Der ursprünglich im Jahr 1935 geschriebene und später in vier Versionen publizierte Aufsatz über Das Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit ist eine der wirkungsmächtigsten und meistrezipierten Schriften Walter Benjamins. In Bezug auf die Kategorie der Aura analysiert Benjamin den Strukturwandel der Kunst und das für die Moderne charakteristische Ereignis, das er als „Verfall der Aura“ bezeichnet. Im Kunstwerk-Aufsatz geht Benjamin davon aus, dass der Verfall der Aura am traditionellen Kunstwerk auf neuere Reproduktionstechniken wie Photographie und Film zurückzuführen ist, und dass diese neuen technischen Medien die gesellschaftliche Rolle der Kunst transformieren. Er hat seinen Kunstwerk-Aufsatz selbst sehr hoch eingeschätzt und war der Überzeugung mit ihm „die materialistische Theorie der Kunst, von der man so viel hatte reden hören, die aber noch niemand mit eignen Augen gesehen hatte“, begründet zu haben.
Obwohl über diese im Kunstwerk-Aufsatz formulierte Verfallsthese der Aura viel diskutiert worden ist, wurde die sogenannte Verfallsthese trotz aller Differenziertheit der Untersuchungen übernommen und es blieb die Frage nach der Geltung dieser These. Die Aura wird in diesem Falle als ein materielles Phänomen betrachtet und rückt deshalb in den Bereich des schlechthin Objektiven. Benjamin scheint auf eine materialistische Erklärung des auratischen Phänomens zu zielen, indem er von der „Zertrümmerung der Aura“ und der „Entschälung des Gegenstandes aus seiner Hülle“ spricht. Diese Ausdrücke bezeugen eine Tendenz hin zu einem objektiven Etwas, „das eher um die Dinge ist als im Betrachter“. Diese objektive Fundierung der Aura könnte allerdings „den Rückgang auf eine vorkritische Position der Erkenntnistheorie, die einem naiven Realismus gleichkommt“, implizieren. Damit gerät Benjamin in den Verdacht eines naiven materialistischen Reduktionismus. Aus diesem Grund wird der Objektivismus der Verfallsthese der Aura sehr fragwürdig.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Aura als Echtheit des Kunstwerks
- Hier und Jetzt
- Das Verhältnis zwischen Original und Kopie
- Aura als subjektive Erfahrung
- Einmaligkeit: objektiv oder subjektiv?
- Widerspruch zwischen Materialisierung und Vergeistigung
- Kultcharakter des Kunstwerks
- Ferne und Nähe
- Religiöse und ästhetische Distanzerfahrung – Aura als Mythos
- Verfall oder Wiederkehr?
- Resümee
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit befasst sich mit der Verfallsthese der Aura, die Walter Benjamin in seinem Aufsatz "Das Kunstwerk im Zeitalter seiner technischen Reproduzierbarkeit" formuliert hat. Der Text analysiert die Aura als ein zentrales Element des Kunstwerks und untersucht die Veränderungen, die diese Aura durch die Verbreitung neuer Reproduktionstechnologien erfährt. Die Arbeit beleuchtet den Zusammenhang zwischen Aura und Echtheit, Einmaligkeit und Tradition, sowie die Rolle der Aura im Verhältnis von Original und Kopie.
- Die Aura als Merkmal des Kunstwerks
- Die Verfallsthese der Aura im Kontext der technischen Reproduzierbarkeit
- Der Einfluss von Raum und Zeit auf die Aura
- Die subjektive und objektive Dimension der Aura
- Die Aura als Ausdruck von Geschichte und Tradition
Zusammenfassung der Kapitel
Kapitel 2 analysiert die Aura als Echtheit des Kunstwerks und behandelt die räumlich-zeitliche Eigenschaft der Aura. Dabei wird die Bedeutung von "Hier und Jetzt" sowie das Verhältnis zwischen Original und Kopie beleuchtet. Kapitel 3 untersucht den subjektiven Ursprung der Aura und stellt den Widerspruch zwischen Materialisierung und Vergeistigung innerhalb Benjamins Theorie dar. Kapitel 4 befasst sich mit dem religiösen und ästhetischen Charakter des auratischen Kunstwerks, indem die Differenzen von Ferne und Nähe, Absenz und Präsenz, Spur und Aura sowie taktiler und optischer Qualität betrachtet werden.
Schlüsselwörter
Die Arbeit fokussiert sich auf die Schlüsselbegriffe Aura, Verfall, Echtheit, Kunstwerk, technische Reproduzierbarkeit, Original, Kopie, Raum, Zeit, Materialisierung, Vergeistigung, Geschichte, Tradition, Fern, Nähe, subjektiv, objektiv.
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- Lerui Liang (Autor), 2015, Überlegungen zu Walter Benjamins Verfallstheorie der Aura, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/476691