Die Bedeutung und Schwachpunkte der Betriebsstätte bzw. ihrer Definition im nationalen und internationalen Steuerrecht


Term Paper, 2019

15 Pages

Anonymous


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1 Inhaltsverzeichnis

1 Inhaltsverzeichnis

2 Einleitung

3 Grundlagen des Betriebsstättenbegriffs
3.1 Erläuterung und Bedeutung der nationalen Betriebsstätte
3.2 Die Betriebsstätte im abkommensrechtlichen Sinne
3.3 Verhältnis von nationalem und abkommensrechtlichem Betriebsstättenbegriff

4 E-Commerce
4.1 Begriffsdefinition
4.1.1 Herausforderung der Besteuerung im E-Commerce
4.2 Maßnahmen für zukünftiges Besteuerungsvorhaben
4.2.1 Verhinderung der künstlichen Umgehung des Status als Betriebsstätte
4.2.2 EU-Richtlinien zur Besteuerung der digitalen Wirtschaft
4.2.3 Digitalsteuer als Übergangslösung
4.2.4 Besteuerung der signifikanten digitalen Präsenz

5 Fazit

6 Literaturverzeichnis

2 Einleitung

Im Zeitalter der Digitalisierung und mithilfe aggressiver Steuergestaltung nutzen multinationale Tech-Großkonzerne, insbesondere Google, Apple, Facebook und Amazon kurz „GAFA“1 genannt, Besteuerungslücken zur maximalen Minimierung ihrer Steuerbelastung.2

Durch die virtualisierte Abwicklung von real erwirtschafteten Gewinnen können Dienstleistungsunternehmen der digitalen Wirtschaft die abkommensrechtlichen und nationalen Voraussetzungen einer Betriebsstätte umgehen. Dieses Geschäftsmodell ermöglicht es Steuerbemessungsgrundlagen niedrig zu halten und generierte Gewinne in Steueroasen oder Niedrigsteuerländer zu verlagern (BEPS).

Im Hinblick auf den aktuellen Betriebsstättenbegriff ist fraglich, inwiefern darunter auch die unternehmerische Dienstleistung von Tech- Großkonzernen zu subsumieren ist. Hierbei bedienen sie sich vor allem der Problematik des örtlichen Anknüpfungspunktes in den Steuergesetzen, der für die Besteuerung des Betriebsstättengewinns erforderlich ist.3

3 Grundlagen des Betriebsstättenbegriffs

3.1 Erläuterung und Bedeutung der nationalen Betriebsstätte

Betriebsstätten besitzen national als auch international aufgrund ihrer steuerlichen Würdigung eine besondere Rolle. Im nationalen Steuerrecht begründen sie eine beschränkte Steuerpflicht nach § 49 Abs. 1 Nr. 2 a EStG bei ausländischen Unternehmen mit inländischen Betriebsstättteneinkünften.4

Die Betriebsstätte ist gemäß § 12 AO jede feste Geschäftseinrichtung oder Anlage, die der Tätigkeit eines Unternehmens dient sowie der dauerhaften Verfügungsmacht des Unternehmers unterliegt. Regelbeispiele sind Zweigniederlassungen, Warenlager oder Geschäftsstellen, die in Satz 2 Nr. 1-5 aufgelistet sind.5 Dabei ist Satz 2 nicht als abschließende Aufzählung zu verstehen ist, sondern als eine über den Satz 1 hinausgehende Teildefinition. Für den erfüllenden Tatbestand einer Betriebsstätte müssen folgende fünf Merkmale kumulativ vorliegen.

Eine Geschäftseinrichtung oder Anlage kann jeder körperliche Gegenstand sein, der geeignet ist als Grundlage für die Unternehmenstätigkeit zu dienen.6 Der Unterschied zwischen Geschäftseinrichtung und Anlage liegt darin, dass die Geschäftseinrichtung einen kaufmännischen Zweck erfüllt, während hinter der Anlage ein technischer Sinn zu verstehen ist.

Feste Geschäftseinrichtungen oder Anlagen setzen eine dauerhafte Verbindung zu einem bestimmten Teil der Erdoberfläche voraus, obwohl diese nicht zwingend fest mit der Erdoberfläche fixiert sein müssen. Weiterhin muss eine räumliche Abgrenzung erkennbar sein, die den Umständen der unternehmerischen Tätigkeit entsprechend ist. Vorgaben zur Mindestgröße oder Ausstattung sind nicht gegeben.7

Als weiteres Tatbestandsmerkmal gilt die Dauerhaftigkeit der Verfügungsmacht. Sie ist dann gegeben, wenn die Rechtsposition des Steuerpflichtigen, z.B. das Innehaben des Mietrechts, nicht mehr willkürlich verändert werden kann. Das tatsächliche Eigentum gem. § 903 BGB ist in dem Fall nicht heranzuziehen.8

Eine auf Dauer oder stetig angelegte Beziehung zur Geschäftseinrichtung bzw. Anlage wird, wie bei Bauausführungen und Montagen gemäß § 12 Satz 2 Nr. 8 AO, ab mindestens sechs Monaten angenommen.9

Erfüllt die Geschäftseinrichtung bzw. Anlage die unternehmerischen Zwecke eines Unternehmers, liegt somit auch der letzte Tatbestand einer Betriebsstätte vor.10

3.2 Die Betriebsstätte im abkommensrechtlichen Sinne

Das OECD-Musterabkommen folgt der deutschen Vorschrift hinsichtlich Definition sowie Aufbau und knüpft an dieselben fünf Tatbestandsmerkmale des § 12 AO an. Die Definition der Betriebsstätte findet sich in Art. 5 OECD-MA wieder. Hiernach ist die Betriebsstätte eine Geschäftseinrichtung, durch die die Geschäftstätigkeit eines Unternehmens ganz oder teilweise ausgeübt wird. Vorausgesetzt wird demnach eine feste und dauerhafte Geschäftseinrichtung, die dem Unternehmer frei zur Verfügung steht und zur Ausübung der Unternehmenstätigkeit genutzt wird. Sinn und Zweck des Art. 5 OECD- MA ist es in Verbindung mit Art. 7 Abs. 1 OECD-MA Unternehmensgewinne dem Vertragsstaat zuzuordnen, dem nach jeweiligem DBA das Besteuerungsrecht zusteht. Grundsätzlich erfolgt die Besteuerung im Betriebsstättenstaat, während die Einkünfte im Wohnsitzstaat unter Progressionsvorbehalt freigestellt werden.11

Hintergrund der Norm ist, dass dem Staat Steuersubstrat zufließen soll, dessen Ressourcen auch in Anspruch genommen wurden.12

3.3 Verhältnis von nationalem und abkommensrechtlichem Betriebsstättenbegriff

Die Betriebsstättenbegriffe nach nationalem und internationalem Steuerrecht ähneln sich sehr und weisen äußerst geringe Abweichungen voneinander auf. Insbesondere in Aufbau und Struktur lassen sich keine wesentlichen Unterschiede festmachen. Beide Definitionen setzen dieselben fünf Tatbestandsvoraussetzungen voraus, um eine Betriebsstätte zu begründen. Obwohl die Definitionen nahezu identisch sind, erweist sich der Zweck der Vorschriften als wichtiger Unterschied. Anhand der Definition knüpft das nationale Steuerrecht an die Ermittlung der materiellen Steuerpflicht. Im internationalen Sachverhalt dagegen wird die Frage des Besteuerungsrechts eines Vertragsstaates beantwortet.13 Daraus schließt sich, dass beide Definitionen auf unterschiedlichen Ebenen zur Anwendung kommen und daher nicht vergleichbar sind.

Ausgehend vom Wortlaut der jeweiligen gesetzlichen Vorschriften fällt auf, dass gemäß § 12 AO Geschäftseinrichtungen oder auch Anlagen Betriebsstätten sein können. Im Gegensatz dazu werden Anlagen, dem OECD-MA zufolge nicht als Tatbestandsmerkmal einer Betriebsstätte gesehen.14

Ein weiterer Unterschied liegt in der Dauer von Bauausführungen und Montagen, die gem. § 12 AO schon nach sechs Monaten eine Betriebsstätte begründen, während es im internationalen Steuerrecht einer Mindestdauer von zwölf Monaten bedarf.15

Weiterhin wird die Ausübung der unternehmerischen Tätigkeit im Musterabkommen anders ausgelegt als die, die im nationalen Steuerrecht zu finden ist. So wird nach § 12 AO vorausgesetzt, dass die Geschäftseinrichtung bzw. Anlage der Unternehmenstätigkeit dienen muss. Diese „passive“ Auslegung der Unternehmenstätigkeit lockert den Betriebsstättenbegriff für weitere Tatbestände auf. Dadurch erweitert sich das unter die Definition fallende Spektrum von gewerblichen Hilfs- und Nebentätigkeiten.16

Anders ist es im internationalen Steuerrecht, wo die Unternehmenstätigkeit ganz oder teilweise durch die Geschäftseinrichtung ausgeübt werden muss. Im Vergleich ist dies eine deutlich aktivere Auslegung, wodurch der Unternehmenstätigkeit eine bedeutendere Rolle zukommt. Verdeutlicht wird dies im Negativkatalog des Art. 5 Abs. 4 OECD-MA, in dem Regelbeispiele aufgezeigt werden, die keine Betriebsstätte begründen. Ausdrücklich werden in Buchstabe e die Hilfs- und Nebentätigkeiten genannt. Die engere Auslegung der Betriebsstättendefiniton nach OECD-MA durch die Beschränkung auf qualitativ und quantitativ bedeutsame Tätigkeiten,17 verhindert letztlich das Entstehen von nicht besteuerungsfähigen Einkünften.18

Inwiefern Dienstleistungen der digitalen Wirtschaft und E-Commerce Betriebsstätten als Hilfs- oder Nebentätigkeiten anzusehen sind oder aus welch anderem Anlass sie bis heute keiner essenziellen Besteuerung unterworfen werden, daran müssen beide Steuerrechtsordnungen, aufgrund der aktuellen gesetzlichen Schwachpunkte, an Lösungsvorschlägen und Handlungsmaßnahmen arbeiten.19

[...]


1 Synonym für die vier großen US-Konzerne Google, Apple, Facebook und Amazon.

2 Eilers/Oppel, IStR 2018, 361.

3 Tappe, IStR 2011, 870; Kokott, IStR 2019, 123, 126.

4 Lüdicke/Richter in Lüdicke/Sistermann, Unternehmenssteuerrecht, § 20 Rz. 22 f.

5 Birk/Desens/Tappe, Steuerrecht, Rz. 1459.

6 Gersch in Klein, AO § 12 Rz. 1 ff.

7 Brüninghaus, Verrechnungspreise, Rz.15 f.

8 Gosch in Kirchhof, EStG § 49 Rz. 13.

9 Gersch in Klein, AO § 12 Rz. 6.

10 Koenig in Koenig, AO § 12 Rz. 18.

11 Frotscher in Schwarz/Pahlke, AO / FGO Kommentar § 12 Rz. 23.

12 Froitzheim, Steuerliche Selbständigkeitsfiktion der Betriebsstätte, S. 15.

13 Brüninghaus, Verrechnungspreise, Rz. 25.

14 Schaumburg in von Freeden/Häck/Schaumburg, Internationales Steuerrecht,

15 Rupp in Knies/ Ott/ Faust/ Hüll, Internationales Steuerrecht, S. 311.

16 Brüninghaus, Verrechnungspreise, Rz. 26 f.

17 Froitzheim, Steuerliche Selbständigkeitsfiktion der Betriebsstätte, S. 17 f.; Görl in Vogel/Lehner, Kommentar DBA, Art. 5 Rz. 3.

18 Thomas Egner, Internationale Steuerlehre, S. 162 f.

19 Pinkernell in Mössner, Steuerrecht international tätiger Unternehmen, Kap. 3 Rz. 395.

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Details

Title
Die Bedeutung und Schwachpunkte der Betriebsstätte bzw. ihrer Definition im nationalen und internationalen Steuerrecht
College
Wiesbaden University of Applied Sciences
Year
2019
Pages
15
Catalog Number
V492811
ISBN (eBook)
9783668990890
ISBN (Book)
9783668990906
Language
German
Keywords
bedeutung, schwachpunkte, betriebsstätte, definition, steuerrecht
Quote paper
Anonymous, 2019, Die Bedeutung und Schwachpunkte der Betriebsstätte bzw. ihrer Definition im nationalen und internationalen Steuerrecht, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/492811

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