Diese Arbeit beschäftigt sich mit den Kaiserbadfresken von Albrecht Altdorfer im Regensburger Bischofshof. Die Kaiserbadfresken im Bischofshof zu Regensburg sind für viele Kunsthistoriker auch heute noch ein wahrliches Mysterium. Die einzige Wandmalerei Albrecht Altdorfers scheint in dessen später Schaffensperiode entstanden zu sein. Doch das nur noch bruchstückhaft erhaltene Werk wirft viele Fragen auf, die immer seltener in der Altdorferschen Forschung behandelt werden, da die Beantwortung oftmals nicht möglich ist. In dieser Arbeit soll versucht werden, einen Gesamtüberblick über Altdorfers einzige Wandmalerei zu geben und gegebenenfalls einige Fragen zu beantworten.
Dazu soll zunächst ein kleiner Überblick über Altdorfers Leben und Schaffen gegeben werden. Danach werden sogleich die Fresken angesprochen, wobei mit ihrer Entstehungsgeschichte begonnen werden soll. Die Lokalisierung des Raumes, in welchem sich die Fresken befunden haben, wird den Anfang der eigentlich Analyse markieren, bei der sich der Beschreibung der einzelnen erhaltenen Fragmente gewidmet werden soll. Darauf aufbauend soll die Eingangswand anhand der Entwurfsskizze von Albrecht Altdorfer beschrieben werden und die Unterschiede zwischen Entwurf und Ausführung sollen beleuchtet werden. Im Anschluss daran wird sich dem Rest des Raumes gewidmet und ein Versuch einer möglichen Rekonstruktion angestellt. Schließlich soll das Werk, oder vielmehr die erhaltenen Bruchstücke, einer Reihe Deutungsversuche unterzogen werden und auch ein Vergleich wird noch angesetzt. Abgeschlossen wird die Analyse von einem Resümee, in welchem die Ergebnisse zusammen gefasst werden.
Albrecht Altdorfer wurde um 1480 geboren und erwarb mit 25 Jahren das Bürgerrecht in Regensburg, deren Stadtbaumeister er einige Jahre später wurde. Sein Interesse an der Architektur war demnach wahrscheinlich schon immer vorhanden. Die frühesten Werke, die heute von ihm bekannt sind, werden auf 1506 datiert. Später galt er sogar als einer der Hauptmeister der bekannten Donauschule. Ab 1522 begann Altdorfer vermehrt Landschaftsbilder zu malen und die Landschaft in den Vordergrund zu rücken, beziehungsweise figürliche Darstellungen komplett wegzulassen.
Inhaltsverzeichnis
1. Kurzbiographie Albrecht Altdorfers
2. Die Entstehungsgeschichte der Kaiserbadfresken
3. Die Kaiserbadfresken Albrecht Altdorfers in Regensburg
3.1 Lokalisierung
3.2 Die Beschreibung der erhaltenen Freskenstücke
3.3 Beschreibung der Eingangswand und Unterschiede zum Entwurf
3.4 Mögliche Rekonstruktion des restlichen Raumes
4. Deutungsversuche & ein Vergleich zu den „Liebesgärten“
5. Die Wandmalereien als Vorreiter für „Lot und seine Töchter“
6. Fazit
7. Literaturverzeichnis
8. Abbildungsverzeichnis
Die Kaiserbadfresken im Bischofshof zu Regensburg sind für viele Kunsthistoriker auch heute noch ein wahrliches Mysterium. Die einzige Wandmalerei Albrecht Altdorfers scheint in dessen später Schaffensperiode entstanden zu sein. Doch das nur noch bruchstückhaft erhaltene Werk wirft viele Fragen auf, die immer seltener in der Altdorferschen Forschung behandelt werden, da die Beantwortung oftmals nicht möglich ist. In dieser Arbeit soll versucht werden einen Gesamtüberblick über Altdorfers einzige Wandmalerei zu geben und gegebenenfalls einige Fragen zu beantworten. Dazu soll zunächst ein kleiner Überblick über Altdorfers Leben und Schaffen gegeben werden. Danach werden sogleich die Fresken angesprochen, wobei mit ihrer Entstehungsgeschichte begonnen werden soll. Die Lokalisierung des Raumes, in welchem sich die Fresken befunden haben, wird den Anfang der eigentlich Analyse markieren, bei der sich der Beschreibung der einzelnen erhaltenen Fragmente gewidmet werden soll. Darauf aufbauend soll die Eingangswand anhand der Entwurfsskizze von Albrecht Altdorfer beschrieben werden und die Unterschiede zwischen Entwurf und Ausführung sollen beleuchtet werden. Im Anschluss daran wird sich dem Rest des Raumes gewidmet und ein Versuch einer möglichen Rekonstruktion angestellt. Schließlich soll das Werk, oder vielmehr die erhaltenen Bruchstücke, einer Reihe Deutungsversuche unterzogen werden und auch ein Vergleich wird noch angesetzt. Abgeschlossen wird die Analyse von einem Resümee, in welchem die Ergebnisse zusammen gefasst werden.
1. Kurzbiographie Albrecht Altdorfers
Albrecht Altdorfer wurde um 1480 geboren und erwarb mit 25 Jahren das Bürgerrecht in Regensburg, deren Stadtbaumeister er einige Jahre später wurde. Sein Interesse an der Architektur war demnach wahrscheinlich schon immer vorhanden. Die frühesten Werke, die heute von ihm bekannt sind, werden auf 1506 datiert. Später galt er sogar als einer der Hauptmeister der bekannten Donauschule. Ab 1522 begann Altdorfer vermehrt Landschaftsbilder zu malen und die Landschaft in den Vordergrund zu rücken, beziehungsweise figürliche Darstellungen komplett wegzulassen. Damit wurde er zu einem der Vorreitern der europäischen Landschaftsmalerei. Trotzdem sind seine Hauptwerke – der Sebastiansaltar (1509-1518) und die Alexanderschlacht (1528-1529) – mit einer Fülle figürlicher Darstellungen bedacht. Leider wird eines seiner Werke, welchem man große Wichtigkeit zuschreiben sollte, oft in der Aufzählung seiner imposantesten Arbeiten weggelassen. Es handelt sich dabei um die einzige Wandmalerei, die Albrecht Altdorfer nachweislich geschaffen hat, die Kaiserbadfresken zu Regensburg.
2. Die Entstehungsgeschichte der Kaiserbadfresken
Im Jahre 1887 kam es zu einem verheerenden Brand im Bischofshof zu Regensburg. Durch die Löscharbeiten wurden die Kaiserbadfresken entdeckt, die vorher wahrscheinlich übertüncht oder vermauert worden waren. Der damalige Zustand des Raumes wurde nur mit drei Fotografien (Abb. 1-3) dokumentiert, die sich lediglich auf die Eingangswand des Zimmers beziehen. Die erhaltenen Fragmente wurden teilweise abgenommen, jedoch gibt es darüber keinerlei Dokumentation. Danach wurde der Raum eingerissen und der Bischofshof umgebaut, sodass sich nicht einmal mit Gewissheit sagen lassen kann, wo genau sich der Raum befunden hat. Nach eingehender Untersuchung der verbliebenen Fragmente und durch wenige erhaltene Dokumente konnten die Bruchstücke Albrecht Altdorfer zugeschrieben werden. Man fand heraus, dass sie um 1535 im Auftrag des bischöflichen Administrators Johann III., Pfalzgraf bei Rhein entstanden sind und das einzige dokumentierte Wandgemälde Albrecht Altdorfers darstellen. Dies ist darauf zurückzuführen, dass in Deutschland Tafelgemälde – welchen sich Altdorfer auch zum Großteil widmete – beliebter waren, da Wandmalereien in beispielsweise italienischem Klima besser hielten. Da Altdorfer schon drei Jahre nach wahrscheinlicher Vollendung des Wandgemäldes starb, ist dieses zu seinem Spätwerk zu zählen, war vielleicht sogar eine seiner letzten Arbeiten.
3. Die Kaiserbadfresken Altbrecht Altdorfers in Regensburg
Insgesamt wurden nach dem Brand 1887 im Bischofshof 22 Fragmente abgenommen und dem Historischen Museum der Stadt Regensburg übergeben. Eines der Fragmente wurde 1909 dem Budapester Museum der Bildenden Künste überlassen. „Die Fresken [...] sind in Öltempera auf geglättetem, trockenem (Kalk-) Putz ausgeführt […].“ 1 Sie sind sehr gut erhalten und es wurde sogar vielfach echtes Gold für die Hervorhebung von Gewändern und Schmuck verwendet. Zudem gibt es einen durch Peter Halm 1932 entdeckten Entwurf (Abb. 4) zu den Kaiserbadfresken, den er in den Florentiner Uffizien lokalisieren konnte. Er misst 26,2 Zentimeter auf 40,5 Zentimeter, ist somit also eine recht großformatige Skizze. Durch diesen Entwurf konnte Halm die nur vier Quadratmeter erhaltener Fragmente einigermaßen in einen kompositionellen Zusammenhang bringen, worauf später noch eingegangen werden soll.
3.1 Lokalisierung
Zunächst soll versucht werden, den Raum, der die Kaiserbadfresken beherbergte, im Bischofshof zu lokalisieren. Leider ist die damalige funktionale Struktur des Bischofshofs zu Regensburg gänzlich unerforscht: Er ging in den Privatbesitz über, wurde säkularisiert, wurde später zu Hotel- und Gastronomiezwecken genutzt. Die Lage der ehemaligen Wirtschafts- und Verwaltungsräume ist nicht geklärt. Aber obwohl nicht mehr mit Sicherheit gesagt werden kann, wo genau sich der Raum befand, kann man zumindest Vermutungen darüber anstellen, in welchem Abschnitt des Bischofshofes das Zimmer gelegen haben könnte. Ein Telegramm vom Abend des Brandes 1887 lässt annehmen, dass das Feuer im Südflügel des Hofes gewütet haben muss:
„Einstöckiger Südflügel Bischofshof und Dachstuhl Johanniskirche abgebrannt, Dom und Brauhaus außer Gefahr, Windstille.“2
Ein Gutes hatte der Brand jedoch, zumindest aus heutiger Sicht: Durch die Brandspuren auf den Malereifragmenten lässt sich schließen, dass sie aus dem Westabschnitt des Südflügels stammen, denn ausschließlich dort hatte es gebrannt. Außerdem gibt es am Westportal des Südflügels eine Inschrift, welche darauf hinweist, dass Johann III., seines Zeichens Auftraggeber der Wandmalereien, in diesem Abschnitt einen Neubau unternommen hatte.3
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 5: Grundriss des Kaiserbades (nicht maßstabsgetreu)
Wenn dies also zutreffend ist, so hat der Raum der Wandmalereien sich wahrscheinlich im Westteil des Südflügels befunden, möglicherweise angelehnt an ein kleines Areal nördlich des Stiftsturms von Sankt Johann.4 Nach Nicole Riegel handelte es sich wahrscheinlich um einen ebenerdigen Raum mit den Maßen 4,80 Meter mal 3,60 Meter und in der Höhe 3,20 Meter. Vermutlich war der Raum vom Westen her zu betreten und wurde durch eines oder mehrere Fenster in der Nordwand beleuchtet. Die Südwand war wahrscheinlich fensterlos.5 Dass das Kaiserbad als tatsächliche Badestube genutzt wurde, bleibt eine Vermutung. Da es jedoch keinerlei Langzeitschäden durch Einwirkung von Wasser oder Wasserdampf an den Freskenstücken gibt, ist es wahrscheinlicher, dass die Malereien einen anderen, nicht für das Bad genutzten Raum bekleidet haben.
3.2 Die Beschreibung der erhaltenen Freskenstücke
Um die Beschreibung der Eingangswand und die Rekonstruktion des restlichen Raumes möglich zu machen, müssen zunächst die einzelnen Fragmente im Detail der Reihe nach beschrieben werden.
Auf dem Fragment „Badendes Paar“ erkennt man einen bärtigen Mann mit dunklem Haar, der mit seiner linken Hand eine blonde Frau am Arm festhält und mit seiner rechten Hand versucht ihr das Badekleid vom Körper zu ziehen. Somit sind sowohl Mann als auch Frau nackt dargestellt. Die Frau trägt eine auffällige Kette um ihren Hals. (Abb. 6)
Auf dem nächsten Fragment sieht man einen Mann. Dieser trägt ein blaues Gewand und eine Kappe, welche mit goldenen Schellen behängt ist. Sein zum Teil zerstörter Kopf ist so weit nach oben gewandt, dass er mit Nase und Stirn einen Teil der Architektur berührt. Seine linke Hand liegt auf dem Treppengeländer, seine rechte umfasst einen länglichen schwarzen Gegenstand. (Abb. 7)
Das nun im Budapester Museum befindliche Fragment zeigt einen Mann und eine Frau, welche sich über ein Geländer lehnen und die Blicke nach unten gerichtet haben. Der Mann trägt hellgrünes Gewand mit gelben Ärmeln und einem sehr breiten, hellbraunen Pelzkragen, außerdem trägt er einen flachen, schwarzen Hut auf seinem braunen Haar. Er hält die Hand der Frau, die ein dunkelbraunes Kleid trägt und eine weiße Haube, welche hinten in ein goldenes Netz übergeht.6 (Abb. 8)
Drei Fragmente zeigen zwei Frauenköpfe und eine Hand. Während man auf dem einen Fragment noch den Kopf einer blond gelockten Frau, die den Blick nach rechts wendet, erkennen kann, ist das Bruchstück mit dem anderen Frauenkopf fast gänzlich zerstört. Zu erkennen ist nur noch das hochgesteckte, braune Haar. (Abb. 9-11)
Das nächste Stück zeigt eine Frau in einem weit ausgeschnittenen blau-schwarzen Kleid und einem breiten Hut, die einen goldenen Becher und eine Henkelkanne die Treppe hinauf trägt. (Abb. 12)
Eines der Bruchstücke zeigt ein Paar. Die Frau, die ihren Arm um den Mann legt, trägt prunkvollen Schmuck um ihren Hals. Außerdem hat sie eine aufwändig verzierte Haube auf dem Kopf. Der braunhaarige Mann trägt auch goldenen Schmuck und wendet sich der Frau zu. (Abb. 13)
Das nächste Fragment zeigt einen einzelnen Mann, der eine Art Pelzmantel trägt und auf einen Goldring in seiner rechten Hand hinab schaut. Er lehnt am Geländer. (Abb. 14)
Das letzte Fragment ist sehr schlecht erhalten. Man kann nur noch vage erkennen, was es einmal dargestellt haben soll. Ganz links sieht man einen Männerkopf, der sich zum Kuss mit einer weiteren Figur neigt, welche wahrscheinlich eine Frau ist. Sie trägt ein grünes Gewand und viel goldenen Schmuck. Ein weiteres Paar ist zu sehen. Die Frau wendet dem Betrachter ihren Rücken zu. Sie trägt ein blaues Kleid und eine weiße Haube. Der Mann trägt ein braunes Gewand und Goldschmuck. (Abb. 15)
Außerdem ist zu erwähnen, dass ein Fragment erhalten ist, auf welchem man ein vergoldetes Kompositkapitell erkennen kann. (Abb. 16)
Ein weiteres Fragment zeigt einen Frauenkopf vor einem Butzenscheibenfenster. Ihr Haar wird durch ein Kopftuch zusammengehalten und sie wendet dem Betrachter den Rücken zu. Ihr Blick ist nach links gerichtet. Ein anderes Bruchstück zeigt nur ein Fenster mit Butzenscheiben. Außerdem finden sich die Butzenscheiben hinter einer Figur mit längerem, braunen Haar, die nach unten blickt. (Abb. 17-19)
Auf einem anderen Fragment lässt sich ein Krug erkennen. Eine Hand hält ihn am Fuß, eine andere am Henkel. (Abb. 20)
Eine Frau beim Auswringen ihrer langen, rötlichen Haare kann man auf dem nächsten Bruchstück sehen und auf einem weiteren Ausschnitt ist ein dunkelhäutiger Mann mit Glatze erkennbar. (Abb. 21, 22)
Die Köpfe eines Paares sind auf einem anderen Ausschnitt zu sehen. Die Frau trägt eine dunkle Haube und ein helles Gewand. Ihre braunen Haare sind offen. Der Mann trägt eine rote Kopfbedeckung, der Rest des Ausschnitts ist verschollen. (Abb. 23)
Als letztes ist ein Fragment zu erwähnen, auf dem man eine Frau sehen kann, die einen Becher in ihrer Hand hält. Sie hat blondes Haar und ihr Blick richtet sich auf den Becher. (Abb. 24)
Auffällig ist, dass eingangs von 22 Fragmentstücken die Rede war, nun jedoch nur 19 beschrieben wurden. Das liegt daran, dass im Zuge der gründlichen Untersuchung der Fresken einige kleinere Teilstücke mit größeren zusammengeführt und in Gips gegossen wurden. Dabei handelt es sich natürlich nur um diejenigen Stücke, von denen man sich sicher ist, dass sie kompositionell zusammen gehören.
3.3 Beschreibung der Eingangswand und Unterschiede zum Entwurf
Wie schon erwähnt, ist die Entwurfskizze Altdorfers zur Eingangswand des Kaiserbades erhalten und anhand dieser kann die Eingangswand mithilfe der vorhandenen Freskenstücke halbwegs rekonstruiert werden.
Der Entwurf ist ein wichtiges Element im Rekonstruktionsversuch, denn nur durch ihn ist überhaupt bekannt, wie sich die Architektur zumindest auf der Eingangswand verhalten hat. Bei der Skizze handelt es sich um eine fein durchgebildete, lavierte Federzeichnung in dunklem Bister, welche die an die italienische Renaissance angelehnte Architektur zeigt, die einst die Eingangswand überdeckt hat. „Die sehr klare architektonische Anlage beherrschte nach der Florentiner Zeichnung das Wandbild, die Figuren belebten es.“7 Leider ist auch der Entwurf vor allem auf der linken Seite stark in Mitleidenschaft gezogen worden, jedoch ist die Komposition noch klar erkennbar.
Zunächst ist zu sagen, dass die Eingangswand, die von zwei Wandfeldern, die oben durch eine Balustrade verbunden sind, umschlossen ist8, nicht symmetrisch ist, da das gemauerte Portal leicht nach links verschoben ist. Altdorfer löst dieses Problem, indem er den Blickpunkt aus der Achse heraus nach links auf das „Badende Paar“ verlegt, wodurch das Portal optisch nach rechts, also in die Mitte rückt.9 So täuscht Altdorfer auf den ersten Blick eine Symmetrie vor, Fakt ist jedoch, dass die Gurtbögen unterschiedlich weit gespannt und somit asymmetrisch dargestellt sind. „Von den beiden äußeren Pfeilern und den die Türe rahmenden Säulen […] spannt sich auf jeder Wandseite zu einer rückwärts gelegenen Galerie ein hohes, über quadratischem Grundriss gedachtes Gewölbe [...]“10. Somit entsteht eine weite Halle, in welcher die symmetrischen Treppenläufe zur Galerie im oberen Teil führen, wo man auch eine reich verzierte Kassettendecke ausmachen kann. Die gesamte Komposition der Eingangswand ist symmetrisch gedacht. Sie wird auf der rechten Wandseite durch einen großen Pfeiler geschlossen, auf der linken Seite ist jedoch die Begrenzung nicht ganz klar.
Hier geben die 1887 nach den Löscharbeiten angefertigten Fotografien Aufschluss. Insgesamt handelt es sich um drei schwarz-weiß Fotografien der Eingangswand nach der Freilegung der Wandmalerei. Die Fotografien erweisen sich als nützliche Ergänzung des Entwurfs und zeigen auf, wie Altdorfer die Skizze letztendlich auf die Wand übertragen hat. So zeigt sich auch der Abschluss der linken Wandseite: vor einem marmorierten Pfeiler erscheint eine Hand mit einem Glas. Der zugehörige Körper befindet sich wahrscheinlich auf der Südwand, also der Wand, die von links auf die Eingangswand trifft. Auf einer weiteren Fotografie sieht man den Körper: es handelt sich um eine nach rechts, also zur Eingangswand, gewandte, stehende nackte Frau, die das Glas in der Hand hält. Es ist also ersichtlich, dass Altdorfer die Eingangswand mindestens an dieser Stelle mit der anschließenden Wand verbunden hat. Dies könnte auch bei den anderen Wänden der Fall gewesen sein, doch dazu später.
Altdorfers Ziel war es nicht etwa, eine exakte Abbildung gemalter Architektur darzustellen, sondern eher die Illusion eines perspektivisch dargestellten Raumes herzustellen.11 So ist es auch kein Wunder, dass die Architektur an einigen Stellen nicht logisch erscheint. Ein Beispiel ist der kuppeltragende Pfeiler auf der rechten Wandseite, der noch vor den Badenden steht, so aber unmöglich die Kuppel im Hintergrund stützen kann. Dies unterstreicht wiederum die Illusion des ganzheitlichen Raumes, den Altdorfer erschaffen hat und in welchem alles aufeinander einwirkt. Vorder-, Mittel- und Hintergrund sind nicht länger getrennte Räume, sondern ein verbundenes Ganzes.
Aber natürlich ist nicht nur die Architektur der Wandmalerei, sondern vor allem deren Figuren, die das Werk erst lebendig werden lassen. Leider lassen sich nur die Hälfte der erhaltenen Fragmente der Eingangswand zuordnen und davon sind nur noch vier Stück der linken Wandhälfte erhalten. Im Vordergrund befindet sich ein sehr gut erhaltenes Bruchstück. Es zeigt, wie zuvor beschrieben, das „Badende Paar“. Hierbei lassen sich Unterschiede zwischen Entwurf und Ausführung erkennen: Auf dem Entwurf ist der ältere Mann aufdringlich und fasst die Frau an Badeschürze und Arm, die Frau drückt sich ängstlich zur Seite und wehrt sich sichtlich. In der Ausführung bleibt die aktive und passive Rollenverteilung zwar gewahrt, jedoch wehrt sich die Frau nicht mehr. Das könnte mit der Eckfigur zusammenhängen, welche erst in der Ausführung hinzugekommen ist und im Entwurf noch nicht vorhanden war. Die Frau reicht dem „Badenden Paar“ einen silbernen Becher und die Frau des Paares widmet ihr einen Seitenblick. Daraus könnte man auf einen Komplott der beiden Frauen schließen, wodurch der Mann zu Opfer würde. Im Mittelgrund der linken Seite befindet sich der Narr, der die Treppe hinunter steigt und den Blick nach oben gerichtet hat, zu einem Paar, das an der Balustrade lehnt. Im Entwurf erwidert der Mann des Paares den Blick des Narren auf der Treppe, genauso wie die Frau neben ihm. Auch hier tauchen wie zu erwarten Unterschiede bei Entwurf und Ausführung auf: Beim erhaltenen Fragment ist zu sehen, dass der Mann nun mit seiner Begleiterin beschäftigt ist und seine Hand unter ihren Brustlatz schiebt. Sie lässt ihn gewähren, ist ihm aber nicht zugewandt, sondern widmet ihre Aufmerksamkeit der Dreiergruppe im unteren Teil beziehungsweise dem Vordergrund und auch dem Betrachter selbst.12 Das vierte Bruchstück dieser Wandseite ist ein Fragment mit einem vergoldeten Kompositkapitell. Anhand des am unteren Rand zu sehenden Teiles eines Treppenlaufes, welcher nach links unten abfallend ist, lässt sich vermuten, dass es sich eben um das Kapitell der Säule links des Portals handelt.
Von der rechten Wandseite gibt es noch sechs vorhandene Bruchstücke. Im Vordergrund sieht man, wie auf der linken Seite, eine stehende und eine sitzende Figur. Es handelt sich bei den Fragmenten um fast lebensgroße Köpfe zweier Frauen. Die stehende Frau wendet ihren Kopf weiter nach vorne, dem Betrachter entgegen, als im Entwurf dargestellt. Dort wandten sich die Frauen einander zu und nicht dem Betrachter. Der Kopf der anderen Frau ist leider besonders stark zerstört, kann jedoch durch die Größe und den Zusammenhang mit der Architektur in die Komposition eingefügt werden. Außerdem wird ihr ein weiteres Bruchstück zugesprochen, eine Hand, die wahrscheinlich so positioniert war, dass sie den Betrachter zum Zusehen einludt. Im Mittelgrund der rechten Wandseite sieht man auf dem Entwurf ein Paar, das noch unentschlossen ist, ob es sich den Badenden anschließen soll und eine junge Frau, die gerade die Treppe hinauf steigt und dabei eine Kanne und einen Becher trägt. Das Fragment der jungen Dame ist noch erhalten, in der Ausführung sieht man sie nur noch eine Art goldenen Pokal tragen.
Es ist nicht gänzlich gesichert, ob das Paar am rechten Bildrand erhalten ist. Fakt ist jedoch, dass ein Fragment, wie schon beschrieben, eine Frau und einen Mann zeigt, die sich offensichtlich unterhalten. Die Begrenzung am rechten äußeren Rand des Fragments lässt vermuten, dass es sich dabei um das unentschlossene Paar der Eingangswand handelt, dies kann jedoch nicht mit Sicherheit gesagt werden. Im Hintergrund, beziehungsweise auf der Galerie, sahen teils prunkvoll gekleidete Zuschauer dem Treiben der Badenden zu. Es handelt sich dabei um drei Paare, zu denen sich ein einzelner Mann gesellt. Dieser beobachtete im Entwurf noch die anderen Paare, ist in der Ausführung jedoch mit einem überdimensionierten Ring beschäftigt, den er in seiner Hand hält. Das Paar links von ihm ist nicht mehr wie im Entwurf in ein Gespräch vertieft, sondern schon in einer tiefen Umarmung versunken, wobei die Initiative von der älteren Frau auszugehen scheint. Bei den zwei Paaren rechts tauschte Altdorfer nur die Positionen vom Entwurf zur Ausführung und die Änderung der breitkrempigen Hüte in die Ehehauben der Renaissance sind wahrscheinlich auf einen Platzmangel zurückzuführen.
Auffallend ist bei der Eingangswand nicht nur ihre kompositionelle Eleganz und Symmetrie, sondern auch, dass Altdorfer es schafft, mit den kleinsten Korrekturen vom Entwurf zur Ausführung inhaltliche Umakzentuierungen zu erzielen,13 wie man es bei dem „Badenden Paar“ sehen kann oder auch bei dem Paar und dem einzelnen Mann auf der Galerie. Fraglich ist, ob ihm dies auch auf den anderen Wänden gelungen ist, von denen leider keine Entwürfe erhalten sind. Trotzdem sollten die überbleibenden Fragmente noch verortet werden.
3.4 Mögliche Rekonstruktion des restlichen Raumes
Einige der Gestalten auf den Fragmenten lassen sich mit dem Entwurf der Eingangswand nicht identifizieren. Deshalb wäre es nur logisch, dass mindestens eine weitere Wand, wenn nicht alle, bemalt gewesen sind. Wahrscheinlich handelte es sich um eine angrenzende Wand. Nicht bekannt ist, ob bei der Ausmalung der anderen Wände auch Treppen, Galerien und Kuppeln involviert waren, jedoch kann man vermuten, dass irgendeine Art von Architektur vorhanden war, um die Badestube noch an anderer Stelle zu vergrößern und die Illusion eines weiten Raumes aufrecht zu erhalten.14
Ohne entsprechende Entwürfe oder Fotografien ist es deutlich schwieriger den restlichen Raum zu rekonstruieren, beziehungsweise die verbliebenen Fragmente zu verorten. Deshalb wird in der Forschung meist auf die Lichtführung in den Fotografien, auf der Eingangswand und auf den nicht verorteten Fragmenten eingegangen, die dabei helfen soll, diese einer Wand zuzuweisen. Auf den Fragmenten den Eingangswand wie auch auf den 1887 entstandenen Fotografien ist deutlich zu sehen, dass der Lichteinfall von der rechten Seite, also der Nordwand, kommt. Damit ist es zu vermuten, dass diese Wand durchfenstert war und Altdorfer dies auf den Fresken der Eingangswand fortführte, um die Illusion zu wahren. Es ist wahrscheinlich, dass die drei noch nicht verorteten Fragmente mit den Butzenscheiben auf die gegenüberliegende Wand, also die Südwand, gehörten. Dies wird durch die frontale Lichtführung unterstützt, welche die Butzenscheiben aufweisen. Außerdem wäre es für die Komposition des Raumes logisch, das oder die Butzenscheibenfenster als Pendant für das oder die realen Fenster in der Nordwand einzusetzen. Den drei Bruchstücken mit den Butzenscheiben wird noch ein viertes Fragment zugeschrieben. Grund dafür ist, dass Arm und Hand, die die Kanne halten, genau die gleichen Lichtverhältnisse aufweisen wie die Frau mit dem Kopftuch und der Jüngling mit dem langen Haar. Somit haben sich diese vier Fragmente wohl an der Wand im Süden befunden. Leider ist nicht überliefert, wie sich diese Figuren zur verbindenden Eckfigur der Eingangswand verhalten. Ihre Originalposition war die der Vermittlerin zwischen Eingangswand und der Südwand davon. Dort befand sie sich in einer Nische.
[...]
1 Lehmann, Erika: Das Kaiserbad Albrecht Aldorfers. In: Der Zwiebelturm. Monatsschrift für das bayrische Volk und seine Freunde 7 (1952), S. 60 (Dr. A. Elsen).
2 Riegel, Nicole: Zur Lokalisierung von Altdorfers „Kaiserbad“ im Regensburger Bischofshof. In: Dombrowski, D. / Riegel, N. (Hrsg.): Architektur und Figur – Das Zusammenspiel der Künste. München, Berlin 2007. S. 138-157.
3 Ebd., S. 149.
4 Bushart, Magdalena: Betrogene Sinneslust. Albrecht Altdorfers Wandmalereien im Bischofshof zu Regensburg. In: Jehle, O. / Wagner, C. (Hrsg.): Albrecht Altdorfer. Kunst als zweite Natur. Regensburg 2012, S. 303.
5 Ebd.
6 Pigler, Andreas: Ein Bruchstück der Regensburger Wandmalereien Albrecht Altdorfers. In: Jahrbuch der Preußischen Kunstsammlungen 57 (1936), S. 255.
7 Von Baldsass, Ludwig: Albrecht Altdorfer. Wien 1941, S. 193.
8 Halm, Peter: Ein Entwurf A. Altdorfers zu den Wandmalereien im Kaiserbad zu Regensburg. In Jahrbuch der Preußischen Kunstsammlungen 53 (1992), S. 209.
9 Vgl. Lehmann, S. 59
10 Vgl. Halm, S. 209
11 Limmer, Cathrin: Albrecht Altdorfers Wandmalereien. Technologische Anmerkungen zu den Badestubenszenen aus dem Bischofshof in Regensburg. In: Jehle, O. / Wagner, C. (Hrsg.): Albrecht Altdorfer. Kunst als zweite Natur. Regensburg 2012, S. 330.
12 Vgl. Bushart, S. 304
13 Vgl. Limmer, S. 335
14 Vgl. Lehmann, S. 59.
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