Moderne Unternehmen machen derzeit einen Wertewandel durch. Denn immer mehr Unternehmen erkennen, wie wichtig zufriedene Mitarbeiter sind. Die Mitarbeiterzufriedenheit zahlt nicht nur auf die Mitarbeiterbindung ein. Sie vermeidet auch Konflikte und spart damit Kosten.
Egal ob privat oder beruflich, Konflikte können immer dann auftreten, wenn mehrere Menschen aufeinandertreffen. Laura Genilke zeigt in ihrer Publikation, dass die Art und Weise unserer Kommunikation die friedvolle Zusammenarbeit am Arbeitsplatz mitbestimmt. Und das äußert sich entweder in Mitarbeiterzufriedenheit oder -unzufriedenheit.
Welche Faktoren steigern die Mitarbeiterzufriedenheit? Was ist gewaltfreie Kommunikation? Welche Rolle spielen interkulturelle Unterschiede? Eine bewusste und gesunde Kommunikation am Arbeitsplatz wirkt Konfliktpotenzialen entgegen. Genilke entwirft deshalb ein Modell, mit dem die gewaltfreie interkulturelle Kommunikation gelingt.
Aus dem Inhalt:
- Konfliktkosten;
- Rosenberg;
- Interkulturelle Kompetenz;
- Personalpolitik;
- Leadership
Inhaltsverzeichnis
Abbildungsverzeichnis
1 Einleitung
1.1 Problemstellung
1.2 Zielsetzung der Arbeit
1.3 Bearbeitungsmethode
1.4 Aufbau der Arbeit
2 Konzeptionelle Grundlagen
2.1 Definition und Erfolgsfaktoren von Mitarbeiterzufriedenheit
2.2 Konzept der Gewaltfreien Kommunikation nach Rosenberg
2.3 Interkulturalität
3 Soll Konzept
3.1 Situierung des Kontextes
3.2 Ziele des Konzeptes
3.3 Darstellung des Konzeptes
3.4 Handlungsempfehlungen zur Umsetzung
4 Schlussbetrachtung
4.1 Zusammenfassung
4.2 Kritische Würdigung
4.3 Ausblick
Anhang
Anhang 1: GFK in der Praxis
Anhang 2: Gefühlewortschatz
Anhang 3: Bedürfnisse
Anhang 4: American Time Use Survey
Literaturquellen
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1: „Die zehn wichtigsten Faktoren, die das Glück am Arbeitsplatz beeinflussen“
Abbildung 2: Das 4-Ohren Modell in der GFK
Abbildung 3: Beispiel des 4-Ohren Modells
Abbildung 4:„Das „Zwiebeldiagramm“: Manifestation von Kultur auf verschiedenen Tiefenebenen“
Abbildung 5: Interkulturelle Kompetenz nach Bolten
Abbildung 6: Transfer der Kompetenzen auf das interkulturelle Bezugsfeld
Abbildung 7: Zusammenwirken der drei Teilkompetenzen interkultureller Kompetenz
Abbildung 8: Entwicklung der Interkulturellen Sensibilität nach Bennett
Abbildung 9: Mitarbeiter mit ihren Kulturboxen vor dem Zusammentreffen
Abbildung 10: Konfliktpotenzial durch unsensibilisiertes Aufeinandertreffen mehrerer Kulturen
Abbildung 11: Anwendung und Auswirkung des Modells
Abbildung 12: Neuer Mitarbeiter inseinem geprägten Weltbild
Abbildung 13: Reflexion der eigenen Kultur
Abbildung 14: Von Ratlosigkeit zu Gemeinsamkeiten
Abbildung 15: Auswirkungen von Bedürfnissen: Verbindung vs. Konflikt
Abbildung 16: GFK sprechen
Abbildung 17: Symbolische Darstellung der vier GFK Schritte,,,
Abbildung 18: Die Empathie-Giraffe
Abbildung 19: Entwicklung interkultureller Kompetenz durch Bewusstwerden- Wandel- Gefühl- Plus
Abbildung 20: BWG-Plus als Grundlage für Zufriedenheit
Abbildung 21: Die Vorteile glücklicher Arbeitnehmer
Abbildung 22: Durchschnittliche Zeitverteilung eines Erwachsenen während seines Lebens
1 Einleitung
1.1 Problemstellung
1 „You don’t build a business. You build people. And people build the business.”2
Unternehmen des 21. Jahrhunderts sehen sich konfrontiert mit dem Wertewandel, welcher eine nicht zu unterschätzende personalpolitische Bedeutung besitzt, die zu Verlusten durch Konflikte führen kann.3
Bei der Vermeidung von Konfliktkosten geht es um „[…] die effiziente Zusammenarbeit von Menschen in Unternehmen.“4 Ein zentrales Ergebnis einer KPMG Studie aus dem Jahr 2009 ist das Folgende: „10 bis 15 Prozent der Arbeitszeit in jedem Unternehmen werden für Konfliktbewältigung verbraucht.“5 Wenn zwei oder mehrere Menschen aufeinander treffen, kann privat oder beruflich durch verschiedene Auslöser ein Konflikt auftreten. Eine mögliche Erklärung dafür könnte das erste Axiom von Paul Watzlawick sein, welches besagt: "Man kann nicht nicht kommunizieren, denn jede Kommunikation (nicht nur mit Worten) ist Verhalten und genauso wie man sich nicht nicht verhalten kann, kann man nicht nicht kommunizieren." 6 Das heißt, ob gewollt oder nicht, es wird immer, überall und ständig kommuniziert - verbal und nonverbal. Daraus ergibt sich die Schlussfolgerung, dass die Art und Weise unserer Kommunikation die friedvolle Zusammenarbeit am Arbeitsplatz mitbestimmt und sich somit entweder in Mitarbeiterzufriedenheit oder -unzufriedenheit äußert. Die unternehmensinterne Kommunikation hat demzufolge einen erheblichen Einfluss auf die Mitarbeiterzufriedenheit und diese wiederum auf die Effizienz der Zusammenarbeit und des Konfliktpotenzials. Wie der KPMG Studie entnommen werden kann, sind jedoch die Unternehmensverluste auf Grund dieses Problems nicht zu unterschätzen, weswegen das Bewusstsein über die enorme Bedeutung dieses Zusammenhangs noch nicht weit verbreitet zu sein scheint. Hinzu kommt, dass nicht nur in monokulturellen Teams Schwierigkeiten bzw. Missverständnisse auftreten können, sondern auch in multikulturellen Teams, die heutzutage infolge der Internationalisierung in vielen Unternehmen zu finden sind.7 Eine unterschiedliche Ausgangsbasis, Sprache und ein differenziertes Kommunikationsverständnis zwischen zwei Parteien kann dazu führen, dass die Kommunikation noch weniger effizient verläuft, auf Grund dessen Konflikte womöglich potenziert werden könnten.8 Somit schaden Konflikte, die durch ungenügende Kommunikation verursacht werden, nicht nur dem einzelnen Mitarbeiter und dem Team, sondern auch der Effizienz und am Ende dem Unternehmen selbst.
1.2 Zielsetzung der Arbeit
Die Zielsetzung dieser Arbeit liegt darin, ein Modell zu entwickeln, das einen Beitrag leisten kann Mitarbeiterzufriedenheit zu erhöhen. Durch eine bewusste und gesunde Kommunikation zwischen Menschen am Arbeitsplatz hilft das Modell dem hohen Konfliktpotenzial, das durch unbewusste Kommunikation verursacht wird, entgegenzuwirken. Dieses Kompetenzmodell soll seine Gültigkeit vor allem in interkulturellen Teams finden und seine Wirkung dort entfalten können. Dazu gilt, folgende Fragen zu beantworten:
- Was ist Mitarbeiterzufriedenheit und welche Faktoren bewirken eine Steigerung von Mitarbeiterzufriedenheit? Welchen Stellenwert nimmt dabei die interne Kommunikation in Unternehmen ein?
- Was ist die Gewaltfreie Kommunikation9 nach Rosenberg und wie wird sie erfolgreich angewandt?
- Was ist interkulturelle Kommunikation? Welche interkulturellen Kompetenzmodelle sind bisher bekannt und werden angewandt?
- Welche Synergien bestehen zwischen den vorgestellten interkulturellen Kompetenzen und der GFK in Bezug auf das neue Konzept?
1.3 Bearbeitungsmethode
Um dem Hauptziel dieser Arbeit gerecht zu werden, wird mit Hilfe verschiedener Studien zuerst aufgezeigt, welche Erfolgsfaktoren Mitarbeiterzufriedenheit bedingen, insbesondere im Hinblick auf interkulturelle Teams. Damit wird die Voraussetzung für alle folgenden Inhalte geschaffen. Im Anschluss werden die Grundlagen von interkulturellen Kompetenzmodellen und dem Modell der Gewaltfreien Kommunikation mit Hilfe einer kritischen Auseinandersetzung von vorliegender Fachliteratur und ausgewählten Inhalten von Webseiten beleuchtet. Basierend auf diesen unterschiedlichen Quellen, kann ein Überblick über alle wichtigen Inhalte gegeben werden. Als Eigenleistung werden die beiden Themenschwerpunkte Interkulturelle Kompetenz und Gewaltfreie Kommunikation konzeptionell vereint. Es handelt sich hierbei um eine theoretische Konzepterstellung und keine empirische Arbeit. Die Empirie wurde zunächst nicht mit eingebracht, da es über den Rahmen dieser Arbeit hinausgehen würde. Die Anwendung dieses Konzepts wird Unternehmen helfen Mitarbeiterzufriedenheit zu steigern. Dazu werden am Ende der Modellvorstellung einige Handlungsempfehlungen abgeleitet.
1.4 Aufbau der Arbeit
Im Kapitel 2 wird auf die konzeptionellen Grundlagen eingegangen. Dazu wird zunächst der Begriff Mitarbeiterzufriedenheit definiert und Erfolgsfaktoren derer herausgestellt. Anschließend wird ausführlich auf das Konzept der Gewaltfreien Kommunikation nach Rosenberg eingegangen. Die Methodik und Anwendung sowie Merkmale werden beschrieben, welche für die erfolgreiche Anwendung der GFK von großer Notwendigkeit sind. Die Ausführlichkeit begründet sich in der essentiellen Bedeutung, die es für das entwickelte Modell besitzt. Im letzten Abschnitt des zweiten Kapitels findet der Übergang zur Interkulturalität statt. Vorangehend wird das für diese Arbeit bedeutende Themengebiet der Interkulturellen Kommunikation abgegrenzt und beleuchtet. Ein Grundverständnis darüber ist für die Entwicklung und Anwendung des neuen Kompetenzmodells unabdingbar. Da sich der Überbegriff der interkulturellen Kompetenz nicht allgemeingültig definieren lässt, werden mit Hilfe von verschiedenen Modellen unterschiedliche Ansätze zur Eingrenzung vorgestellt.
Im dritten Kapitel wird basierend auf den erläuterten Theorien ein neues Konzept (das „BWG-Plus Modell“) dargestellt. Dafür wird zunächst die Situation konstruiert, in der das Modell Anwendung finden soll. Weiterführend werden die Ziele beschrieben, welche mit dem neuen interkulturellen Kompetenzmodell verfolgt werden. Im Folgenden wird das Soll-Konzept ausführlich vorgestellt und schrittweise erklärt. Am Ende wird das Modell zusammengefasst sowie mögliche praktische Handlungsempfehlungen abgeleitet, die die Anwendung und Ausübung des Konzeptes noch wirkungsvoller gestalten.
Im vierten Kapitel werden die zentralen Ergebnisse zusammengefasst und es folgt eine kritische Würdigung meiner Erkenntnisse im Rahmen dieser Arbeit: Welche weiterführenden Ansätze könnte es geben? Welche Punkte wurden nicht mit eingebracht? Kann ein Ausblick über künftige Entwicklungen zu dem Thema vorgenommen werden?
2 Konzeptionelle Grundlagen
2.1 Definition und Erfolgsfaktoren von Mitarbeiterzufriedenheit
Das Thema rund um Mitarbeiterzufriedenheit ist in den letzten Jahren zu einem allgegenwärtigen Forschungsthema avanciert, das auf allen Ebenen inner- und außerhalb von Organisationen diskutiert wird.10 Aus diesem Grund ist eine Formulierung für eine allgemeingültige Definition bisher nicht eindeutig wissenschaftlich belegbar. Es gibt viele Ansätze, sowie Inhalts- und Prozesstheorien, die Erklärungen bieten. Dazu gehören insbesondere die folgenden drei, welche die Zufriedenheitsforschung stark beeinflusst haben: die Bedürfnispyramide nach Maslow, die 2-Faktoren-Theorie nach Herzberg und die Typen der Arbeitszufriedenheit nach Bruggemann.11,12 Diese tiefergehend auszuführen würde den Rahmen dieser Arbeit überschreiten, allerdings sind die folgenden Elemente und Unterschiede für das weitere Verständnis grundlegend: Während die Bedürfnispyramide verdeutlicht, was Bedürfnisse sind, welche es gibt und diese in unterschiedliche Bedürfnisgruppen nach Priorität des Erfüllungswunsches einteilt,13 erweitert Herzberg diese und geht deutlicher auf die Motivationsfaktoren hinter den Bedürfnissen ein. Er „[…] untersucht, welche Faktoren Unzufriedenheit abbauen oder vermeiden, und welche Faktoren Zufriedenheit hervorrufen. Faktoren, die zur Zufriedenheit führen, sind nach Herzberg die "Motivatoren", während die Verschlechterung der "Hygienefaktoren" zur Unzufriedenheit führt.“14 Beide gehen von einem nach Selbstentfaltung strebenden Menschenbild aus. Agnes Bruggemann’s Typologisierung untergliedert sich in sechs Zufriedenheitsformen, die sich aus einer Soll-Ist-Differenz ergeben, d. h. individuelle Erwartungen werden mit der Arbeitssituation abgeglichen und in unterschiedlichem Maße mit Zufriedenheit oder Unzufriedenheit bewertet.15 Auf Grund ihrer Herangehensweise ist eine möglicherweise treffende Definition für Mitarbeiterzufriedenheit die „[…] Einstellung in Bezug auf das Arbeitsumfeld, die sich aus dem abwägenden Vergleich zwischen dem erwarteten Arbeitsumfeld (Soll) und dem tatsächlich wahrgenommenen Arbeitsumfeld (Ist) ergibt.“16 Wichtig dabei ist zu sagen, dass die Ergebnisse entsprechend immer nur individuell betrachtet werden können, da sich jeder Mensch in seinen Bedürfnissen bzw. Erwartungen nach Gehalt, Arbeitsumfeld, Verantwortung und dem Wunsch nach Aufstiegsmöglichkeiten und Anerkennung unterscheidet. Daher können die Ergebnisse immer nur als Momentaufnahme gesehen werden. „Themen [sic!] die vor kurzem noch oberste Priorität hatten, können von heute auf morgen in den Hintergrund treten beziehungsweise ebenso schnell wieder aufkommen.“17 Die Mitarbeiterzufriedenheit kann zusammenfassend als „Ergebnis eines Vergleiches (Soll-Zustand zu Ist-Zustand)“, als „ein multiattributives Konstrukt“ und „als eine Einstellung“18 gesehen werden, wobei sich die Einstellung aus einzelnen am Arbeitsplatz gemachten Erlebnissen und Erfahrungen ergibt.19
Faktoren, die einen Einfluss bzw. einen steigernden Effekt auf die Mitarbeiterzufriedenheit haben, wurden mehrfach untersucht bzw. erforscht. Zum Beispiel hat die „StepStone Studie über Glück am Arbeitsplatz 2012/2013“ in 1.267 Unternehmen in Europa die Mitarbeiter nach Faktoren für Glück am Arbeitsplatz befragt, wobei Glück „[…] als subjektiver Gefühlszustand des Wohlfühlens und der Zufriedenheit“ definiert wurde.20 Unter den zehn wichtigsten Faktoren für die Beeinflussung des Glücks am Arbeitsplatz wurden sieben weiche Faktoren genannt.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1: „Die zehn wichtigsten Faktoren, die das Glück am Arbeitsplatz beeinflussen“21
Dazu gehören beispielsweise der respektvolle Umgang miteinander, ein gutes Betriebsklima und gute Beziehungen zu den Kollegen.
Das Institut für Marktorientierte Unternehmensführung hat ebenfalls eine empirische Studie zu „Bestimmungsfaktoren und Wirkungen von Mitarbeiterzufriedenheit“ veröffentlicht.22 Als Ergebnis kam u. a. heraus, dass Kommunikation einen wesentlichen Anteil daran hat, Vertrauen und daher Zufriedenheit zu fördern: „Im Rahmen des bestätigten Kausalsystems weist die vorliegende Studie organisationales Vertrauen als stärksten Wirkungsfaktor auf das Konstrukt Mitarbeiterzufriedenheit aus. Die Pfadanalyse identifiziert Kommunikation als zentrale Determinante der Vertrauensbildung.“23,24 Die Ergebnisse der aufgeführten Studien verdeutlichen, dass die Basis jeglicher Mitarbeiterzufriedenheit in Unternehmen in einem gegenseitigen Vertrauensverhältnis begründet liegt. Dementsprechend ist eine offene zwischenmenschliche Kommunikation ein entscheidender Faktor für das erfolgreiche Bestehen von Unternehmen. Daraus ergibt sich die Grundannahme für diese Bachelorthesis: Die Art und Weise, wie am Arbeitsplatz miteinander kommuniziert wird, erlangt einen erheblichen Stellenwert für die Mitarbeiterzufriedenheit, die vom Unternehmen selbst nicht immer richtig eingeschätzt wird.25
2.2 Konzept der Gewaltfreien Kommunikation nach Rosenberg
2.2.1 Entstehung und Grundannahmen
Marshall B. Rosenberg (1935 – 2015) war ein amerikanischer Psychologe, der dafür eingestanden ist, Konflikte, insbesondere den Konflikt der Rassentrennung in Amerika, durch eine verbesserte zwischenmenschliche Kommunikation zu überwinden. Seine Vision war es, eine Welt zu erschaffen „[…], in der die Bedürfnisse aller Menschen auf friedliche Weise erfüllt werden.“26 Inspiriert wurde Rosenberg von einem der einflussreichsten amerikanischen Psychologen und dem Begründer der klientenzentrierten Gesprächstherapie Carl Rogers (1902-1987) sowie Mahatma Gandhi, der im Kampf für Freiheit für den gewaltfreien Widerstand einstand.27 „Ich glaube an die Gewaltlosigkeit als einziges Heilmittel.“28, sagte Gandhi, was eine Inspiration für Rosenberg war, 1984 für seine Arbeit das Zentrum für „Nonviolent Communication“ (NVC) bzw. zu Deutsch „Gewaltfreie Kommunikation“ (GFK), zu gründen.29 Rosenberg selbst war sich bewusst, dass die GFK nichts Neues beinhalte, sondern dass alles, was darin integriert wurde, schon seit Jahrhunderten bekannt sei. Es ginge darum, sich zu erinnern, wofür zwischenmenschliche Kommunikation ursprünglich gedacht war und „[…] auch darum, uns gegenseitig bei einer Lebensweise zu helfen, die dieses Wissen wieder lebendig macht.“30
Die Voraussetzung zur Vorstellung der GFK ist die Kenntnis und das Verständnis der Grundannahmen, die diesem Prozess zu Grunde liegen. Ohne diese kann der Prozess zwar starr eingehalten werden, jedoch nicht die gewünschte Wirkung beim Anwender und dem Gegenüber auslösen. Rosenberg führt in seinen Büchern viele Beispiele aus seiner GFK Praxis an. Zum Verständnis wie eine erfolgreiche Anwendung der GFK aussehen kann, ist im Anhang dieser Arbeit ein Beispiel dessen hinterlegt.31
„Der GFK liegt ein zutiefst positives, humanistisches Menschenbild zugrunde.“32 Menschen haben eine angeborene Fähigkeit für Mitgefühl und tragen mit Freude zum Wohlergehen anderer bei. Wenn in Teams Bedürfnisse durch Kooperation und nicht durch Anweisungen und Zwang erfüllt werden, erfüllen wir sie gern, weil es unserer Natur entspricht.33
„Gewalt ist der tragische Ausdruck eines unerfüllten Bedürfnisses.“34 Oder anders ausgedrückt: Bei der GFK wird davon ausgegangen, dass alles, was Menschen tun, und wie sie handeln Versuche sind, ihre Bedürfnisse zu erfüllen.35 Nur, wenn sie keinen anderen Weg sehen, wird dieser Versuch nicht gewaltfrei sein. Zwar sind Bedürfnisse nicht in jedem Menschen zu jeder Zeit gleich präsent, aber grundsätzlich werden diese als universell angesehen, d. h. wir alle teilen dieselben Bedürfnisse, wie z. B. nach Wertschätzung, Harmonie und Verständnis. Jeder Mensch schätzt auch in einem fortwährenden Abgleichprozess individuell ein, ob seine Bedürfnisse erfüllt oder unerfüllt sind und fühlt entsprechend angenehme oder unangenehme Gefühle.36
Der Name „Gewaltfreie Kommunikation“ wird dann verständlich, wenn einem klar ist, dass Kommunikation zwar nicht zwingend zu Gewalt in physischer Hinsicht führen muss, sondern allgemein viel Verletzung und Leid bewirken kann – weswegen Rosenberg den Prozess ursprünglich so betitelt hat. An vielen Orten der Welt jedoch ist der Name womöglich nicht mehr zeit- bzw. situationsgerecht. In der Literatur wird daher häufig auch von der einfühlsamen, wertschätzenden oder achtsamen Kommunikation, von der Sprache des Herzens oder der Gefühls- und Bedürfnissprache gesprochen.37,38,39
2.2.2 Antipathie und Empathie in der GFK
Nicht zu verwechseln mit dem bekannten 4-Ohren-Modell von Schulz von Thun, wurde für die GFK ein 4-Ohren-Modell der Antipathie und Empathie entwickelt, welches den GFK Prozess richtig einordnen und den hohen Stellenwert der Empathie verdeutlichen soll.40 Empathie ist das Herzstück der GFK, denn nur mit Empathie kann eine Verbindung zwischen Menschen aufgebaut werden, die eine friedvolle Lösung möglich macht.41
Häufig wird Empathie synonym verwendet mit Mitgefühl oder Einfühlungsvermögen, einige Wissenschaftler differenzieren diese Begriffe jedoch.42 In dieser Arbeit wird im Sinne der GFK von Empathie als Fähigkeit gesprochen, den anderen zu verstehen, ohne einverstanden zu sein, sich einfühlen zu können, ohne dieselben Erfahrungen gemacht haben zu müssen, für den anderen da zu sein, ohne ihn zu bemitleiden und mit achtsamen Ohren zu hören, anstatt zu urteilen.43,44
Die folgende Abbildung 2 des 4-Ohren Modells nach Rosenberg verdeutlicht die Bedeutung dessen. Die beiden oberen Quadranten stehen für die sogenannten Wolfsohren (=Antipathie) und die beiden unteren für die Giraffenohren (=Empathie).45
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2: Das 4-Ohren Modell in der GFK46
Negative Aussagen, die einem entgegnet werden, werden i. d. R. mit einer von vier unterschiedlichen inneren Einstellungen aufgenommen. Das passiert meist automatisch, d. h. je nach unterbewusster Gewohnheit. Folgendes Beispiel veranschaulicht die vier Ohren: Ein Chef sagt zu seinem Mitarbeiter: „Du bist völlig unfähig und machst immer Fehler!“ Der Empfänger hat nach dieser Aussage mehrere Möglichkeiten zu reagieren.
Erstens kann protestiert und beschuldigt werden. Die Fehler des Gegenübers werden dabei gesucht und als Vorwürfe zurück entgegnet (links oben: Antipathie im Außen).
Zweitens kann die Aussage als Kritik gehört und persönlich genommen werden, d. h. es entsteht Selbstbeschuldigung und Selbstmitleid, womit als Folge das Selbstvertrauen sinken wird (rechts oben: Antipathie im Innen).
Die dritte Möglichkeit ist, eine einfühlsame Haltung sich selbst gegenüber anzunehmen und zu prüfen, welches vorherrschende Gefühl in dem Moment präsent ist und welches Bedürfnis dem zu Grunde liegt. Das ist ein Prozess, in dem das Bewusstsein eine große Rolle spielt und die Fähigkeit der Selbstempathie gestärkt wird, mit Hilfe dessen es erst möglich ist, eine zwischenmenschliche Verbindung aufzubauen (rechts unten: Empathie im Innen).
Die vierte Möglichkeit ist, die Gefühle und Bedürfnisse des Senders zu ergründen und zu fragen, warum diese Aussage in der Form wohl getätigt wurde. (links unten: Empathie im Außen). 47 Dieser Schritt fällt leichter, wenn die eigenen Beweggründe zuvor erkannt wurden . Zur Verdeutlichung der vier Reaktionsmöglichkeiten folgt eine Abbildung der jeweils möglichen verbalen Antworten zu der obigen Beispiel-Aussage des Chefs.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 3: Beispiel des 4-Ohren Modells48
In den beiden unteren Quadranten kann der Prozess der GFK jeweils mit den vier Schritten, der Grundhaltung der Empathie und der Kenntnis des zugrunde liegenden Menschenbildes angewandt werden. Im folgenden Abschnitt wird der Prozess der GFK in vier Schritten an Hand des oben genannten Beispiels zwischen Führungskraft und Mitarbeiter ausführlich vorgestellt.
2.2.3 Der Prozess der Gewaltfreien Kommunikation in 4 Schritten
2.2.3.1 Beobachtungen
„Beobachten ohne zu bewerten ist die höchste Form menschlicher Intelligenz.“49 Das Analysieren von anderen Menschen, insbesondere wenn Verhaltensweisen nicht unseren Wünschen entsprechen, wird im Alltag meist in Form von moralischen Urteilen gedacht und kommuniziert. Situationen werden daher häufig nicht wahrgenommen wie sie sind, sondern automatisch entstehen Vorurteile oder Bewertungen der Situation in Gedanken. Jeder Mensch ist geprägt von bestimmten Bewertungsmaßstäben und Beurteilungskriterien, die es unserem Gehirn ermöglichen, bestimmte Geschehnisse in eine bestehende Struktur einzuordnen. Diese jedoch in Form von Schuldzuweisungen, Kritik oder Vergleichen zu äußern, ist nach Rosenberg eine Variante lebensentfremdener Kommunikation.“50
Der erste Schritt der Gewaltfreien Kommunikation beinhaltet daher ein Bewusstwerden darüber, was tatsächlich beobachtet, gesehen und gehört wird, ohne dabei die Beobachtung mit den automatisch ablaufenden Bewertungen zu verknüpfen. Bei konsequenter Verfolgung dieses Schrittes wird bestenfalls verhindert, dass Menschen in unseren Äußerungen eine Beleidigung, einen Angriff, ein Niedermachen oder eine Interpretation hören.51 „Die GFK tritt nicht dafür ein, dass wir vollkommen objektiv bleiben und uns jeglicher Bewertung enthalten. Sie verlangt nur, dass wir zwischen unseren Beobachtungen und Bewertungen immer sauber trennen.“52 Grundlage dafür bildet der Zeitrahmen und die konkrete Handlung – genau das, was eine Kamera aufnehmen und abspielen kann. Entsprechend steht GFK dafür, „[…]statische Verallgemeinerungen […]“ zu verhindern und eine „[…]prozessorientierte Sprache […]“ zu entwickeln.53
Bezugnehmend auf das vorangegangene Beispiel wäre die Aussage: „Du bist völlig unfähig und machst immer Fehler!“ eine klare Bewertung und ein moralisches Urteil von der Führungskraft. Dem Vorzuziehen wäre die GFK getreue Aussage: „In den letzten zwei Präsentationen, die du vorgestellt hast, gab es jeweils einen Zahlendreher in der Budgetsumme.“
2.2.3.2 Gefühle
„Keep in mind that other people's actions can never 'make' you feel any certain way. Feelings are your warning indicators.“54
Jeder Mensch hat Gefühle, aber nicht jeder Mensch ist in Kontakt mit seinen Gefühlen. Im zweiten Schritt der GFK geht es darum, seine Gefühle zu ergründen und sorgfältig auszudrücken, da es ein unabdingbarer Vorteil für Konfliktlösungen ist.55 Unsere Sprache verleitet uns dazu, Gefühle ausdrücken zu wollen, die in Wahrheit keine Gefühle, sondern Gedanken sind. „Ich fühle mich, als ob ich alles falsch machen würde.“ Oder „Ich habe das Gefühl, ich mache immer alles falsch.“ Diese Aussagen spiegeln kein Gefühl wieder, sie reflektieren wie wir über uns denken. Es kann hilfreich sein, zu wissen, dass das Wort „fühlen“ nicht zwingend enthalten sein muss, um Gefühle auszudrücken.56 „Ich bin traurig, weil ich denke alles falsch zu machen“ drückt das Gefühl der Traurigkeit aus. Der Satzanfang „Ich bin…“ hilft einem, ein wirkliches Gefühl auszudrücken. Auf die Frage, wie es einem geht, entgegnen wir im Alltag häufig nur ein „gut“ oder „schlecht“. Diese beiden Wörter drücken jedoch kein Gefühl aus. Gut kann erfreut, glücklich, dankbar oder zufrieden bedeuten, während schlecht für traurig, wütend, ängstlich oder verunsichert stehen kann.57 Rosenberg unterscheidet Gefühle nicht in positive oder negative, sondern nach Gefühlen, die ausdrücken, ob Bedürfnisse erfüllt sind oder jenen, die ausdrücken, dass es unerfüllte Bedürfnisse gibt.58 Im Zuge der Anwendung des zweiten Schrittes der GFK ist es daher unabdingbar, sich einen Gefühlewortschatz anzueignen, der über die bisher automatisch verwendeten „unechten Gefühlswörter“ hinausgeht und wirklich die innersten Gefühle eines jeden wiedergeben kann.59 Dabei hilft es, sich der Situation bewusst zu werden und zu fühlen, wo im Körper das Gefühl sitzt, z. B. die Enge im Brustkorb oder das Kribbeln im Bauch zu spüren, um das entsprechende Gefühl wie Angst oder Freude ausdrücken zu können. Das ermöglicht es, uns verletzlich zu zeigen, uns zu öffnen und mit dem Gegenüber zu verbinden, womit ein weiterer Schritt in Richtung einer friedvollen Lösung getan ist. Die Führungskraft aus unserem Beispiel könnte hier nach seiner Beobachtung fortführen, dass ihn die Beobachtung beispielsweise wütend oder frustriert fühlen lässt.
2.2.3.3 Bedürfnisse
„We can only fully be satisfied when the other person's needs are fulfilled as well as our own.“60 Entsprechend stärkt es uns, die eigenen Bedürfnisse zu ergründen und dafür einzustehen, u. a. weil es ermöglicht, den anderen mit empathischen Ohren zu hören und auch seine Bedürfnisse hinter bestimmten Aussagen zu erkennen.61 „The world has enough for everyone’s need, but not enough for everyone’s greed.“62
Daher sind Bedürfnisse nicht mit Bedürftigkeit zu verwechseln. Bedürfnisse sind natürlich und alle Menschen haben Bedürfnisse gemeinsam. Sie unterscheiden sich nur in der Priorität, die dem Bedürfnis vom Individuum zugeordnet wird, und in der Strategie wie es erfüllt werden soll.63
„Urteile, Kritik, Diagnosen und Interpretationen des Verhaltens anderer Menschen sind alles entfremdete Äußerungen unserer eigenen Bedürfnisse.“64 Die GFK unterscheidet in bereits vorgestellte Moralurteile, die danach fragen, was richtig oder falsch ist, und Werturteile, welche die Werte und Bedürfnisse einer Person reflektieren.65 „Wir treffen alle Werturteile im Einklang mit den Eigenschaften, die uns im Leben wichtig sind; wir können z. B. Wert legen auf Ehrlichkeit, Freiheit oder Frieden.“66
Die GFK, hilft zu erkennen, dass wir selbst verantwortlich für unsere Gefühle sind, denn niemand kann sie in uns „geben“67. Gefühle entstehen durch eigene Erfahrungen, Bewertungen und Glaubenssätze. Auch die Erfüllung unserer Bedürfnisse, die den Gefühlen zu Grunde liegen, können wir nur eigenhändig herbeiführen. Eigenverantwortlich gilt es, sich Gedanken darüber zu machen, welche Strategien bisher (ggf. unbewusst) gewählt wurden, um sich bestimmte Bedürfnisse zu erfüllen und welche Strategien, d. h. konkrete Handlungen, alternativ in Zukunft bewusst gewählt werden können.
Rosenberg schreibt: „Immer wieder habe ich die Erfahrung gemacht, dass in dem Moment, in dem Menschen anfangen, über das zu sprechen, was sie brauchen, statt darüber, was mit dem anderen nicht stimmt, die Wahrscheinlichkeit, einen Weg zur Erfüllung aller Bedürfnisse zu finden, dramatisch ansteigt.“68
Dass Bedürfnisse etwas Universelles sind, zeigen auch diverse Ansätze und Theorien, die diese in bestimmte Kategorien oder Reihenfolgen zu- und einordnen. Eines der bekanntesten Modelle ist die Bedürfnispyramide nach Maslow.69 Rosenberg unterscheidet zwischen den folgenden grundsätzlichen Bedürfnissen, die alle Menschen haben: „Autonomie“, „Feiern“, „Integrität“, „Interdependenz“, „Nähren der physischen Existenz“, „Spiel“ und „Spirituelle Verbundenheit“.70 Fortführend ist von Simon Keller in seiner Masterarbeit mit Hilfe verschiedener Studien und Quellen festgestellt worden, dass in Bezug auf Unternehmen aktuell und zukünftig folgende Bedürfniselemente relevant sind: „Werte, Feedback, Offenheit, Vertrauen, Haltung, Wertschätzung, Dialog, Kooperation, Empathie, Gefühle und Konflikte.“71
Bezugnehmend auf die Beispielaussage: „Du bist völlig unfähig und machst immer Fehler!“, steckt in Wirklichkeit dahinter, dass womöglich das Bedürfnis des Chefs nach Zuverlässigkeit nicht erfüllt ist. Als Empfänger solcher Aussagen wird meistens nur die Kritik wahrgenommen und entsprechend mit den beiden oberen Quadranten des 4-Ohren-Modells reagiert (Antipathie). 72 Der Chef könnte seinen Satz folgendermaßen formulieren, damit die Empathie des Gegenübers aktiviert wird: „ Ich bin frustriert, weil mir Zuverlässigkeit sehr wichtig ist.“ Das Gefühl und das Bedürfnis können, wie dargestellt, zu einem Satz verbunden werden.
2.2.3.4 Bitten
„Connection before Correction“73 – Die Aufgabe der ersten drei Schritte liegt darin eine Verbindung zu unserem Gegenüber aufzubauen, indem wir uns öffnen, sodass für ihn die Möglichkeit entsteht, sich ebenso einfühlen zu können. Wurde die Beobachtung und die Gefühls- und Bedürfniskommunikation GFK getreu ausgeführt, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass die im vierten Schritt folgende Bitte empathisch gehört wird, ohne Bewertung, Kritik, Vorwurf oder ohne, dass eine Forderung hineininterpretiert wird.74
Einfühlsamkeit zu üben, ist essentiell, um seine Bedürfnisse zu ergründen und letztendlich Klarheit darüber zu haben, damit dem Zuhörer die Bitte deutlich wird. Den Inhalt und die Formulierungsweise der Bitte, die unsere Lebensqualität verbessern soll, vorab zu hinterfragen, ist dabei nicht unerheblich. „Bitten in klarer, positiver, konkreter Handlungssprache zu formulieren bringt das zutage, was wir wirklich wollen.“75 Vage, unbewusste Bitten führen zu Verwirrung und Formulierungen wie „er sollte, sie müsste“ lösen womöglich eher Ärger im Gegenüber aus.76 Denn: „Bitten, die nicht von den Gefühlen und Bedürfnissen des Bittenden begleitet werden, können wie eine Forderung klingen.“77 Einer Forderung folgt jedoch im Sinne des GFK Menschbildes keiner gerne.78 Sie sind i. d. R. an die Erwartung geknüpft, dass die Forderung unbedingt erfüllt werden muss, was viel Konfliktpotenzial birgt.
Eine Bitte hingegen hegt den Wunsch, dass eine Zustimmung nur gewollt ist, wenn sie aus freiem Willen passiert.79
„Das Ziel der GFK ist es nicht, Menschen und ihr Verhalten zu ändern, damit wir unseren Willen durchsetzen; es besteht vielmehr darin, Beziehungen aufzubauen, die auf Offenheit und Einfühlsamkeit basieren, sodass sich über kurz oder lang die Bedürfnisse eines jeden Einzelnen erfüllen.“80
Die Bitte des Chefs aus unserem Beispiel könnte entsprechend lauten: „ Würdest du bitte bei der nächsten Präsentationsvorbereitung sicherstellen, dass die Zahlen zu 100% richtig sind?“
2.3 Interkulturalität
„Bei Interkulturalität handelt es sich um einen gegenseitigen Verständigungsprozess von Personen, die verschiedenen Kulturen zugehörig sind und insofern nicht über dieselben Wertorientierungen, Bedeutungssysteme und Wissensbestände verfügen.“81 „Immerhin: Sogar der „Duden“ enthält seit 2004 unter dem Stichwort „interkulturell“ einen Eintrag“82, was auf seine wachsende Bedeutung zurückzuführen ist. „Die Vorsilbe inter-, welche soviel bedeutet wie >miteinander<, verweist auf etwas Neues, welches im Prozess der Interaktion entsteht.“83 Das heißt, es werden in eigendynamischer Weise neue Arten der Interaktion und des Kommunizierens situativ geschaffen, die wir mit Hilfe eines geeigneten Modells in eine gesunde, effektive und zufriedenstellende Richtung lenken können.
Da sich diese Arbeit vorrangig an die verbesserte Kommunikation am Arbeitsplatz in internationalen Teams richtet, die zur Konfliktvermeidung und erhöhten Mitarbeiterzufriedenheit führen soll, wird im Folgenden zunächst noch näher auf die Grundlagen der interkulturellen Kommunikation eingegangen. Weiterführend werden verschiedene Modelle zur interkulturellen Kompetenz vorgestellt.
2.3.1 Interkulturelle Kommunikation
Die interkulturelle Kommunikation ist ein sehr komplexes Thema, weswegen die beiden Begriffe Kultur und Kommunikation zunächst getrennt betrachtet werden. Kommunikation ist im weiteren Sinne der „Prozess der Übertragung von Nachrichten zwischen einem Sender und einem oder mehreren Empfängern.“84. Im engeren Sinne bezeichnet es einen „Austausch von Botschaften oder Informationen zwischen Personen.“85 Diese Übertragung kann verbal durch Sprache oder nonverbal durch Mimik, Gestik oder Zeichen geschehen. Der Begriff Kultur ist vielseitig definierbar. Eine mögliche Definition ist z. B. Folgende: Es handelt sich um „[…] ein System von Mustern alltäglichen Handelns, von Kommunikationsstilen, Alltagskonzepten, Wahrnehmungsgewohnheiten und Mythen, die auf kollektivem Wissen basieren, überwiegend sprachlich organisiert und historisch verankert sind.“86 Geert Hofstede, ein Experte der Kulturwissenschaften, beschreibt Kultur „[…] als mentale Programmierung des Geistes, die erlernt und nicht angeboren ist. […] und umfasst alle Denk-, Fühl- und Handlungsmuster.“87 Dadurch wird deutlich, dass Kultur nicht gleichzusetzen ist mit angeborenen Genen oder der Persönlichkeit – im Gegenteil, jedes Individuum wird im Laufe seines Lebens, insbesondere von seinem sozialen Umfeld geprägt und damit wird dem Menschen Kultur „beigebracht“. Das jeweils erlernte Kulturprogramm, das ersichtlich wird in Hofstedes Kulturdimensionen,88 wird auf verschiedenen Ebenen manifestiert, wie in der Abbildung 4 erkennbar.
[...]
1 Disclaimer: Geschlechtergerechte Formulierungen: In der vorliegenden Bachelorarbeit wird aus Gründen der leichteren Lesbarkeit die männliche Sprachform verwendet und die weiblichen Morpheme weggelassen. Mit der Verwendung der männlichen Form sind auch die weiblichen Vertreterinnen jeweils eingeschlossen.
2 Ziglar, T. (o. J.), Internetquelle
3 Vgl. Wagner, D. (2011), Internetquelle, S. 302, S. 307
4 Insam A., Reimann A. (2009), Internetquelle, S. 11
5 Hinrichsen, C. (o. J.), Internetquelle
6 o. V. (o. J.(a)), Internetquelle
7 Vgl. Walter, R. (o. J.), Internetquelle, S. 13
8 Vgl. Köppel, P. (2008), S. 99
9 Im Folgenden: GFK
10 Vgl. Mening, I. (2014), S. 1, S. 44
11 Vgl. Stock-Homburg, R. (2010), S. 70
12 Vgl. Ganter, G. (2009), S. 73
13 Die Bedürfnispyramide nach Maslow besteht aus den physiologischen Grundbedürfnissen (z. B. Essen, Schlafen), den Sicherheitsbedürfnissen (z. B. Wohnung, Arbeit), den sozialen Bedürfnissen (z. B. Verbindung, Zugehörigkeit) sowie Wertschätzung und Selbstverwirklichung. (Vgl. Stock-Homburg, R. (2010), S. 71)
14 o. V. (2018(b)), Internetquelle
15 Vgl. Schütz, J. (2009), S. 50
16 Stock-Homburg, R. (2009), S. 18
17 Kinschel, M. (2013), S. 46
18 Kinschel, M. (2013), S. 45
19 Vgl. ebenda
20 o. V. (2012/2013), Internetquelle, S. 2
21 o. V. (2012/2013), Internetquelle, S. 9
22 Bauer, H. H.; Neumann, M. M.; Lange, M. A. (2004), S. 26
23 Bauer, H. H.; Neumann, M. M.; Lange, M. A. (2004), S. 26
24 Vgl. Matzler, K.; Renzl, B. (2007), Internetquelle
25 Vgl. Wahren, H.-K. E. (1987), S. 76ff.
26 o. V. (o. J.(c)), Internetquelle
27 Vgl. Proksch, S. (2018), S. 30
28 Rahn, H.-J. (2016), Kapitel 2.7.1
29 Vgl. o. V. (o. J.(c)), Internetquelle
30 Vgl. Rosenberg, M.-B. (2010), S. 22
31 Siehe Anhang 1 in vorliegender Arbeit
32 Wiedel, A. (2014), S. 35
33 Vgl. Pflaum, M. (2012), S. 23
34 Gens, K.-D.; Pásztor, S. (2005), S. 17
35 Vgl. Proksch, S. (2018), S. 30
36 Vgl. Holler, I. (2010), S. 42
37 Vgl. Rosenberg, M. (2016), S. 18
38 Vgl. Brüggemeier, B. (2010), S. 1f
39 Vgl. Wagner, P. (2014), S. 12
40 Vgl. Bitschnau, K. (2008), S. 63
41 Vgl. Altmann, T. (2015), S. 52
42 Vgl. Kröber, H.-L. (2008), S. 63f.
43 Vgl. Altmann, T. (2015), S. 52
44 Vgl. Rödiger, K. (2016), S. 52ff.
45 Vgl. Bitschnau, K. (2008), S. 63
46 in Anlehnung an Bitschnau, K. (2008), S. 63
47 Vgl. Rosenberg, M.-B. (2016), S. 59f.
48 in Anlehnung an Bitschnau, K. (2008), S. 63
49 Zitat von J. Krishnamurti zu finden in: Miyashiro, M.-R. (2013), S. 68
50 Vgl. Rosenberg, M.-B. (2016), S. 29f.
51 Vgl. Rosenberg, M.-B. (2016), S. 38
52 Rosenberg, M.-B. (2016), S. 38
53 Vgl. Rosenberg, M.-B. (2016), S.43
54 o. V. (2011(a)), Internetquelle, Nr. 121
55 Vgl. Rosenberg, M.-B. (2016), S. 50
56 Vgl. Rosenberg, M.-B. (2016), S. 51f.
57 Vgl. Rosenberg, M.-B. (2016), S. 53
58 Vgl. Rosenberg, M.-B. (2016), S. 54f.
59 Siehe Anhang 2 in vorliegender Arbeit
60 o. V. (2011(a)), Internetquelle, Nr. 482
61 Vgl. Kapitel 2.2.2 in vorliegender Arbeit
62 o. V. (o. J.(d)), Internetquelle
63 Vgl. Gens, K.-D.; Pásztor, S. (2011), S. 46f.
64 Rosenberg, M.-B., 2016, S. 62
65 Vgl. Rosenberg, M.-B., 2016, S. 30f.
66 Rosenberg, M.-B., 2016, S. 30f.
67 Vgl. Kapitel 2.2.3.2 in vorliegender Arbeit
68 Rosenberg, M.-B., 2016, S. 63
69 Vgl. Kapitel 2.1 in vorliegender Arbeit
70 Rosenberg, M.-B., 2016, S. 64f.
71 Keller, S. (2018), S. 87
72 Vgl. Kapitel 2.2.2 in vorliegender Arbeit
73 Schneider M.-T. (2009), S. 25
74 Vgl. Rosenberg, M.-B. (2016), S. 81
75 Rosenberg, M.-B. (2016), S. 77
76 Vgl. Rosenberg, M.-B. (2016), S. 78, S. 89
77 Rosenberg, M.-B. (2016), S. 81
78 Vgl. Kapitel 2.2.1 in vorliegender Arbeit
79 Vgl. Rosenberg, M.-B. (2016), S. 91
80 Rosenberg, M.-B. (2016), S. 91
81 Barmeyer, C. (2010), S. 35f.
82 Bolten, J. (2012), S. 1
83 Gehrmann, K. (2013), S. 22
84 Maier, G.-W. (2018), Internetquelle
85 Vgl. ebenda
86 Flader D.; Comati, S. (2008), S. 39
87 Döding, L. (2011), S. 17
88 Die Kulturdimensionen nach Hofstede werden in dieser Bachelorarbeit auf Grund ihres Umfangs nicht umfassend erläutert. Es folgt jedoch ein praktisches Beispiel in Kapitel 3.3.1 in vorliegender Arbeit.
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