Das Erleben von Alzheimer


Seminar Paper, 2004

27 Pages, Grade: 2,0


Excerpt


Gliederung

1. Einführung
1.1. Zahlen und Fakten zur Alzheimer Demenz
1.2. Ursachen, Symptome und Verlauf der Krankheit

2. Erleben der Krankheit durch den Dementen
2.1. Das Vorstadium
2.2. Die begleitungsbedürftige Phase
2.3. Die versorgungsbedürftige Phase
2.4. Die pflegebedürftige Phase

3. Das Erleben der Krankheit durch die Angehörigen
3.1. Das Leben mit dem Dementen
3.2. Die Bedeutung für das Leben der Angehörigen
3.3. Das Trauermodell nach Kübler - Ross

4. Befragung einer Angehörigen

5. Das Erleben durch das Pflegepersonal

6. Zusammenfassung

7. Literaturverzeichnis

1.Einführung

Was bedeutet Demenz eigentlich? Die wörtliche Übersetzung aus dem Griechischen lautet: Entgeistigen, (von De = Ent und Mens = Geist.) also einen Verlust des Geistes, der geistigen Fähigkeiten. Schaut man in einem Medizinbuch unter „Alzheimer“ findet man folgende Erklärung:

„Fortschreitende Degeneration der Nervenzellen des Gehirns bei schrumpfender Gehirnsubstanz (erstmals beschrieben von dem Neurologen Alois Alzheimer,, 1864-1915, München –Breslau). Die A.-K. ist die häufigste Ursache einer Demenz (des rapiden Abbaus aller geistigen Fähigkeiten). Ursprünglich als präsenile Demenz klassifiziert, wird die A. – K. heute für drei Viertel aller Demenz-Fälle der über 65jährigen verantwortlich gemacht. ... Ihr Fortschreiten (ein meist sich über Jahre hinziehender Abbau von Persönlichkeit und Intelligenz bis zum Tod) lässt sich nicht aufhalten.“[1]

Was in diesem Abschnitt knapp und nüchtern beschrieben wird, hat durchaus weitgreifendere Bedeutung und auch Konsequenzen, sowohl für die Gesellschaft im Allgemeinen, wie für die Dementen und ihre Angehörigen im Speziellen. Denn Alzheimer Demenz ist keine Krankheit, unter der nur Wenige im Alter leiden. Die Rate der Erkrankungen ist relativ hoch und wird, den Prognosen der Rürup Kommission nach, noch mehr ansteigen. Umso verwunderlicher ist es, dass dieses Thema so gut wie gar nicht in den Medien oder der Öffentlichkeit behandelt wird, und die breite Masse somit kaum eine Vorstellung davon hat, wie diese Krankheit sich äußert, oder was sie für den Einzelnen bedeutet.

Diese Arbeit wird versuchen herauszuarbeiten, wie Alzheimer erlebt wird, vom Kranken selbst und von seiner Umgebung, also den Angehörigen und dem Pflegepersonal. Zu diesem Zweck werde ich zunächst einige Fakten und Zahlen um die Alzheimer Krankheit vorstellen, um die Verbreitung und das Ausmaß klar ersichtlich zu machen. Daraufhin sollen die Symptome, die Ursachen und der Verlauf der Krankheit kurz erläutert werden. Dies ist unbedingt notwendig, um sich ein Bild zu machen und auch nur annähernd verstehen zu können, was dadurch in den Betroffenen ausgelöst werden kann. Im Hauptteil der Arbeit steht das Erleben des Dementen und seiner Angehörigen in den verschiedenen Stadien der Demenz im Mittelpunkt. Der Leser soll einen Einblick in die Empfindungen und die Gedankenwelt eines Erkrankten bekommen, den man sonst, bedingt durch die Eigenheiten der Demenz, in dieser Form nicht erlangen kann. Ein weiterer wichtiger Punkt dieses Teils ist die Position der Angehörigen, hier werden die Belastungen und Schwierigkeiten der Menschen erläutert, die mit der betroffenen Person umgehen lernen müssen. Ebenso soll die Situation des Pflegepersonals dargestellt werden. Abschließend soll ein Ausblick gegeben werden, welche Möglichkeiten es für den Umgang mit diesen Menschen, sowohl für den Einzelnen, wie auch für die Gesellschaft.

1.1 Zahlen und Fakten zur Alzheimer Demenz

In diesem Kapitel soll anhand von Statistiken und Fakten aufgezeigt werden, dass Alzheimer viel häufiger auftritt als allgemein hin angenommen und auch Prognosen über die zukünftig erwarteten Häufigkeiten erläutert werden.

Das statistische Bundesamt hat die Auftretenshäufigkeit von Demenzen in der allgemeinen Bevölkerung zu einem bestimmten Stichtag, die Prävalenz, festgestellt. Diese Zahlen aus dem letzten Jahr zeigen, dass in der Bundesrepublik Deutschland schätzungsweise 935.000 Personen über 65 Jahre an Demenz erkrankt sind. Die Prävalenzrate steigt mit zunehmendem Alter, sind es in der Gruppe der 65 bis 69 jährigen noch 48.000 Erkrankte, also 1,2 %, so liegt die Zahl bei den 85 bis 89jährigen schon bei 272.000 Fällen, das entspricht 23,9 %. Bei 90 Jahren und älter steigt die Rate sogar auf 34,6 %. Das zeigt, dass ein ziemlich großer Teil der Bevölkerung von Alzheimer betroffen ist, und Zahl mit zunehmendem Alter noch größer wird. Ebenso verhält es sich mit der Anzahl der diagnostizierten Neuerkrankungen, der Inzidenz. Im Alter von 65 bis 69 Jahren erkranken jährlich etwa 17.000 Menschen , zwischen 85 und 89 Jahren sind es bereits 56.000. Das ergibt jährlich eine ungefähre Zahl von 231.000 neudiagnostizierten Fällen.

Wie werden nun die Zahlen für die Zukunft aussehen? Hierzu hat die Rürup Kommission eine Prognose gestellt, in der ein Zuwachs der Erkrankungen um 240 bis 325 % erwartet wird. Verbessert sich die Diagnostik bis dahin, wird sogar mit einem Zuwachs um bis zu 500 % gerechnet[2], da dann auch die Fälle in der Statistik auftauchen werden, die bis jetzt nicht erkannt wurden. Die Ursache für diese massive Erhöhung der Inzidenzrate liegt unter anderem an den demographischen Verhältnissen in der Bundesrepublik. Durch bessere Lebensumstände und bessere medizinische Versorgung erreichen die Menschen ein höheres Lebensalter. Da das Alter ein entscheidender Faktor für die Wahrscheinlichkeit zu erkranken zu sein scheint, wird es erwartungsgemäß mehr Fälle von Demenz geben.

1.2. Ursachen, Symptome und Verlauf der Krankheit

Die Ursachen für Alzheimer sind bis heute noch nicht eindeutig geklärt. Es gibt mehrere Erklärungsmodelle und Ansätze, die im Folgenden kurz umrissen werden.

Die Genetische Hypothese macht Defekte in der Veranlagung der Gene für eine Erkrankung verantwortlich. Für diese Hypothese spricht die Tatsache, dass bei Personen mit Down Syndrom besonders häufig Alzheimer diagnostiziert wird, und dies schon einen genetischen Zusammenhang bedeuten kann. Andere Mediziner halten die Auswirkungen einer Infektion für ursächlich, da die Störung des Immunsystems durch eine chronische Infektion eine Demenz begünstigen könnte. Eine Vergiftung durch Metalle ist aber ebenso eine mögliche Ursache. Denn es wurden bei vielen Alzheimer Patienten ungewöhnlich hohe Aluminium Konzentrationen im Gehirn festgestellt. Ganz gewiss gibt es einige Risikofaktoren, die die Wahrscheinlichkeit einer Erkrankung erhöhen. Dazu zählen unter anderem Rauchen, Alkoholmissbrauch, das Alter und auch das Geschlecht, da mehr Frauen als Männer unter Alzheimer leiden[3].

Bei der Einteilung des Verlaufes der Krankheit in Stadien gibt es unterschiedliche Variationen, die von Unterteilungen in drei bis sieben Stadien reichen. Für diese Arbeit soll die Einteilung in vier Stadien gelten[4]: Das Vorstadium, in dem die erste Vergesslichkeit und die eingeschränkte Denkfähigkeit bemerkt wird, ist die erste Phase. Besonders das Kurzzeitgedächtnis ist beeinträchtigt, kürzlich geschehene Dinge werden vergessen, während Ereignisse aus der Vergangenheit noch präsent sind. Diese Phase geht oft einher mit Müdigkeit, Schwindel und Antriebslosigkeit. Darauf folgt die begleitungsbedürftige Phase. Der Alltag ist für den Dementen nicht mehr alleine zu bewältigen, er benötigt Hilfe bei der Verrichtung der häuslichen Tätigkeiten, da automatisierte Prozesse, wie Kochen oder sich ankleiden, nicht mehr ohne Weiteres gelingen. Orientierungslosigkeit und eine innere und äußere Unruhe sind weitere Symptome dieses Stadiums. Der Bezug zur Gegenwart, der Familie und sich selbst als Persönlichkeit beginnt zu verschwimmen. Logisch zu Handeln und zu Denken wird immer unmöglicher. In der dritten Phase, der Versorgungsbedürftigkeit, kommt der Kranke ohne Hilfe von Außen so gut wie gar nicht mehr zurecht. Die Trennung zwischen Gegenwart und Vergangenheit ist vollkommen verlorengegangen. Ebenso verliert der Demente sich selbst und den Bezug zu seiner Umwelt. Wahnvorstellungen und Halluzinationen sind nicht selten. Auch die motorischen Fähigkeiten werden eingeschränkter. Das Sprechen, Lesen und Schreiben, sowie die Begabung Gegenstände zu Erkennen werden mehr und mehr verlernt. Das letzte Stadium ist die pflegebedürftige Phase in der die Kontrolle über den Körper vollständig verloren geht. Ein Zusammenhang zwischen Dingen und Worten besteht gar nicht mehr, ebenso ist die Fähigkeit sich durch Sprache mitzuteilen meist gänzlich verlernt worden, so dass keine Verbindung mehr zwischen dem Dementen und seiner Umwelt besteht. Der körperliche Abbau verläuft oft über eingeschränkte Bewegungsfähigkeit bis hin zu Lähmungen und Bettlägerigkeit Schließlich endet der langwierige Verlauf der Krankheit mit dem Tod.

Der Übergang von einer Phase zur nächsten erfolgt nicht plötzlich, sondern langsam und allmählich. Es kann auch vorkommen, dass der Demente nach einer Zeit, in der es ihm weniger gut ging, wieder in besserem Allgemeinzustand zu sein scheint. Jedoch sind diese Verbesserungen meist nicht von langer Dauer. Wie lange sich die einzelnen Abschnitte hinziehen, ist nicht verallgemeinerbar. Von der Diagnose bis zum Tod kann es Jahre dauern, in denen dieser Mensch immer unselbständiger und abhängiger von seiner Umwelt wird.

2. Das Erleben der Krankheit durch den Dementen

Zu wissen, wie der Demente fühlt und denkt ist besonders wichtig, da man nur mit diesem Wissen richtig auf ihn reagieren kann. Durch unangemessenes Handeln werden viele Situationen für beide Seiten noch schwieriger, da keiner nachvollziehen kann, warum das Gegenüber sich so verhält. Doch oft ist es sehr schwer herauszufinden was in dem Dementen vorgeht, da man seinen Gedankengängen nicht folgen kann und er sich, umso weiter die Krankheit fortschreitet, immer weniger ausdrücken kann und, durch den Verlust der Kommunikationsfähigkeit, kaum noch vermitteln kann, was er fühlt. Deshalb ist es auch besonders schwierig mit Sicherheit zu sagen, welche Gefühle hervorgerufen werden können. Dies gilt natürlich auch für die Wissenschaft. In der ersten Phase ist es noch möglich, mit dem Patienten zu reden, um zu erfahren, was in ihm vorgeht, falls er dies mitteilen möchte. Es gibt auch Tagebuchaufzeichnungen von Dementen, die für diesen Zweck verwendet werden[5]. Doch in jeder der darauffolgenden Phasen wird die Kommunikation, durch Sprache und Schrift immer unmöglicher. Es erfordert, neben dem Wissen um die Symptome und den Verlauf die Alzheimer Demenz, ein gutes Einfühlungsvermögen und Verständnis für den Menschen, um durch den Umgang mit ihm und das Beobachten seiner Verhaltensweisen Schlüsse auf sein Inneres zu ziehen..

In diesem Kapitel wird versucht das Erleben des Kranken aufzuzeigen. Um eine nachvollziehbare Struktur zu erlangen, orientiert sich diese Darstellung an den vier Stadien des Krankheitsverlaufes. Es wird im Einzelnen dargestellt, welche Auswirkungen die Symptome der verschiedenen Phasen auf die Gefühlswelt des Dementen haben können. Hierbei müssen die oben genannten Schwierigkeiten bedacht werden. Selbstverständlich kann man nicht davon ausgehen, dass jeder Demente in einer bestimmten Stufe genau gleich empfindet, denn jeder Mensch fühlt, schon bedingt durch seine Vorgeschichte und seine Umwelt, unterschiedlich.

[...]


[1] Benner, K.U., Prof. Dr. med., Gesundheit und Medizin heute. Augsburg, 1998, S.81

[2] Zahlen und Daten aus dem Referat „Ätiologie und Epidemiologie der Altersdemenzen“ im Seminar vom 18.12.2003

[3] Referat zu „Ätiologie und Epidemiologie vom 18.12.2003 und Benner, K.U., Prof. Dr. med., Gesundheit und Medizin heute. Augsburg, 1998, S.81

[4] nach Buijssen, H. Senile Demenz. Weinheim. 1994

[5] Feldmann, Lili, Leben mit der Alzheimer Krankheit, Piper, München 1989. S. 155 und auch Buijssen, H. Senile Demenz. Weinheim. 1994 S. 39

Excerpt out of 27 pages

Details

Title
Das Erleben von Alzheimer
College
University of Augsburg
Course
Klinische Psychologie des Alters
Grade
2,0
Author
Year
2004
Pages
27
Catalog Number
V46949
ISBN (eBook)
9783638440233
File size
539 KB
Language
German
Keywords
Erleben, Alzheimer, Klinische, Psychologie, Alters
Quote paper
Janine Keller (Author), 2004, Das Erleben von Alzheimer, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/46949

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