Der Ausgangspunkt der Überlegungen Alexis de Tocquevilles und das zentrale Leitmotiv des Buches „Über die Demokratie in Amerika“ ist die prozesshafte Entwicklung zu immer mehr Gleichheit der gesellschaftlichen Bedingungen. Tocqueville beschreibt diese Entwicklung als unwiderstehlich, gottgewollt und allumfassend. Die Abschaffung der Vorherrschaft des Adels ist programmiert, die Demokratie tritt unweigerlich ihren Siegeszug an. Auf ihrem Weg aber zertrümmert sie nicht nur die alte Gesellschaftsordnung, sondern auch das alte Staatswesen. Was aber entsteht stattdessen? In dieser Entwicklung liegen Chancen und Gefahren. Es droht das Abdriften der Gesellschaft in den Despotismus, der Verlust des gesellschaftlichen Zusammenhalts, die Zerstörung des Gemeinwesens. Es besteht aber gleichzeitig die Chance, die Entwicklung hin zu einer gleichen und freien Gesellschaft, zu einem funktionierenden Gemeinwesen, einem auf Volkssouveränität begründeten Staatswesen zu vollziehen. „Eine durchaus neue Welt bedarf einer neuen politischen Wissenschaft.“ In Amerika sieht Tocqueville gleichsam das Versuchslabor der Demokratie. „Ihre Entwicklung verläuft [ in Amerika ] natürlich, und ihre Bewegungen sind frei.“ Im Verlauf seines Werks löst sich Tocqueville jedoch immer mehr von der reinen Analyse der amerikanischen Verhältnisse. Anhand seiner Beobachtungen in den Vereinigten Staaten versucht Tocqueville nicht nur Tendenzen und Entwicklungen abzulesen, die sich auf sein Heimatland Frankreich übertragen ließen und zu seiner Entwicklung zu einem modernen demokratischen Staat beitragen könnten. Er versucht auch, im Sinne dieser neuen politischen Wissenschaft, allgemeingültige Gesetze über die Staatslenkung, die Volkssouveränität und die Ausprägung demokratischer Ordnungen zu formulieren. Aus seiner Kritik an den amerikanischen und europäischen Verhältnissen lässt sich mehr und mehr eine eigene Vorstellung vom Entstehen einer modernen Demokratie und der Form der entstehenden Gesellschaften ablesen. Fast schon prophetisch äußert sich Tocqueville über die Zukunft der „alten Welt“. Was zeichnet jedoch den tocquevillschen Staat aus? Über welche Lenkungsinstrumente verfügt eine Demokratie und wie soll sie sie einsetzen? Diesen Fragen soll die vorliegende Seminararbeit nachgehen.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Gleichheit und Freiheit
- Freiheit
- Gleichheit
- Die Gefahr des Individualismus
- Überwindung des Ind. durch freiheitliche Institutionen
- Partizipation und zentralisierte Politik
- Allgemeines Wahlrecht
- Die Allmacht der Mehrheit
- Die Eindämmung der Allmacht der Mehrheit
- Die dezentrale Verwaltung als abschwächendes Element
- Die Macht des amerikanischen Beamtentums
- Die Stellung der Jurisdiktion
- Die Geschworenengerichte
- Schlussbetrachtung
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Seminararbeit befasst sich mit dem Staatsverständnis Alexis de Tocquevilles, insbesondere im Kontext seines Werks „Über die Demokratie in Amerika“. Die Arbeit untersucht die prozesshafte Entwicklung zu immer mehr Gleichheit in der Gesellschaft und deren Auswirkungen auf das Staatswesen. Sie beleuchtet Chancen und Gefahren dieser Entwicklung und analysiert Tocquevilles Vorstellung von einer modernen Demokratie, die sowohl Freiheit als auch Gleichheit gewährleisten soll.
- Das Verhältnis von Gleichheit und Freiheit in der modernen Demokratie
- Die Gefahr des Individualismus und seine Überwindung durch freiheitliche Institutionen
- Die Allmacht der Mehrheit und deren Eindämmung durch dezentrale Verwaltung
- Die Rolle des Staates in der modernen Demokratie
- Tocquevilles Analyse der amerikanischen Demokratie und ihre Relevanz für Europa
Zusammenfassung der Kapitel
- Einleitung: Die Arbeit stellt Tocquevilles Leitmotiv in "Über die Demokratie in Amerika" vor, die prozesshafte Entwicklung zu immer mehr Gleichheit, und beleuchtet die Chancen und Gefahren dieser Entwicklung.
- Gleichheit und Freiheit: Dieses Kapitel erläutert die beiden zentralen Begriffe in Tocquevilles Werk und ihre Bedeutung für das Staatsverständnis. Es wird deutlich, dass für Tocqueville Freiheit nicht nur individuelle Freiheit, sondern auch politische Partizipation und gemeinsames Handeln bedeutet. Gleichheit hingegen birgt die Gefahr des Despotismus, wenn sie nicht mit Freiheit verbunden ist.
- Die Gefahr des Individualismus: Hier wird die Gefahr des Individualismus in einer Gesellschaft mit immer größerer Gleichheit aufgezeigt. Dieser Individualismus führt zu einem Verlust des sozialen Zusammenhalts und des Gemeinwesens.
- Überwindung des Individualismus durch freiheitliche Institutionen: Dieses Kapitel behandelt Tocquevilles Vorstellung von freiheitlichen Institutionen, die den Individualismus überwinden und die Freiheit des Einzelnen fördern sollen. Dazu gehören Partizipation, allgemeines Wahlrecht und dezentrale Verwaltung.
- Die Allmacht der Mehrheit: Hier wird die Gefahr der Allmacht der Mehrheit in einer Demokratie beleuchtet. Diese Gefahr liegt darin, dass die Mehrheit die Rechte der Minderheit unterdrücken kann.
- Die Eindämmung der Allmacht der Mehrheit: Tocquevilles Ansatz zur Eindämmung der Allmacht der Mehrheit wird erläutert, insbesondere durch die Dezentralisation der Verwaltung und die Stärkung der Gerichtsbarkeit.
- Die dezentrale Verwaltung als abschwächendes Element: Dieses Kapitel beschreibt Tocquevilles Vorstellung von einer dezentralen Verwaltung, die die Macht des Staates begrenzt und die Freiheit des Einzelnen stärkt. Dazu gehören die Stärkung der lokalen Verwaltung und die Rolle der Gerichtsbarkeit.
Schlüsselwörter
Die Arbeit fokussiert auf die zentralen Begriffe und Konzepte von Tocquevilles Staatsverständnis, darunter Gleichheit, Freiheit, Individualismus, Partizipation, Dezentralisation, Allmacht der Mehrheit, Volkssouveränität und moderne Demokratie.
- Quote paper
- Till Uhrig (Author), 2005, Das Staatsverständnis Tocquevilles - Am Beispiel seines Werkes 'Über die Demokratie in Amerika', Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/47263