Leseprobe
Inhaltsverzeichnis
1. Einleitung
2. Erwachsenenpädagogische Handlungsfelder
2.1 Betriebliche Weiterbildung
3. Personalentwicklung als Berufsfeld der Erwachsenenbildung
3.1 Definition Personalentwicklung
3.2 Anforderungen und Aufgaben in der Personalentwicklung
3.3 Divergenz oder Konvergenz pädagogischer Ansprüche und ökonomischer Prinzipien?
4. Fazit
5. Abbildungsverzeichnis 18
6. Literaturverzeichnis 19
1. Einleitung
Seit Beginn des 21. Jahrhunderts kündigt sich in der Erwachsenenbildung so etwas wie eine „organisationsbezogene Wende“ (Schäffter, 2003, S. 25) an. Personal- und Organisationsentwicklung nehmen in diesem Zusammenhang eine entscheidende Rolle ein, denn Fragen des Bestandserhalt einer Organisation beschäftigt die pädagogische Arbeit überdimensional. Während in den klassischen und öffentlich geförderten Weiterbildungseinrichtungen die organisationsbezogene Wende das Personal beschäftigt, rücken die privaten und am Markt orientierten Weiterbildungseinrichtungen näher in den Fokus. Die betriebliche Weiterbildung in Unternehmen wächst und agiert in einem Spannungsfeld von pädagogischen Prinzipien und ökonomischen Ansprüchen. Inwiefern die Personalentwicklung als Arbeitsfeld der betrieblichen Weiterbildung als erwachsenenpädagogisches Handlungsfeld gelten kann, soll im Zuge der vorliegen Arbeit erläutert werden. Die zentrale Fragestellung lautet dabei: Inwiefern lässt sich die Personalentwicklung in Unternehmen als erwachsenenpädagogisches Handlungsfeld fassen? Zur Beantwortung der Fragestellung wird in einem ersten Zugang das erwachsenenpädagogische Handlungsfeld in seiner Heterogenität erläutert (2.). Anschließend wird die betriebliche Weiterbildung detaillierter als das Handlungsfeld vorgestellt, in dem die Personalentwicklung als Arbeitsfeld verortet wird (2.1). Danach wird dieses Arbeitsfeld Personalentwicklung als Berufsfeld der betrieblichen Weiterbildung diskutiert (3.), indem zuerst eine Sammlung von zentralen Definitionen einen ersten Zugang zum Feld liefern (3.1) und anschließend die Anforderungen und Aufgaben in der Personalentwicklung vorgestellt und aufgrund ihrer pädagogischen oder nicht-pädagogischen Werte systematisiert werden (3.2). Danach wird diskutiert, inwiefern die Arbeit in der Personalentwicklung zu einer Divergenz oder Konvergenz pädagogischer Prinzipien und ökonomischer Anforderungen führt (3.3). Das abschließende Fazit fasst die Arbeit überblickend zusammen und beantwortet die zentrale Fragestellung aufgrund der Ergebnisse (4).
2. Erwachsenenpädagogische Handlungsfelder
Betrachtet man erwachsenenpädagogische Handlungsfelder, fällt auf, dass diese sehr heterogen und somit nicht einfach zu erfassen sind. Auch ein Blick auf die historische Entwicklung des erwachsenenpädagogischen Handlungsfeldes lässt darauf schließen, dass eine Definition des einen Handlungsfeldes viel zu kurz greift. Während bis etwa Mitte der 1980er Jahre die öffentlichen, öffentlich-rechtlichen und gemeinnützigen Weiterbildungseinrichtungen primär erwachsenenpädagogisches Personal beschäftigten, gewinnen heute betriebliche und kommerzielle Anbieter an Einfluss dazu (vgl. Klimperle, 2008, S. 36). Zur Differenzierung der verschiedenen erwachsenenpädagogischen Handlungsfelder lässt sich daher eine Analyse der zugrundeliegenden Trägerschaft und ihrer Organisationen hinzuziehen, um die heterogene Strukturlandschaft erfassen zu können. Die Träger lassen sich dabei auf Träger der Bundes- und Landesebene differenzieren, sowie in einzelne Weiterbildungseinrichtungen auf kommunaler und regionaler Ebene. Weiterhin spielen Betriebe und Arbeitgeber als Anbieter von (primär beruflichen) Weiterbildungsveranstaltungen eine herausragende Rolle (vgl. ebd. S. 37). Die nachfolgende Grafik fasst die Trägerstrukturen in der BRD im Jahre 2003 zusammen.
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Abbildung 1: Trägerstrukturen im Bundesgebiet 2003, (aus: Klimperle, 2008)
Zur Strukturierung der Trägerschaft der in der Erwachsenenbildung agierenden Organisationen entwickelte Schrader (2010) das Modell der Reproduktionskontexte, das Organisationen anhand ihrer Rechtsformen aufzeigt, in denen sich Erwachsenenbildung reproduziert. Hierzu definiert er vier Reproduktionskontexte (Gemeinschaft, Staat, Markt, Unternehmen), die sich entweder durch öffentliche oder private Interessen legitimieren und ihre Ressourcen durch Verträge oder Aufträge sichern. Die nachfolgende Abbildung zeigt die Reproduktionskontexte und veranschaulicht diese anhand beispielhafter Anbieter.
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Abbildung 2: Reproduktionskontexte der Erwachsenenbildung - Zuordnung beispielhafter Anbieter (aus: Schrader, 2010)
Anhand Abbildung 1 und Abbildung 2 wird deutlich, dass auf der einen Seite Heterogenität in der Trägerschaft der Erwachsenenbildung als signifikantes Merkmal dieser gilt. Auf der anderen Seite wird ersichtlich, dass Arbeitgeber und Betriebe als Träger der Erwachsenenbildung mit ungefähr einem Drittel des Gesamtanteils einen erheblichen Stellenwert der Erwachsenenbildung einnehmen. Der Kontext Unternehmen nimmt also neben den anderen Kontexten eine besondere Bedeutung im Rahmen der Erwachsenenbildung ein. Im Zuge der zentralen Fragestellung der vorliegenden Arbeit, inwiefern sich Personalentwicklung in Unternehmen als erwachsenenpädagogisches Handlungsfeld fassen lässt, konzentriert sich der weitere Verlauf dieser Arbeit deshalb auf den Reproduktionskontext Unternehmen, der durch die innerbetriebliche Weiterbildungsabteilung repräsentiert wird. Folgend wir daher die betriebliche Weiterbildung vorgestellt.
2.1 Betriebliche Weiterbildung
Die betriebliche Weiterbildung wird insofern definiert, als dass unter betrieblicher Weiterbildung Weiterbildungsmaßnahmen verstanden werden, „die vorausgeplantes, organisiertes Lernen darstellen und die vollständig oder teilweise von Unternehmen für ihre Beschäftigten finanziert werden. Neben Lehrgängen, Kursen oder Seminaren umfasst die betriebliche Weiterbildung auch andere Formen wie Informationsveranstaltungen, Job-Rotation oder Lernen am Arbeitsplatz“ (Destatis, 2007). Diskurse zur betrieblichen Weiterbildung zeichnen sich insbesondere durch verschiedene und interdisziplinäre Zugänge aus. So finden neben ökonomischer und institutionstheoretischer Ansätze auch verhaltenswissenschaftliche und funktionalistische Ansätze ihren theoretischen Zugang zum Feld der betrieblichen Weiterbildung (vgl. Käpplinger, 2018). Käpplinger sortiert diese Zugänge anhand eines von ihm entwickelten Mehrebenenmodells (siehe Abb. 3) auf einer Mikro-, Meso- und Makroebene. Die zentralen Bestandteile dieses Modells werden im Folgenden überblickend dargestellt.
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Abbildung 3: Mehrebenenmodell theoretischer Zugänge zur betrieblichen Weiterbildung (aus Käpplinger, 2018)
Makroebene
Die Makroebene untersucht, warum Betriebe überhaupt weiterbilden. Hierzu liefert die Humankapitaltheorie zwei Unterscheidungen von betrieblicher Weiterbildung: firmenspezifische versus allgemeine Weiterbildung. Weiterhin werden die „differenten Interessenkonstellationen von Arbeitgeber und Arbeitnehmer/in in Bezug auf den Inhalt und vor allem den rein ökonomischen Nutzen der Weiterbildung“ (ebd. S. 685) aufgezeigt, denn „Nutzen wird primär monetär aufgefasst, während nicht-monetäre Motive (z.B. Arbeitszufriedenheit, Machtinteressen) bestenfalls sekundär als mittelbar ökonomische Motive eine Rolle spielen“ (ebd.). Betriebliche Weiterbildung unterzieht sich also in der Makroebene einer existentiellen Grundfrage, die primär aus rein ökonomischen Aspekten beantwortet wird. Erziehungswissenschaftliche Zugänge zeigen sich diesem ökonomischen Zugang gegenüber oft kritisch, da eine Verzweckung von Bildung diese ausschließe (vgl. ebd.).
Mesoebene
Die Mesoebene umfasst Programmplanungshandeln der betrieblichen Weiterbildung und zeigt grundsätzlich zwei große Positionen an theoretischen Zugängen auf: Während auf der einen Seite betriebs- und personalwirtschaftliche Ansätze stehen, die sich an einem Rational-Choice-Modell1 orientieren, stehen auf der anderen Seite erwachsenenpädagogische Ansätze, die die Planung und Durchführung als eine sich relational und interaktiv zwischen vielen Faktoren vollziehender Aktivität begreifen. Beide Ansatzgruppen stehen in einer klaren Abgrenzung zueinander, denn während betriebs- und personalwirtschaftliche Ansätze stets die Orientierung an den organisationalen Unternehmenszielen verfolgen, fokussieren erwachsenenpädagogische Ansätze die Trennung von Profession und Organisation (vgl. ebd. S. 690).
Mikroebene
Die Mikroebene bildet alle didaktischen Gestaltungsvorgänge der betrieblichen Weiterbildung ab. Allgemein ist festzuhalten, „dass betriebliche Weiterbildung im Gegensatz zum rein schulischen Lernen wesentlich vom Betriebs- und Arbeitskontext beeinflusst und gerahmt ist“ (ebd.). So richtet sich der Blick auf arbeitsplatzbezogene Lernprozesse, bei denen allgemein zwischen learning-on-the-job, learning-of-the-job oder learning-into-the-job unterschieden wird (vgl. ebd. S. 691). Die zentrale Leitfrage ist dabei, „wie ein Arbeitsumfeld Beschäftigte in der Entwicklung von Kompetenzen beeinflusst und wie Kompetenzen für diesen Kontext entwickelt werden können“ (ebd.). Insgesamt lassen sich innerhalb der Mikroebene zahlreiche theoretische Zugänge zum arbeitsplatzbezogenen Lernen Erwachsener finden. Käpplinger verweist insbesondere auf Ansätze aus subjekt- und machttheoretischer Perspektive, kompetenztheoretische Ansätze, lerntheoretische Ansätze, biografietheoretische Ansätze, konstruktivistische und subjektorientierte Ansätze2. In der Zusammenfassung wird deutlich, dass sich der Diskurs um betriebliche Weiterbildung insbesondere durch einen interdisziplinären Zugang kennzeichnet, der sich besonders durch Fragen von ökonomischen Anforderungen und pädagogischen Prinzipien in Bezug auf erwachsenenpädagogisches Handeln auszeichnet. Inwiefern sich Personalentwicklung als Berufsfeld der Erwachsenenbildung erfassen lässt, soll im Folgenden thematisiert werden.
3. Personalentwicklung als Berufsfeld der Erwachsenenbildung
Die Personalentwicklung in Unternehmen zeichnet sich – wie die betriebliche Weiterbildung - durch einen interdisziplinären Zugang von Professionellen aus. Während die Grundwissenschaften der Betriebswirtschaftslehre und der Psychologie als besonders relevant in der Personalentwicklung gelten, ist im pädagogischen Diskurs bisher eher selten die Rede von Personalentwicklung und das obwohl einer ihrer Teilbereiche, nämlich die Aus- und Weiterbildung des Personals, als unumstrittenes pädagogisches Feld gilt (vgl. Sausele-Bayer, 2011, S. 12). Aus diesem Grund existieren im interdisziplinären Diskurs eine Vielzahl von Definitionen von Personalentwicklung, „die unterschiedliche Akzente im Hinblick auf Ziele, Inhalte, Adressaten, Methoden, Maßnahmen und Zuordnung zu anderen Unternehmensbereichen setzen“ (ebd. S. 37). Folgend werden einige Definitionen vorgestellt.
3.1 Definition Personalentwicklung
Sausele-Bayer (2011), die sich im Rahmen ihrer Dissertation mit Personalentwicklung aus erwachsenenpädagogischer Sicht beschäftigt hat, definiert diese insofern, als dass
„Personalentwicklung im engeren Sinne die qualifikatorische und personale Entwicklung und Förderung von Mitarbeitern und somit individuelle Lernprozesse in den Blick nimmt, während Personalentwicklung in einem weiteren Verständnis auch Team- und Organisationsentwicklung und damit auch kollektive bzw. organisationale Lernprozesse umfassen kann“ (ebd. S. 36).
Diekmann (2018) fasst Personalentwicklung hingegen auf zwei Ebenen zusammen, die sich zwischen den Beschäftigten einerseits und der Organisation andererseits bewegen. Er definiert:
„Personalentwicklung bezweckt Menschen, Teams und Organisationen dazu zu befähigen, ihre Aufgaben in betrieblichen Arbeitssystemen erfolgreich und effizient zu bewältigen und sich neuen Herausforderungen selbstbewusst und motiviert zu stellen. Sie schließt die gezielte Förderung von Humankapital ein, um die Unternehmensziele unter Berücksichtigung der Bedürfnisse und Qualifikationen des Mitarbeiter/der Mitarbeiterin oder Gruppen von Mitarbeiter/-innen optimal zu erreichen. Betriebliche Personalentwicklung hat dabei einen ganzheitlichen Blick auf die Beschäftigte/den Beschäftigten, einerseits als Persönlichkeit über ihre/seine bloßen fachlichen Fähigkeiten und Funktionen hinaus, andererseits als Teil des organisatorischen Ganzen“ (ebd. S. 698).
Auf Grundlage seiner Definition weist Diekmann ebenfalls darauf hin, dass eine einheitliche Definition von Personalentwicklung im Diskurs nicht vorliegt, aber seine Definition im Kern aller Definitionen gleiche. Nach Arnold (1997) fügt sich die Personalentwicklung als strategisches Element in die Organisationsentwicklung von Unternehmen ein und hilft mit, Organisationsformen zu entwickeln, „die stärker auf die Eigenaktivität und Mitverantwortung der Mitarbeiter setzen und damit die Qualifikationen im Mitarbeiterstamm bereitstellen, die für eine flexible und zukunftsorientierte Unternehmensentwicklung von Bedeutung sind“ (ebd. S. 61). Als Determinanten zur Unternehmensentwicklung zählt er neben der Personalentwicklung daher auch die Organisationsentwicklung sowie die betriebliche Bildungsarbeit und weist darauf hin, dass Personal- und Organisationsentwicklung nicht primär als getrennte Disziplinen verstanden werden können, sondern die Integration von Personal- und Organisationsentwicklung sowie der Bildungsarbeit zu einem modernen Konzept eines lernenden Unternehmens führt (vgl. ebd. S. 63). Wegweisend ist an dieser Stelle, dass Arnold das vermeintlich Pädagogische der Personalentwicklung, nämlich die Aus- und Weiterbildung, getrennt auffasst, indem er diesen Bereich als betriebliche Bildungsarbeit kennzeichnet. Die betriebliche Bildungsarbeit umfasst nach Arnold
„die Gesamtheit der formellen (Aus- und Weiterbildung) und informellen Lernprozesse im Betrieb. Sie stellt eine wesentliche Strategie der Personalentwicklung dar, ist in ihren Bemühungen und Zielen jedoch auch auf die Bedürfnisse sowie die Bildungs- und Qualifikationsansprüche der Mitarbeiter bezogen“ (ebd. S. 64).
[...]
1 Modell zur Planung und Organisation betrieblicher Weiterbildung, das bezugnehmend auf die Unternehmensziele und einer entsprechenden Bedarfsanalyse, die Planung, die Umsetzung und den Transfer darstellt. Es werden primär Funktionen verfolgt, die sich durch die Unternehmenszwecke oder Handlungsprobleme bei der betrieblichen Leistungserbringung ergeben. (vgl. Käpplinger, 2010)
2 Eine detaillierte Ausführung der Ansätze ist im Rahmen dieser Arbeit nicht möglich, daher dienen folgende Autoren als Leseempfehlung: Ludwig (2000), Dehnbostel (2010), Dörner (2004)