Das Überarbeiten im prozessorientierten Schreiben durch kooperative Schreibverfahren

Wie man die Schreibkompetenz fördern kann


Akademische Arbeit, 2016

14 Seiten, Note: 2,0


Leseprobe

Inhalt

Einleitung

Schreiben

Schreibkompetenz – Definition

Historische Entwicklung

Schreibprozess

Überarbeiten

Kooperatives Schreiben

Schreibkonferenz

Textlupe

Fazit

Literatur

Einleitung

Lesen und Schreiben sind voneinander abhängige Fähigkeiten und gehören zu den wichtigen Schlüsselkompetenzen für die Lebens- und Daseinsgestaltung in der Gesellschaft. Gute leserliche Texte entstehen durch einen planvollen Schreibprozess, der Zeit erfordert, um einen Text situations- und adressatengerecht zu produzieren. Unterschiedliche Studien und Befunde liegen vor, dass gerade bei Hauptschülerinnen und -schülern die Textproduktion Schwierigkeiten mit sich bringt, weshalb sie effektiver gefördert werden sollten, damit sie zukünftige Schreibsituationen adäquater bewältigen (vgl. Schäfer, 2009). Im Gegensatz zum Gymnasium ist der Anteil von Schülerinnen und Schülern (SuS) mit Migrationshintergrund in den Hauptschulen höher, weswegen im Deutschunterricht die Fähigkeiten im Schreiben vermittelt werden sollten, damit diese SuS nicht durch ein schlechteres Selbstkonzept im Fach Deutsch charakterisiert werden, was auch zu unmittelbar negativen Auswirkungen auf die schulischen Leistungen führt.

Gegenstand der vorliegenden Examensklausur ist „Das Überarbeiten im prozessorientierten Schreiben durch kooperative Schreibverfahren zur Förderung der Schreibkompetenz“. Zunächst sollen Merkmale des Schreibens in Betracht gezogen werden, um anschließend den Begriff der Schreibkompetenz zu verstehen. Dann soll die Entwicklung der schreibdidaktischen Konzepte beleuchtet werden, um im Anschluss näher auf die prozessorientierte Schreibdidaktik überzuleiten. Daraufhin soll ein im Rahmen der prozessorientierten Schreibdidaktik bekanntes Schreibmodell aufgezeigt werden. Auf der Basis dieses Modells soll in Bezug auf den Prozess des Überarbeitens auf das kooperative Schreiben eingegangen werden. Da die Thematisierung aller Verfahren beim kooperativen Schreiben den Rahmen der Arbeit sprengen würde, sollen nur die „Schreibkonferenz“ und die „Textlupe“ im Hinblick auf die Vor - und Nachteile beim Einsatz in der Schule analysiert werden. Zur Auseinandersetzung mit dem Thema dienen folgende Autoren: Baurmann (2010) und (2013), Böttcher und Becker-Mrotzek (2005) und (2009), Fix (2008), Kruse und Ruhmann (2006), Köller (2014), Ossner (2008), Steiner (2007). Für ein besseres Leseverständnis soll die maskuline Form „Schreiber“ verwendet werden.

Schreiben

Die Fähigkeit zum Schreiben entwickelt sich in einem langen Prozess, der vom Schreibalter abhängt und durch den Schreibkontext beeinflusst wird. Im schulischen Schreiben dient das Schreiben dazu, individuelle Lernleistungen zu bewerten, den Lernerfolg aufzuzeigen und eine Lernkontrolle durchzuführen. Die Zielsetzungen zwischen dem Schreibunterricht und den anderen Fächern unterscheiden sich dadurch, dass beim erstgenannten das Schreiben als Lerngegenstand und beim letztgenannten als Lernmedium fungiert. Mithin stellt das Schreiben in anderen Fächern vor allem inhaltliche Anforderungen an die SuS, weil sie erworbenes Wissen wiedergeben müssen. Währendem stehen die SuS im Fach Deutsch zusätzlich vor der Aufgabe, ihr inhaltliches Wissen in der jeweils geforderten Textgestaltung und Schreibhaltung zu präsentieren und dabei ihre thematischen Fähigkeiten, ihre Formulierungskompetenz, ihre allgemeine Sprachfähigkeit und damit auch ihre orthografische und morpho-syntaktische Fähigkeit gleichermaßen unter Beweis zu stellen (vgl. Steiner, 2007). Köller (2014) zufolge ist das Schreiben eine kulturelle Tätigkeit, die die Schule als Bildungsaufgabe vermitteln muss.

Schriftlichkeit hat einerseits mit der Produktion, dem Schreiben, zu tun, andererseits mit der Rezeption, dem Lesen. Beim Schreiben wird zwischen dem Schreiben von Texten (Texte schreiben), der motorischen Schriftproduktion (motorisches Schreiben) und schließlich den Konventionen und Normen, die für die Schriftproduktion bestehen (Rechtschreibung / Orthografie), unterschieden (vgl. Ossner, 2008). Becker-Mrotzek und Böttcher (2009) bezeichnen das Schreiben im Sinne der Textproduktion als eine komplexe sprachliche Handlung, die der Verständigung über Raum und Zeit hinweg dient. Es ist damit Bestandteil der schriftlichen Kommunikation, die sich von der mündlichen vor allem insofern abgrenzt, als dass sich Schreiber und Leser nicht an einem Ort befinden.

Schreibkompetenz – Definition

In Anlehnung an die Definition von Weinert wird unter dem Kompetenzbegriff Folgendes verstanden: „[D]ie bei Individuen verfügbaren oder durch sie erlernbaren kognitiven Fähigkeiten und Fertigkeiten, um bestimmte Probleme zu lösen, sowie die damit verbundenen motivationalen, volitionalen und sozialen Bereitschaften und Fähigkeiten, um die Problemlösungen in variablen Situationen erfolgreich und verantwortungsvoll nutzen zu können“(vgl. Fix 2008). Auf die Schreibkompetenz übertragen kann man diese Definition folgendermaßen auffassen: Demnach hat der Schreiber vorhandene bzw. erlernbare Fähigkeiten und Fertigkeiten, die für das Schreiben als Problemlöseprozess erforderlich sind, um die Prozesse des Planens, des Formulierens und des Überarbeitens sowie der Überwachung zu steuern, sowie die Motivation und die Volition, die von der sozialen Bereitschaft, also den Kommunikationsbedingungen sowie dem Interesse am Schreiben, abhängen, um Texte nach situativen Schreibanlässen adressatengerecht und angemessen zu verfassen. Fix (2008) definiert die Schreibkompetenz anhand von vier Teilkompetenzen: Inhaltliches Wissen (welt- bzw. domänenspezifisches Wissen), Strukturierungswissen (Textstruktur bzw. Textsortenwissen), Zielsetzungskompetenz (pragmatisches Wissen über Schreib- und Textfunktion sowie Kommunikationssituation) und Formulierungskompetenz (Wissen über die Produktion und das Überarbeiten von Texten sowie das Wissen über Orthografie, Grammatik und Zeichensetzung). Gemäß Becker-Mrotzek und Böttcher (2005) setzt sich die Schreibkompetenz aus grammatischen, lexikalischen, Textsorten- und Schriftkenntnissen sowie sozialer Kognition zusammen. Laut Kruse und Ruhmann (2006) ist ein kompetenter Schreiber gegeben, wenn beim Schreiben der Zugang von flexibel organisierten Wissensbeständen einfach abrufbar ist, deren inhaltliche Zusammenhänge er sich mithilfe der Sprache erschließt, die als Ressource und gleichzeitig als Medium dient, um adressatengerecht bzw. wirkungsvoll und zielgerichtet zu schreiben. Schreiben umfasst demnach ein Bündel aus den Teilfähigkeitsbereichen „Wissen“, „Sprache“ und „Kommunikation“. Nach Ossner (2008) müssen die Schreiber mehrere Aufgaben bewältigen: Einerseits leserlich schreiben und sich an die allgemeinen Konventionen und Normen halten, die für Geschriebenes gelten (Orthografie). Andererseits müssen sie sich an die allgemein geteilten grammatischen Konventionen halten sowie mögliche Lesereaktionen auf das, was sie geschrieben haben, antizipieren und ihnen durch Formulierungen begegnen können. So ist Schreiben in einer besonderen Weise Planung mit Blick auf das Verständnis des Lesers, der abwesend ist.

Historische Entwicklung

Beim Versuch, die Geschichte der Schreibdidaktik in übersichtliche Abschnitte zu fassen, entsteht leicht der Eindruck, dass man hier eindeutige Perioden abgrenzen könnte. Schreibdidaktische Konzeptionen sind aber nicht einfach als chronologische Epochen zu verstehen, die einander ablösen; durch das Auftreten neuer Ansätze werden die bestehenden nicht eliminiert, sie existieren weiter fort, vermischen sich und werden so wieder zu neuen Konzeptionen. Im Jahr 1871 entstand in der Aufsatzdidaktik die Überzeugung, dass der eigene Schreibstil durch ein allmähliches Lösen von den Vorgaben zu erreichen sei. Zu Beginn des 19. Jahrhunderts geriet der gebundene Aufsatz in die Kritik. Bemängelt wurden die strengen Vorgaben, Normen und Muster, nach denen der Text produziert werden sollte. So dürfe die schöpferische Kraft des Schreibers nicht eingeschränkt werden. Als Gegenentwurf trat dann der freie Aufsatz in Erscheinung, der eine persönlichkeitsbildende Funktion übernehmen sollte. In der Praxis war es vor allem die Volks- und Grundschulen, die dem freien Schreiben eine große Beachtung zuwiesen, während die Sekundarschulen stärker am gebundenen Aufsatz festhielten. Seit Ende der 1920er-Jahre erlangten die sprachgestaltenden und sprachschaffenden Aufsätze Beachtung in den schreibdidaktischen Konzeptionen, in denen es um die Sprache geht, also um den richtigen Ausdruck im Sinne einer Norm. In den 1970er-Jahren wurde dann die kommunikative Aufsatzdidaktik entgegengesetzt, welche die kommunikative Funktion und die Angemessenheit der Texte in den Fokus stellt. Prägend für die aktuelle schreibdidaktische Debatte zu Beginn des 21. Jahrhunderts sind drei Ansätze der Schreibdidaktik: die kreative, die integrative und die prozessorientierte Schreibdidaktik (vgl. Fix, 2008; Becker-Mrotzek und Böttcher, 2005).

Dem traditionellen Aufsatzunterricht ging es um die Darstellungsformen bzw. Aufsatzarten als Produkte, dagegen nimmt die prozessorientierte Schreibdidaktik den gesamten Prozess in den Blick. In der prozessorientierten Schreibdidaktik steht die Unterstützung des individuellen Schreibprozesses im Vordergrund, wobei auch der handwerkliche Charakter der Schreibprozeduren unterstrichen wird. Vertreter der prozessorientierten Schreibdidaktik verweisen immer wieder darauf, dass eine konsequente Prozessorientierung erhebliche Auswirkungen auf die Leistungsbewertung hätte (vgl. Fix, 2008).

Schreibprozess

Wenn vom Schreibprozess die Rede ist, dann ist im Allgemeinen das selbstständige Produzieren eines Textes gemeint. Ein solcher Schreibprozess braucht Zeit, weil wir langsamer schreiben als wir sprechen, und vor allem, weil wir Zeit zum Nachdenken brauchen (vgl. Becker-Mrotzek und Böttcher, 2009). Amerikanische Forscher untersuchten erstmals anhand von ´Think-aloud´-Protokollen die einzelnen Teilprozesse einer Textproduktion. Das bekannte Urmodell, aus dem sich andere Modelle entwickelten, stammt von John Hayes und Linda Flower. Hayes und Flower bezeichnen den zu schreibenden Text als ein „ill-defined problem“, ein ungeklärtes Problem mit offener Lösung, die sowohl vom Aufgabenumfeld (Adressat, Motivation, Thema) als auch vom Langzeitgedächtnis des Autors abhängt, der sein Wissen zum Thema über den Adressaten sowie vorhandene Schreibpläne bzw. Textmuster nach dem Schreibimpuls abruft (vgl. Fix, 2008; Köller, 2014). Während des Schreibprozesses beginnt der Schreiber in der Planungsphase, seine Handlung zu strukturieren, indem Ideen generiert, Informationen geordnet, ausgewertet werden und ein Schreibziel ermittelt wird. In einem weiteren Schritt werden die Gedanken verschriftlicht bzw. schriftlich formuliert. In der Formulierungsphase werden Wörter gesucht und dann zu Sätzen zusammengefügt (bottom up) oder Satzschemata gewählt und dann mit Wörtern gefüllt (top down). Im schriftlichen Produktionsprozess hat dabei der Überarbeitungsprozess als die dritte Phase eine wichtige Bedeutung, da der Schreiber bereits Geschriebenes neu formuliert oder die Formulierung wird gedanklich vor der Niederschrift überarbeitet (vgl. Fix, 2008). Damit sind Formulieren und Überarbeiten rekursiv organisiert, d. h., dass jede Formulierung Auslöser einer Überarbeitung sein kann, die zu einer Neuformulierung führt, die wiederum Auslöser für eine Überarbeitung sein kann (vgl. Ossner, 2008). Durch eine Kontroll- bzw. Steuerungsinstanz werden die Subprozesse „Planen“, „Formulieren“ und „Überarbeiten“ vom Schreiber überprüft und reguliert (vgl. Köller, 2014).

Bislang wurde das Schreiben nach dem analytischen Modell von Hayes und Flower als sukzessiver Prozess bezeichnet und nicht als rekursiv gesehen. Damit läuft man Gefahr, das Modell zu einem technischen Instrument zu verkürzen (vgl. Fix, 2008, Ossner, 2008). Darüber hinaus unterstellt das Modell ein planvolles Vorgehen beim Schreiber. Ob das grundsätzlich so ist, erscheint fraglich, da es unterschiedliche Schreibertypen gibt: Einen der plant und dann schreibt, einen anderen, der drauflos schreibt und später eine Planung betreibt. Dabei sind Mischtypen zwischen den beiden Typen zu erwarten, da es Schreiber gibt, die teils planen, teils drauflos schreiben (vgl. ebd.). Ein letzter Kritikpunkt ist die fehlende Genauigkeit in Bezug auf die Sprachverarbeitung (vgl. Fix, 2008).

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Ende der Leseprobe aus 14 Seiten

Details

Titel
Das Überarbeiten im prozessorientierten Schreiben durch kooperative Schreibverfahren
Untertitel
Wie man die Schreibkompetenz fördern kann
Hochschule
Universität Paderborn
Note
2,0
Autor
Jahr
2016
Seiten
14
Katalognummer
V490918
ISBN (eBook)
9783668982703
ISBN (Buch)
9783668982710
Sprache
Deutsch
Schlagworte
Schreiben, Prozessorientiertes Schreiben, Überarbeiten, Förderung der Schreibkompetenz, Schreibprozess, Kooperatives Schreiben, Schreibkonferenz, Textlupe
Arbeit zitieren
Hülya Karadag (Autor:in), 2016, Das Überarbeiten im prozessorientierten Schreiben durch kooperative Schreibverfahren, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/490918

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