Leseprobe
Inhalt
1 Einleitung .
2 Grundlagen geschlechtergerechter Sprache .
3 Gegenpositionen zur feministischen Sprachkritik
4 Vorschläge für ein geschlechtergerechtes Deutsch
4.1 Die Beidbenennung
4.2 Die Neutralisation .
4.3 Das generische Femininum
5 Fazit
6 Literaturverzeichnis
1 Einleitung
„Gestern Schüler, heute Lehrer – Der Kumpel an der Tafel: Weil überall Pädagogen fehlen, müssen jetzt auch junge Studenten unterrichten.“ 1
„Jeder zweite Deutsche ist übergewichtig.“ 2
Sätze wie diese sind tagtäglich lesbar. Normalerweise wird sich dabei keine großen Gedanken gemacht. Es gibt jedoch Menschen, denen sind solche sprachlichen Formulierungen ein Dorn im Auge. Nicht nur in linguistischen Fachkreisen wird sich die Frage gestellt, ob die deutsche Sprache „frauenfeindlich“ ist beziehungsweise, ob Frauen in ihr gleichermaßen berücksichtigt werden. Es wird schon seit längerer Zeit über sprachliche Gleichstellung der Geschlechter diskutiert, geforscht und versucht, dafür Lösungen zu finden. Mit der UNESCO- Resolution von 1987 zur Sichtbarmachung von Frauen in der Sprache wird deutlich, dass bei genauerer Betrachtung unserer Sprache problematische Erkenntnisse entstehen (vgl. Perko, 5). Die Thematik ist mit der Frage eng verknüpft, ob Sprache das Denken beeinflussen kann. Vertreter der geschlechtergerechten Sprache sind der Ansicht, dass Sprache ein Spiegelbild des Zusammenlebens darstellt. Durch sie werden Werte, Normen und Kultur weitergegeben. Somit gestaltet Sprache die Gesellschaft aktiv mit (vgl. Müller; Dietz 2014, 1).
Ein oft genanntes Beispiel hierfür sind die Berufsbezeichnungen aus früheren Zeiten, welche überwiegend aus maskulinen Formen bestanden. Sie stellen ein Indiz für die damalige Gesamtsituation in der Gesellschaft dar, da diese Berufe oftmals nur von Männern ausgeübt wurden (vgl. Müller; Dietz 2014, 1). Vor allem die feministische Sprachwissenschaft beschäftigt sich mit dieser Thematik. Sie bildete sich in den siebziger Jahren, beginnend in den USA, ab 1978 auch in Deutschland (vgl. Samel 1995, 11) und beschäftigt sich mit dem sexistischen Sprachgebrauch sowie dem geschlechtsspezifischen Sprechen (vgl. Samel 1995, 18). Auch im Alltag lässt sich die Thematik immer häufiger antreffen. In den Hochschulen gibt es für geschlechtergerechtes Sprechen und Schreiben oftmals eigene Leitfäden und auch die Bundesländer befassen sich mit dem viel umstrittenen Bereich (vgl. Perko, 5).
Diese Arbeit wird sich im weiteren Verlauf mit der Thematik befassen und verfolgt das Ziel, verschieden vertretenen Auffassungen im Hinblick auf eine geschlechtergerechte Sprache und die unterschiedliche Verbesserungsformen darzulegen.
2 Grundlagen geschlechtergerechter Sprache
„Man hat als Frau keine Identität“ 3
Ende der siebziger Jahre prägten unteranderem Luise F. Pusch und Senta Trömel- Plötz die deutsche feministische Linguistik, welche sich mit der Sprachkritik und nicht, wie vielleicht vermutet, mit der Beschreibung von Sprache beschäftigt (vgl. Samel 1995, 11). Der Forschungsbereich der feministischen Sprachwissenschaft folgt Fragen, wie zum Beispiel Frauen von der Sprache behandelt werden im Hinblick auf die Betrachtung des Sprachsystems oder auch, wie Frauen von den Sprecherinnen und Sprechern behandelt werden, durch die Betrachtung des Sprachgebrauchs (vgl. Samel 1995, 43). Außerdem untersucht sie die Grammatik des Deutschen als fortlaufende Geschlechterungleichheit (vgl. Antenhof; Oberprantacher; Schnegg 2011, 207).
Ein zentraler Kritikpunkt ist der Gebrauch sogenannter „generischer Maskulina“ (vgl. Brunner; Frank- Cyrus 1998, 72). Diese stellen Formen maskuliner Nomina und Pronomina dar, die sich auf Personen mit unbekanntem Geschlecht beziehen, bei denen das Geschlecht nicht bedeutsam ist, mit dem beide Geschlechter gemeint sein können oder mit denen verallgemeinernde Aussagen gemacht werden. Beispiele dafür sind: „ der Zuschauer, der Lehrer, der Japaner“ (vgl. Klann- Delius 2005, 26). Aber auch die indefiniten Personalpronomina wie „ jeder, jemand, wer“ und „ man“ sind mit der maskulinen Form identisch. Sie werden dennoch auch bei Nennung von Frauen benutzt. Das generische Maskulinum erscheint geschlechtsneutral. Nach Trömel-Plötz und Pusch sei dies jedoch ein Trugschluss (vgl. Antenhof; Oberprantacher; Schnegg 2011, 208). Es besteht die Auffassung, dass bei der Benutzung dieser Formen automatisch an männliche Wesen gedacht wird, da sie in männlicher Form geläufig verwendet werden (vgl. Brunner; Frank- Cyrus 1998, 72). Es existiert eine Ambiguität des Maskulinums (vgl. Samel 1995, 66).
Nach Luise F. Pusch besitzen Männer eine größere Chance sich angesprochen zu fühlen, da maskuline Formen geschlechtsspezifisch und auch geschlechtsübergreifend häufiger verwendet werden würden. Laut feministischer Sprachkritik bleiben Frauen dadurch sprachlich unsichtbar, wodurch bei Rezeption und Äußerung der genannten Formen vorrangig an Männer gedacht werde. Demzufolge würden die Identifikationsmöglichkeiten der Frau eingeschränkt. Laut Pusch habe dies auch eine psychologische Komponente, da auch sprachliche Identifikation Teil der Voraussetzung zum Erlangen einer Identität sei. Durch die deshalb gewünschte Sprachveränderung entstehe zwar noch keine direkte Veränderung in der Gesellschaft, die Privilegiertet der Männer könne dadurch aber deutlich gemacht werden und es würde ein Sensibilisierungsprozess stattfinden (vgl. Klann- Delius 2005, 27).
Trömel-Plötz spricht außerdem von einem Mechanismus der männlichen Interpretation, wobei alles männlich sei, bis etwas anderes bewiesen werde. Dies bezieht sie auf die neutralen Ausdrücke wie „ Leute, Erwachsene, Menschen, Deutsche“ und, wie bereits genannt, die Personalpronomina. Diese Ausdrücke müssen Frauen miteinbeziehen, da es keine weiblichen Entsprechungen, wie zum Beispiel „ Menschinnen “ gibt. Nach Trömel-Plötz bildet Sprache nicht nur die Realität ab, sondern schaffe sie auch. Deshalb würde sprachliche Gleichbehandlung von Frauen bedeuten, dass sie als autonome Menschen anerkannt werden würden (vgl. Trömel- Plotz 1993, 18).
Weiter kritisiert die feministische Linguistik die Asymmetrien in der Sprache beispielsweise mit der Betrachtung der Anredeformen. Die höfliche Anredeform „ Fräulein “ hat keine Entsprechung, wohingegen „ Herr “ auch im kollektiven Gebrauch „ Meine Damen und Herren “ benutzt wird. In der direkten höflichen Anrede wird ebenfalls „ Herr “ gebraucht, jedoch nicht „ Dame “ oder „ Fräulein “ sondern „ Frau “. So wird den Frauen eine höfliche Anredeform entsagt. Feministinnen interpretieren diese Tatsache als Asymmetrie, bei der die Höflichkeit und somit der Respekt nur Männern entgegengebracht wird (vgl. Klann- Delius 2005, 25-26).
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1 http://www.sz-jugendseite.de/gestern-schuler-heute-lehrer-der-kumpel-an-der-tafel-weil-uberall- padagogen-fehlen-mussen-jetzt-auch-junge-studenten-unterrichten/ (18.03.2015)
2 http://www.welt.de/gesundheit/article128506290/Jeder-zweite-Deutsche-ist-uebergewichtig.html (18.03.2015)
3 http://www.grin.com/de/e-book/144086/feministische-sprachkritik-versuchte-sprachlenkung-am- beispiel-der-geschlechtergerechten (24.03.2015)