Herausforderungen beim Schriftspracherwerb in der Zweitsprache Deutsch für arabischsprachige Kinder


Dossier / Travail de Séminaire, 2019

24 Pages, Note: 2,0


Extrait


Inhalt

1 Einleitung

2 Hauptteil
2.1 Deutsch als Zweitsprache mit der Erstsprache Arabisch
2.2 Phonologie – Gebrauch für den Schriftspracherwerb
2.3 Phoneme des Deutschen und Arabischen im Vergleich
2.3.1 Vokale
2.3.2 Konsonanten
2.3.3 Erwartbare Schwierigkeiten in der Aussprache
2.4 Schriftspracherwerb und Orthographie bei mehrsprachigen Kindern
2.5 Forschungsstand

3 Fazit

4 Literatur

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Vokalviereck mit deutschen Phonemen

Abbildung 2: Pulmonale Konsonanten gemäß IPA

Abbildung 3: Ergebnisse der Tonaufnahmen bezüglich der Artikulation der Vokale

Abbildung 4: Ergebnisse der Tonaufnahmen zur Artikulation der Konsonanten (Probandin 1)

Abbildung 5: Ergebnisse der Tonaufnahmen zur Artikulation der Konsonanten (Probandin 2)

1 Einleitung

Die vorliegende Arbeit beschäftigt sich mit der Fragestellung, welche Probleme und Herausforderungen mehrsprachigen Kindern beim Schriftspracherwerb der Zweitsprache Deutsch begegnen können. Hierbei wird der Fokus auf arabischsprachige Kinder gelegt.

Aufgrund der wachsenden Mehrsprachigkeit in Grundschulen, stehen Lehrkräfte einer Vielfalt an Sprachen gegenüber, die die Kinder aufgrund ihrer Muttersprachen mit in das Klassenzimmer bringen. Durch diese Vielzahl an verschiedenen Sprachsystemen kann angenommen werden, dass die Unterschiede der Sprachen den Lehrkräften nicht umfassend bekannt sind. Daher werden in dieser Arbeit gezielt Schwierigkeiten herausgearbeitet, die arabischsprachige Kinder beim Zweitspracherwerb in Deutschland bewältigen müssen, um den Prozess des Schriftspracherwerbs zu meistern. Durch dieses Wissen sollen Lehrkräfte Fördermaßnahmen einleiten können, welche individuell auf die mehrsprachigen Kinder anpassbar sind. Daher ist ein Wissen über die Strukturen der verschiedenen Sprachen förderlich, um diese Kinder im Unterricht integrieren zu können. Zum jetzigen Zeitpunkt gibt es kaum Studien, die sich explizit mit den Schwierigkeiten innerhalb des Schriftspracherwerbs beschäftigen, die insbesondere für arabischsprachige Deutschlerner auftreten können.

Zunächst soll der Begriff Zweitsprache definiert werden, um einen Überblick zu erhalten, welche Aspekte innerhalb des Schriftspracherwerbs mehrsprachiger Kinder relevant sind. Danach wird der Gebrauch der Phonologie für den Schriftspracherwerb erläutert, um danach die Lautsysteme des Deutschen und Arabischen miteinander zu vergleichen. Hierbei werden Überschneidungen und Unterschiede der Phoneme herausgestellt.

Durch diese Erkenntnisse werden Annahmen über die Schwierigkeiten beschrieben, die in der Aussprache der Kinder erwartbar sind. Anschließend wird zum Schriftspracherwerb und der Orthographie des Deutschen übergegangen. Es soll erläutert werden, welche Schwierigkeiten sich im schriftlichen Gebrauch für arabischsprachige Deutschlerner ergeben. Danach werden empirische Ergebnisse verglichen, die sich mit dem Deutschen als Zweitsprache beschäftigen. Zuletzt wird ein Fazit über die Erkenntnisse der Arbeit gezogen.

2 Hauptteil

Im Folgenden wird zunächst der Begriff Zweitsprache definiert, um zu verstehen, welche Unterschiede bezüglich des Erstspracherwerbs erkennbar sind. Um die Herausforderungen innerhalb des Zweitspracherwerbs für arabischsprachige Kinder zu benennen, wird der Gebrauch der Phonologie für den Schriftspracherwerb erläutert. Daraufhin folgt ein Vergleich der Lautsysteme der beiden Sprachen, wobei die Vokale und Konsonanten einzeln betrachtet werden. Es werden Annahmen über erwartbare Schwierigkeiten arabischsprachiger Kinder im mündlichen Sprachgebrauch beschrieben. Da die arabische Sprache viele verschiedene Variationen beinhaltet, wird in dieser Arbeit auf das moderne Hocharabisch eingegangen, welches unter Sprechern arabischer Dialekte ein Gefühl des Zusammenhalts bewirkt (vgl. Hofer 2014: 7f.).

2.1 Deutsch als Zweitsprache mit der Erstsprache Arabisch

In diesem Kapitel soll gezeigt werden, welches sprachliche Wissen Kinder bereits erworben haben, die das Deutsche als Zweitsprache nach dem Erwerb ihrer Muttersprache erlernen. Es werden erste Annahmen darüber formuliert, welche Schwierigkeiten im Zweitspracherwerbsprozess auftreten können.

Vorab wird eine kurze Statistik über die Anzahl der Arabischsprecher gegeben. Das Arabische wird von circa 250 Millionen Menschen als Erstsprache und von weiteren mehreren Millionen als Zweitsprache gesprochen (vgl. Hoffmann et al. 2017: 148). In Deutschland gab es 2017 circa 700 000 Menschen, dessen Herkunftsland Syrien ist. Nach der Türkei und Polen vertreten Syrer den höchsten Anteil an Menschen mit Migrationshintergrund in Deutschland (vgl. Statista 2019). Auch der Irak folgt auf Platz elf mit circa 240 000 arabischsprachigen Sprechern in Deutschland (vgl ebd.). Aufgrund dieses Anteils kann es für Lehrkräfte zielführend sein, sich mit der arabischen Sprache auseinanderzusetzten sowie sich mit den Schwierigkeiten, die für arabischsprachige Lerner auftreten können, zu beschäftigen.

Unter dem Begriff Zweitspracherwerb „(…) versteht man das Aneignen einer zweiten Sprache, nachdem eine Erstsprache bereits erworben wurde“ (Rothweiler 2007: 107). Der Erwerb der zweiten Sprache verläuft größtenteils ungesteuert, da man ansonsten von einer Fremdsprache sprechen würde, die gezielt in einer Institution erlernt wird (vgl. Hoffmann et al. 2017: 238). Der Prozess vollzieht sich natürlicher, da der Erwerb der Zweitsprache Deutsch zum Beispiel in Deutschland geschieht und somit auch im außerschulischen Kontext gesprochen wird. Dennoch gibt es gesteuerte Prozesse im Zweitspracherwerb, da mehrsprachige Kinder, genau wie einsprachige Kinder, richtig lesen und schreiben lernen sollen und somit Erwerbsprozesse der Grammatik, Orthographie, Aussprache sowie des Wortschatzes beispielsweise mitinbegriffen sind (vgl. ebd.).

Man geht davon aus, dass beim Zweitspracherwerb die Muttersprache zumindest mündlich beherrscht wird. Ob und wie weit die Schriftsprache erlernt wurde, kann häufig nicht eindeutig bestimmt werden. Daher wird generell angenommen, dass Zweitsprachlerner über ein etabliertes erstsprachliches System verfügen, welches je nach Kind unterschiedlich fortgeschritten ist (vgl. Hoffmann et al. 2017: 238). Durch die bereits erworbenen Kenntnisse in der Muttersprache besitzt ein Kind beim Zweitspracherwerb ein größeres sprachliches Wissen, als ein Kind, welches eine erste Sprache erlernt (vgl. ebd.). Nach Hoffmann et al. (2017: 238) können Zweitsprachlerner auf ihr erworbenes sprachliches Wissen zurückgreifen. Der Zweitspracherwerb unterscheidet sich somit auch anhand der kognitiven Fähigkeiten, da diese bei Zweitsprachlernern weiterentwickelter sind. Deshalb können sich differenziertere Möglichkeiten beim Erlernen einer neuen Sprache ergeben sowie beim Speichern von Wissen und Verarbeiten (vgl. ebd.).

Aufgrund der unterschiedlichen Kenntnisse innerhalb der Muttersprache können verschiedene Schwierigkeiten beim Zweitspracherwerb auftreten. Ein Kind, das die Muttersprache bereits über die Grundzüge hinaus erworben hat, wird vermutlich weniger Probleme beim Zweitspracherwerb bekommen als ein Kind, welches die Muttersprache weniger fortgeschritten verinnerlicht hat. Hierbei sollte jedoch beachtet werden, dass ähnliche Sprachsysteme wahrscheinlich leichter zu verknüpfen sind. Daher sollten die phonologischen, morphologischen und syntaktischen Prinzipien der Zweitsprache mit der Erstsprache verglichen werden, um genauere Schwierigkeiten beim Zweitspracherwerb herausstellen zu können.

2.2 Phonologie – Gebrauch für den Schriftspracherwerb

Um Annahmen über die Probleme arabischsprachiger Kinder beim Erwerb des Deutschen beschreiben zu können, sollte zunächst der Zusammenhang zwischen der Phonologie und dem Schriftspracherwerb hergestellt werden. Daher wird im Folgenden erläutert, welchen Gebrauch der Schriftspracherwerb von phonologischen Prinzipien macht.

Kinder erlernen eine Sprache zunächst mündlich. Somit kann die Lautsprache als Ausgangssystem bezeichnet werden, auch wenn sie nur in Grundzügen erworben wird (vgl. Grießhaber 2012: 115). Die Schriftsprache wird als Zielsystem angesehen. Hoffmann et al. (2017: 330) beschreiben eine kontroverse Sichtweise dieser Reihenfolge hinsichtlich des Zweitspracherwerbs, da sie annehmen, dass phonologische sowie grammatische Strukturen gleichzeitig mit dem Schrifterwerb erfolgen. Der Schrifterwerb bezieht sich dabei auf Strukturen der Sprache, die durch das Aneinanderreihen von Buchstaben dargestellt werden und innerhalb des Schriftspracherwerbs zu verinnerlichen sind (vgl. Röber 2005: 2). Die Meinungen darüber, ob und inwiefern die Phonologie den Schriftspracherwerb beeinflusst, sind daher geteilt. Erfolgt die phonologische Bewusstheit vor dem Schriftspracherwerb, kann beim Erwerb durchaus Gebrauch von der Phonologie gemacht werden. In diesem Fall bauen die beiden Prozesse aufeinander auf. Der Schriftspracherwerb ist dann durch phonologische Aspekte, die bereits verinnerlicht wurden, gekennzeichnet. Die andere Sichtweise auf die Beziehung der beiden Prozesse würde bedeuten, dass sich beide Abläufe gegenseitig beeinflussen können und der Schriftspracherwerb daher gleichzeitig abläuft.

Laute sowie Buchstaben sind sprachliche Zeichen und stehen somit in Beziehung zueinander (vgl. Röber 2015: 114). Das Verstehen dieses Zusammenhangs kann allerdings nicht vorausgesetzt werden. Kinder müssen die Beziehung zwischen Lauten und Buchstaben erlernen und verstehen, um im Erwerb der Schriftsprache erfolgreich zu sein (vgl. ebd.). Der wichtigste Lernschritt für mehrsprachige Deutschlerner kann deshalb darin bestehen, die Laut-Buchstaben-Beziehungen zu erlernen und zu interpretieren (vgl. Grießhaber 2012: 115). Aufgrund der nicht eindeutigen Laut-Buchstaben-Beziehung des Deutschen erscheint dieser Prozess als besonders herausfordernd (vgl. Hoffmann et al. 2017: 36).

Auch Röber-Siekmeyer (1998: 71) betont den Zusammenhang von Schriftzeichen und phonologischen Besonderheiten. Anhand der Schrift können phonologische Rückschlüsse bezüglich der Silben sowie der Laut-Buchstaben-Beziehung gezogen werden (vgl. ebd.). Daraus lässt sich schließen, dass sich das Erkennen von Silben im mündlichen Sprachgebrauch positiv auf das Syllabieren im Schriftspracherwerb auswirkt (vgl. ebd.). Beim Übergang von der mündlichen Sprachproduktion zur Schriftsprache können Kinder somit Gebrauch von ihren phonologischen Kenntnissen machen. Dies gilt insbesondere für Zweitsprachlerner, dessen sprachliches System der Muttersprache dem Lautsystem des Deutschen ähnelt. Sie können bekannte phonologische Segmente auch in der Zweitsprache wahrnehmen und innerhalb ihres Sprachgebrauchs nutzen (vgl. Grießhaber 2012: 105).

2.3 Phoneme des Deutschen und Arabischen im Vergleich

Es wurde beschrieben, dass es einen Zusammenhang zwischen den Phonemen und Graphemen innerhalb des Schriftspracherwerbs gibt und dieser von Deutschlernern genutzt werden kann. Sofern Gemeinsamkeiten innerhalb der Sprachsysteme vorhanden sind, können Kinder innerhalb des Schriftspracherwerbs Gebrauch von bereits kennengelernten phonologischen Prinzipien machen. Im Folgenden soll daher erläutert werden, welche Gemeinsamkeiten und Unterschiede im Lautsystem des Deutschen und Arabischen vorhanden sind, um erwartbare Schwierigkeiten zunächst im mündlichen Sprachgebrauch arabischsprachiger Kinder zu beschreiben.

2.3.1 Vokale

Im Vergleich zum Deutschen ist das Arabische eine vokalarme Sprache, da in der Standardsprache nur sechs Vokalphoneme vorhanden sind (vgl. Hoffman et al. 2017: 149). Diese sind in der folgenden Abbildung grün markiert. Im Deutschen hingegen gibt es 17 Vokalphoneme. Abbildung 1 zeigt das Vokaltrapez der deutschen Vokale, in welchem die Lage der Zunge beim Artikulieren sowie der Öffnungsgrad des Mundes und die Lippenrundung berücksichtigt werden.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abbildung 1: Vokalviereck mit deutschen Phonemen

Quelle: Hoffmann et al. 2017: 22.

Es wird deutlich, dass etwa ein Drittel der deutschen Vokalphoneme ebenfalls im Arabischen vorhanden sind: [a], [a:], [ɪ], [i:], [ʊ], [u:]. Eine Gemeinsamkeit der beiden Lautsysteme besteht darin, dass die Vokalquantität distinktiv, also bedeutungsunterscheidend, auftritt (vgl. Hoffmann et al. 2017: 149). Dies bedeutet, dass der jeweilige Vokal im Deutschen durch zwei Phone realisiert werden kann, entweder anhand einer kurzen oder langen Artikulation.

Im Deutschen kommen daher für die fünf Vokalgrapheme <a>, <e>, <i>, <o> und <u> jeweils zwei Vokalphone im Lautsystem vor sowie jeweils zwei Phone, die die beiden Umlaute <ö> und <ü> repräsentieren. Im Arabischen hingegen existiert für jedes Vokalgraphem ein Vokalphonem (vgl. ebd.). Anders als im Deutschen, gibt es keine Grapheme im Arabischen, die verschiedenen Phonemen entsprechen (vgl. ebd.).

[...]

Fin de l'extrait de 24 pages

Résumé des informations

Titre
Herausforderungen beim Schriftspracherwerb in der Zweitsprache Deutsch für arabischsprachige Kinder
Université
University of Wuppertal
Note
2,0
Auteur
Année
2019
Pages
24
N° de catalogue
V490571
ISBN (ebook)
9783668975507
ISBN (Livre)
9783668975514
Langue
allemand
Mots clés
Schriftspracherwerb, arabische Phonetik, Sprachenvergleich, Unterricht, Schule, Mehrsprachigkeit, Phonologie, Orthographie
Citation du texte
Hanna Kirschbaum (Auteur), 2019, Herausforderungen beim Schriftspracherwerb in der Zweitsprache Deutsch für arabischsprachige Kinder, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/490571

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