwo rüber noch zu beruhigen — die Scham vor sich selbst, als habe man sich all zulange betrogen...„(Nietzsche 1888: S. 221)

Die Leere, die der Nihilist in seiner Seele entdeckt, kann in keiner anderen Beziehung, außereiner vollen Negation geäußert werden. Diese Verneinung ist vor allem auf die verlogene Welt und trügerische Realität gerichtet. Diese Welt verdient nur ein Schicksal und zwar nur eine komplette Aberkennung. Hinter dieser kompletten Negation tritt die andere Seite des Nihilismus auf und zwar etwas, was man als eine globale Verachtung bezeichnen kann. (vgl. Fuchs 1987: 31-36)

Nirgendwo kann der Nihilist etwas Positives finden außer in der Demonstration des eigenen Nihilismus. Für den Nihilist existiert nichts, was er nicht ablehnen könnte oder überwindet mit der Hilfe der Verachtung und des Auslachens. Aber die Verneinung und die Aufdeckung der Realität, die den Nihilisten zuerst begeistert, wenden sich später gegen ihn. Er kann keinen positiven Zweck in der eigenen Realität finden, deswegen verliert er auch in bestimmten Maßen den Sinn für sein Leben. Für den Nihilisten existieren keine moralischen Normen, für ihn existiert nichts, was einen standfesten Wert haben könnte.

2. Die Selbstmordproblematik

2.1. Der Selbstmord in der russischen Kultur

Der Selbstmord wird oft zum Thema der Literatur und ist für alle menschlichen Kulturen ein besonderes Phänomen. Der Selbstmord ist in unserem Leben von Religion und der Gesellschaft als Tabu definiert. Die Nachrichten über den Selbstmord von prominenten Menschen rufen die Aufregung bei den Massen herbei. Unter allem unseren Träumen über das Glück oder den Erfolg verstecken sich schreckliche Tendenzen zur Selbstvernichtung. Jeder neue Tag enthält für uns die Drohung des Misserfolges, der Niederlage oder der Gewalt. Aber das Größte, was uns Angst macht, ist der Selbstmordgedanken. Nichtsdestoweniger, die Selbstmorde geschehen jeden Tag, und viele unsere Bekannten haben einen Freund oder Verwandten, der sich das Leben nahm. Wie kommt das Thema des Selbstmordes in der Literatur und im damaligen Russland vor? Tendenziell kann man in Hinsicht auf dieses Thema einen Einfluss der westeuropäischen Ansichten und Philosophien in der Gesellschaft und Literatur insgesamt beobachten.

Das Christentum interpretiert den Selbstmord als eine der schwersten Sünden, aus einem Grund, dass der Mensch die doppelte Sünde auf sich nimmt: der Mord und die Verzweiflung. Den Selbstmord begehend verlieren sie die Totenmessen vor der Beerdigung. Eine einzige Ausnahme sind die Geisteskranken, die vom Leben im Zustand vom verlorenen Verstand gegangen sind. Der Selbstmörder bekommt die Totenmesse nur, falls der Priester eine Erkennung des verlorenen Verstandes macht. Früher wurden die Selbstmörder außer dem Friedhof beerdigt. (Karelin 2015: 103ff) Wegen des engen Verhältnisses zwischen der Kirche und der Gesellschaft in der traditionellen russischen Kultur, hat diese Praxis eine große Auswirkung. Auch heute kommt das Verbot zum Begräbnis auf dem Kirchhof in der Orthodoxie vor. Dabei ist es nicht verboten selber über die Selbstmörder zu beten.

Das Ende des 19. Jh. und der Anfang des 20. Jh. ist in Russland ein Moment des Konfliktes gewesen. Die Grenze zwischen den Jahrhunderten kommt für die Gesellschaft immer schwierig vor. In dieser Zeit steht in der Literatur der Mensch im Zentrum, für den seine eigene Existenz in der Welt das Hauptproblem ist, eine grundlose Tragödie. Das „Silberne“ Jahrhundert bringt mit sich eine ganze Welle der Selbstmorde. In der Gesellschaft sind die Ideen von Nitsche und Schopenhauer angekommen und erfolgreich adaptiert worden; auch Voltaire und Russo finden Erfolg bei den jungen Menschen Russlands. Der Selbstmord wird zu einem großen gesellschaftlichen Problem. Durch den Einfluss der westeuropäischen Literatur gerät die geistliche Seite der russischen Kultur ins Wackeln. Der Selbstmord wurde damals in Russland als Verlorenheit des Geistes interpretiert und als religiöse Krise vorgenommen. Der Mensch an der Jahrhundertgrenze sieht die negativen Aspekte des Lebens nicht mehr als notwendige Etappen auf dem Weg zum Gott, sondern als Beweis für das Absurde an der eigenen Existenz. (vgl. Panova 2013: 103)

Dieses Jahrhundert ist nicht nur als das „Silberne“ Jahrhundert bekannt, sondern auch als „Ende des Jahrhunderts“ oder „fin de siècle“. Dieser Begriff wurde von zeitgenössischen Schriftstellern und Denkern nicht nur als eine Bezeichnung für den Zeitraum benutzt, sondern als eine Beschreibung der besonderen Denkweise des Menschen an der Jahrhundertwende. „Fin de siècle“ bedeutet die Intensivierung von Emotionen, eine große Lebenslangweile, Pessimismus und Festlegung der Unbedeutsamkeit des Lebens. Auch die Verneinung von Gott und Glauben hat eine bedeutende Rolle in der Gesellschaft gespielt. Durch die Verlorenheit des Geistlichen in Russland bzw. des Glaubens an Gott wurde das Land auf Veränderung eingestellt, die nicht unbedingt positive Wirkungen mit sich gebracht hat. Die neue materialistische Philosophie hat zu einer aggressiven Gesellschaft, Revolutionen u. a. geführt. (vgl. Panova 2013: 104) So eine Tendenz hat auch Dostoevskij vorgesehen und als Zeitgenosse selbst stark mitgefühlt.

2.2. Philosophischen Positionen zum Thema Selbstmord im Roman „Besy“

Im Roman „Besy“ sind verschiede westeuropäischen Philosophien über den Selbstmord vorgeführt. Einerseits besagt der Glaube: die Geburt und der Tod sind von Gott bestimmt. Anderseits steht aber die Philosophie der Aufklärung. Kirillof ist eine Figur, die verschiedenen Philosophien zusammenführt, aber auch Stavrogin ist von denen betroffen. Die Lebensansichten der Protagonisten erweisen sich als eine Arena, wo verschiedene philosophische Aussagen aufeinanderprallen und miteinander verbunden werden. Z. B kann man im Roman Homers Lehre beobachten. Hommer behauptet, dass mit dem Tod auch alles Übel weggeht, dadurch kann man den Tod als eine Befreiung von seinen Sünden sehen. (vgl. Fuchs 1987: 200) Stavrogin bezieht sich auf diese Philosophie; mit seinem Tod sieht er auch seine Entschuldigung und seine Rettung.

Auch die Kynismus Lehre wird im Roman erläutert. Das Zentrum des Kynismus ist der Mensch mit seinen natürlichen Sorgen. Kynismus sucht die Norm in der Natur des Menschen, seiner Art und seines Individuums. Man muss nicht auf die göttlichen Hinweise für die Lösung des eigenen Lebens warten, so besagt die Lehre. (vgl. Müller 1976: 1465ff.) Die Protagonisten suchen Antworten in der Form von Selbstsuche und der Befreiung des eigenen Egos auf kosten von anderen. Der Individualismus im Kynismus bringt zum Prinzip die innere Freiheit, die durch den Kampf mit sich selber erworben wird. Dadurch betrachtet Kynismus den Selbstmord als eine Überwindung der Todesangst. Auch bei Stoikern ist der Selbstmord für das Vaterland eine heroische Aktion, und Kirillof Selbstmord kann als Selbstmord für das Vaterland bzw. für die Revolution betrachten werden (vgl. Fuch 1987: 201).

Im Roman kann man durch die Figur von Šatov die Meinung von Dostoevskij sehen, die stark mit der Kantphilosophie verbunden ist. Kant hat den Selbstmord auf eine Ebene mit dem Mord gestellt. Es gibt Pflichten, die der Mensch ausfüllen muss und was wäre, wenn alle einen Selbstmord begehen, fragt der Philosoph. Die Antwort ist Unruhe (vgl. Fuchs 1987: 206f.). Kant hat das menschliche Leben als etwas Heiliges und als ein Teil der unfassbaren Natur gesehen. Keiner darf, ungeachtet von seinen philosophischen Kontexten, das Leben von einem Menschen stören.

„…Čelovek ne est’ kakaja-nibud’ vešč’[...]on vsegda i pri vseh svoih postupkah dolžen rassmatrivat´sja kak cel’sama po sebe. Sledovatel’no, ja ne mogu rasporjaža´sja čelovekom v moem lice, kalečit’ ego, gubit’ ili ubivat’ ” ( Ždanov; Travkina 2017: V)

Dostoevskij sieht das Leben als etwas Heiliges genau wie Kant, und hat auch religiöse Gründe für seine Position; das Leben sei etwas, was nur Gott angehört. Genau diese Ideen und Gefühle zum Thema Selbstmord äußert der Schriftsteller durch die Figur von Šatov. Für einen religiösen Menschen wie Dostoevskij sind alle diese aufklärerischen Ideen ein Verbrechen gegen Menschen und gegen Gott.

Eine andere Philosophie, deren Ideen im Roman eine besondere Rolle spielen, ist die von Schopenhauer. Im Roman gehören diese Ideen Stavrogin. Wenn man den Roman von dieser Sichtweise analysiert, versteht man, dass Stavrogin einen parallelen Protagonisten zum Šatov bildet. Genauso wie in philosophischer Welt, steht Schopenhauer gegen die Ideen von Kant. (vgl. Fuchs 1987: 240f)

Für Schopenhauer ist der Selbstmord kein Weglaufen der eigenen Probleme, sondern ein Aufwachen von einem schlechten Traum. Der Selbstmord bei Schopenhauer ist eine Ablehnung von allen Illusionen des Lebensgenusses und der Lebensverführungen. (vgl. Ždanov; Travkina 2017: o.S.)

„ Samoubijca- eto čelovek, kotorij vmesto togo čtoby otkazat’sja ot hotenija uničtožaet javlenie etogo hotenija: on prekratil ne volju k žizni, a tol’ko žizn‘. No on vpolne ispytyvaet vnutrennij raskol žizni, i gor‘koe samoubijstvo predstavljaet soboj i bol‘, kotoraja možet izlečit’ ego ot voli k žizni. „(Ždanov; Travkina 2017: V)

Mit diesem Zitat wird Schoppenhauers Sicht auf den Selbstmord verständlich. Durch den Selbstmord hat Stavrogin eine komplette Verneinung von allen menschlichen, martialischen und geistlichen Sachen erreicht. Aber laut Schopenhauer ist das nicht nur eine Verneinung, sondern auch zugleich eine Strafe in der Form der Ablehnung aller Genüsse, die ihm das Leben geben könnte.

Wenn man aber Stavrogins Selbstmord ohne seine philosophischen Kontexte betrachtet, offenbart sich auch die einfache menschliche Seite der Tat, denn ein Mensch, der einen Selbstmord begeht ist nichts mehr, als jener, der kein Glauben an das bessere Leben mehr hat. Er hasst das unglückliche, sinnlose Leben, und glaubt, dass kein Lebensgenuss existieren kann. Er wollte ein bewusstes und glückliches Leben für sich haben, aber ist an seinen Möglichkeiten verzweifelt. In Stavrogin treffen sich verschiedene Lebens- und Todesphilosophien aber auch die einfache menschliche Psychologie.

3. Stavrogins Nihilismus als Ursache für den Selbstmord

Nikolaj Stavrogin ist ein Nihilist, der eine geringschätzige Beziehung sowohl zur Behauptung, als auch zur Verneinung zeigt. Er hat kein Interesse an der Welt, und er wird in allen Werten solcher Maße enttäuscht sein: Er findet kein Ziel, das seine Verfolgung verdient. In den vorläufigen Skizzen zum Roman beschreibt Dostojewski Stavrogin als einen Fürsten der Finsternis, der einen dämonischen Charakter hat: „Knjaz’- mračnyj, strastnyj, demoničeskij i besporjadočnyj harakter, bezo vsjakoj mery, s vyšim voprosom, došedšij do `byt’ ili ne byt’?” (Rozenbljum 1981: 196). Im Brief zu Darja Pavlovna, kurz vor seinem Beschluß den Selbstmord zu begehen, schreibt Stavrogin, dass er sich eigentlich umbringen soll, aber er hat Angst davon, weil er damit eine gewisse Großherzigkeit zeigen könnte.

[...]

Final del extracto de 21 páginas

Detalles

Título
Stavrogin und sein Selbstmord als mögliches Epizentrum des Romans
Universidad
University of Bamberg
Calificación
1,3
Autor
Año
2018
Páginas
21
No. de catálogo
V456499
ISBN (Ebook)
9783668871472
ISBN (Libro)
9783668871489
Idioma
Alemán
Notas
Die Ziele der Hausarbeit sind Stavrogins Innenwelt zu erleuchten und die Gründe für seinen Selbstmord zu finden.
Palabras clave
Nihilismus, Dostoevskij, Literatur, Die Däminen, Böse Geister, Selbstmord
Citar trabajo
Renata Babitseva (Autor), 2018, Stavrogin und sein Selbstmord als mögliches Epizentrum des Romans, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/456499

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