Das faschistische Italien als Erbe des Imperium Romanums. Zelebrierung des Römertums als ideologisches Legitimationswerkzeug


Trabajo Escrito, 2014

34 Páginas, Calificación: 1,0

Lucius Müller (Autor)


Extracto


Inhaltsübersicht

1 Einleitung

2. Integrationsideologie vor dem Faschismus
2.1 Das Leitbild Roms im Risorgimento
2.2 „Vittoria mutilata“ nach dem Ersten Weltkrieg
2.3 Aufkommen des imperialistischen Drangs

3. Identifikation mit dem Fascis
3.1 Verwendung des Fascis in Parteinamen
3.2 Das Fascis als Emblem des Faschismus

4. Inszenierung des Römertums
4. 1 Organisation des Marsches auf Rom
4.2 Selbstdarstellung Mussolinis als zweiter Augustus
4.3 Die Paradestraße Via dell'Impero

5. Berufung auf Polybios Verfassungstheorie

6. Mussolinis Werk “Roma Antica Sul Mare”

7. Intervention in Abessinien
7.1 Strategische Vorbereitungen
7.2 Legitimation des Abessinienkrieges
7.3 Gleichsetzung mit Scipio Africanus

8. Fazit

9. Abbildungen

10. Bildnachweis

11. Quellen- und Literaturverzeichnis S.

1. Einleitung

Am 9. Mai 1936 um 21:45 Uhr verkündete Benito Mussolini auf dem Balkon des Palazzo Venezia: „L‟Italia ha finalmente il suo impero“.1 Italien als „Imperium“ auszurufen war für Mussolini nicht nur die einfache Verwendung eines Terminus, sondern sollte den Grundstein darstellen für die groß angelegte Adaption des Imperium Romanums. Abgesehen von der Ausrufung des Imperiums: „Il popolo italiano ha creato col suo sangue l‟impero“,2 rühmt er sich mit der Stärke der Antike: „della potenza del littorio romano“.3 Mussolini sah sein Werk: „la riapparizione dell‟impero sui colli fatali di Roma“,4 als vollbracht. Zur Legitimation der Wiederherstellung stellte er den Anwesenden an diesem Tag folgende Frage: „ne sarete voi degni?“5 Diese antworteten ihm entschieden mit „Sì“.6 Mit dieser Verkündung sollte für Ita- lien ein neues Zeitalter anbrechen, „che il secondo secolo sia ancora più ricco di gloria del primo!“7 Das besagte Jahr wurde von Mussolini damals auch bedeutungsschwer als „Anno primo dell„impero“8 angepriesen.

Die Grundidee sich das römische Imperium als politisches Leitbild zu Nutzen zu ma- chen existierte jedoch bereits vor der faschistischen Ära in Italien. Schon während der Natio- nalbildung Italiens, im Jahre 1861, wurde dem antiken Rom eine wichtige Vorbildfunktion zugesprochen. Dies ist unter anderem einer Äußerung von Camillo Cavour zu entnehmen, die sinngemäß lautete: Wie einst das antike Rom die Hauptstadt der Welt gewesen ist, so soll das neue Rom erneut diesen Platz einnehmen.9 Die Protagonisten des Königreich Italiens begnüg- ten sich jedoch, im Sinne einer geschichtspolitischen Euphorie, fast ausschließlich mit der Vorstellung des antiken Mittelmeerraumes.

Als der Faschismus 1922 in das Königreich Italien einkehrte, erklärte Benito Mussoli- ni Rom zu dem Ausgangpunkt, Endziel und Mythos des Faschismus.10 Das faschistische Ita- lien verpflichtete sich unter diesem Motto fortan als geschichtlicher Erbe des antiken Roms zu agieren, wodurch die Wiederherstellung des Imperium Romanums als beständiges Ziel des Faschismus festgelegt wurde. Es wurde dabei der Anspruch erhoben, das antike Rom nicht nur in Form einer historischen Projektion für politische Zwecke zu nutzen, sondern es darüber hinaus zum Geiste der gesamten Strömung und der italienischen Nation zu erheben.

Bereits in der Anfangsphase des faschistischen Machtaufstieges lassen sich erste Ele- mente einer Hinwendung zur römischen Antike feststellen. So unter anderem bei der Trup- penbildung der „Camicia Nera“, Mussolini nannte diese willentlich nicht squadre, sondern gebrauchte der römischen Terminus „manipoli“11. Während es den Faschisten gelang ihre Machtposition in Italien zu festigen, kam es unter Mussolini in zahlreichen Bereichen zu einer Inszenierung des Römertums. Der Eintritt Italiens in den Zweiten Weltkrieg soll den zeitli- chen Endpunkt unserer Untersuchung bilden.

Der Schwerpunkt der vorliegenden Arbeit liegt auf der Leitfrage, mit welchen Mitteln versucht wurde, das faschistische Italien als rechtmäßigen Erben des Imperium Romanums zu legitimieren.

Als Einstieg zu dieser Thematik soll zunächst beleuchtet werden, inwiefern das antike Rom bereits zur Zeit des Risorgimentos als Leitbild diente. Danach wird die angespannte La- ge nach dem Ausgang des Ersten Weltkrieges untersucht, den die aufgebrachte Bevölkerung allgemein als „Vittoria mutilata“ betitelte. Anschließend werden die Ursachen für das Auf- kommen eines zunehmenden imperialistischen Drangs zur Sprache gebracht, die den Ambi- tionen der Faschisten in Italien den Weg ebneten.

Im Weiteren wird die Identifikation mit Symbol des Fascis beleuchtet, welches unter dem Einfluss Benito Mussolinis kontinuierlich Verwendung fand, sowohl was Parteinamens- gebungen anging, als auch in Form eines wiederkehrenden Emblems auf Flaggen. Hierbei soll insbesondere berücksichtigt werden, wie es bewerkstelligt wurde, dem römischen Liktoren- bündel einen regelrechten Wahrzeichencharakter einzuhauchen.

Anschließend sollen drei der Bereiche betrachtet werden, in denen eine bewusste In- szenierung des faschistischen Römertums stattfand, „romanità fascista“ genannt . Zu Beginn erfolgt eine Betrachtung der militärischen Organisation des Marsches auf Rom, durch den es den Faschisten gelang die politische Vorherrschaft in Italien zu erringen. Anschließend wird die Selbstdarstellung Mussolinis in seiner Glanzzeit als zweiter Augustus untersucht, sowie auch das repräsentative Großbauprojekt des Faschismus, die Paradestraße Via dell'Impero im Herzen Roms.

Im Weiteren folgt eine Untersuchung zu dem Anspruch des Faschismus, auf ge- schichtsphilosophischer Ebene als rechtmäßiger Erbe Roms aufzutreten. Insofern dieser auf Parallelen zu Polybios‟ Verfassungstheorie gestützt wurde. Hierbei werden zunächst die Ver- gleichsaspekte zur Verfassungsform der römischen Republik dargelegt, welche von Polybios als eine Art Mischform aus Königtum, Aristokratie und Demokratie charakterisiert wurde. Anschließend soll vor diesem Hintergrund auf Mussolinis Beanspruchung des römischen Bürgerrechtes eingegangen werden.

Dem folgt eine Betrachtung einzelner Kernaspekte aus Mussolinis Werk “Roma Anti- ca Sul Mare”, welches über den Aufstieg des antiken Roms zur Seemacht handelt. Neben der Gestaltung der äußeren Form sollen hier insbesondere die Rückschlüsse analysiert werden, die Mussolini für Italiens Aufstieg zum Imperium aus seiner Abhandlung zu ziehen vermoch- te.

Als letzten Punkt werden die Abläufe der faschistischen Intervention in Abessinien betrachtet. Hierbei werden zunächst die strategischen Erwägungen und Vorbereitungen the- matisiert, die von Mussolini vor dem Krieg getätigt wurden. Anschließend soll dargelegt wer- den, wie es ihm gelang eine Legitimation des Abessinienkrieges unter den Soldaten und dem Volk zu erzielen. Den letzten Aspekt bildet schließlich die Ausrufung des italienischen Impe- riums nach dem Sieg über Abessinien und die damit einhergehende Gleichsetzung Mussolinis mit dem römischen Feldherren Scipio Africanus.

Im Fazit soll dann ein Resümee darüber gezogen werden, wie sich der Gedanke einer Wiederherstellung des Imperium Romanus auf ideologischer Ebene im faschistischen Italien manifestieren konnte, und in welchem Zeitraum er für die Landesmentalität signifikant war. Den Abschluss bildet eine kritische Auseinandersetzung mit Italiens Anspruch ein Imperium zu verkörpern und Mussolinis Selbstverständnis als zweiter Augustus.

2. Integrationsideologie vor dem Faschismus

2.1 Das Leitbild Roms im Risorgimento

Durch den Marsch auf Rom sollte für das Königreich Italien ein neues Zeitalter anbrechen, welches der am 30. Oktober 1922 zum Ministerpräsidenten ernannte Benito Mussolini unter das Leitbild eines Wiederauflebens des römischen Imperiums zu stellte.12 Doch bereits vor dem Aufstieg des Faschismus stellte Giuseppe Garibaldi im Jahre 1870 seine Ziele für Italien unter den verheißungsvollen Schwur: „Rom oder Tod“.13 Die von Garibaldi ausgelöste italie- nische Einigungsbewegung, von 1815 bis 1870, wurde nicht ohne Grund unter dem Namen Risorgimento bekannt, denn „risorgimento“ bedeutet auf Deutsch „Wiedererhebung“ oder „Wiedergeburt“. Nach Garibaldi sollte sich in diesem Sinne das antike Rom wieder erheben und das zersplitterte Italien sollte wieder vereint werden.14

Der italienische Revolutionär Francesco Crispi sah in der Wiedervereinigung Italiens das Ende einer 1400-jährigen Unterdrückung und Verachtung gegenüber dem italienischen Volk. Mit der Einheit Italiens ging laut Crispi ein glorreicher Neubeginn Roms einher, wel- chen er folgendermaßen beschrieb: „am Ursprung Rom, immer wieder Rom, immer der römi- sche Zement.“15 Rom wird durch die Aussage Crispis als der Ursprung und der zeitlose Ze- ment beschrieben, der Italien in sich zusammenhält und als Nation vereint.

Als einen weiteren wichtigen Bezug, was die Wiederherstellung des antiken Roms angeht, ist Giuseppe Mazzini zu nennen, da er den signifikanten Terminus „mare nostrum“ stark machte. Er vertrat die Position, dass Italien sich bei der imperialistischen Frage nicht länger zurückhalten dürfe, sondern für einen Platz der Sonne aktiv Einsatz zeigen müsse. „E sulle cime dell‟Atlante sventolò la bandiera di Roma quando, rovesciata Cartagine, il Mediter- raneo si chiamò Mare nostro.”16 An Aussagen wie diesen lässt sich erkennen, dass der Grund- gedanke an die Größe des antiken Roms anzuknüpfen durchaus schon vor dem Faschismus im Königreich Italien präsent war.

Nachdem das Königreich Italien jedoch vereint worden war, wurde die Wiedererhe- bung Roms schnell zweitrangig und man beschränkte sich nur noch oberflächlich, auf die Vorstellung der geschichtliche Erbe Roms zu sein. Dieser Umstand führte rasch dazu, dass in der Bevölkerung zunehmend ein Verlust der Integrationsideologie wahrgenommen wurde, was Rom als Leitbild Italiens anging.17

Durch die vernichtende Niederlage bei Adua, im Jahre 1896, wurden Italiens Ambi- tionen zur kolonialen Machterweiterung vorerst gänzlich begraben. An eine Wiederherstel- lung des Imperium Romanums war nach dieser Niederlage nicht mehr zu denken und man begnügte sich in Italien fortan mit der Vorstellung eines eigenen Königreichs.18 Durch die besagte Niederlage war die italienische Nation in eine Art Schockzustand versetzt worden, weshalb die Bemühungen zur Kolonialisierung weitere Länder eingestellt wurden. In den da- rauffolgenden Jahren wurde stattdessen der Festigung bereits eingenommener Kolonien oberste Priorität zugeschrieben, weshalb der Historiker Wolfgang Fengler, den Zeitraum von 1871 bis 1907, auch als eine Etablierungsphase der italienischen Macht in Afrika beschreibt.19

2.2 „Vittoria mutilata“ nach dem Ersten Weltkrieg

Nachdem die Festigung der Kolonien von 1871 bis 1907 erfolgt war, versuchte man nun von italienischer Seite erneut Länder zu annektieren.20 So gelang es Italien sich im italienisch- türkischen Krieg, der von 1911 bis 1912 andauerte, gegen das Osmanische Reich durchsetzen und Libyen als neue Kolonie zu erobern. Aram Mattioli beschreibt den Verlauf dieses Kon- flikts als „ein vergessenes Schlüsselereignis der Weltkriegsepoche.“21 Durch den errungenen Sieg im italienisch-türkischen Krieg wurde Italiens Motivation gesteigert, sich auch auf dem europäischen Schlachtfeld zu behaupten. So erfolgte 1915 ein Jahr nach Anbruch des Ersten Weltkriegs Italiens Kriegseintritt an der Seite der Alliierten.22

Italien galt nach Ende des Kriegs als eine der Siegernationen, doch die Bevölkerung war unzufrieden und betitelte den Sieg als „Vittoria mutilata“, zu Deutsch „verkrüppelter Sieg“. Dies wurde so empfunden, da sich Italien ursprünglich nur unter der vertraglichen For- derung zum Kriegseintritt bereit erklärt hatte, dass das Königreich bei einem Sieg Trentino Tirol und das gesamte Julisch Venetien erhalten würde, sowie auch die Stadt Volosko.23 Der entsprechende Vertrag zwischen Italien, Frankreich und Großbritannien, ist als Londoner Ver- trag bekannt.24 Nach dem Sieg erhielt Italien jedoch trotz dieser vertraglichen Zusicherung der Alliierten nicht die vereinbarten Gebiete, sondern lediglich Südtirol, Kanatal und Trentino.Dies war wesentlich weniger als die italienische Regierung für Italiens Eintritt in der Ersten Weltkrieg gefordert hatte.25

In den Augen der Italiener hatte König Viktor Emanuel II., trotz der wesentlichen Be- teiligung italienischer Truppen am Sieg, die Schmach kommentarlos hingenommen und sich mit weniger Gebieten abspeisen lassen. Diese unbefriedigende Lage war ausschlaggebend dafür, dass der König den Rückhalt in der Bevölkerung vehement einbüßte. Der daraus resul- tierende Unwille gegen die Regierung wuchs so immens an, dass sich Italien schließlich kurz vor dem Ausbruch eines Bürgerkriegs befand.26

Es ist zum damaligen Zeitpunkt, unter der Führung von Gabriele D‟Annunzio, bereits zu einer durchaus bürgerkriegsähnlichen Situation gekommen. Zusammen mit seinen Ariditi27 marschierte der Dichter und Nationalist D‟Annunzio in die Stadt Fiume ein. Der besagte Marsch auf Fiume ereignete sich am 12. September 1919.28 Benito Mussolini bezeichnete die Anhänger D‟Annunzios jedoch nicht als „Ariditi“, sondern als „legionari“, wie aus folgender Aussage Mussolinis hervorgeht: „Da un anno Gabriele d‟Annunzio, i suoi legionari […].“29 Mussolini verwendete bereits in diesem Zusammenhang die altrömische Terminologie, die später auch für die Bezeichnung der faschistischen Truppen zum Einsatz kam.

2.3 Aufkommen des imperialistischen Drangs

Der als „vittoria mutilata“ empfundene Ausgang des Ersten Weltkrieges, und die militärische Entwicklung, die das Königreich durchlaufen hatte, liefern eine nationalgeschichtliche Erklä- rung für das Aufkommen eines zunehmenden, imperialistischen Drangs in Italien.30 Von einer schwachen Armee, die gegen Abessinien eine herbe Niederlage verbuchen musste, hatte sich das Königreich Italien zu einer militärisch gefestigten Nation entwickelt, die sich im Gefecht behaupten konnte. Seite an Seite mit den Alliierten hatte man i m Ersten Weltkrieg gekämpft und galt als eine Siegernation.

Das italienische Volk war daher der festen Überzeug, dass ihre Nation einen entschei- denden Beitrag zum Sieg geleistet hatte, und für diesen auch rechtmäßig entlohnt werden musste. Es waren schließlich italienische Truppen, die am 24. Oktober 1918 bis Vittorio- Veneto vorgedrungen sind, und somit Österreich-Ungarn zur Kapitulation gezwungen haben. Die Tatsache, dass die versprochenen Länder nicht übergeben wurden, wurde allgemein als Ungerechtigkeit angesehen, die eines Ausgleichs bedurfte.31

Dieser für den Kriegsausgang entscheidende Sieg Italiens wurde von Mussolini später als eine Art Mythos in die Ideologie des Faschismus aufgenommen.32 Hinzu kam, dass die Niederlage bei Adua im Volk nicht in Vergessenheit geraten war, und man sich für das Natio- nalansehen insbesondere gegen Abessinien nach Vergeltung sehnte.33 Das damalige Italien zeigte sich daher durchaus empfänglich für die imperialistischen Bestrebungen der Faschisten und das damit verbundene Kriegsvorhaben Mussolinis.

Bereits während des Ersten Weltkrieges, als Benito Mussolini im italienischen Militär als Bersagliere gedient hatte, schrieb dieser in seinem Tagebuch, später in deutscher Überset- zung als „Mein Kriegstagebuch“ veröffentlicht, dass jeder gefallene Italiener in Wirklichkeit ein gefallener Römer sei. Wie hieraus hervorgeht, verwendet er bereits zu diesem Zeitpunkt die ersten römischen Adaptionen. 34 Als er schließlich zum Ministerpräsidenten ernannt wur- de, machte es sich Mussolini daher zum politischen Leitbild erneut ein römisches Imperium aufzubauen.

3. Identifikation mit dem Fascis

3.1 Verwendung des Fascis in Parteinamen

Um die Verwendung des Fascis in der Parteinamensgebung näher zu beleuchten, soll an die- ser Stelle kurz auf die Etymologie des italienischen Wortes „fascismo“ eingegangen werden. Der Ursprung dieser Bezeichnung geht auf das lateinische Wort „fascis“ zurück, welches in der Römischen Republik ein Richtbeil bezeichnete, das in ein Rutenbündel eingebundenen wurde.35 Dieses Richtbeil wurde von sogenannten Liktoren als Insignie getragen und diente dazu die Macht eines Amtsträgers zu repräsentieren.36 Im Deutschen wird daher anstelle von Fascis auch oftmals der Ausdruck Liktorenbündel verwendet.

Die Faschisten machten sich das Symbol des Fascis nicht nur insofern zu nutzen, als dass es den Machtanspruch eines Amtsträgers repräsentieren sollte. Die Vorstellung eines Rutenbündels, sollte zudem die Macht einer Gruppe von Menschen suggerieren, die sich zu einem Bund zusammengeschlossen haben. Wie ein Bündel aus mehreren Ruten weniger schnell zerbricht als eine einzelne Rute, so besitzt ein Bündnis mehrere Menschen gemeinsam eine größere Macht, als der Einzelne allein innehätte. Den Begriff Fascis auf diese Weise zu verwenden ist jedoch keine Neuerfindung von Benito Mussolini, sondern war schon im 19. Jahrhundert gängig. Als Beispiel hierfür lässt sich unter anderem die Bewegung „Fasci Sici- liani“ anzuführen. Vor dem Faschismus diente das Fascis ausschließlich als Symbol der poli- tischen Linken Italiens, in welcher sich Mussolini selbst über mehrere Jahre beteiligt hatte.37

Bis ins Jahr 1914 gehörte Mussolini der Sozialistischen Partei Italiens (PSI) an. Zu seinem Parteiausschluss kam es deshalb, weil er sich 1914 öffentlich dazu bekannte, dass Ita- lien in den Ersten Weltkrieg eintreten müsse, obwohl der Rest der Partei gegen den Kriegsein- tritt war.38 Bereits 1915 gründete er daraufhin, die ebenfalls links ausgerichtete Partei Fasci d'Azione Rivoluzionaria (FAR),39 welche nach dem Ersten Weltkrieg wieder aufgelöst wurde.

Wie sich in den politischen Anfängen Mussolinis erkennen lässt, ist die Verwendung des Fascis bereits in dieser Phase ein konstant wiederkehrendes Element, welches bereits bei der Namensgebung der FAR für Mussolinis Ziele beansprucht wird. Das volle Potential einer Instrumentalisierung der römischen Vergangenheit erkannte Benito Mussolini jedoch erst im Rahmen der politischen Organisation Fasci Italiani di Combattimento, die von ihm am 23. März 1919 gegründet wurde.40 Hier konnte er erstmals die Ideologie flexibel gestalten und entschied sich dazu die römische Vergangenheit als Fixpunkt „romanità fascista“ festzulegen. Dies ermöglichte ihm alle darin enthaltenen Elemente synkretistisch zusammenbinden. 41 Durch die Parteigründung am 7. November 1921 erfolgte schließlich die Umwandlung der Fasci Italiani di Combattimento zur der Partito Nazionale Fascista (P.N.F.).42

[...]


1 Benito Mussolini: Scritti E Discorsi dell'Impero . (Novembre 1935-XIV – 4 Novembre 1936-XV E.F.), Milano 1939, S.117-118.

2 Ebd., S. 119.

3 Ebd., S. 118.

4 Ebd., S. 119.

5 Ebd., S. 119.

6 Ebd., S. 119.

7 Ebd., S. 148.

8 Ebd., S. 147.

9 Vgl. Camillo Benso conte di Cavour: Opera parlamentaria del conte di Cavour, o.O 1862., S. 361- 362

10 Vgl. Richard Faber: Das ewige Rom, oder, Die Stadt und der Erdkreis. Zur Archäologie "abendlän- discher" Globalisierung, Würzburg 2000, S. 173.

11 Vgl. Benito Mussolini, Opera Omnia, Bd. XIX, Florenz 1955, S. 17.

12 Vgl. Heinz Malangré: Blicke auf Europa.: Seine Wurzeln, sein Stamm, seine Äste, seine Krone, Hamburg 2012, S. 463.

13 Vgl. Gustav Seibt: Rom oder Tod: Der Kampf um die italienische Hauptstadt, München 2011, S. 86.

14 Vgl. Federico Chabod: storia della politica estera italiana, Laterza 1951, S. 299.

15 Vgl. Francesco Crispi: Discorsi parlamentari di Francesco Crispi pubblicati per deliberazione della Camera dei deputati, o.O. 1915, S. 311.

16 Guiseppe Mazzini: Lettere slave, politica internatzionale, o.O. 1870, S. 29.

17 Vgl. Seibt, Gustav: Rom oder Tod. Der Kampf um die italienische Hauptstadt, München 2011, S

18 Vgl. Richard Boswarth: Italy the Least of the Great Powers, Italian Foreign Policy Before the First World War, Cambridge 2005, S. 2-13.

19 Vgl. Wolfgang Fengler: Politische Reformhemnisse und ökonomische Blockierung in Afrika. Die Zentralafrikanische Republik und Eritrea im Vergleich, Baden-Baden 2001, S. 160.

20 Ebd., S. 160.

21 Aram Mattioli: Ein vergessenes Schlüsselereignis der Weltkriegsepoche in: Asfa-Wossen Asserate u. Aram Mattioli (Hg.), Der Erste Faschistische Vernichtungskrieg. Die italienische Aggression gegen Äthiopien 1935-1941, S. 9-27.

22 Vgl. Holger Afflerbach: Italien im Ersten Weltkrieg – Forschungstrends und neuere Literatur, in: Politische Literatur Jg. 39 1/1994, S. 224-246, hier S. 241.

23 Vgl. Theodor Schieder: Europa im Zeitalterder Nationalstaaten und europäische Weltpolitik bim zum I. Weltkrieg in: Theodor Schieder (Hg.), Europa im Zeitalterder Nationalstaaten und europäische Weltpolitik bim zum I. Weltkrieg, Stuttgart 1973, S. 1-193, hier S. 167.

24 Der Londoner Vertrag geht auf die 1915 in London abgehaltene Konferenz zurück. Ziel dieser Kon- ferenz war ein Kriegseintritt Italiens aufseiten des Militärbündnisses zwischen Großbritannien, Frank- reich und Russland, Triple Entente genannt. Im Vertrag wurde die Vereinbarung getroffen, gegen die Mittelmächte Heeres- und Marineabkommen abzuschließen, die zur Koordinierung der Kriegsanstren- gungen dienen sollten. Dabei verpflichtete sich Russland insbesondere dazu Entlastungsangriffen auf Österreich-Ungarn vorzunehmen, im Falle dass sich dieses gegen Italien wenden sollte. Weiter ver- pflichteten sich Frankreich und Großbritannien in diesem Sinne dazu, die österreichische Flotte im Mittelmeer aktiv zu bekämpfen. Als Gegenleistung für diese Zusicherungen verpflichtete sich Italien seinerseits, gegen alle Gegner des Bündnisses mit verfügbaren Kräften vorzugehen. Dies war wesentlich weniger als die italienische Regierung für Italiens Eintritt in der Ersten Weltkrieg gefordert hatte.25

25 The Treaty of London (1915) http://wwi.lib.byu.edu/index.php/The_Treaty_of_London_(1915) (Stand 21.01.2014)

26 Giulia Brogini Künzi: Italien und der Abessinienkrieg 1935/36, Paderborn 2002, S. 83-89.

27 Die italienische Bezeichnung „Aridito“ bedeutet „kühn“ oder „mutig“. Die Personen, die sich den „Ariditi“ unter Gabriele d‟Annunzio angeschlossen haben, waren großteils Kriegsveteranen aus dem Ersten Weltkrieg.

28 Vgl. Rolf Wörsdörfer: Krisenherd Adria 1915-1955, Paderborn 2004, S. 114.

29 Benito Mussolini: Opera Omnia XV, Firenze 1954, S. 158.

30 Vgl. Frank Vollmer: Die politische Kultur des Faschismus. Stätten totalitär Diktatur in Italien, Köln 2007, S. 474.

31 Vgl. Oliver Janz: Zwischen Konsens und Dissens, zur Historiographie des Ersten Weltkriegs in Ita- lien in: Arnd Bauerkämpfer u. Elise Julien (Hg.), Durchhalten! Krieg und Gesellschaft im Vergleich 1914-1918, Göttingen 2010, S. 195-216, hier 209.

32 Vgl. Rudolf Lill: Geschichte Italiens vom 16. Jahrhundert bis zu den Anfängen des Faschismus, Darmstadt 1980, S. 287.

33 Vgl. Volker Matthies: Kriege am Horn von Afrika. Historischer Befund und friedenswissenschaftli- che Analyse, Berlin 2005, S. 77-78.

34 Vgl. Benito Mussolini: Mein Kriegstagebuch, Zürich 1930, S. 171.

35 Vgl. Jochen Bleicken: Die Römische Republik, München 2012, S. 22.

36 Vgl. Tanja Zischke: Liktoren, Polizei im alten Rom? In: Jonas Grutzpalk u. Anja Bruhn (Hg.), Bei- träge zu einer vergleichenden Soziologie der Polizei, Potsdam 2009, S. 55-70, hier 60-61.

37 Vgl. Francesco Leoni: Storia dei partiti politici italiani, Napoli 2001, S. 250-252.

38 Vgl. Richard Boswarth: Mussolini, New York 2014, S. 90-95.

39 Vgl. Franscesco Leoni: Storia dei partiti politici italiani, Napoli 2001, S. 378.

40 Vgl. Wolfgang Schieder: Der Italienische Faschismus, München 2010, S. 18.

41 Vgl. Emilio Gentile: Il culto del Littorio. La sacralozzazione della politca nell`Italia fascista, Rom 1993, S. 212.

42 Vgl. Gerhard Feldbauer: Marsch auf Rom, Faschismus und Antifaschismus in Italien, Köln 2002, S. 13.

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Detalles

Título
Das faschistische Italien als Erbe des Imperium Romanums. Zelebrierung des Römertums als ideologisches Legitimationswerkzeug
Universidad
University of Constance
Calificación
1,0
Autor
Año
2014
Páginas
34
No. de catálogo
V458085
ISBN (Ebook)
9783668875623
ISBN (Libro)
9783668875630
Idioma
Alemán
Palabras clave
italien, erbe, imperium, romanums, zelebrierung, römertums, legitimationswerkzeug
Citar trabajo
Lucius Müller (Autor), 2014, Das faschistische Italien als Erbe des Imperium Romanums. Zelebrierung des Römertums als ideologisches Legitimationswerkzeug, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/458085

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