Die Wiederbelebung des Dschihad-Gedankens. Die muslimische Reaktion auf die Kreuzritter


Dossier / Travail de Séminaire, 2009

20 Pages, Note: 2


Extrait


Inhaltsverzeichnis:

1. Einleitung

2. Begriffserklärung
2.1 Die Definition des Wortes Dschihad
2.2 Der Dschihad im Koran

3. Historischer Hintergrund
3.1 Zengi und sein Einfluss auf die islamische Welt
3.2 Zengi und die Wiederbelebung des Dschihad
3.3 Nuraddin und sein Triumph über Damaskus
3.4 Nuraddins Propagierung des Dschihad

4. Schlussbetrachtung

5.Literatur und Quellen

1. Einleitung

Das weit verbreitete Elend in Marokko garantiert den Islamisten regen Zulauf. In den Slums der Großstädte rekrutieren Extremisten immer neue Gotteskämpfer.“ 1 Dieser Untertitel eines Berichts aus der Süddeutschen Zeitung vom 16.03.2004 trägt den Titel „Aus dem Slum in den Dschihad“. Dieser Tage ist der Dschihad eines der Hauptargumente für Terroranschläge seitens der islamistischen Terroristen. Der Dschihad wird von Seiten der Islamisten als ein „Muss“ angesehen. Diesen zu praktizieren gelte als Pflicht eines jeden Muslim. Heutzutage hat sich der Dschihad zu einer Rechtfertigung für die zahlreichen, gewaltsamen Übergriffe islamischer Gruppierungen in der westlichen und in der nicht-muslimischen Welt entwickelt, wobei zu beachten ist, dass diese islamischen Gruppierungen offenbar auch bereit sind, bei der Ausübung „ihres“ Dschihad auch Muslime zu verletzen.2 Der Ursprung des Dschihad stammt aus dem Koran, wird jedoch von den Islamisten anders definiert und wenn man den Titel des Berichts ein wenig Aufmerksamkeit schenkt auch instrumentalisiert. Der Inhalt dieser Arbeit konzentriert sich jedoch zum einen auf den ursprünglichen Dschihad, der unter anderem auch seine Wurzeln in der Hadith findet. Zum anderen legt diese Arbeit auch ihren Fokus auf den Dschihad, der während der Kreuzzüge wiederbelebt wurde. Ersterer kennt eine völlig andere Interpretation als die aktuell in den Medien und im Volksmund verbreitete.

In der folgenden Arbeit wird diese Entwicklung des auf der einen Seite ursprünglichen Dschihad, der im Koran begründet und verankert ist, und auf der anderen Seite des heutigen meist falsch interpretierten Dschihad, der als „Heiliger Krieg“ verstanden wird, dargelegt. Dazu werden einige ausgewählte Beispiele vorgestellt, die deutlich machen, inwiefern der Dschihad im Laufe der Jahrhunderte zu politischen Zwecken einiger Machthaber eingesetzt wurde. Dieses Phänomen der Instrumentalisierung des Dschihad zu politischen und militärischen Zwecken wird anhand zweier Herrscher verdeutlicht. Zuvor ist es jedoch notwendig, den Begriff des „Dschihad“ klar zu definieren und herauszufiltern, welche Bedeutungen dieser Begriff impliziert. Desweiteren wird untersucht, welche Wichtigkeit dem Dschihad im Koran überhaupt zukommt. Welche Interpretation lässt der im Koran manifestierte Dschihad zu? Nach Klärung dieser Punkte wird der historische Kontext näher erläutert, wobei auch auf die zuvor erwähnten Herrscher und ihre Politik eingegangen wird. Es handelt sich bei diesen um den Atabeg Zengi, und seinen Sohn Nuraddin.3 Zusammenfassend werden dann Motive und Strategien der einzelnen Akteure noch einmal beleuchtet und in Bezug zueinander/kontrastiv dargestellt werden.

Leitgedanke dieser Arbeit ist die Vergänglichkeit der Zeit. Es soll vor Augen geführt werden, dass zum Beispiel ein im Koran manifestierter Glaubensgrundsatz in der Vergangenheit anders wahrgenommen wurde, als dies heute der Fall ist, und dass eben diese Veränderungen und Bedeutungsverlagerungen verantwortlich sind sowohl für unser heutiges Verständnis als auch für die Historie. Es wird deutlich gemacht werden, wie der Dschihad aus machtpolitischen Interessen instrumentalisiert und propagiert wurde. Es wird natürlich auch die ursprüngliche Bedeutung des Dschihad erarbeitet werden, die sich deutlich von dem in der westlichen Gesellschaft weitverbreiteten Bild abgrenzt.

2. Begriffserklärung

2.1 Die Definition des Wortes Dschihad

Der Begriff Dschihad stammt aus dem arabischen und bedeutet Streben, Mühe, Anstrengung oder auch Einsatz. Der Begriff des Dschihad soll zu allererst die geistige Haltung der Muslime darstellen. Von diesem Standpunkt aus ist der Dschihad in medinensischer Zeit als eine mit allen Kräften mögliche Anstrengung für den Islam zu verstehen.4 In der islamischen Literatur wird der Begriff oft durch die Formulierung „Kampf gegen Ungläubige“ oder „Bekämpfung der Ungläubigen“ ergänzt. Zwei Gründe dafür, dass dies eine falsche Übersetzung und Interpretation des Dschihad als „Heiligen Krieg“ ist, sind von Albrecht Noth in seinem Werk „Heiliger Krieg“ und „Heiliger Kampf“ im Islam näher erläutert: Zum einen erläutert Noth, dass der Ausdruck „heiliger Krieg“ den Eindruck erwecke, der Dschihad könne ein bestimmtes, räumlich und zeitlich begrenztes kriegerisches Unternehmen bezeichnen; zwar gebe es heilige Kriege aber keine „Dschihads“. Das Wort kennt keinen Plural. Zum anderen – so Noth – trage der Dschihad nichts Heiliges mit sich. Er bezeichnet den „Kampf gegen Ungläubige“.5 Es gilt hierbei jedoch den Begriff des Dschihad von zwei Gesichtspunkten aus zu betrachten: Einerseits eine allgemeine und umfassende Bedeutung, die den Leser jedes Detail zum Kampf gegen die Ungläubigen bietet. Andererseits existiert neben der allgemeinen auch eine spezielle Implikation, die den Charakter der einzelnen Muslime durch ihre Dschihad-Tätigkeit in den Vordergrund stellt. Diese „Tätigkeit“ impliziert den dauerhaften Kampf und die Verteidigung des Islam gegen Nicht-Muslime und die Selbst-Opferung für den selben. Folglich kann jeder Muslim im Dschihad partizipieren.6 Unter letzterem verstehen Muslime den ursprünglichen Sinn des Dschihad.

2.2 Der Dschihad im Koran

Der Dschihad wurde nicht erst seit dem 11. September 2001 von islamistischen Terrorgruppen erfunden, sondern spielt bereits im Koran eine sehr wichtige Rolle.7 Kriege im Sinne Allahs sind tief verankert im islamischen Glauben. Oft wird der Dschihad auch als sechste Säule8, also als einer der Heiligen Pflichten eines jeden Muslims, bezeichnet. Im Koran wird der Begriff des Dschihad als ein Streben und ein sich ständiges Bemühen definiert. Hierzu dienen einige Koranverse zu Verdeutlichung und Unterstreichung des eigentlichen und ursprünglichen Dschihad-Gedankens.

"Ihr, die dem Iman verinnerlicht habt! Handelt Taqwa gemäß ALLAH gegenüber, strebt nach dem, womit ihr Sein Wohlgefallen erreicht und leistet Dschihad fi-sabilillah, damit ihr erfolgreich werdet." (Sure 5, 35).

Diese Sure verdeutlicht nochmals den Dschihad als ein Streben im Sinne Gottes („ fi-sabiliah“ folgt oft auf Dschihad und heißt: „im Sinne Allahs“). Es wird kein „Heiliger Krieg“ oder dergleichen propagiert. Die Sure weist den Muslimen eine Richtung auf, wonach jeder Muslim Allahs Wohlgefallen dienen soll. Eine weitere Sure aus dem Koran verstärkt die bereits erwähnte These, dass der jeder „Dschihad machen“ kann. Diese beinhaltet die Pflicht des Dschihad für jeden Einzelnen Muslim.9

"Brecht auf als Leichte oder Schwere und leistet Dschihad fi-sabilillah mit eurem Vermögen und mit euch selbst! Dies ist besser für euch, solltet ihr wissen." ( Sure 9,41)

Diese Suren aus dem Koran sollen den Leser ein weiteres Mal ins Bewusstsein rufen, dass der im Koran erwähnte Dschihad keinen Bezug zu dem Dschihad, der in diesen Tagen von radikalen islamistischen Gruppierungen (wie z.B. die al Kaida) hat. Er fordert den Dschihad, die Anstrengung und den Einsatz eines jeden Muslim für den Islam. An dieser Stelle wird nochmals an jeden Muslim appelliert, diesen als seine alltägliche Pflicht anzusehen.

Im Folgendem wird die Zeit der Kreuzzüge, im genaueren die Zeit zwischen 1135 – 1174 näher betrachtet. In dieser Periode sind zwei für die islamische Welt nennenswerte Herrscher zu erwähnen, die großen Anteil an der Wiederbelebung des Dschihad hatten.

3. Historischer Hintergrund

Nach der Eroberung Jerusalems im Jahre 1099 durch die fränkischen Kreuzritter wurden einige Christen im Heiligen Land sesshaft. Danach wurde Jerusalem zu einem beliebten Pilgerziel Europäer. Dies gewährleistete eine dauerhafte, christliche Präsenz in muslimischen Gebieten. Die muslimischen Machthaber vor Ort und in den benachbarten Gebieten reagierten zunächst nicht, doch als die Zahl der Christen weiter anstieg sahen sie sich dazu genötigt, einem weiteren Anstieg dieser vorzubeugen. Auf welche Art und Weise dabei der Dschihad als Propaganda eingesetzt und instrumentalisiert wurde wird im Folgenden näher ausgeführt werden.

3.1 Zengi und sein Einfluss auf die islamische Welt

Die Muslime erzielten gegenüber den Kreuzfahrerstaaten in Syrien einen enormen Erfolg, indem Mossul und Aleppo unter der Herrschaft des Türken Imadaddin Zengi vereinigt wurden.10 Der Mangel an Führungspersönlichkeiten unter den Franken begünstigte die Situation Zengis erheblich, da er in der Lage war, die Streitkräfte der Muslims gegen die Franken zu vereinigen.11 Durch seine anfänglichen Bemühungen im Irak (1132-1135) war Zengi nicht befähigt sein Augenmerk auf den Westen zu richten. Überhaupt wurden in dieser Zeit Zengis Interessen in Syrien von dem Damaszener Feldhauptmann Sawar vertreten. Nach Beendigung der Unternehmungen im Irak und einer Ansammlung neu erhaltener Ehrentitel von Moqtafi und Mas’ud konzentrierte sich Zengi zunehmend auf den Westen.12 Zu Beginn zeigte Zengi Interesse an der Eroberung Damaskus’; jedoch gab er den Bitten einer Gesandtschaft des Kalifen Mustarschild statt, die die Unabhängigkeit Damaskus’ unberührt wissen wollten. Eine ihm durch die Damaszener zugefügte Niederlage schien in dem Moment sehr wahrscheinlich, so dass Zengi sich nicht nur als Freund der Damaszener inszenieren konnte, indem er den Bitten des Kalifen stattgab, sondern er umging so auch, eine schändliche Niederlage beigebracht zu bekommen. Im Zuge eines Friedensschlusses mit Mahmud stattete Zengi den Damaszenern einen Staatsbesuch ab.13

[...]


1 „Aus dem Slum in den Dschihad“, aus: die Süddeutsche Zeitung: 26.03.2004

2 Als ein Beispiel dient der Anschlag in Istanbul am 20. November 2003 in Besiktas, einem Stadtteil Istanbuls. Der Terroranschlag wurde von radikalen Islamisten ausgeführt Das Ziel war die britische HSBC-Bank. Jedoch starben bei diesem Anschlag starben mindestens 33 Personen. Unter Ihnen viele muslimische Passanten.

3 Ein weiterer schillernder Charakter in diesem Zusammenhang stellt Saladin dar, der die Wiederbelebung des Dschihad-Gedankens weiterführte. Doch eine genauere Betrachtung seiner Person ist im Umfang dieser Arbeit nicht möglich.

4 Gabrieau, Marc: The encyclopaedia of Islam; S. 538

5 Noth (1966); Heiliger Krieg/Heiliger Kampf, S.22

6 Noth (1966) ; S.24

7 Tibi, Bassam: Kreuzzug und Dschihad. Der Islam und die christliche Welt. (1999), S.51-85

8 Vgl. The encyclopaedia of Islam; S. 538

Als die fünf Säulen des Islam werden die Grundpflichten bezeichnet, die jeder Muslim erfüllen sollte. Diese sind das Glaubensbekenntnis, das Gebet, das Geben von Almosen, das Fasten und die Pilgerfahrt nach Mekka. Die Bezeichnung des Dschihad als sechste Säule ist in keiner heiligen Schrift verankert.

9 Noth (1966); S. 33

10 Gabrieli, Francesco (1973); S.82

11 Runciman, Steven;S.183

12 Runciman; S.185

13 Runciman; S.187

Fin de l'extrait de 20 pages

Résumé des informations

Titre
Die Wiederbelebung des Dschihad-Gedankens. Die muslimische Reaktion auf die Kreuzritter
Université
Johannes Gutenberg University Mainz
Note
2
Auteur
Année
2009
Pages
20
N° de catalogue
V458975
ISBN (ebook)
9783668878419
ISBN (Livre)
9783668878426
Langue
allemand
Mots clés
kreuzritter, Jihad, Dschihad, Saladin
Citation du texte
Sam Bayat (Auteur), 2009, Die Wiederbelebung des Dschihad-Gedankens. Die muslimische Reaktion auf die Kreuzritter, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/458975

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