Die Europäische Wettbewerbspolitik im weiteren Sinne umfasst nicht nur die Bekämpfung wettbewerbsverfälschender Kartelle und wirtschaftlicher Machtkonzentrationen. Der Wettbewerbsschutz als Vertragsziel erfordert ebenso Vorkehrungen, durch die wettbewerbsverzerrende Beihilfen der öffentlichen Hand an inländische Unternehmen vermieden oder zumindest kontrolliert werden, wenn sie geeignet sind, den zwischenstaatlichen Handel im gemeinsamen Markt zu beeinträchtigen. Dazu führen bis heute die privaten Medienunternehmen in Deutschland und anderen EU-Mitgliedstaaten eine Diskussion über die Frage, ob die Rundfunkgebühr eine staatliche Beihilfe im Sinne des EU-Rechts ist. Neben Beschwerden von privaten Rundfunkanbietern aus verschiedenen EU-Mitgliedsstaaten ist auch eine Beschwerde des Verbands Privater Rundfunk und Telekommunikation (VPRT) bei der EU-Kommission zur Klärung dieser Frage anhängig.
Vor dem Hintergrund dieser aktuellen Entwicklungen geht die vorliegende Arbeit der für die Rundfunkordnung in Deutschland zukunftsweisenden Frage nach, ob die Gebührenfinanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks mit dem EG-Beihilferegime in Einklang steht. Hierzu werden im ersten Abschnitt die rechtlichen Rahmenbedingungen des öffentlichrechtlichen Rundfunks in Deutschland beschrieben, bevor nach einer Prüfung der Vereinbarkeit der Gebührenfinanzierung mit dem Beihilferecht des EG-Vertrags eine Betrachtung der Entscheidungspraxis des EuGH sowie der EU-Kommission erfolgt.
Inhaltsverzeichnis
- A Einführung
- B Rechtliche Rahmenbedingungen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Deutschland
- I. Artikel 5 Grundgesetz
- 1. Die Funktion der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten
- 2. Die Finanzierung der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten
- II. Artikel 73 Grundgesetz
- 1. Die Bindung an Art. 5 GG
- 2. Das EG-Recht im Grundgesetz
- a) Primäres EG-Recht
- b) Sekundäres EG-Recht
- C Die Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunksystems unter Maßgabe des EU-Beihilferechts
- I. Anwendungsbereich des Art. 87 EGV
- 1. Der Begriff der Beihilfe
- 2. „Staatliche Mittel“ oder „aus staatlichen Mitteln“
- 3. Begünstigung als Element der Beihilfe
- a) Rundfunkgebühr als Begünstigung bestimmter Unternehmen
- 4. Wettbewerbsverfälschung
- b) Gegenleistung für die Erfüllung des öffentlichen Auftrags
- 5. Handelsbeeinträchtigung zwischen den Mitgliedstaaten
- II. Die Rechtfertigung als Kulturbeihilfe
- 1. Rundfunk als Kulturgut i.S.d. Art. 87 Abs. 1 lit. d) EGV
- 2. Erforderlichkeit der Gebührenfinanzierung des öffentlich-rechtlichen Programmauftrags
- III. Die Entscheidungspraxis von EuGH und EU-Kommission
- 1. Die Altöl- und Ferring Rechtsprechung
- 2. Das Altmark-Trans Urteil
- 3. Die Auffassung der Kommission zur Finanzierung des öffentlichen Rundfunks in Deutschland
- a) Vereinbarkeit mit dem Gemeinsamen Markt
- b) Geeignete Maßnahmen
- c) Der Sportrechtemarkt
- d) Öffentlich-rechtliche Online-Angebote
- D Fazit und Ausblick
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Seminararbeit befasst sich mit der Frage, ob die Gebührenfinanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks mit dem EG-Beihilferegime in Einklang steht. Die Arbeit untersucht dabei die rechtlichen Rahmenbedingungen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Deutschland und prüft die Vereinbarkeit der Gebührenfinanzierung mit dem Beihilferecht des EG-Vertrags. Anschließend wird die Entscheidungspraxis des EuGH sowie der EU-Kommission analysiert.
- Rechtliche Rahmenbedingungen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Deutschland
- Anwendungsbereich des Art. 87 EGV und die Tatbestandsvoraussetzungen für eine staatliche Beihilfe
- Rechtfertigung der Gebührenfinanzierung als Kulturbeihilfe
- Entscheidungspraxis von EuGH und EU-Kommission
- Auswirkungen der Gebührenfinanzierung auf den Wettbewerb im Rundfunkmarkt
Zusammenfassung der Kapitel
Die Arbeit beginnt mit einer Einführung in die Thematik und den rechtlichen Rahmen des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Deutschland. Im ersten Kapitel wird die Rundfunkfreiheit im Art. 5 GG und die Funktion der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten im Prozess der demokratischen Meinungs- und Willensbildung erläutert. Im zweiten Kapitel wird die Finanzierung der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten durch Gebühren betrachtet und die Rechtsgrundlage für die Erhebung der Rundfunkgebühren dargestellt. Anschließend wird die Zuständigkeit des Bundes und der Länder im Rundfunkbereich im Hinblick auf Art. 73 GG beleuchtet. Im dritten Kapitel wird der Anwendungsbereich des Art. 87 EGV und die Tatbestandsvoraussetzungen für eine staatliche Beihilfe im Sinne des EU-Rechts untersucht. Dabei werden die Begriffe der Beihilfe, staatliche Mittel, Begünstigung, Wettbewerbsverfälschung und Handelsbeeinträchtigung analysiert. Das vierte Kapitel widmet sich der Rechtfertigung der Gebührenfinanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks als Kulturbeihilfe. Schließlich wird die Entscheidungspraxis des EuGH und der EU-Kommission in Bezug auf die Beihilfe-Problematik im Rundfunksektor betrachtet.
Schlüsselwörter
Öffentlich-rechtlicher Rundfunk, Rundfunkfreiheit, Gebührenfinanzierung, EG-Beihilferecht, Art. 87 EGV, Kulturbeihilfe, EU-Kommission, EuGH, Wettbewerb im Rundfunkmarkt.
- Citation du texte
- Verena Rasche (Auteur), 2005, Rundfunkgebühr als staatliche Beihilfe, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/49574