Die Schlagzeilen der deutschen Presselandschaft illustrieren ein eindeutiges Bild: Deutschland steckt in der Krise. Symbolisch steht der „Kranke Mann“ Deutschland für eine lahmende deutsche Dynamik, Massenarbeitslosigkeit, leere Staatskassen, kollektiven Pessimismus und institutionelle Instabilität. Die in den letzten Jahren eingeleiteten Reformen zeigen bisher kaum Wirkung. In anderen europäischen Ländern, wie Großbritannien, Dänemark oder den Niederlanden ist ein Beschäftigungszuwachs trotz globaler Konkurrenz möglich. Die sozialen Sicherungssysteme konnten ebenfalls erfolgreich saniert werden. Großbritannien und Deutschland können als gegensätzliche Wirtschafts- und Gesellschaftskonzeptionen als Verkörperung der sozialen bzw. der liberalen Marktwirtschaft gelten.
David Soskice und Peter Hall unterscheiden zwischen den zwei idealtypischen Marktökonomien „liberal market economy“ und der „coordinated market economy“. Im Folgenden werden diese beiden Idealtypen erläutert und auf ihre institutionellen Vorteile eingegangen. Im Speziellen wird Deutschland als koordinierte Marktökonomie anhand der folgenden Dimensionen untersucht: Finanzsysteme, interne Firmenstrukturen, industrielle Beziehungen, Ausbildungs-, und Weiterbildungssysteme, sowie Beziehungen zwischen Unternehmen.
Beispielhaft soll am Maastrichtvertrag illustriert werden, in wieweit institutionelle Vorteile auf supranationaler Ebene von nationalen Staaten durchgesetzt bzw. nationale Nachteile durch eine europäische Verfassung überwunden werden können und sich positiv auf eine nationale bzw. europäische Volkswirtschaft und den Arbeitsmarkt auswirken kann. Abschließend soll überprüft werden, inwieweit der technologische Wandel konterkarierenden bzw. förderlichen Einfluss auf industrialisierte Staaten hat. Aus Manuel Castells Werk „Das Informationsalter Band I-III“ werden die Auswirkungen des Informationszeitalters auf den Arbeitsmarkt skizziert, um zusammen mit dem Varities of Capitalism Approach ein umfassenderes Bild über den deutschen Arbeitsmarkt zu bekommen.
Inhaltsverzeichnis
- Ist der rheinische Kapitalismus mit dem informationellen Paradigma überfordert oder handelt es sich um ein institutionelles Problem?
- Der „Varities of Capitalism Approach“
- Unkoordinierte und koordinierte Ökonomie – Dichotomie der derzeitigen Kapitalismusformen
- „Institutional Corparative Advantage“ – Gibt es einen institutionellen kapitalistischen Wettbewerbsvorteil?
- Deutschland eine koordinierte Marktwirtschaft
- Bestimt der institutionelle Rahmen die Europäische Verfassung?
- Deutsche Arbeitslosigkeit – Folge einer technologischen Revolution oder Ursache institutioneller Unflexibiliät?
- Kann eine supranationale Institution divergente Kapitalismusformen zu mehr Wachstum und Beschäftigung führen?
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Seminararbeit untersucht die Frage, ob der rheinische Kapitalismus mit dem informationellen Paradigma überfordert ist oder ob es sich eher um ein institutionelles Problem handelt. Sie analysiert, inwieweit die EU-Verfassung als Instrument zur Überwindung nationaler Nachteile und zur Förderung von Wachstum und Beschäftigung dienen kann.
- Analyse des „Varities of Capitalism Approach“ und seiner Anwendung auf den deutschen Arbeitsmarkt
- Untersuchung der institutionellen Unterschiede zwischen koordinierten und unkoordinierten Marktwirtschaften
- Bewertung der Rolle des institutionellen Rahmens für die Entwicklung der EU-Verfassung
- Bewertung des Einflusses des technologischen Wandels auf den deutschen Arbeitsmarkt
- Diskussion der möglichen Auswirkungen der EU-Verfassung auf die nationale und europäische Volkswirtschaft
Zusammenfassung der Kapitel
Das erste Kapitel stellt die Frage nach den Herausforderungen des rheinischen Kapitalismus im Kontext des informationellen Paradigmas und betrachtet die Rolle institutioneller Faktoren. Das zweite Kapitel führt den „Varities of Capitalism Approach“ ein, der verschiedene Kapitalismusformen analysiert und die Unterschiede zwischen koordinierten und unkoordinierten Marktwirtschaften hervorhebt. Es wird auch auf den „Institutional Corparative Advantage“ eingegangen und Deutschland als koordinierte Marktwirtschaft untersucht. Außerdem wird die Bedeutung des institutionellen Rahmens für die Gestaltung der Europäischen Verfassung beleuchtet. Das dritte Kapitel betrachtet die deutsche Arbeitslosigkeit und diskutiert die Rolle der technologischen Revolution und der institutionellen Unflexibilität. Das vierte Kapitel behandelt die Frage, ob eine supranationale Institution wie die EU divergente Kapitalismusformen zu mehr Wachstum und Beschäftigung führen kann.
Schlüsselwörter
Rheinischer Kapitalismus, informationelles Paradigma, institutionelle Probleme, „Varities of Capitalism Approach“, koordinierte Marktwirtschaft, unkoordinierte Marktwirtschaft, Europäische Verfassung, deutsche Arbeitslosigkeit, technologischer Wandel, Wachstum, Beschäftigung.
- Quote paper
- Markus Pietsch (Author), 2005, Die EU-Verfassung - Der Weg zu einen neuen Rheinischen Kapitalismus und neuen Arbeitsplätze?, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/49042