In seinem erstmals 1910 erschienenen Roman die "Aufzeichnungen des Malte Laurids Brigge" fingiert Rainer Maria Rilke das Tagebuch des fiktiven dänischen Dichters Malte L. Brigge. Dabei löst er sich von der Idee eines konventionellen Handlungsverlaufs. Die Tagebuchfragmente des autodiegetischen Erzählers Malte sind weder kausal noch chronologisch miteinander verknüpft, so dass keine stringente, paraphrasierbare Erzählung entsteht. Die assoziativ miteinander verbundenen Aufzeichnungen schwanken zwischen Maltes Gegenwart in der unheilschwangeren Kulisse der Pariser Großstadt, Szenen aus der Kindheit des Protagonisten und ins allgemein Historische reichende Reflexionen.
Im Rahmen dieser Abhandlung soll der Themenkomplex des "Spiritismus" innerhalb der "Aufzeichnungen" in den Fokus der Aufmerksamkeit gerückt werden, denn die Poetik, die Rilke im Rahmen der "Aufzeichnungen" entwirft scheint in nicht geringem Maße durch das Ineinandergreifen ästhetischer und spiritistischer Diskurse geprägt zu sein.
Insbesondere neuere Forschungsergebnisse weisen auf den Einfluss okkulter Praxis und Axiomatik auf die programmatische Ausrichtung zahlreicher Maler und Autoren um die Jahrhundertwende hin. Um das Jahr 1900 ist die Verbindung zwischen Kunst und Medialität ein weitverbreiteter Topos. Seine spezifische Ausprägung erfährt das zeitgenössische Verständnis "künstlerischer Medialität" jedoch durch seine gedankliche Nähe zum okkultistischen Diskurs. Dabei zeitigt die ästhetische Adaption spiritistischer Theorie u.a. ein verändertes Bild des Künstlersubjekts. Der Künstler tritt an die Stelle des spiritistischen Mediums. Daraus folgt, dass die Leistung des künstlerischen Schaffensprozesses in die Sphäre des Unbewussten verlegt wird.
Inhaltsverzeichnis
- I Einleitung.
- II. Grundlagen der spiritistischen Philosophie Carl du Prels….……………………………..\
- 2.1. Subjektbegriff - Das transzendentale Subjekt.
- 2.2. Okkulte Erkenntnistheorie…..........\
- 2.3. Die sinnlich/übersinnliche Wirklichkeitskonzeption Carl du Prels...\
- III. Die Weltanschaulichen Grundlagen der \"künstlerischen Medialität\" in den\n\"Aufzeichnungen \" - Wirklichkeitsbegriff ..\
- 3.1. Rilkes Wirklichkeitsbegriff
- 3.2. \"Der wichtigste Wink meines Lebens\" - Die Integration des Übersinnlichen in den\nWirklichkeitsbegriff Malte Laurids Brigges
- 3.3. \"Die Zeitfolgen spielten durchaus keine Rolle für ihn\"- Die Figur des Grafen Brahe als\nPersonifikation eines ganzheitlichen Weltverständnis
- IV. Die Weltanschaulichen Grundlagen des \"künstlerischen Mediumismus\" in den\n\"Aufzeichnungen \" - Subjektbegriff und Erkenntnistheorie ....\
- 4.1. Zum Einfluss okkulter Erkenntnistheorie und Subjektkonzeption auf das Denken Rilkes ...
- 4.2. \"Ich habe ein Inneres, von dem ich nicht wusste\" - Das transzendentale Subjekt in den\nAufzeichnungen
- 4.3. Zum Verhältnis zwischen Rilkes Subjektbegriff und Erkenntnistheorie und dem\npoetologischen Imperativ der \"künstlerischen Medialität\"\
- V. Konklusion
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die vorliegende Arbeit analysiert die weltanschaulichen Grundlagen des \"medialen Schreibens\" in Rilkes "Die Aufzeichnungen des Malte Laurids Brigge", wobei der Fokus auf die Rezeption des Spiritismus durch den Autor gelegt wird. Die Arbeit zielt darauf ab, den Einfluss spiritistischer Philosophie auf Rilkes Werk aufzuzeigen und die Verbindung zwischen der Poetik des Romans und den weltanschaulichen Überzeugungen des Autors zu untersuchen.
- Der Einfluss des Spiritismus auf Rilkes Weltverständnis
- Die Rolle des "transzendentalen Subjekts" in Rilkes Werk
- Der Zusammenhang zwischen "künstlerischer Medialität" und spiritistischer Praxis
- Die Bedeutung des automatischen Schreibens in der Poetik der "Aufzeichnungen"
- Die Integration des Übersinnlichen in den Wirklichkeitsbegriff des Romans
Zusammenfassung der Kapitel
Die Einleitung stellt die "Aufzeichnungen des Malte Laurids Brigge" vor und thematisiert die Bedeutung des Spiritismus für die Poetik des Romans. Das zweite Kapitel beleuchtet die spiritistische Philosophie Carl du Prels, insbesondere den Begriff des "transzendentalen Subjekts" und die okkulte Erkenntnistheorie. Das dritte Kapitel widmet sich Rilkes Wirklichkeitsbegriff und analysiert den Einfluss des Spiritismus auf die Integration des Übersinnlichen in das Weltbild des Romans. Das vierte Kapitel untersucht Rilkes Subjektbegriff und Erkenntnistheorie im Kontext der "künstlerischen Medialität" und zeigt die Verbindung zwischen spiritistischer Praxis und poetologischem Imperativ auf.
Schlüsselwörter
Die Arbeit fokussiert auf die Themenbereiche des Spiritismus, "künstlerische Medialität", "transzendentales Subjekt", "okkulte Erkenntnistheorie", "Écriture automatique" und das "übersinnliche Wirklichkeitsverständnis" im Kontext von Rilkes "Die Aufzeichnungen des Malte Laurids Brigge". Die Analyse konzentriert sich auf die Rezeption des Spiritismus durch den Autor und dessen Einfluss auf die Poetik des Romans.
- Quote paper
- Axel Bannert (Author), 2018, Die weltanschaulichen Grundlagen des "medialen Schreibens" in R.M. Rilkes "Die Aufzeichnungen des Malte Laurids Brigge". Spiritismusrezeption des Autors, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/458150