Hydrogeochemische Verhältnisse im Flutungswasser eines Uranbergwerks – Die Lagerstätte Niederschlema/Alberoda


Tesis Doctoral / Disertación, 1995

222 Páginas, Calificación: 1,0


Extracto


Inhaltsverzeichnis

1 Vorwort
1.1 Einleitung
1.2 Danksagung

2 Zusammenfassung

3 Problemstellung
3.1 Veranlassung
3.2 Sanierungskonzept der Wismut GmbH
3.3 Wechselwirkungen Wasser–Gebirge–Mikroorganismen
3.4 Modellvorstellung und Begriffserklärung
3.5 Zielsetzung und Lösungsansatz

4 Lagerstätte Niederschlema/Alberoda
4.1 Einführung
4.2 Geographische Lage
4.3 Grubengebäude
4.4 Geschichtliche Entwicklung
4.4.1 Vom Eichenwald zum Erzgebirge
4.4.2 Von der AG Wismut zur Wismut GmbH
4.5 Geologische Verhältnisse
4.5.1 Regionalgeologische Übersicht
4.5.2 Lokale geologische Verhältnisse
4.6 Eigenschaften der Lagerstätte
4.6.1 Klassifikationen
4.6.2 Paragenesen
4.6.3 Kontrollierende Faktoren der Vererzung
4.7 Hydrologische und hydrogeologische Verhältnisse
4.7.1 Heutige Situation
4.7.2 Historische Situation der Gewässerchemie
4.8 Mikrobielle Aktivitäten
4.9 Verwitterungsprozesse in einem Bergwerk

5 Hydrogeochemie von Uran, Arsen und Radium
5.1 Einleitung
5.2 Empirische Untersuchungen
5.2.1 Uran
5.2.2 Arsen
5.2.3 Radium
5.3 Lösungsversuche
5.3.1 Beschreibung
5.3.2 Ergebnisse

6 Hydrogeochemische Untersuchungen
6.1 Einführung
6.2 Material und Methoden
6.2.1 Probennahme
6.2.2 Analytische Methoden
6.3 Auswertung
6.3.1 Grafische Darstellung
6.3.2 Statistische Methoden
6.3.3 Zeitliche Entwicklung
6.3.4 Prognose künftiger Massenkonzentrationen
6.4 Chemisch-thermodynamische Gleichgewichtsberechnungen
6.4.1 Grundlagen
6.4.2 Berechnungen
6.4.3 Sättigungskoeffizienten
6.4.4 Entwicklung der Uran- und Arsenspezies
6.4.5 pH-Eh-Abhängigkeiten der Sättigungskoeffizienten ausgewählter Minerale
6.4.6 Korrelation mit Radium
6.5 Ergebnisse

7 Untersuchungen zur Hydrodynamik
7.1 Einführung
7.2 Tracerversuch
7.2.1 Wahl des Tracers
7.2.2 Versuchsdurchführung
7.2.3 Beschreibung der Lycopodiumsonde (LydiA)
7.2.4 Versuche mit Azofarbstoffen
7.2.5 Ergebnisse und Diskussion
7.3 Temperaturmessungen
7.3.1 Energiequellen
7.3.2 Messungen und Auswerteverfahren
7.3.3 Erläuterungen zur Auswahl der Meßreihen
7.3.4 Schacht 296IIb
7.3.5 Schacht 366b
7.3.6 Schacht 366IIb
7.3.7 Schacht
7.3.8 Schacht 371IIb („Ellipse“)
7.3.9 Schacht 372b („Urban“)
7.3.10 Schacht
7.4 Weitere physikochemische Messungen
7.4.1 Leitfähigkeit
7.4.2 pH-Wert
7.4.3 Redoxpotential
7.5 Strömungsgeschwindigkeit
7.6 Die Flutung des Bergwerks Niederschlema/Alberoda
7.6.1 Literaturrecherche
7.6.2 Wesentliche Flutungsmethoden und deren Resultate
7.6.3 Beschreibung des Flutungsablaufs
7.6.4 Genereller Wiederanstiegsprozess
7.7 Diskussion und Ergebnis

8 Modellvorstellung zur Stoffmobilisierung
8.1 Einführung
8.2 Geotechnische Annahmen
8.3 Überschlagsberechnungen
8.4 Diskussion und Ergebnis

9 Schlußfolgerungen

10 Literatur

11 Verzeichnisse
11.1 Abkürzungsverzeichnis
11.2 Abbildungsverzeichnis
11.3 Tabellenverzeichnis

12 Lebenslauf

13 Tabellen und Abbildungsanhang

1 Vorwort

1.1 Einleitung

Mit Vollendung der deutschen Einheit ist die Sowjetisch-Deutsche Aktiengesellschaft (SDAG) Wis­mut in den Besitz des Bundesministeriums für Wirtschaft übergegangen. Sie produzierte bis 1991, von wenigen Ausnahmen abgesehen (Karlsch 1993), ausschließlich für die Sowjetunion Uran (Mager & Vels 1993). Damit wurde die größte Altlast der neuen Bundesländer mit einem ge­schätzten Sanierungsauf­wand von 13Milliarden DM (Bundesminister für Wirtschaft 1993) in die Verantwortung der Bundesrepublik Deutschland überführt.

„Die Bewältigung dieser Erblast aus 40jähriger DDR-Vergangenheit gestaltet sich schwierig und langwierig“, so der ehemalige Bundesumweltminister Dr. Klaus Töpfer (Bundes­umwelt­mini­sterium 1994), „Hier handelt es sich um ein aufwendiges Großprojekt, das in diesem Umfang bisher auf der Welt beispiellos ist. Deshalb werden höchste Anforderungen an alle Beteiligten gestellt. Altlasten­ermittlung, Sanierungsplanung und Konzeptfindung müssen auf solider fachli­cher Grundlage durchgeführt werden. Die vollständige Sanierung dieser Bergbaustandorte wird noch Jahre, wenn nicht Jahrzehnte in Anspruch nehmen“.

Ziel der vorliegenden, in das Sanierungskonzept der Wismut GmbH eingebundenen Arbeit ist es, eine Möglichkeit zu finden, den Austrag umweltgefährdender Stoffe aus dem Bergwerk in die Um­welt zu minimieren. Dazu müssen die zeitliche und räumliche Änderung der Konzentrationen unter­schiedlicher Wasserinhaltsstoffe in den Sickerwässern und dem Grubenwasser des ehe­maligen Uranbergwerks Nie­der­schle­ma/Al­be­ro­da geklärt sein.

Alle Ergebnisse und Verfahrensschritte wurden am Institut für Geologie und Paläontologie, Ab­tei­lung Ingenieurgeologie, der Technischen Universität Clausthal gewonnen. Sie wurden im Rahmen der Kooperation mit der Hauptabteilung T1 der Wismut GmbH diskutiert und an den lokalen Ver­hältnissen des Bergwerks Nie­der­schle­ma/Al­be­ro­da überprüft (SDAG Wismut & Technische Uni­versität Clausthal 1991).

Die Anregung zu dem hier vorgestellten Thema kam von Herrn Dr. Roland Hähne (ehemaliger Lei­ter des Geschäftsbereichs Umweltengineering) und Herrn Dipl.‑Geol. Bernd Müller (ehemaliger Leiter der Gruppe im Büro für Umwelt/Chemnitz) im Dezember 1990. Damals war die SDAG Wis­mut gerade dabei, die Zeit der strengsten Geheimhaltung hinter sich zu lassen, um zur Wismut AG zu werden.

Infolge des politischen Wandels mußte sich die Themenstellung den jeweils geänderten Zielvor­gaben und Wissensständen der SDAG Wismut, Wismut AG und Wismut GmbH anpassen, was zu unvermeidlichen Abstri­chen beim einen oder anderen Themenkomplex führte. Im Gegenzug muß­ten Fragestellungen hinzugenommen werden, denen zu Beginn der Arbeit kaum Beachtung ge­schenkt wurde.

1.2 Danksagung

Eine Arbeit wie die vorliegende ist ohne die Mithilfe und Unterstützung einer Vielzahl von Perso­nen nicht durchführbar. Dies gilt besonders für die große Zahl von Messungen, Wasserentnah­men und Geräteinstallationen im Bergwerk Nie­der­schle­ma/Al­be­ro­da.

Ich möchte mich daher an erster Stelle bei meinem Freund Günter Fröhlich und dessen Mitar­beiter Gerd Lein vom Sanierungsbetrieb Aue bedanken, die mich auf fast allen meinen Gruben­fahrten begleiteten.

Dies wäre nicht möglich gewesen ohne die Zusammenarbeit mit Dr. Jürgen Meyer und seinen Vor­gesetzten Dipl.-Chem. Jochen Schreyer, Dr. habil. R. Hähne (jetzt HGC Chemnitz), Dr. M. Hagen und Prof. R. Gatzweiler von der Hauptabteilung T1 bei der Wismut GmbH in Chemnitz. Sie sorgten darüber hinaus für die notwendige vertragliche und rechtliche Grundlage der Koope­ration und für Ein­fahrgenehmigungen bei den Leitern des Sanierungsbetriebes Aue, Herrn Chri­stoph Rudolph und Herrn Sigfried Geyer.

Besonderer Dank gilt selbstverständlich meinem Doktorvater Univ.-Prof. Gerhard Reik, PhD, der mir diese Arbeit ermöglichte und stets zu Diskussionen bereit stand. Herrn Univ.-Prof. Wolfgang van Berk danke ich für die freundliche Übernahme des Korreferats und seine fachliche Un­ter­stüt­zung bei chemischen Fragestellungen.

Größter Dank jedoch gebührt Ulrike. Ihrer Aufmerksamkeit bei einem Kundengespräch in Chemnitz verdanke ich den ersten Kontakt zur SDAG Wismut im Dezember 1990.

Weiterhin möchte ich folgenden Einzelpersonen und Institutionen danken, die zum Gelingen meiner Arbeit einen mehr oder weniger großen Beitrag geleistet haben:

Wismut GmbH, Dipl.-Ing. Udo Wirth zur Osten, Kathrin Huth, LUT Jena, Dr. K. Nindel, Dipl.-Geol. Jan Richter, Dipl.-Geol. Ulli Hiller, Kai Wagner, Mitarbeiter der Bayerischen Vereinsbank Chemnitz, Dr. Thomas Rückwald, Dr. Kathrin Stein, Dr. Melanie Rieckhoff, Frau Hanna Brouwer, Mitarbeiter und Kollegen des Instituts für Geologie und Paläontologie, Dipl.-Geol. Hel­mut Fetzer, Bibliothek der TU Clausthal, Klaus Schlüter, LogIn GmbH, Dr. Gerhard Lange, Dipl.-Geol. Wolfgang Büder, Sieg­fried Faßmann, Dipl.-Ing. Adam Jereczek, Dipl.-Chem. Volker Göb­ner, Familie Zier, Dipl.-Ing. geol. Irena Trebušak, Prof. Miran Veselič, Dason, Prof. Yuri Schukolyukov, Dr. Janine Teuppenhayn, Dipl.-Ing. oec. Ramona Olschewski, Georg Heindl, Herbert Zerbe (Institut Fresenius), Ponce Nguema.

Finanzielle und ideelle Unterstützung wurden gewährt von der Deutschen Forschungsgemein­schaft Bonn (Re 920/1, 2), der Wismut GmbH Chemnitz und der Hanns-Seidel-Stiftung Mün­chen.

2 Zusammenfassung

Aus wirtschaftlichen und umweltrelevanten Gründen wird seit 1991 das ehema­lige Uranberg­werk Nie­der­schle­ma/Al­be­ro­da bei Aue im Erzgebirge geflutet. Dort produzierte die Wismut zwi­schen 1945 und 1991 etwa 81.000 t Uran für die Sowjetunion.

Die Ganglagerstätte, mit Pechblende als wichtigstem Uranerz, befindet sich in kontakt- und re­gio­nalmetamorph veränderten ordovizischen bis devonischen Gesteinen im Kontaktbereich des Auer Granits.

Ein offener Grubenraum mit etwa 36 Millionen m3 Volumen, der sich auf 50 Hauptsohlen bis zu einer Teufe von etwa 2000 Metern verteilt, wird durch die vor­aussichtlich bis ins Jahr 2000 an­dau­ernde Flutung mit Wasser gefüllt. Von der Ta­gesoberfläche aus dringen Niederschlagswäs­ser in das Gebirge ein und ge­langen als Sickerwässer über die Grubenbaue in das Gruben­ge­bäude. Dauer­hafte Sickerwasserzuflüsse aus Klüften und Störungen sind selten, unter­halb ei­nes be­stimm­ten Niveaus fast gar nicht vorhanden.

Wie die statistischen und hydrogeochemischen Auswertungen von Analysen mit jeweils bis zu 60 Parametern zeigen, lassen sich die Wässer im Bergwerk drei Typen zuord­nen: Sickerwäs­ser, in­termediäre Wässer und Gru­benwasser. Alle drei Typen weisen signifikant unterschiedli­che chemi­sche Charakteristika auf, wobei Sickerwasser am wenigsten, Gruben­wasser am stärksten mine­rali­siert ist. Wäh­rend Sickerwässer und intermediäre Wässer im Un­tersuchungs­zeit­raum von Januar 1991 bis De­zember 1994 keine statistisch signifikante Än­de­rung ihrer phy­siko­chemischen Para­metern zeigen, sind die Werte der mei­sten physikalisch-chemischen Pa­rameter des Gruben­was­sers bis 1994 mehr oder weni­ger kontinuierlich ange­stiegen. Ende 1994 hat sich bei vielen Parame­tern der Anstieg verlang­samt oder ist zum Still­stand gekommen. Dies beruht entweder auf einer Sättigung des Was­sers oder einer zeitlich be­grenz­ten Gleichge­wichts­einstellung durch Auflösung oder Ausfällung anderer Pha­sen.

Zur Bestimmung der hydrodynamischen Situation im Grubenwasser wurden ein Tracerversuch sowie zahlreiche teufenabhängige Temperatur-, Leitfähigkeits-, pH- und Redoxmessungen durch­geführt. Der Tracerversuch mit Bärlappsporen belegte eine vollständige Durchmischung des Gru­benwas­sers in weniger als fünf Wo­chen. Den physikochemischen Messungen ist eine Schichtung des Wasser­körpers mit unterschiedlich mächtigen Bereichen zu entnehmen, in de­nen Kon­vek­tion oder Diffusion vorherrschen.

Aus Vergleichen historischer Wasseranalysen mit denen von heute ist erkenn­bar, daß es keine signifikanten Unterschiede in den chemischen Eigenschaften der heutigen Sickerwässer und der histori­schen Quellwässer gibt, die in den Schlemabach und die Zwickauer Mulde flossen bzw. flie­ßen.

In Verbindung mit den Erfahrungen über Grubenflutungen aus der Literatur zeigt sich, daß in Nie­der­schle­ma/Al­be­ro­da der Austritt stark schadstoffhaltigen Wassers aus dem Grubenge­bäude in die Umwelt vermeidbar ist. Dazu ist es not­wendig, die vertikalen Wasser­wegsamkeiten soweit wie möglich zu unter­binden, indem zwischen noch zu bestimmenden Sohlen Dammbau­werke ein­ge­bracht werden. An offenen vertikalen Verbindungen, die nicht vollständig hermeti­sierbar sind, wer­den Sickerwässer das Gru­benwasser überschichten, so daß kein kontaminier­tes Gruben­wasser in die Um­welt gelangen wird.

Summary

Hydrogeochemical conditions in the flood water of a uranium mine – reservoir exploration at Nieder­schlema/Alberoda

For reasons of economic viability and environmental considerations, the former uranium mine Nieder­schlema/Alberoda near Aue in the Erzgebirge (Ore Mountains) has been flooded since 1991. Between 1945 and 1991 the Wismut Com­pany produced approximately 81,000 metric tons uranium there for the Soviet Union.

The vein deposit with pitchblende as the most important uranium ore is found in Ordovician to Devonian contact meta­morphosed rocks and in regional metamorphosed rocks in the contact aureole of the Aue gra­nite.

An open underground work of some 36 million m3 volume, spread out over 50 main levels to a deepness of approxi­mately 2000 metres is expected to be filled with water from flooding into the year 2000. From the day surface rain water penetrates the mountains and seeps into the underworkings via the fractures. Constant gravitational water influx from crevasses and faults is rare, and below a certain level almost never happens.

In statistical and hydrogeochemical evaluation of analyses, each with up to 60 parameters, it is shown that the water in the mine can be classified into three types: drainage water, intermediary water and mine water. All three types show significant differentiation in their chemical characteristics, whereby drainage water has the least mineral content and mine water the most. During the period of examination from January 1991 to December 1994, drainage and intermedi­ary waters revealed no statistically significant changes in their physico­chemical parameters, whereas the value of most of the physicochemical parameters of the mine water have increased more or less constantly up to 1994. At the end of 1994 the rate of increase in many of the parameters had slowed down or come to a halt. This is either a result of saturation of the water or it is a balance reaction of limited duration.

To determine the hydrodynamic situation of the mine water a tracer experiment was carried out together with numerous deepness dependent temperature, conductibility, pH and redox measurements. The tracer experi­ment with club moss spores (Lycopodium clavatum) gave evidence of a complete mixing through of the mine water in less than five weeks. The physicochemical measurements indicate a stratification of the body of water with various levels of abundance, where convection or diffusion are prevalent.

By comparing historical water analyses with those of today it is evident that there are no significant differen­ces in the chemical properties of drainage water nowadays and the spring water of historical date, which flowed or still flow into the rivulets of Schlemabach and Zwickauer Mulde.

In connection with recorded experience of floodings of a mine can be seen that in Niederschlema/Alberoda, the outflow of heavily contaminated water from the underground working into the environment can be avoi­ded. For this it is neces­sary to cut off the vertical water conductivity potential as far as possible, by con­structing dams between certain levels. In the case of open vertical connections, which cannot be fully herme­tically closed off, the drainage water will form a stratification on the top of the mine water, so that no contami­nated mine water enters the environment.

Résumé

Les hydrogéochimiques dans l’eau d’immersion d’une mine d’uranium – Le gisement de Nieder­schlema/Alberoda

Depuis 1991 l’ancienne mine d’uranium de Niederschlema/Alberoda près d’Aue dans le Erzgebirge (Monts Métallifères) inondée pour des raisons économiques et de protection de l’environnement. C’est ici qu’entre 1945 et 1991 la société Wismut produisait à peu près 81.000 tonnes d’uranium pour l’Union Soviétique.

Le gisement filonien avec pechblende comme le plus important minerai d’uranium se trouve dans la roche ordovicienne jusqu’à la roche dévonienne modifiée par métamorphose de contact et métamorphose régional dans l’auréole de con­tact du granit d’Aue. Jusqu’à l’an 2000 une mine au fond avec un volume d’environ 36 millions de m3, qui se répartit sur 50 étages princi­paux jusqu’à une profondeur d’environ 2000 mètres, sera rempli d’une immersion d’eau probablement jusqu’à l’an 2000. De la surface journalière des eaux de pluie pénètrent dans la montagne et atteignent comme eaux d’infiltration par la fracture dans toute la mine. Des afflux d’eau d’infiltration durables provenant de fissurations ou de perturbations sont rares, pratiquement non existantes à partir d’un certain niveau.

Les eaux de mine peuvent être classifiées en trois types, comme le démontrent les évaluations statistiques et hydro­geo­chimiques des analyses avec jusqu’à 60 paramètres: eaux d’infiltration, eaux intermédiaires et eaux de mine. Ces trois types présentent de façon signifiante différentes caractéristiques chimiques, avec le moins de mineralisation des eaux d’infiltration pendant les eaux de mine sont plus fortement mineralisées. Les eaux d’infiltration et les eaux inter­médiaires n’ont démontré du côté statistiques aucune modification signifiante de leurs paramètres physiquo-chimi­ques durant la période d’analyse entre janvier 1991 et décembre 1994, ce sont les taux de la plupart des paramètres phy­sico-chimiques des eaux de mines qui ont plus ou moins augmen­té jusqu’en 1994. En fin de 1994 l’augmentation de nombreux paramètres a ralenti ou s’est arrêtée. Cela est dû ou bien à une saturation des eaux ou bien à une réac­tion d’équilibre temporellement limitée.

Une analyse de Tracer et de nombreuses mesures de température de conductibilité, de facteur pH et de redox dépen­dant de la profondeur ont été réalisés pour déterminer la situation hydrodynamique dans les eaux de mine. L’analyse de Tracer avec des spores de lycopode (Lycopodium clavatum) a prouvé un mélan­ge total des eaux de mines en moins de cinque semaines. Les mesures physico-chimiques démontrent une stratification du corps d’eau avec des sections de différentes impor­tances, dans lesquelles existent convection et diffusion.

En comparant des analyses d’eau historiques avec celles d’aujourd’hui, on a pu constater qu’il n’existe pas de différen­ces signifiantes entre les qualités des eaux d’infiltrations d’aujourd’hui et celles des eaux de sources historiques, qui s’écoulaient ou bien s’écoulent dans les ruisseaux de Schlemabach et de Zwickauer Mulde.

Compte tenu des expériences sur des immersions de mines décrites dans la bibliographie, l’exemple de Nieder­schlema/Alberoda nous démontre qu’il est possible d’éviter une sortie d’eau polluée de la mine dans l’environnement. Pour cela il est nécessaire d’éviter le plus possible l’écoulement vertical de l’eau en introduisant entre des étages encore à déterminer des constructions de barrages. Des eaux d’infiltrations vont être superposées aux eaux de mines aux liaisons verticales ouvertes qui ne peuvent être hermétique­ment fermées de sorte que des eaux de mines conta­minées n’atteindront pas l’environnement.

РЕЗЮМЕ

Кристиан Волъкерсдорфер: Гидрогеохимические соотношения в воде заводнений уранового рудника – Месторождение Нидершлемы / Алъбероды

С 1991 года бывший урановый рудник в Нидершлеме/Алъбероде под Ауе в Рудных горах по экономическим и экологическим причинам заводняется. Там в период с 1945 по 1991 гг предприятием „Висмут” было произведено около 81.000 т урана для Советского Союза.

Жилъное месторождение с урановой смолкой из важнейшей урановой руды находится в горных породах силурийского-девонского периодов, преобразованных давлением, непогодой и вулканическими массами и располагающихся в области соприкосновения с ауеским гранитом.

Открытая подземная горная выработка объёмом приблизителъно в 36 миллионов м3, разбитая на 50 главных подошв глубиной до приблизителъно 2000 м, заполняется водой в резулътате заводнения, которое по всей видимости будет длитъся вплотъ до 2000 года. Воды, выпадающие в виде осадков, с земной поверхности проникают в породный массив и попадают в виде филътрационных вод через штолъни в сетъ подземных горных выработок шахты. Продолжителъные подтоки филътрационных вод из расселин и дислокаций редки и ниже определённого уровня уже практически не имеют места.

Как показывают резулътаты статистических и гидрогеохимических анализов с числом параметров в каждом отделъном случае до 60, воды в руднике можно классифицироватъ по 3 типам: филътрационные воды, промежуточные воды и шахтные воды. Эти 3 типа принципиалъно отличаются друг от друга по своим химическим характеристикам, причём филътрационная вода в наименъшей, а шахтная вода в наиболъшей степени минерализированы. В то время как филътрационные и промежуточные воды в период исследований с января 1991 по декабръ 1994 гг не показали статистически знаменателъных изменений их физико-химических параметров, значения для болъшинства физико-химических параметров шахтной воды до 1994 года в болъшей или менъшей степени последователъно росли. В конце 1994 года рост по многим параметрам призамедлился или полностъю приостановился. Это связано либо с насыщением воды, либо с ограниченной во времени реакцией равновесия.

Для определения гидродинамической ситуации с шахтной водой были проведены трассовый опыт, а также многочисленные измерения температуры, проводимости, водородного показателя и окислителъно-восстановителъного потенциала, с учётом определённой глубины. Трассовый опыт с порами плауна показал полное смешение шахтной воды за период менее чем в 5 неделъ. На основании физико-химических измерений было выявлено наслоение водной среды с различными по мощности участками, в которых преобладают конвекция или диффузия.

Из сравнения анализов воды из истории с сегодняшними становится ясно, что принципиалъных отличий в химических свойствах сегодняшних филътрационных вод и родниковых вод из истории, тёкших или текущих в Шлемабах или Мулъде в Цвиккау, не существует.

На основании опыта по рудничным заводнениям из литературы выявляется, что выход воды с высоким содержанием вредных веществ из сети подземных горных выработок шахты в окружающую среду на месторождении Нидершлемы/Алъбероды предотвращаем. Для этого необходимо парализоватъ вертикалъные проходы для воды насколъко это возможно, поместив между пока ещё подлежащими определению подошвами перемычки. У открытых вертикалъных соединений, которые не могут быт полностъю герметизированы, слой филътрационных вод будет располагатъся над шахтной водой, так что загрязнённая вода в окружающую среду уже не попадёт.

Povzetek

Hidrogeokemi č ne razmere v vodi, ki zaliva uranov rudnik — ležišče Nieder­schlema/Alberoda

Nekdanji uranov rudnik Niederschlema/Alberoda, ki leži v bližini kraja Aue v nemškem Rudogorju (Erzgebirge) je iz gospodarskih in za okolje pomembnih razlogov že od leta 1991 v postopku zapiranja z zalivanjem. Tukaj je SDAG Wismut med leti 1945 in 1991 proizvedel okoli 81.000 t urana za Sovjetsko zvezo.

Čilno rudišče z uranovo smolo kot najpomembnejšim rudnim mineralom se nahaja v s kontaktno in regio­nalno metamorfozo spremenjenih ordovicijskih do devonij­skih kamninah v kontaktnem območju granitove aureole.

Podzemni rudniški prostori z okoli 36 milionov m3 prostornine, ki se delijo na nekako 50 obzorij in segajo do globine približno 2.000 m, bodo predvidoma do leta 2000 z nenehnim zalivanjem zapolnjeni z vodo. Padavinska voda prodira z zemeljske površine v tla in teče kot pronicajoča voda v jamske prostore. Trajni dotoki pro­nicajoče vode iz razpok in prelomov so redki in pod nekim določenim nivojem se skoraj ne po­javljajo več.

Kot kažejo rezultati statističnih in hidrogeokemičnih analiz z občasno do 60 pa­rametri, se rudniške vode ločijo v tri različne tipe: pronicajoče vode, vmesne vode in jamske vode. Vsi trije tipi kažejo precej različne kemične značilnosti, pri čemer je pronicajoča voda najmanj in jamska voda najmočneje mineralizirana. Med­tem ko pronicajoče vode in vmesne vode v času trajanja preiskav od januarja 1991 do decembra 1994 niso pokazale statistično pomembnih sprememb fizikal­nokemičnih parametrov, so vrednosti večine fizikalnokemičnih parametrov jamske vode bolj ali manj kontinuirano naraščale. Konec 1994 se je pri številnih parame­trih to naraščanje upočasnilo ali ustavilo. Vzrok tega je v zasičenosti vode ali pa v časovno omejeni ravnovesni reakciji.

Za ugotavljanje hidrodinamičnih razmer v jamski vodi je bil izveden sledilni poizkus, kot tudi številne meritve z globino spreminjajočih se temperature, pre­vodnosti, pH in redoks potenciala. Sledilni poizkus z lisičjakovimi sporami je pokazal popolno mešanje jamske vode v manj kot petih tednih. Iz rezultatov fizi­kalnokemičnih meritev je mogoče ugotoviti meenakomerno slojevitost vodnega te­lesa. Prevladuje konvekcija ali difuzija.

Iz primerjave starejših analiz vode z današnjimi je razvidno, da ni kakšnih po­membnih razlik v kemični se­stavi danačnjih pronicajočih vod in vod nekdanjih iz­virov, ki so se oz. se iztekajo v Schlemabach in v Zwickauer Mulde.

Primerjava z izkušnjami z zalivanjem jam opisanimi v literaturi kaže, da se je v primeru rudnika Nieder­schlema/Alberoda izlivu vode močno zasičene s škodljivimi snovmi v okolje mogoče izogniti. Pri tem je potrebno vertikalne vodne povezave kolikor je mogoče preprečiti tako se med obzorji, ki jih je potrebno še določiti, namestijo pregrade. Nad odprtimi vertikalnimi povezavami, ki jih ni mogoče popol­noma hermetično zapreti, bodo pronicajoče vode ostale nad jamsko vodo, tako da kontaminirana jamska voda ne bo prišla v okolje.

3 Problemstellung

3.1 Veranlassung

Am 2. Juli 1990 wurde im Bergwerk Nie­der­schle­ma/Al­be­ro­da durch teilweises Abschalten der Gru­benwasserpumpen damit begonnen, die nur 10.179 m3 umfassende Sohle ‑1800 zu fluten. Erst ab dem 11. Januar 1991 begann mit Flutung der Sohle ‑1755 der kontrollierte Flutungsab­lauf (G. Fröhlich, pers. Mitt.), dessen Ende im Jahr 2001/2 erreicht sein wird (Bundesminister für Wirtschaft 1995, Wismut GmbH 1993a).

Während und am Ende der Flutung eines Bergwerks stellt sich die Frage nach den Auswirkun­gen des Grubenwassers auf die Hydrosphäre im engeren und weiteren Umfeld der Grube. Die Proble­matik ist dabei, daß im Falle einer falschen Vorgehensweise bei der Betriebsstillegung erhebliche Mengen umweltgefährden­der Stoffe über Jahrzehnte oder gar Jahrhunderte in die Umwelt gelan­gen können. Ne­gative Auswirkungen des Grubenwassers waren schon im 16. Jahrhundert, zu Agricolas Zeiten, bekannt (Agricola 1994), und in jüngerer Zeit hatten ver­schiedene Kongresse und Publikationen Umweltbeeinträchtigungen durch Grubenwässer zum Inhalt (Geological Survey of Sweden, Swedish University of Agricultural Sciences 1991, University of Mining and Metallurgy in Krakow 1994, International Mine Water As­sociation 1991, International Mine Water Association 1994, Veselič & Trebušak in press, Office of Water Resources Research 1975). Sauren Grubenwässern kommt dabei ge­gen­über den basischen oder neutralen die weitaus größte Bedeutung zu.

Bereits seit 1989 mußte der Bergbaubetrieb Aue auf Druck der Oberflußmeisterei (OFM) Chemnitz und der übergeordneten DDR Wasserwirtschaftsdirektion Obere Elbe/Neisse klären, mit welchen Schadstoffausträgen nach dem Ende einer kontrollierten Flutung des Berg­werks Nie­der­schle­ma/Al­be­ro­da zu rechnen ist (J. Meyer, pers. Mitt.). Vor allem galt es heraus­zufin­den, über welchen Zeit­raum hinweg welche Wasserinhaltsstoffe mit welchen Mas­sen­kon­zen­tra­ti­onen austreten werden. Zu diesem Zweck führte die SDAG Wismut verschiedene Labor­versu­che zur Uran- und Arsenlös­lichkeit an Erzproben durch. Sie begannen im Mai 1989 und Mai 1990 (SDAG Wismut 1991) und erstreckten sich jeweils auf einen Zeitraum von einem Jahr bzw. zwei Jahren (vgl. Kapitel 5.3).

Förster (1990) stellte fest, daß über den „Abbau von Uran in den Förderräumen Aue/Schlema, Ronneburg und Königstein bis heute nur wenig Zahlen veröffentlicht wurden“. Obgleich dies heute nur noch bedingt zutrifft, hat sich an seiner damals aufgezeigten Notwen­digkeit nach For­schungs­arbeiten „auf geo- und biochemischem Gebiet zum Durchdringen ablau­fender Reakti­ons­prozesse in Halden und Grubenräumen“ nichts geändert (Förster 1990). Auch Mitar­beiter des damaligen, sächsischen geologischen Landesamtes (Dr. Andreas Hartsch, pers. Mitt.) und verschiedene Mit­arbeiter der SDAG Wismut stimmten überein, daß Forschungsarbei­ten über chemische und bio­chemische Vorgänge in den offenen und gefluteten Grubenräumen dringend notwendig seien.

3.2 Sanierungskonzept der Wismut GmbH

Oberstes Betriebsziel der Wismut GmbH ist die Sanierung aller Flächen und Anlagen, die zur Er­kundung, Gewinnung und Aufbereitung von Uranerz verwendet wurden (Runge & Böttcher 1994). Dazu müssen die Gefahren, die von den Altflächen ausgehen, beseitigt oder auf ein annehmbares Niveau vermindert werden (Wismut GmbH 1994a, Gatzweiler & Mager 1993, Mager & Vels 1993). Zur Erfassung der bergbaulichen Altlasten erstellte die Wismut mehrere Sanierungskon­zepte (Mager & Vels 1993) und ein Altlastenkataster (Kaul 1991, Röhnsch & Ettenhuber 1993), das folgenden Zwecken dienen soll (Bachner et al. 1993):

- Einschätzung der Gesamtsituation
- Begründung der Notwendigkeit von Sicherungs- und Sanierungsmaßnahmen
- Unterstützung der weiteren wirtschaftlichen Entwicklung der Region durch die Eingrenzung tat­sächlich belasteter Flächen und Objekte.

Ergebnis des Altlastenkatasters war die Ausweisung von weit über 30 Verdachtsflächen, die näher untersucht werden müssen.

Ein wesentlicher Bestandteil der Sanierung ist die Umgebungsüberwachung (Gatzweiler & Mager 1993), die sich aus einem statischen und dynamischen Monitoring zusammensetzt. Während das statische Monitoring unabhängig von der Sanierung der Langzeitüberwachung des Wasser-, Bo­den- und Luftpfades dient, wird mit dem dynamischen Monitoring die Sanierung, Rekultivierung und Stillegung von Bergbauanlagen und Bergbauhalden kontrolliert. Zu ersterem gehören beispiels­weise die hydrochemische Umfelderfassung, die seismische Überwachung der Flutung im Berg­werk Nie­der­schle­ma/Al­be­ro­da oder die radiometrische Bestandsaufnahme (Kuyumcu et al. 1994), zu letzterem Staubmessungen oder hydro­che­mi­sche Untersuchungen der Flutungswässer (Wismut GmbH 1994a). Insbesondere die Frage nach der Überwachung von Wässern, die aus den Berg­werken austreten, kann zu Schwierig­keiten führen, da für die Ab­wässer aus Uranbergwerken nach wie vor keine rechtlichen Bestim­mungen bestehen (Gans 1978) und die Frage auftaucht, wie und ob die Strahlen­schutz­ver­ord­nung anzuwenden ist. Mit dem Flutungswasser werden einerseits che­motoxische Elemente, an­de­rerseits Elemente der Uranzerfallsreihe (Tab. 1) ausgetragen. Zu erste­ren zählt bei­spiels­wei­se Arsen, zu zweiteren das äußerst radio­toxische Radium 226. Aus diesem Grund werden die Ableitungen von Uran und Radium bei der Wismut GmbH besonders genau auf­gezeichnet (Abb. 1) und mit den ge­nehmigten Jahresablei­tungen verglichen. Unter Flutungswasser sollen im folgenden, in Anleh­nung an die Terminologie der Wismut GmbH, alle Wässer zusammen­gefaßt werden, die in das Grubengebäude Nie­der­schle­ma/Al­be­ro­da eindringen bzw. von dort mit­tels technischer Hilfsmit­tel (Pumpen) oder von selbst, auf natürliche Weise (Störungen, Wasserlö­sungsstollen), austre­ten.

Die Ergebnisse der Untersuchungen lassen geringfügig höhere durchschnittliche Schadstoffge­halte in den Wässern aus dem Bergwerk Nie­der­schle­ma/Al­be­ro­da erwarten, als in Gebieten, in denen keine radioaktiven Minerale vorkommen. Demnach kann das Gesamtziel der Sanierung, wie ande­renorts von ehemaligen Mitarbeitern der Wismut GmbH formuliert wurde (Kuyumcu et al. 1994), höchstens darin bestehen, Verhältnisse wiederherzustellen, die vor dem Uranabbau vorhanden waren. Eine Wasserreinigung über den geogenen Hintergrundwert hinaus ist volks­wirtschaftlich nicht zu vertreten.

Die seit 1970 gebräuchliche SI-Einheit für die Aktivität einer radioaktiven Substanz ist das nach dem Entdecker der Radioaktivität, Henri Becquerel, benannte Becquerel (Bq). 1 Bq entspricht einem Zerfall pro Sekunde und ersetzt die alte Einheit Ci (Curie), die sich auf die Aktivität eines Gramms Radium bezog und 37·109 Zerfällen pro Sekunde ent­sprach (Buttermann 1987). An­dere, in älterer Literatur gebräuchliche Einheiten für die Aktivität eines Liters Wasser, waren das Eman und die Mache Einheit (ME), zwischen denen folgender Zusammenhang besteht: 1ME = 3,64Eman = 3,64·10-10CiL‑1 = 13,468 BqL‑1 (Genser 1932).

Hinsichtlich der Jahresableitungen oder der Mas­sen­kon­zen­tra­ti­on des Urans ist dessen Chemo­toxizität, weniger die Radiotoxizität, als Maßstab für mögliche Grenzwerte anzusehen (Gans 1978).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tab. 1: Längerlebige Radionuklide der Uran-Radium-Zer­falls­reihe (aus Gans 1978).

Um die eingangs genannten Sanierungsziele erreichen zu können, sind im Sanierungsbetrieb Aue folgende Aufgaben zu erfüllen (Gatzweiler & Mager 1993):

- "Stillegung, Entsorgung und Verwahrung der Gruben entsprechend den Regelungen des Berg­gesetzes und der Strahlenschutzbestimmungen sowie die kontrollierte Flutung der Gru­ben bis zum höchstmöglichen Niveau. Dadurch sollen die ursprünglichen hydrologischen Gegebenhei­ten weitgehend wiederhergestellt werden.
- In mehreren Fällen wird es notwendig sein, nach Flutung der Gruben das austretende Gru­ben­wasser in Wasseraufbereitungsanlagen zu reinigen, wobei für die dabei anfallenden Feststoffe Deponieraum verfügbar gemacht werden muß."

Bei einer jährlichen Abgabemenge einer hypothetischen Aufbereitungsanlage von 6…7·106m3 Wasser (Wismut GmbH 1993a) müßten etwa 6.000…20.000t Feststoffe, da­von 5…23t Uran und 1…39t Arsen deponiert werden (der Berechnung sind die Mittelwerte und einfachen Stan­dard­abweichungen der Grubenwassermeßwerte vom 1.1.1991… 31.12.1994 aus dem Berg­werk Nie­der­schle­ma/Al­be­ro­da in der Tab. 28 zugrundege­legt; Zahlenwerte gerundet). Eine Depo­nie­rung und Hand­habung solcher Mengen von Ab­fallstof­fen aus einer Aufbereitungsanlage ist langfristig nicht vertretbar. Es muß somit nach Möglichkei­ten gesucht werden, durch eine ge­steu­erte Flutung auf eine Anlage ver­zichten zu können oder deren Einsatzdauer auf einen an­nehm­baren Zeitraum (10…20 Jahre) zu verkürzen.

Insgesamt wird es noch wenigstens bis ins Jahr 2003 dauern, bis die Altlasten des Uranberg­baus in Sachsen und Thüringen angemessen saniert sein werden (Gatzweiler & Mager 1993).

Das Ergebnis der Sanierungsarbeiten bis Ende 1993 ist für den Betriebsteil Schlema/Alberoda in Tab. 2 zusammengefaßt.

Sänger (1993) hat in einer Arbeit über „Flora und Vegetation im Uranbergbaure­vier Ronneburg“ folgende Forderung an die Sanierung gestellt:

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 1: Entwicklung der Uran- und Radiumableitungen des Sanierungsbetriebs Aue, Betrieb Schlema-Alberoda zwischen 1989 und 1993. Die genehmigten Jahresableitungen betragen für Uran 320 GBq bis 1990 und 230 GBq ab 1991, für Radium gelten dementsprechend 4,7 GBq und 3,7 GBq Jahresableitung (Wismut GmbH 1994a).

Tab. 2: Durchgeführte Sanierungsarbeiten im Betriebsteil Schlema/­Al­be­roda bis Ende 1993 (Wismut GmbH 1994a).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

„Die weitere Sanierung der Halden, Absetzanlagen und anderer Altlasten sollte unter Beachtung der Forderungen des Strahlenschutzes so erfolgen, daß es in der Bergbaufolgelandschaft in Zukunft gelingt, den Schutz aller natürlichen Entwicklungen und Halbkulturformationen in Offen­landschaften zu gewährleisten, denn es sollen keine Zustände konserviert, sondern Prozesse ermöglicht und deren Abläufe gewährleistet werden.“

Hinsichtlich des Haldenmaterials, dessen Gefährlichkeit in der Presse fälschlicherweise immer wieder in den Vordergrund gestellt wurde (Douglas & Kleine-Brockhoff 1991, Stamm 1993), kommt er zu dem Schluß:

„Die vorliegenden Ergebnisse tendieren dahingehend, daß die Bergehalden des Uranerzberg­baues weniger schwermetallbelastet zu sein scheinen, als bislang angenommen wurde“.

3.3 Wechselwirkungen Wasser–Gebirge–Mikroorganismen

Die Entwicklung der chemische Zusammensetzung der Sickerwässer (Infiltrationswässer) und des Grubenwassers wird im wesentlichen durch folgende Kriterien beeinflußt (z.T. nach Voigt 1990):

- Größe des thermodynamischen Ungleichgewichts
- geologische und hydrogeologische Verhältnisse
- zur Verfügung stehende Zeit
- Größe der aktiven Oberflächen
- Menge des Sickerwassers
- physikochemische Verhältnisse
- Art des Erzabbaus
- biologische Faktoren

Karrenberg (1981) faßt die Vorgänge des Wasser-Gebirge Kontakts in folgender Weise zu­sam­men:

„Das Grundwasser wird in seiner chemischen Beschaffenheit weitgehend von den Gesteinen be­stimmt, in denen es sich aufhält bzw. bewegt, vor allem durch Lösung der gesteinsbildenden Mine­ralien und selektive Ausfällung der Inhaltsstoffe in den Hohlräumen, wobei Oxidation und Reduk­tion, Sorption und Ionenaustausch eine wesentliche Rolle spielen“.

Bei der Untersuchung der hydrogeochemischen Verhältnisse im Bergwerk Nie­der­schle­ma/Al­be­ro­da müssen die Wechselwirkungen zwischen den anorganischen und organischen Prozessen mit be­rücksichtigt werden. Anders als bei Laborversuchen mit Gesteinen aus Bergerück­stän­den, ist in einem Bergwerk organisches Material vorhanden (z.B. Grubenholz, Fäkalien, Papier), das Bakte­rien und anderen niederen Organismen zusammen mit Sauerstoff zur Nährstoffge­winnung verwen­den. Da mikrobielle Aktivitäten bereits aus den unterschiedlichsten Milieus be­schrieben sind (Baas Becking et al. 1960, Nordstrom 1977), soll darauf verzichtet werden, die Prozesse eingehend darzulegen. Eine Übersicht ist im Kapitel 4.9 zu finden.

Nur die Betrachtung aller ineinandergreifenden Vorgänge und Faktoren, die auf das Flutungs­was­ser des Bergwerks Nie­der­schle­ma/Al­be­ro­da einwirken, schafft die Voraussetzung für eine Vorher­sage der künftigen Mas­sen­kon­zen­tra­ti­on verschiedener Wasserinhaltsstoffe.

3.4 Modellvorstellung und Begriffserklärung

Im Kapitel Modellvorstellung und Begriffserklärung sollen einige der häufiger gebrauchten Fach­be­griffe erklärt werden, soweit sie nicht in einschlägigen DIN-Normen erklärt sind (z.B. DIN 4049). Desweiteren soll ein stark vereinfachtes Modell des Flutungsverlaufs sowie der Vor­gänge die zur Schadstoffmobilisierung führen die komplexen Zusammen­hänge im Berg­werk Nie­der­schle­ma/Al­be­ro­da veranschaulichen (vgl. dazu Abb. 2).

Diese Vorgehensweise wurde gewählt, da die vorliegende Arbeit mehrere Fachgebiete mit un­ter­schiedlicher Fachterminologie umfaßt. Es sind dies im wesentlichen die Regionale und Histo­rische Geologie, die Hydrogeologie, die Hydrodynamik, die Ingenieurgeologie und der Bergbau. Darüber hinaus werden neue Begriffe eingeführt oder bereits bekannte Begriffe im Sinne des hier abgehan­del­ten Themas neu definiert.

Unter der Flutung eines Bergwerks ist das allmähliche Wiederansteigen des Wassers in den unter­irdi­schen Hohlräumen (Grubenbaue, Grubengebäude) nach dem Abschalten der Wasser­pumpen im Bergwerk (Grubenwasserhaltung) zu verstehen. Dabei steigt das Wasser in den mehr oder we­niger vertikalen (Schächte), den horizontalen (Sohlen) und den abbaubedingten (Überhauen, Ab­bauörter) Grubenbauen an. Im Bergwerk Nie­der­schle­ma/Al­be­ro­da sickern die Wässer (Infiltrationswasser, geologische Wässer, meteorische Wässer) hauptsächlich durch die Lockerge­steinsdecke und die Verwitterungszone in das Grubengebäude hinein. Dort fließen sie über die Sohlen, Schächte sowie Rohrleitungen der Grubenwasserhaltung bis zum ansteigen­den Wasser hinab und erhöhen den Was­serspiegel. Die Flutung ist abgeschlossen, sobald das Wasser die tiefste Sohle überflutet, die mit der Oberfläche (Übertage) in Kontakt steht (Wasserlösungsstollen) oder aber ein Wasserstand erreicht ist, ab dem das Wasser nach über­tage gepumpt werden kann.

Alle Wässer, die dem Grubengebäude zufließen, sich dort befinden oder aus ihm austreten, werden in dieser Arbeit als Flutungswasser bezeichnet.

Folgende Modellvorstellung für das hydrodynamische Verhalten des Flutungswassers im Gru­ben­ge­bäude wird zugrunde gelegt: In den Schächten strömt, bedingt durch Dichteunterschiede (Dichteströmung, Freie Konvektion) leichteres Wasser nach oben, bis es auf eine Dichtegrenze (Grenzschicht) trifft, die es nicht überwinden kann. Da die nach oben abnehmende Temperatur an den ausbetonierten Schachtwänden vermutlich den wesentlichsten Beitrag zu Dichteunter­schieden leistet, wird das an der Dichtegrenze abgekühlte Wasser nach seiner Abkühlung in der Schacht­mitte absinken.

Sobald es beim Absinken im Schacht wieder eine gewisse Temperatur, somit Dichte, erreicht hat, beginnt der Kreislauf von neuem (Konvektionswalze). Eine aufgezwungene Konvektion, die durch aktives Einleiten von Wasser hervorgerufen würde, ist als Antrieb der großräumigen Kon­vektion nicht wahrscheinlich. Ebenso ist eine laminare Konvektion unwahrscheinlich, da die Schachtein­bauten und die Betonrauhigkeit diese verhindern.

Sobald das Wasser in zwei oder mehr Schächten über eine oder mehrere Sohlen miteinander ver­bunden ist, können sich offene oder geschlossene Konvektionskreisläufe einstellen, bei de­nen der Schacht als Thermosyphon fungiert. Folge wäre eine vollständige Durchmischung des Wassers in­nerhalb der miteinander verbundenen Grubenbereiche.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 2: Darstellung der prinzipiellen Vorgänge bei der Flutung des Bergwerks Nie­der­schle­ma/Al­be­ro­da. Wichtige Begriffe sind im Bild dargestellt.

Ein Thermosyphon ist ein vollständig oder teilweise umschlossener Flüssigkeitskreislauf, den tem­peraturbedingte Dichteströmung antreibt (Gebhart et al. 1988).

Unter den Begriffen Sickerwässer, Intermediäre Wässer und Grubenwasser werden Flutungs­wäs­ser verstanden, die sich in ihren chemischen Eigenschaften signifikant unterscheiden. Zu deren Unter­scheidung wird ein neuer Begriff eingeführt, der lagerstättenspezifische Grenz­quoti­ent. Jeder der drei chemisch unterschiedlichen Wassertypen kann räumlich einem Berg­werks­bereich zuge­ordnet wer­den. Sickerwässer sind zumeist Wässer, die sich oberhalb des Flu­tungswasserspiegels aufhalten. Intermediäre Wässer finden sich in Schächten oder Schacht­sümpfen die nicht mit dem ansteigenden Flutungswasser in Kontakt stehen. Gruben­wasser schließlich ist das Wasser des zusammenhängen­den Flutungswasserkörpers.

Bei der Stoffmobilisierung wird folgende Modellvorstellung zugrunde gelegt: in den offenen Gru­ben­bauen konnte feuchte, sauerstoffhaltige Luft (Grubenwetter) während der zurückliegenden maximal 50 Jahre die Minerale an den freiliegenden Oberflächen verwittern. Dabei nimmt die Menge der oxi­dierten Mineralphasen in Abhängigkeit von der Menge der Primärminerale und dem Alter des Gru­benbaues zu. Das ansteigende Flutungswasser löst die oxidierten und nicht oxidierten Feststoff­pha­sen, wodurch es zur Erhöhung der Massen­konzen­trationen im Flutungs­wasser kommt. Da die Menge der verfügbaren Stoffe von der Kontaktzeit mit den Grubenwet­tern und dem Anreicherungs­grad im Gestein abhängt, werden die Massen­konzentrationen der gelösten Spezies im Grubenwas­ser wäh­rend des Flutungsverlaufs nicht konstant bleiben.

Zur Berechnung der chemisch-thermodynamischen Verhältnisse im Flutungswasser wurde das geochemische Computermodell WATEQ4F (Version 2.0 vom 30.10.91) mit dem Standard­daten­satz eingesetzt. Dieser thermodynamische Datensatz stellt eine Anzahl von Phasen (Bereich eines Systems mit homogenen chemischen und physikalischen Eigenschaften) und Reaktionen zur Ver­fügung, mit deren Hilfe sich unter anderem die Verteilung der chemischen Spezies (Zustandsform eines Moleküls oder Ions in einer Lösung) berechnen läßt.

3.5 Zielsetzung und Lösungsansatz

Das Ziel der vorliegenden Arbeit ist es, eine Möglichkeit zu finden, um nach Flutungsende den Schadstoffaustrag aus dem Grubengebäude in die Umwelt so gering wie möglich zu halten. Hierfür ist es notwendig, die folgenden Themenkomplexe zu klären:

- zeitliche Änderung der Mas­sen­kon­zen­tra­ti­on unterschiedlicher Wasserinhaltsstoffe in den Sickerwässern und dem Grubenwasser
- Pufferkapazität des Grubenwassers
- bestimmende Reaktionen
- maximal verfügbare Kationen/Anionen.

Dazu wurden unterschiedliche Daten verwendet, die entweder im Rahmen dieser Arbeit (TUC) oder von der Wismut GmbH (Wismut) gewonnen wurden:

- Wasseranalysen zwischen Januar 1991 und Dezember 1994 (Wismut, TUC)
- Tracerversuch mit Lycopodium clavatum (TUC)
- Temperaturmessungen in mehreren Schächten (TUC, Wismut)
- Physikochemische Messung in mehreren Schächten (Wismut, TUC)
- Verteilung der Gesteine im Grubenfeld (TUC)
- regionale Clarke-Werte für die Lagerstätte (Wismut).

Die Untersuchungen sollen der Wismut GmbH und den zuständigen Bundes- und Landesbe­hörden eine Arbeitsgrundlage zu der künftigen hydrogeochemischen Entwicklung des Gruben­wassers lie­fern. Damit können sie Entscheidungen für mittel- und langfristige Sicherungs­inve­sti­tionen am Uranbergwerk Niederschlema/Alberoda treffen.

Folgendermaßen gestaltet sich der Aufbau dieser Arbeit (Kapitelnummern in Klammern):

Da es nach wie vor wenig Gesamtdarstellungen über das geologische Umfeld des Uranberg­werks Niederschlema/Alberoda gibt, steht am Anfang der Arbeit eine Darstellung der geolo­gi­schen Ver­hältnisse sowie der Lagerstätte selbst (4). Um zu verstehen, wie es zur Entwicklung der heutigen Wismut GmbH mit deren vielfältigen Problemen kam, ist ein geschichtlicher Abriß ent­halten (4.4). Einen Schwerpunkt bildet die Beschreibung der hydrogeolo­gischen Situation im Lager­stättenumfeld vor dem Bergbau durch die SDAG Wismut (4.7). Eine Zusammenfassung der mikrobiellen Aktivi­täten und der Verwitterungspro­zesse in einem Bergwerk soll verdeutli­chen, wie die Stoffmobilisation in das Grubenwasser abläuft (4.8, 4.9).

Diese Zusammenfassung bildet den Übergang zum Kapitel über die Hydrogeochemie des Urans, Arsens und Radi­ums als wichtigste Schadstoffe im Bergwerk Niederschlema/Alberoda (5). Es soll einen Ver­gleich zwischen der Situation in der Region Niederschlema/Alberoda und anderen Regio­nen der Welt ermöglichen, sowie das hydro­geochemische Verhalten dieser Ele­mente aufzeigen. Mit den Ergebnissen der Säulenversu­che („Kolonnenversuch“: Versuch zur Stofffreisetzung) soll zum Kapitel über die empirischen Untersuchungen und der tatsächlichen Situation im Berg­werk übergeleitet werden (5.3).

Eine Zweiteilung liegt den hydrogeochemischen Untersuchungen zugrunde. Im Aus­wer­tungsteil wird das Datenmaterial im wesentlichen mathematisch-statistisch beurteilt (6.3). Zur Prog­nose der künftigen Schadstoffent­wicklung wurde das Nettoneutralisationspotential be­stimmt (6.3.4.2). Dann wird durch chemisch-thermodynamische Gleichgewichtsbe­rechnungen das hydro­geochemische Milieu charakterisiert, um zu Aussagen über die gleichge­wichtsbe­stimmenden Re­aktionen zu ge­langen (6.4).

Im Kapitel über die Untersuchungen zur Hydrodynamik sind die umfangreichen physikochemi­schen Messun­gen zusammenfassend dargestellt (7). Gemeinsam mit diesen Ergebnissen und denen einer Literaturrecherche zur Flutung von Berg­werken wird eine Modellvorstellung der hydrodynami­schen Vorgänge im Bergwerks entwickelt (7.6).

Im letzen Kapitel schließlich werden die maximalen Schadstofffrachten berechnet, die durch hydro­geochemische Vorgänge gelöst und durch hydrodynamische Vorgänge transpor­tiert wer­den kön­nen (8).

Das Ende der Arbeit bilden Überlegungen zu den hydrogeochemisch-hydro­dy­na­mischen Vor­gän­gen im Berg­werk und die Frage nach der Notwendigkeit einer Wasser­auf­be­reitungsanlage (9).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 3: Schacht 371 („Hartenstein“) des Bergwerks Nie­der­schle­ma/Al­be­ro­da im Tal der Zwickauer Mulde am 4. Januar 1991.

4 Lagerstätte Nie­der­schle­ma/Al­be­ro­da

4.1 Einführung

Ohne die Kenntnis der geologischen Zusammenhänge, die zur Mineralbildung in den Gesteinen einer Erzlagerstätte oder in einem Erzgang führen, ist es nicht möglich, hydrogeochemische Vor­gänge hinreichend genau zu deuten. Aus diesem Grund steht am Anfang der hydro­geochemischen und hydrodynamischen Untersuchungen des Flutungsablaufs eine Zusam­menstellung der Umfeld­geologie des Bergwerks Nie­der­schle­ma/Al­be­ro­da.

Eine Freisetzung von Stoffen durch das Flutungswasser wäre ohne Verwitterungsvorgänge in den offenen Grubenbauen nicht in dem beschriebenen Ausmaß möglich. Da die Disulfidoxida­tion eine Schlüsselrolle bei dieser Freisetzung einnimmt, werden sie und die katalytisch wirken­den mikro­biellen Vorgängen ebenfalls in diesem Kapitel dargestellt.

4.2 Geographische Lage

Der Hauptschacht des Bergwerks Nie­der­schle­ma/Al­be­ro­da, Schacht 371 (Abb. 3), liegt im Frei­staat Sachsen, 28 km südwestlich von Chemnitz, zwischen den erzgebirgischen Orten Harten­stein und Aue auf 365,2mNN (Abb. 4, Abb. 10). Im Norden reicht das 22 km2 große Meß­ge­biet des Wismut Umweltkatasters bis nahe an Hartenstein, im Osten an Lößnitz, im Südosten an Aue und im Süd­westen an Schneeberg heran. Innerhalb der Fläche liegen Alberoda, Schlema sowie Teile von Wildbad, Niederlößnitz, Aue und Schneeberg.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 4: Übersichtskarte Sachsens mit den wichtigsten Uranerzlagerstätten und der Lage von Schacht 371 des Bergwerks Nie­der­schle­ma/Al­be­ro­da. Zusätzlich die Standorte der Erzaufbereitungen See­lingstädt und Crossen sowie des Tagebaus bei Ronneburg.

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Abb. 5: Stark vereinfachtes und schematisiertes Raumbild der Lagerstätte Nie­der­schle­ma/Al­be­ro­da mit Sohlen und den im Text erwähnten Schächten (zusammengestellt nach Angaben der Wismut GmbH). Die Sohlen über dem Markus-Semmler-Stollen sind nur angedeutet.

Der höchste Punkt ist mit 532,4 mNN die Halde 310 zwischen Schneeberg und Wildbad, der tiefste mit 312,4 mNN die Stelle, an der die Zwickauer Mulde im Norden das Meßgebiet ver­läßt. Von Sü­den nach Norden durchfließt die Zwickauer Mulde, der mehrere kleine Bäche zu­fließen (vgl. Kapitel 4.9), das Arbeitsgebiet.

4.3 Grubengebäude

Während der aktiven Bergbauperiode wurden in der Lagerstätte Nie­der­schle­ma/Al­be­ro­da (Objekt 9) und Oberschlema (Objekt 2) 50Hauptsohlen aufgefahren, deren Namen sich von der durch­schnittlichen Teufe unter dem Niveau des 1503 angefahrenen Markus-Semmler-Stollens ableiten (ursprünglich Marx Semler Stollen, nach einem Leipziger Gewerken des 16. Jahrhun­derts; unein­heitliche Schreibweise z.B. in: Schiffner 1908, Schiffner & Weidig 1909, Schiffner et al. 1911, Weidig 1912, Genser 1932, Genser 1933, Wagenbreth 1990). Bis zur Sohle ‑540 betrug der durchschnittliche Sohlabstand 30m, darunter, bis zur Sohle ‑1800, wurde im Abstand von 45m gebaut (Abb. 5). Zusätzliche Wettersohlen befinden bzw. befanden sich auf den Sohlen ‑1626, ‑1356, ‑1266, ‑1176, ‑1086, ‑996, ‑906, ‑816 und ‑546. Eine weitere Ein­teilung des Grubengebäu­des untergliedert in sechs Kaskaden, die jeweils von zwei Hauptförder­sohlen begrenzt sind (Tab. 60).

Der Abbau erfolgte im Firstenstoßbau mit Versatz (Lange et al. 1991, Büder & Schuppan 1992) mittels Überhauen und Steigorten von den Querschlägen und Feldstrecken aus (Abb. 6), wo­durch insgesamt etwa 4150km Strecken aufgefahren wurden (Büder & Schuppan 1992). Über den flut­baren Hohlraum liegen unterschiedliche Angaben vor, die zwischen 35,6 und 49,4Miom3 schwan­ken (Tab. 3).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 6: Übersichtsriß der Sohle ‑990 des Bergwerks Nie­der­schle­ma/Al­be­ro­da nach Betriebsunterlagen der Wismut. Stand 1. Oktober 1986 mit teilweisen Nachträgen bis 1. Mai 1990. tektonische Elemente verändert nach Büder & Schuppan 1992. Qu: Querschlag, F-Str: Feldstrecke. Der Abbau erfolgte im Firstenstoßbau mit Versatz (Lange et al. 1991, Büder & Schuppan 1992) mittels Überhauen und Steigorten von den Querschlägen und Feldstrecken aus (Abb. 6), wo­durch insgesamt etwa 4150km Strecken aufgefahren wurden (Büder & Schuppan 1992). Über den flut­baren Hohlraum liegen unterschiedliche Angaben vor, die zwischen 35,6 und 49,4Miom3 schwan­ken (Tab. 3).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Tab. 3: Offener Hohlraum der Bergwerke Nie­der­schle­ma/Al­be­ro­da und Ober­schle­ma nach verschiedenen Quellen zwi­schen der Sohle ‑1800 und dem Ni­veau des Markus-Semmler-Stollens.

In dem Wert aus der Dienstsache 4.0.28/254 (Tab. 60) ist ein Volumen von »9…10Miom3 Rest­hohl­raum des Betriebs Oberschlema enthalten, der aus Angaben des Jahres 1983 stammt. Ver­mut­lich läßt sich die Differenz zu den angegebenen 35,6Miom3 daraus erklären, daß der Resthohl­raum Oberschlema erst 1993/94 genauer bestimmt wurde. Er beträgt demnach etwa 6,6Miom3. Den Berechnungen in dieser Arbeit liegt ein Volumen von 36 Mio m3 Flutungs­was­ser zugrunde.

4.4 Geschichtliche Entwicklung

4.4.1 Vom Eichenwald zum Erzgebirge

Als 1990 der Uranerzbergbau bei Aue und Pöhla endete, fand das fünfte „Bergkgeschrey“ im Erz­gebirge seinen Abschluß. Vorausgegangen waren Bergbauperioden in der Frühgeschichte, dem Mittelalter, der Renaissance und zur Zeit der industriellen Revolution (Beeger et al. 1988).

Für den frühgeschichtlichen Bergbau gibt es zwar keine schriftlichen oder archäologischen Be­lege (Böttcher et al. 1991), doch deuten neueste geochemische Untersuchungen im Bereich der Roten Weißeritz auf einen Bergbau um 1100 v. Chr. (!) hin (J. Matschullat, pers. Mitt.).

Im Jahre 1168 wurde bei Christiansdorf erstmals Silber gefunden und wenig später entstand dort das heutige Freiberg. Es war Silber, das dem „Ferguna“ oder „Miriquidi“, dem Eichen- oder Dun­kelwald (Böttcher et al. 1991), seinen Reichtum verlieh und schließlich zum Namen Erz­gebirge führte. Durch das Vordringen der Gruben in immer größere Teufen traten technische Probleme auf, die im 13.…14.Jahrhundert, einhergehend mit Kriegen, sozialen Unruhen und einer Pestepede­mie, schließlich zum Niedergang des mittelalterlichen Bergbaus im Erzgebirge führten.

Schon 1471 begann bei Zwickau und Schneeberg eine neue Bergbauperiode, als Bergleute bei der Suche nach Erzen auf reiche Silbervorkommen stießen. Innerhalb weniger Jahrzehnte ent­standen neue Bergstädte, und die Erfindung neuer Bergbautechniken führte zu einem bis dahin nicht be­kannten Reichtum. Als die reichen Silbervorräte der Oxidation- und Zementationszone mit zuneh­mender Teufe abnahmen, begann in weiten Teilen des Erzgebirges erneut ein Gru­bensterben. Auch die Folgen des 30jährigen Krieges und zu wenig Geld für dringend notwen­dige Wasser­bauanlagen führten zu einem Ende dieser Periode. Nur im Schneeberger Gebiet sorgten Kobalt-, Nickel- und Wismuterze dafür, daß der Bergbau nicht völlig zum Erliegen kam.

Mit der Gründung der Bergakademie Freiberg im Jahr 1765 setzte ein erneuter Aufschwung im erzgebirgischen Bergbau ein. Hauptsächlich Silber, Kobalt, Nickel, Eisen und Wismut waren das Ziel der neuerlichen Aktivitäten. Darüber hinaus wurden in dieser Zeit Wolfram und das 1789 von Klapproth entdeckte Uran gewonnen (Kirchheimer 1978).

Um die Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert waren die Vorräte im wirtschaftlich erreichbaren Teufenbereich erschöpft, und es begann schrittweise die 1913 beendete Stillegung der erzge­birgi­schen Silberbergbaue (Beeger et al. 1988).

Den Autarkiebestrebungen des 3.Reiches und der nachfolgenden SED-Diktatur entstammt die vorerst letzte Bergbauperiode des Erzgebirges. Zwischen 1937 und 1990 wurden Blei-, Zink-, Zinn- und Uranerze an verschiedenen Stellen des Erzgebirges gewonnen, und die Fördermen­gen über­stiegen bei allen Erzen die Summe der vorherigen Abbauperioden. Bei den Uranerzen war das Erzgebirge sogar der drittgrößte Produzent der Welt (Bundesminister für Wirtschaft 1993).

4.4.2 Von der AG Wismut zur Wismut GmbH

Schon bevor Otto Hahn und Fritz Strassmann im Dezember 1938 die Kernspaltung entdeckten (Kirchheimer 1978), wurden im Erzgebirge Uranerze für technische Prozesse und zur Far­ben­her­stellung gewonnen. Der Hauptfundort für Uranerze war St. Joachimsthal (Jáchimov) in Böh­men. Vor allem, nachdem P. Curie, M. Curie und G. Bémont im Jahre 1898 das Radium ge­funden hat­ten, kam es im Erzgebirge zu verstärkter Uranerzförderung (Kirchheimer 1978). Verglichen mit den Mengen, die nach 1945 abgesetzt werden konnten (ca. 100.000t metalli­sches Uran) waren diese mit etwa 1000t jedoch gering (zusammengestellt nach Kirchheimer 1978, Böttcher et al. 1991 und Schiffner 1908). Im Herbst 1945 erkunde­ten sowjetische Geologen, unterstützt von den Pro­fessoren Oscar Oelsner und Adolf Watznauer von der Berg­akademie Freiberg (Schüttmann 1992) bei der Sachsenerz-Berg­werks AG das Potential der Uranvorkommen, und im Frühjahr 1946 wurde unter der Feldpost­nummer 27304 der Roten Armee die AG Wismut gegründet (Böttcher et al. 1991, Karlsch 1993). Inwieweit Stalin im Februar 1945 auf Jalta über die Uranvorkommen des Erzgebirges unterrichtet war, muß vorerst noch historische Spekulation blei­ben (Schüttmann 1992, Paul 1991). Angesichts der umfang­rei­chen, bis 1945 erschienenen Literatur über erzgebirgische Uran­vorkommen (Kirch­heimer 1978), darf diese Möglichkeit jedoch nicht vernachlässigt werden. Von amerikanischer Seite scheint das Potential an vorhandenem Uranerz gering eingeschätzt wor­den zu sein, wie Paul (1991) herzuleiten versucht. Die Vermutung von Karlsch (1993), derzufolge den Amerikanern die „sächsischen und thüringischen Uranvorkommen in groben Umrissen durch­aus bekannt gewesen“ seien, ist durch Bain (1950) zu widerlegen, der noch 1950 schreibt:

„The entire Erzgebirge region had about 1000tons of recoverable U3O8 of industrial grade at the start of mining. Exploitation without regard to cost might raise the amount by 50percent.“

Durch die SAG Wismut (Sowjetische Aktiengesellschaft Wismut), deren Verwaltung seit dem 30.5.1947 aufgrund des Befehls 131 der sowjetischen Militäradministration vollständig in sowje­tischer Hand lag, wurde die Region um Aue, Schlema, Schneeberg und Johanngeorgenstadt grundlegend verändert (Karlsch 1993). An den unterschiedlichsten Stellen entstanden Schächte, die in Aue und Schlema, anfänglich vom Niveau des Markus-Semmler-Stollens aus­gehend, das Gebirge erkundeten und von denen aus Pechblende gefördert wurde.

Die SAG Wismut, ein Staat im Staat, wurde am 1.1.1954 in die SDAG Wismut (Sowjetisch-Deut­sche Aktiengesellschaft Wismut) umgewandelt und mit einem Gesamtkapital von zweiMilliarden Mark jeweils zur Hälfte Eigentum der DDR und UdSSR. Nach wie vor bestand die Verpflichtung, den gesamten Yellow Cake (Ammoniumdiuranat: (NH4)2U2O7) an die UdSSR zu liefern. Neben der Uranförderung im Erzgebirge kamen in den Folgejahren Bergbaubetriebe bei Dresden, Königstein in der sächsischen Schweiz und Ronneburg in Thüringen hinzu (Abb. 4). Dar­über hinaus entstand 1960 die Uranerzaufbereitungsanlage in Seelingstädt, in der bis 1991 etwa 110Millionen Tonnen Erz verarbeitet wurden (Wismut GmbH 1994b).

Für den Bergbau der SDAG Wismut begann am 31.12.1989 das Ende (Böttcher et al. 1991), was sich in den Produktionszahlen von Yellow Cake widerspiegelt (Abb. 7). Neben den Um­weltschä­den infolge des Abbaus waren die unwirtschaftlich hohen Produkti­onskosten für das Schließen der Bergwerke verantwortlich. Lagen sie in den 60er Jahren noch bei 100,-- DDR-Mark/kg, so erreich­ten sie zuletzt 350,-- DDR-Mark/kg Uranerz (Anonym 1993).

Infolge der deutschen Wiedervereinigung vom 3.10.1990 gingen die Anteile der DDR in das Eigen­tum des Bundeswirtschaftsministeriums über. Zwischen dem 3.10.1990 und 20.12.1991 bezeich­nete sich die SDAG Wismut, ohne eine rechtliche Grundlage, als Wismut AG. Am 20.12.1991 wurde die SDAG Wismut durch das Wismutgesetz vom 17.12.1991 zur Wismut GmbH. Vorausge­gangen waren Verhandlungen mit der UdSSR, die am 16.5.1991 zur Unter­zeichnung des deutsch-sowjetischen Regierungsabkommens führten und die Übernahme der sowjetischen Anteile der Wismut durch die Bundesrepublik regelte. Darin verpflichtete sich die UdSSR zum Verzicht auf ihre Aktienanteile und wurde im Gegenzug von der Sanierungspflicht entbunden.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 7: Jahresproduktion von Yellow Cake durch die SDAG/GmbH Wismut zwischen den Jahren 1984 und 1993 (nach American Bureau of metal Statistics 1994, Anonym 1993, Barthel 1993).

Einen vorläufigen Abschluß in der Entwicklung der Wismut stellt die Trennung der Nebenbe­triebe (Wismut II) vom eigentlichen Bergbaubetrieb (Wismut I) dar. Während erstere seit 1. Ja­nuar 1992 als DFA (Deutsche Fertigungs- und Anlagenbau GmbH) firmieren, behielten die zu Sanierungsbe­trieben umbenannten Bergbaubetriebe in Ronneburg, Königstein, Aue und Seeling­städt den Namen Wismut GmbH bei (Bundesminister für Wirtschaft 1993). Sie ha­ben die Aufgabe, langfristig alle Wismutbetriebe stillzulegen, zu verwahren und Altlasten zu sa­nieren (Friedrich-Ebert-Stiftung 1992, Bundesminister für Wirtschaft 1992, Runge & Böttcher 1994). Am 1.Januar1994 wurde die Sparte Consulting Engineering aus der DFA ausgegliedert und unter dem Namen C&E (Consulting & Engineering) privatisiert (Dr. Runge 1995, pers. Mitt).

Ein Teil des Sanierungsbetriebes Aue, zu dem auch die Lagerstätte Pöhla-Tellerhäuser gehört, ist die Uranlagerstätte Nie­der­schle­ma/Al­be­ro­da, 28km südwestlich Chemnitz’.

4.5 Geologische Verhältnisse

4.5.1 Regionalgeologische Übersicht

4.5.1.1 Gebietsabgrenzung

Das Erzgebirge (Krušné hory), eine Pultscholle, in dem sich die Lagerstätte Nie­der­schle­ma/Al­be­ro­da befindet, gehört zum Sächsisch-Thüringischen Grundgebirge des Böhmischen Massivs (Dorn et al. 1992). Zusammen mit dem Nordostbayerischen Grundgebirge bildet das Säch­sisch-Thüringi­sche Grundgebirge das Saxothuringikum im engeren Sinne. Kossmat (1927) faßte den Begriff weiter und zählte zum Saxothuringikum das gesamte Gebiet zwischen dem Moldanubikum im Sü­den und dem nördlich gelegenen Rhenoherzynikum. Eine vereinfachte Gliederung unterteilt das Saxothuringikum in eine Synklinal- und zwei Antiklinalzonen. Erstere wird durch den thüringischen Trog (Frankenwälder Paläozoikum) gebildet, zu letzteren gehören die Mitteldeutsche Kristallin­schwelle (z.B. Odenwald, Spessart) und die Fichtelgebirgs-Erzge­birgs-Antikline.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 8: Strukturgeologische Übersichtskarte des Erzgebirges (z. T. verändert aus Lorenz & Hoth 1990).

Im Nordwesten wird das Erzgebirge von der variscischen Molasse des Erzgebirgischen Beckens begrenzt und im Nordosten durch die Mittelsächsische Störung (Pietzsch 1951), an die der Westrand der Elbtalzone und die Sächsische Kreidesenke anschließen (Abb. 8). Südöstlich des Erzge­birges befindet sich, getrennt durch den Erzgebirgsabbruch, die Böhmische Krei­desenke mit dem tertiären Eger-Graben und im Südwesten, mit unscharfem Übergang, schließ­lich das Vogtland (Dorn et al. 1992, Pietzsch 1962). Die höchsten Erhebungen sind auf böhmi­schem Gebiet der Keilberg (Klinovec) mit 1244mNN und auf sächsischem der Fichtelberg mit 1214mNN (Pietzsch 1962).

Das Gebirge ist Teil der SW—NE verlaufenden Fichtelgebirgs-Erzgebirgs-Antiklinalzone. Dort strei­chen mesozonale Ortho- und Paragneise aus, die von alt- und jungvariscischen Granitoiden durch­setzt werden.

Eine weitere Unterteilung erfolgt in das morphologisch weniger stark gegliederte Osterzgebirge und das stärker gegliederte Westerzgebirge (Hentschel & Scheffler 1991), deren Grenze die NNW—SSE verlaufende Flöhazone zwischen Deutschneudorf und Flöha bildet.

Die lithostratigraphische Bearbeitung des Erzgebirges ist noch nicht bis ins Detail abgeschlos­sen (Lorenz & Hoth 1990), und somit ist eine Gesamtdarstellung des Bearbeitungsraumes auf lithostratigraphischer Grundlage nicht vorhanden. Auch der „Grundriß der Geologie der Deut­schen Demokratischen Republik“ (Zentrales Geologisches Institut 1968) beruht auf der überholten lithologischen Gliederung des Präkambriums und Kambriums, daher wurde nur wo es nicht zu um­gehen war, auf den „Grundriß“ zurückgegriffen. Dennoch soll im folgenden versucht werden, den regionalgeologischen Rahmen auf lithostratigraphischer Basis darzustellen. Zur Beschrei­bung der lithologischen Verhältnisse für die Zeit vom Präkambrium bis zum Ordovizium wird auf das Werk von Pietzsch (1962) zurückgegriffen, das mittels neuerer Einzeldarstellungen (Lorenz & Hoth 1990, Lorenz 1979, Hoth et al. 1979) und Übersichtsarbeiten (Mrna & Sattran 1980, Zen­tralinstitut für Physik der Erde 1989), darunter aus dem thüringischen Raum (Hoppe & Seidel 1974), in die bisher bekannten und benannten Gruppen und Folgen eingegliedert wurde (Lorenz & Hoth 1990).

4.5.1.2 Präkambrium

Die ältesten Gesteine des Erzgebirges sind im Osterzgebirge aufgeschlossen. Sie werden vom Liegenden zum Hangenden zusammengefaßt zur Osterzgebirgs Gruppe, der Preßnitz Gruppe und der Niederschlag Gruppe (Tab. 4).

Die Osterzgebirgs Gruppe beginnt mit Biotit-Orthoklas-Plagioklas-Gneisen der Freiberg Folge, wor­auf die Gneise, Glimmerschiefer und der Quarzit der Brand Folge sowie die Gneise der Annaberg-Wegefarth Folge folgen.

Konkordant schließen z.T. pyritführende Metagrauwacken, Metakonglomerate und Metabasite der Reischdorf Folge sowie teilweise metavulkanische Karbonat-Skarn-Horizonte und Muskovit-Gneise der Kupferberg Folge an, die beide der Preßnitz Gruppe zugerechnet werden.

Für die Rotgneise (Orthogneise granitischer bis granodioritischer Zusammensetzung) in den Ge­steinen der Preßnitz Gruppe wird ein prävariscisches Alter angenom­men. Vermutlich began­nen die Intrusionen, deren Hauptzentren die heutigen Gneise von Sayda und Katharinenberg waren, am Ende des Präkambriums und reichten bis in das Ordovizium hinein.

Die Niederschlag Gruppe besteht größtenteils aus metamorphen Siltsteinen und Grauwacken der liegenden Schmiedeberg- und hangenden Kunnerstein Folge, die in das Wendium (oberes spätes Proterozoikum) eingestuft werden (Hohl 1985).

4.5.1.3 Kambrium

Das im mittleren und westlichen Erzgebirge aufgeschlossene Kambrium wird in drei Gruppen ge­gliedert: die Keilberg Gruppe (±Unterkambrium), Joachimsthal Gruppe (±Mittelkambrium) und Thum Gruppe (±Oberkambrium). Charakteristische Gesteine der Keilberg Gruppe, die wie­derum in die Raschau‑, Obermittweida- und Fichtelberg Folge unterteilt wird, sind Karbonatge­steine. In diese eingeschaltet sind lokal unterschiedliche Anteile von Quarz- und Granat-Glim­merschiefern, die zusammen mit Metagrauwacken, Metakonglomeraten und Metabasiten vor­kommen. An der Basis der Raschau Folge findet sich eine Transgression mit einer zeitlich nicht näher bestimmbaren Schichtlücke zwischen Kunnerstein- und Raschau Folge (Hohl 1985). Sie weist möglicherweise auf eine Faltung und Heraushebung der präkambrischen Gesteine hin. Hauptbestandteil der Fichtel­berg Folge ist eine quarzitische Gesteinsabfolge.

Die Joachimsthal Gruppe gliedert sich in Grießbach- und Breitenbrunn Folge. Ihnen sind gra­phitfüh­rende Glimmerschieferhorizonte, Metabasite und Karbonathorizonte eigen, während Quarzite und Metagrauwacken deutlich zurücktreten. Darüber hinaus sind Zweiglimmergneise mit Feldspatbla­sten häufig in vorgenannte Gesteine eingeschaltet.

Einen ähnlichen Gesteinsinhalt weist die Thum Gruppe auf, die in Herold- und Halbmeiler Folge gegliedert wird. Ihr fehlen jedoch die Zweiglimmergneise der Joachimsthal Gruppe.

Das fast vollständige Fehlen von kambrischen Gesteinen im Osterzgebirge wird auf dessen Schwellenlage während dieser Zeit zurückgeführt (Dorn et al. 1992).

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Tab. 4: Lithostratigraphische Einheiten des Erzgebirges. c: Konglomerate, gf: graphitfüh­rend, gsf: Glim­merschiefer, k: Karbonate, mb: Metabasite, mc: Meta­konglomerate, mg: Metagrauwacken, mugn: Mus­kovitgneise, ogn: Orthogneise, pgn: Paragneise, py: alle py­ritführend, q: Quarzite (nach Lorenz & Hoth 1990, Zentralinstitut für Physik der Erde 1989, Lorenz 1979, Hoth et al. 1979).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

4.5.1.4 Ordovizium

Zur Zeit des Ordoviziums, das ohne eine Schichtlücke zum Kambrium beginnt (Pietzsch 1962), gerät das heutige Erzgebirge in den Einflußbereich der Thüringischen Fazies (Dorn et al. 1992, Hohl 1985). Diese besteht vorwiegend aus klastischen, terrestrischen Gesteinen, die in einem Becken abgelagert wurden. Bereits Anfang des Jahrhunderts konnten die ordovizischen Ge­steine im Vogtland stratigraphisch gegliedert werden (Graupner 1928/29, Jaeger 1959, Gaertner 1944). Obgleich im Erzgebirge nicht alle Schichtenfolgen des Vogtlands vorhanden sind (Pietzsch 1962), gilt die Gliederung im wesentlichen auch für die ordovizischen Gesteine des Erzgebirges (Brinkmann & Zeil 1986).

Im Liegenden beginnt das Ordovizium mit der Schwarzburg Gruppe, die aus Phylliten, Quarziten und Tonschiefern der Frauenbach Folge sowie Phylliten und Quarziten der Phycoden Folge be­steht. Es endet im Hangenden mit den lithostratigraphischen Schichtgliedern Griffelschiefer, Haupt­quarzit und Lederschiefer der Gräfenthal Gruppe, die aus Tonschiefern, Quarziten, Geröll­tonschie­fern und mehreren Eisenerzhorizonten bestehen.

4.5.1.5 Silur

Im Silur kam es anfänglich zur Ablagerung von tonig-kieseligen Abfolgen, die gegen Ende (etwa ab Wenlockium) in karbonatreichere Abfolgen mit Diabasen übergehen (Hohl 1985). Wiederum be­steht zwischen den erzgebirgischen und den vogtländischen Verhältnissen eine große Ähn­lichkeit (Dorn et al. 1992, Pietzsch 1962). Gegenüber anderen europäischen Gebieten, in de­nen zwischen Ordovizium und Silur eine Schichtlücke vorhanden ist (Brinkmann & Zeil 1986, Hohl 1985), kön­nen die im Vogtland und Erzgebirge gefundenen Schichtlücken nur lokal nach­gewiesen werden (Pietzsch 1962). Allgemein darf für das Erzgebirge von einer kontinuierlichen Sedimentation vom Ordovizium bis ins Devon ausgegangen werden (Brinkmann & Zeil 1986).

Das Silur wird in die Unteren Graptolithenschiefer, die Ockerkalkgruppe und die ins Devon überlei­tenden Oberen Graptolithenschiefer gegliedert (Pietzsch 1962, Hohl 1985). Einige Auto­ren stellen die Oberen Graptolithenschiefer bereits vollständig ins Devon (Dorn et al. 1992, Brinkmann & Zeil 1986).

Hauptverbreitungsgebiet der silurischen, oberordovizischen und devonischen Gesteine ist die Löß­nitz-Zwönitzer Mulde, eine stark verschuppte Synklinalstruktur (s. Kapitel 4.5.2.2). Dort ste­hen Alaunschiefer, Kieselschiefer, Tonschiefer und Karbonate an (Dorn et al. 1992, Pietzsch 1962), die von der Wismut zusammen mit den devonischen Gesteinen teilweise als „produktive Ge­steine“ bezeichnet wurden, da in ihnen ein Großteil der Verer­zung vorkommt (SDAG Wismut 1991,
Tab. 13).

4.5.1.6 Devon

Das Devon beginnt konkordant zum Silur mit den Oberen Graptolithenschiefern, deren Sedi­menta­tion bereits im Oberen Pridolium einsetzte (Brinkmann & Zeil 1986, Hohl 1985).

Es folgen der unterdevonische Tentakulitenknollenkalk und die Tentakulitenschiefer mit dem Ne­reïten-Quarzit (benannt nach Nereïtes, mäandrierenden Weidespuren von Anneliden oder Gastro­poden, Krumbiegel & Krumbiegel 1981), deren Ausbildung im wesentlichen denen des Vogtlän­disch-Mittelsächsischen Synklinoriums entspricht (Dorn et al. 1992). Darüber wurden die den Wis­senbacher Schiefern des Rhenoherzynikums ähnelnden Schwärzschiefer (Hohl 1985) des Mittel­devons abgelagert (Pietzsch 1962).

Im Oberdevon setzte Diabasvulkanismus mit Schalsteinen und Eisenerzen ein (Planschwitz-Stufe), dessen Gesteine von den Cypridinenschiefern und Knotenkalken überlagert werden. Der in weiten Teilen des Saxothuringikums nachweisbare Vulkanismus kann als initialer Vulkanis­mus der varis­cischen Orogenese angesehen werden (Pietzsch 1962). Darüber hinaus setzt sich im Oberdevon die bereits im Ordovizium begonnene Faziesdifferenzierung fort (Brinkmann & Zeil 1986, Pietzsch 1962), was zum teilweisen Fehlen oberdevonischer Schichten führt (Pietzsch 1962). Für dieses Fehlen sind auch die beginnenden tektonischen Bewegungen der variscischen Orogenese (Reussische Phase und Bretonische Phase) verantwortlich (Pietzsch 1962, Brinkmann & Zeil 1986).

4.5.1.7 Karbon

Im Unterkarbon verhinderte die variscische Hauptphase die Sedimentation; zum Teil wurden sogar vorhandene Sedimente abgetragen. Unterkarbonische Gesteine sind daher im Erzgebirge nur in den Keratophyrtuffen nahe Lößnitz’ vorhanden (Pietzsch 1962). Im näheren Umfeld hin­ge­gen sind zwischen dem Erzgebirgsnordrand und dem Granulitgebirge einige Unterkarbonvor­kommen be­kannt (Schichten von Borna-Hainichen, Pietzsch 1962, Hohl 1985, Brinkmann & Zeil 1986), die als Molasseablagerungen anzusehen sind (Dorn et al. 1992).

Während der variscischen Hauptfaltung stiegen saure Magmen auf, die Gebirgsgranite (OIC: Older Intrusive Complex) des Viseums und Namuriums (330…320 Ma). An der Wende West­fa­lium/Stefanium (305…295 Ma), drangen die Erzgebirgsgranite (YIC: Younger Intrusive Com­plex) ein. Geochemische Untersuchungen im böhmisch/tschechischen Teil des Erzge­bir­ges haben ge­zeigt, daß die Erzgebirgsgranite aus der gleichen Quelle stammen wie die Ge­birgsgranite (Abb. 9), zum Teil sogar aus der erneuten Aufschmelzung der Gebirgsgranite her­vorgegangen sind (Stemprok 1992). Gleichzeitig entstanden Rhyolite (Quarzporphyre), Rhyo­dazite sowie Granit­por­phyre (Dorn et al. 1992), wie beispielsweise bei Schönfeld, Bären­fels, Bärenburg und Alten­berg (Pietzsch 1962). Im Gefolge der Granitintrusionen kam es zur Bildung des älteren Teils der erzge­birgischen Erzvorkommen (Oelsner 1958). Eine genetische Beziehung zwischen den Intrusionen des YIC und der Uranmineralisation ist jedoch nicht ableit­bar (Sokolova & Acheyev 1972), da zwi­schen dem Alter der Mineralisation (Leutwein 1957) und der Intrusion etwa 100 Ma liegen.

Im Gegensatz zum Osterzgebirge, wo die Erosion die meisten Granitvorkommen noch nicht freige­legt hat, sind die Granite des Westerzgebirges an der Oberfläche aufgeschlossen (Dorn et al. 1992). Hier wie dort können die Vorkommen den älteren Gebirgsgraniten oder den jünge­ren Erzge­birgsgraniten zugeordnet werden.

Zu den Gebirgsgraniten zählen im West- und Mittelerzgebirge die porphyrischen Biotit-Monzo-Gra­nite von Karlsbad und Neudeck in Böhmen sowie Kirchberg, Bergen und Aue in Sachsen. Im Osterzgebirge gehören dazu die Granite von Tellnitz (Böhmen), Fleyh und Niederbobritzsch.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 9: Modalzusammensetzung der OIC Granite (n =33) und YIC Granite (n =87) im Streckeisen-Dia­gramm. OIC Granite fallen in das Feld der Monzo-Granite, YIC Granite liegen an der Grenze Monzo- und Syeno-Granite (nach Stemprok 1992). A: Alkalifeldspat, P: Plagioklas, Q: Quarz. 1 b: Quarzreiche Granitoide, 2: Alkalifeldspat Granite, 3: Syeno und Monzo Granite, 4: Granodiorite, 7: Quarz Syenite, 8: Quarz Monzonite.

Das Karlsbad-Massiv und das Eibenstock-Neudeck-Massiv enthalten darüber hinaus leukokrate Turmalin-Monzo-Granite und Syeno-Granite der jüngeren Erzgebirgsgranite. Diese kommen vor allem in den Graniten von Ehrenfriedersdorf im Mittelerzgebirge sowie Altenberg, Schellerhau, Zinnwald und Sadisdorf im Osterzgebirge vor (Dorn et al. 1992, Stemprok 1992). Dort hatten die damit einhergehenden Zinn-Wolfram-Molybdän-Mineralisationen große volkswirtschaftliche Be­deutung (Baumann et al. 1979), die jedoch mit der politischen und wirtschaftlichen Wende 1989/90 schwand.

Im Umfeld der Granite sind die bereits als regionalmetamorphe Gesteine vorliegenden Serien des Erzgebirges und Vogtlands kontaktmetamorph verändert und in Fruchtschiefer, Skarne, Horn­felse, kohlenstoffhaltige Schiefer und Quarzite umgewandelt worden.

Am Ende des Karbons lag der Saxothuringische Geosynklinaltrog der variscischen Ära als neuer Kontinentalbereich vor. Das Erzgebirge war Festland und die Ablagerung von Sedimenten konzen­trierte sich auf intermontane Molassebecken. Erzgebirgisch (NE—SW) streichende Großsättel und Großmulden mit teilweise intensiver Isoklinalfaltung und Schieferung kennzeich­neten das neu ent­standene Gebirge, das seitdem überwiegend Abtragungsgebiet war (Pietzsch 1962).

4.5.1.8 Perm

An der Wende Karbon/Perm kam es zur Sedimentation intramontaner Molassesedimente, deren Reste heute im Altenberger Bruchfeld und der Flöha-Querzone vorliegen (Dorn et al. 1992). Dort wurden neben Konglomeraten und Sandsteinen auch Porphyre und Kohlenflöze gefunden (Pietzsch 1962).

4.5.1.9 Jura, Kreide

Zur Zeit des Cenomaniums und Turoniums wurden nördlich und östlich Freibergs marine und nichtmarine Schotter und Sande abgelagert, die heute diagenetisch verfestigt sind (Pietzsch 1962, Dorn et al. 1992). Während des jüngeren Mesozoikums kam es zu keinen weiteren be­deutenden Sedimentationen (Henningsen & Katzung 1992).

4.5.1.10 Tertiär

An der Wende Oligozän/Miozän entstanden Tone, Sande und Kiese. Diese Sedimente sind Re­ste fluviatiler Ablagerungen eines nach Norden entwässernden Flußsy­stems der tertiären Landoberflä­che, die beispielsweise unter der schützenden Basalt­decke des Pöhlbergs bei Annaberg-Buchholz erhalten blieben. Weitere Basaltvorkommen, die sich im Gefolge der Basalt­intrusionen des Duppauer Gebirges und Böhmischen Mittelgebirges bildeten, gibt es bei Ober­wiesenthal, bei Scheibenberg, Seifen (Böhmen), Geiersberg oder Wilisch (Pietzsch 1962).

Im Lattorfium (Unteroligozän) beginnt in Böhmen eine Einmuldung, in der anfänglich Sande (z.B. Altsattel Sandstein der Altsattel Formation zwischen Karlsbad und Falkenau), später Kohlen (Chattium: z.B. Braunkohlebecken von Saaz, Bilin und Falkenau in Böhmen) abgelagert werden (Dorn et al. 1992, Pietzsch 1962).

Mit dem Einsenken des WSW—ENE streichenden Eger-Grabens geht das allmähliche Einkip­pen des Erzgebirges einher, in dessen Gefolge im Burdigalium der Erzgebirgsabbruch entstand (Pietzsch 1962). An diesem ist die südöstliche Scholle gegenüber der nordwestlichen um runde 1000m abgesunken (Dorn et al. 1992). Durch die Heraushebung des Erzgebirges kommt es zu einer tiefgreifenden Erosion der Hochscholle des Erzgebirges, mit teilweiser Reliefumkehr (z.B. Pöhlberg bei Annaberg-Buchholz), was auf eine vorherige, tiefgründige Gesteinszersetzung zu­rückgeführt wird (Pietzsch 1962).

4.5.1.11 Quartär

Das Erzgebirge war während des Quartärs eisfrei, so daß glaziale Sedimente fehlen. Seine süd­lichste Grenze hatte das Eis in Sachsen während des Mindelglazials (Elster-Kaltzeit), als es etwa bis zur NE—SW verlaufenden Linie Reichenbach-Chemnitz-Nossen und der NW—SE verlaufenden Linie Nossen-Dresden-Bad Schandau vordrang.

Eine der wenigen bekannten interglazialen Ablagerungen stammt aus dem Eem-Interglazial und war am Klösterlein von Aue aufgeschlossen („Interglazial von Aue“, Pietzsch 1962). Dort be­schrie­ben Beck & Weber (1897) Schotter, Lehm, Ton und Torf, in dem verschiedene intergla­ziale Pflan­zen vorkamen, die jedoch von Wolf (1991) in das Brørup-Interstadial gestellt werden. Aus dem Würm-Glazial (Weichsel-Kaltzeit) stammen Lößablagerungen am Nordrand des Erz­gebirges.

Hauptsächlich lagerten sich jedoch in den Flußtälern fluviatile Sedimente ab, die auf den Verwit­terungsschutt der Hänge zurückgeführt werden können und aus lehmigen Schottern, Sanden und Hangschutt bestehen.

Als eine Folge der ansteigenden Jahresdurchschnittstemperaturen bildeten sich während des Holo­zäns auf den tonigen Verwitterungsschichten der Granite und Gneise Hochmoore. Viele davon sind heute durch Entwässerung zerstört (Pietzsch 1962).

4.5.2 Lokale geologische Verhältnisse

4.5.2.1 Einführung

Informationen über die SDAG Wismut und Gebiete, auf denen der Uranerzbergbau umging, unter­lagen bis zur politischen Wende in der DDR strengster Geheimhaltung (Schüttmann 1992, Karlsch 1993). Dies betraf auch die geologischen Verhältnisse der Lagerstätte und deren Um­feld, über die daher bis 1989 nur wenig veröffentlichtes Material vorliegt. Viele Publikationen enthalten im Titel nur versteckt Hinweise auf den Uranerzbergbau (z.B. Schtschurow & Timofejew 1966) und Lokalitätsbezeichnungen fehlen häufig völlig (z.B. Janischewskij & Konstantinow 1962, Harlass & Schützel 1965).

Bedauerlicherweise hat sich an dieser Ge­heimhaltung bis heute teilweise wenig geändert, was insbesondere die Bundes­tagsabgeordne­ten Dr. Uwe Jens am 30. Oktober 1991 und Dr. Klaus-Dieter Feige am 12. November 1992 in Parlaments­reden kritisierten (Jens 1991, Feige 1992).

Ein Hinweis auf die strenge Geheimhaltung, der die Wismut unterlag, mag sein, daß in dem Werk „Grundriß der Geologie der Deutschen Demokratischen Republik“ (Zentrales Geo­logisches Institut 1968) unter dem Stichwort Uranvorkommen lediglich folgender Eintrag exi­stiert: „In Thü­ringen sind an die zeitlich (Zechstein 1, der Verfasser) etwa äquivalenten klasti­schen Sedimente Uranvorkommen geknüpft.“ Anderenorts, ohne einen Eintrag im Register, steht, daß „in größerer Entfernung von Granit [...] hydrothermale apomagmatische Lagerstätten [auftreten], vor allem Blei-Zink-Silber-Erzgänge und Uran-Erzgänge“ (Zentrales Geo­logi­sches Institut 1968, S. 255). In dem umfangreichen Werk „Geologie von Thüringen“ gar, exi­stieren keinerlei Hinweise auf einen Uranabbau in der Umgebung von Ronneburg (Hoppe & Seidel 1974).

Die Geologen der Wismut haben ein umfassendes, geologisches Rißwerk hinterlassen, das für die vorliegende Arbeit aus „Geheimhaltungsgründen“ nicht vollständig zur Verfügung stand. Politische und volkswirtschaftliche Gründe ermöglichten es den sowjetischen und deutschen Geologen nur teilweise, ihre Detailkartierungen der wenigstens seit 1964 (Lorenz & Hoth 1990) bekannten lithostratigraphischen Gliederung des Erzgebirges anzupassen. In den bereits publi­zierten älteren geologischen Querschnitten der Lagerstätte (Böttcher et al. 1991, Schröder & Lipp 1990a, Janischewskij & Konstantinow 1962, Lange et al. 1991, Büder & Schuppan 1992) wurden daher von den Wismutgeologen für die Phyllite der Frauenbach Folge beispiels­weise die gleichen Signa­turen gewählt wie für die der Phycoden Folge.

In Anlehnung an diese Tatsache wird bei der Lagerstättenbeschreibung in vorliegender Arbeit daher meist auf die lithologischen Bezeichnungen anstatt auf die lithostratigraphischen zurück­gegriffen. Es muß zukünftigen Bearbeitern vorbehalten bleiben, die umfangreichen Daten zu den geologi­schen Verhältnissen der Lagerstätte Nie­der­schle­ma/Al­be­ro­da detailliert nach mo­dernen Gesichts­punkten zu bearbeiten.

4.5.2.2 Umfeldgeologie

Die Ganglagerstätte Nie­der­schle­ma/Al­be­ro­da, „eine der größten Ganglagerstätten der Welt“ (Barthel 1993), befindet sich in der Lößnitz-Zwönitzer-Zwischenmulde, einer erzgebirgisch (SW—NE) streichenden Faltenzone, nordwestlich der Erzgebirgs-Zentralzone (Büder & Schuppan 1992, Dorn et al. 1992). Dort sind Gesteine der Halbmeiler Folge, der Frauenbach Folge, der Phycoden Folge und der Gräfenthal Gruppe des Ordoviziums, Silurs und Devons aufgeschlossen (Tab. 5), die im Bereich der postkinematischen Granite kontaktmetamorph ver­ändert wurden (Dorn et al. 1992, Büder & Schuppan 1992, Lorenz & Hoth 1990, Lange et al. 1991).

Bei den im Untergrund miteinander verbundenen Graniten handelt es sich um die Ge­birgsgra­nite von Aue, Kirchberg, Oberschlema, Auerhammer und Lauter und – zumin­dest in der Umge­bung der Lagerstätte – um den Erzgebirgsgranit von Eibenstock. Für das Einfallen der Granit­oberfläche wur­den im Lagerstättenbereich Winkel von 35…45° und nordwestliche Rich­tung bestimmt (Lange et al. 1991). Im Gefolge der Granitintrusionen haben sich im Umfeld der La­gerstätte Aplite und Ker­santite gebildet, die jünger sind als die Erzgebirgsgranite und im Ste­fanium (ältere Biotit-Kersantite) sowie im Autunium (jüngere Chlorit-Kersantite und Aplite) ent­standen (Stemprok 1992, Zen­tralinstitut für Physik der Erde 1989). Ihr Vorkommen ist an eine bis nach Thüringen und Böh­men verfolgbare tektonische Schwächezone geknüpft ([AI1]Abb. 10, Zentralinstitut für Physik der Erde 1989), die Gera-Aue-Joachimsthal-Störungszone (im Ronneburger Raum: Nejdeck-Crimmit­schauer Störung; Lange et al. 1991, Büder & Schuppan 1992). An dieser NW—SE streichenden Störung liegen auch die Uranvorkommen von Ronne­burg/Thüringen (Meinel 1993) und von Joa­chimsthal/Böhmen. Sie setzt sich in Gestalt der Finne-Störung durch das gesamte Thüringer Becken bis in den Raum Sondershausen am Süd­harzrand fort (Franzke et al. 1992, Dorn et al. 1992).

Die typischen Gesteine der Lagerstätte sind Skarne, Amphibolitschiefer, Graphitschie­fer, Glim­mer­schiefer, Metadiabase, Kersantite, Quarzit, Pyroxen-Feldspat-Hornfels, Kalksteine, Granit, Marmor und Fruchtschiefer (Janischewskij & Konstantinow 1962, SDAG Wismut 1991, Büder & Schuppan 1992). Ihre prozentuale Verteilung ist in Abb. 11 dargestellt. Einige Haupt- und Spuren­elemente der wichtigsten lithologischen Einheiten sind der Tabelle zu ent­nehmen (Tab. 6). Diese Ergebnisse von Zetzsche (1994) beruhen ausschließlich auf Gesteinen aus der Lagerstätte Nie­der­schle­ma/Al­be­ro­da und werden bei den Berechnungen in Kapitel 8.3 ver­wendet.

Interessanterweise stimmen die regionalen Clarke-Werte von Zetzsche (1994) nur in den Haupt­elementen mit denen von Pälchen et al. (1987) überein. Bei den Nebenelementen gibt es zum Teil signifikante Unterschiede, die beispielsweise beim Sr- oder Ba-Gehalt der Phyllite eine Zehnerpo­tenz erreichen.

Worauf diese Unterschiede zurückzuführen sind, kann an dieser Stelle nicht endgültig entschie­den werden, denkbar wären folgende Ursachen:

- Unterschiedliche Flächenanteile der lithologischen Einheiten bei den jeweiligen Autoren
- Pälchen et al. (1987) zogen keine Gesteine der nordwestlichen Lößnitz-Zwönitzer-Mulde in ihre Berechnungen mit ein
- systematischer Probennahmefehler und zu wenige Analysen bei Pälchen et al. (1987)
- Zusammensetzung der Gesteine in den betrachteten regionalen Einheiten ist verschieden.

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Abb. 10: Vereinfachte tektonische Übersichtskarte der Gera-Aue-Joachimsthal-Störungszone zwischen St. Joachims­thal und Zwickau sowie der Erzgebirgs- und Gebirgsgranite in deren Umgebung (verändert nach Zen­tralinstitut für Physik der Erde 1989, Büder & Schuppan 1992).

Tab. 5: Lithostratigraphisches Profil für die Lagerstätten zwischen Schlema und Alberoda (verändert nach Atschejew 1967 zitiert nach Büder & Schuppan 1992).

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Tab. 6: Haupt- und Spurenelemente der wichtigsten lithologischen Einheiten im Umfeld der Lagerstätte Nie­der­schle­ma/Al­be­ro­da (nach Zetzsche 1994) sowie das Säureproduktionspotential, Neu­tra­li­sati­onspotential und Nettoneutralisationspotential der jeweiligen Gesteine. Mit * gekenn­zeich­nete Werte nach Wildner (1995, pers. Mitt.), + aus den Formeln 37 bis 39. Hauptelemente und Pyrit in Massenprozent, Nebenelemente in ppm, Ra in Bq g‑1, APP, NP und Net NP in gkg‑1CaCO3. Cd (<1) und W (<10) je­weils unter der Nachweis­grenze. ud: homogener Meta­dia­bas (Oberdevon), td: gebänderter Metadiabas (Oberdevon), sk: Hornfels (Kontaktmetamorphit), ks/l: Alaun- und Kiesel­schiefer (Untere Graptolithenschie­fer, Silur), ks/k: Ockerkalk (Silur), ds: Dunkle Phyllite (Gräfenthal Gruppe), s: Helle Phyllite (Phycoden Folge), qs: Hauptquarzit (Gräfenthal Gruppe), G: Granit, Kb/Kh: Lam­pro­phyr. APP: Säureproduktionspoten­tial, NP: Neu­tralisations­potential, Net NP: Netto­neutralisationspotential.

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Janischewskij & Konstantinow (1962) konnten für die Uranvererzung im Erzgebirge zwischen der Uranvererzung und den lithologischen Gegebenhei­ten einerseits und der Vererzung und dem Kluft­system andererseits eine deutliche Beziehung nachweisen, worauf im Kapitel 4.6 näher eingegangen wird (die Abbil­dungen in dieser Arbeit lassen keinen Zweifel daran, daß Janischewskij die Lager­stätte Nie­der­schle­ma/Al­be­ro­da beschreibt).

Von einigen Ganggesteinen und Graniten abgesehen, sind alle Gesteine stark isoklinal gefaltet und tektonisch miteinander verschuppt. Faltenachsen und Schichtflächen streichen im Lager­stättenbe­reich zur Mehrzahl ENE—WSW, im südwestlichen Teil vereinzelt auch N—S. Die Schichten fallen mit 40…50° nach NW ein, entsprechend haben die Falten eine SE-Vergenz (Schröder & Lipp 1990a, Lange et al. 1991).

Kontrollierendes Element für die Lagerstätte ist die Gera-Aue-Joachimsthal-Störungszone. In ihrem Gefolge bildeten sich NW—SE und NNE—SSW-streichende Störungssysteme aus (Zen­tralinstitut für Physik der Erde 1989), denen auch die bedeutendste Störung der Lager­stätte angehört: der Rote Kamm. Er trennt die beiden Granite von Oberschlema und Auer­ham­mer (Pietzsch 1962) von den Gesteinen der Halbmeiler, Frauenbach und Phy­coden Folge sowie der Gräfenthal Gruppe, die nordöstlich anschließen. Im Bereich des Granits von Ober­schlema wurde der Rote Kamm als Gleesberg Flügel bezeichnet, wobei es sich um die beiden einzigen histori­schen Gangbezeichnungen handelt, die vom Wismut-Bergbau übernom­men wurden (Böttcher et al. 1991).

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Abb. 11: Prozentuale Verteilung der Gesteine in der Lagerstätte Nie­der­schle­ma/Al­be­ro­da aufgrund geologi­scher Kar­ten und Gesteinsbezeichungen der Wismut GmbH. Div. (sk; A; Kb; Kh; qs; ks/l; ud): Skarne, Aplite, Biotitker­santit, Chloritkersantit, Quarzitschiefer, Kieselschiefer, feinkörnige Meta­diabase; fs/ksl: Fruchtschiefer mit Kieselschieferlagen; G: Granit; ss/fs: Phyllit, helle Fruchtschie­fer; ss/ks: kohlenstoffhaltiger, dunkler Phyllit; gs: helle Glimmerfelse; ud/td: feinkörnige und gebän­derte Metadiabase; pd: grobkörnige Metadiabase; vgl. Tab. 5. Bezeichnungen der Profile entspre­chen der Bezeichnungsweise der SDAG/GmbH Wismut, von der aus die Lagerstätte üblicherweise in zwei Längsprofilen (A—A1, B—B1) in SW—NE-Richtung und acht Quer­profilen (1—1…8—8) in NNW—SSE-Richtung dargestellt wurde.

Tab. 7: Charakterisierung der Erzgänge im Schlemaer Raum (nach Büder & Schuppan 1992). Signaturen geben die Stärke der Uranvererzung an. -: keines, +: wenig, ++: viel, +++: sehr viel.

Streichrichtung Einfallsrichtung Beispiele Uranerz

WSW—ENE NNW Union, Gera, Erna ++

WNW—ESE ±saiger Bad Elster +

NW—SE SW Roter Kamm, Ruhmvoll, Schwerin, Beryll +++

NE—SW NW Morgengänge in Oberschlema -

Der Rote Kamm trennt auch die historische Silbererzlagerstätte von Schneeberg-Neustädtel, deren Vorkommen im 16.Jahrhundert erschöpft waren (Böttcher et al. 1991), und die Uran­lager­stätte Nie­der­schle­ma/Al­be­ro­da sowie Oberschlema. Ihren Namen hat die bis zu 10Meter mäch­tige Stö­rungszone von Eisen- und Manganoxiden, die zu­sammen mit Quarz, Baryt und Fluorit der eba-Formation (Baumann 1968) in den Störungsbrec­cien und -letten vorkommen. Der 5600 m lange (Schiffner et al. 1911) Rote Kamm fällt bei einer Sprunghöhe von 400…500m (Genser 1932) mit 60…65° in nordöstliche Richtung ein und streicht NW—SE. Im Osten wird die Lagerstätte ebenfalls von einer Störungszone begrenzt, der NE—SW ver­laufenden Affalter Störung (Schröder & Lipp 1990a).

Historische Karten der Umgebung von Aue zeigen Erzgänge, die neben den vorgenannten Rich­tungen auch ein Streichen in ENE—WSW haben können („Geognostische Übersichtskarte des Erzdistricts von Schneeberg“ in Hamann & Hamann 1990).

Annähernd 200 Gänge mit unterschiedlicher Bedeutung für die Urangewinnung hat der Erzberg­bau in Nie­der­schle­ma/Al­be­ro­da aufgeschlossen (Böttcher et al. 1991, Büder & Schuppan 1992, Janischewskij & Konstantinow 1962). Da nicht alle dieser Gänge übertage ausstrei­chen, konnten erst durch den Bergbau weitere Streichrichtungen der Gänge festgestellt werden (Tab. 7). Nicht nur die Streichrichtung, sondern auch die Überkreuzung der Erzgänge zu soge­nannten Erzknoten spielte bergwirtschaftlich eine Rolle, worauf in Kapitel 4.6.3 näher eingegangen wird (Janischewskij & Konstantinow 1962, Büder & Schuppan 1992).

4.6 Eigenschaften der Lagerstätte

4.6.1 Klassifikationen

Von der Wismut wurden im Laufe ihrer Geschichte in Sachsen und Thüringen 21Lagerstätten ab­gebaut (Abb. 4), die fünf unterschiedlichen Lagerstättentypen zugeordnet werden können (Lange et al. 1991, Bundesminister für Wirtschaft 1993, Mühlstedt 1992). Jede dieser La­gerstätten be­steht zum Teil aus weiteren Lagerstättenteilen (Tab. 8), das Erzfeld Ronneburg beispielsweise aus fünf Bergwerken.

Die DDR bzw. die Bundesrepublik Deutschland (220kt Uranmetall) gehörte bis Ende 1990 nach den Vereinigten Staaten von Amerika (334kt Uranmetall) und Kanada (240 kt Uranmetall) zu den drei größten Uranproduzenten der Welt (Bundesminister für Wirtschaft 1993; Gründe für den Widerspruch zur Angabe in Tab. 8 siehe dortige Legende). Dabei sind jedoch nur die sächsisch-thüringischen Uranerze berücksichtigt, die nach 1945 abgebaut wur­den. Zwischen der ersten Uranförderung in Sachsen 1825 (Kirchheimer 1978) und 1945 sind darüber hin­aus weitere 1000t Uranerz gefördert worden (Bain 1950).

Dahlkamp (1993) stellt die Uranlagerstätten des Erzgebirges („Schlema“ in Tab. 8) zum Typ3 („Vein“) seiner umfangreichen Gliederung (Tab. 9). Er unterscheidet insgesamt 15 Typen mit 30 Subtypen, von denen Typ3 wie folgt beschrieben wird:

Tab. 8: Lagerstättentypen und deren abgebaute Erzvorräte in Sachsen und Thüringen (ergänzt nach Mühlstedt 1992, Bundesminister für Wirtschaft 1993, Böttcher et al. 1991). Büder & Schuppan (1992) geben für Nie­der­schle­ma/Al­be­ro­da abweichend davon 73kt Uran an. Möglicher­weise beziehen sich die Angaben aus Büder & Schuppan (1992) auf Uranmetall, während die 248 kt in der Tabelle für Yellow Cake gelten. Barthel (1993) vermutet die Ursache der voneinander abweichenden Abbauzahlen in unterschiedlichem Ausbringen und bergbaulichen Verlusten.

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Tab. 9: Einstufung der Lagerstätte Nie­der­schle­ma/Al­be­ro­da in die weltweite Gliederung der Uranlager­stätten nach Dahlkamp (1993).

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„Vein Deposits consist of uranium mineralization in lenses or sheets or disseminations filling joints, fissures, breccias and stockworks in deformed and fractured rocks. Size and com­­plexity of vein sets are variable. Distribution and intensity of mineralization are irregular. Prin­cipal ura­nium phases are pitchblende, uraninite, and coffinite. Gangue minerals are always present. Uranium may form monometallic mineralizations or polymetallic mineralizations. As­sociated metals include Co, Ni, Bi, Ag, Cu, Pb, Zn, Mo and/or Fe in form of sulphides, ar­senides or sulfar­senides. Wall rock alteration is commonly restricted to a narrow margin (<1 m)“.

Unabhängig von der Uranlagerstättenklassifikation existieren im Erzgebirge weitere Gliederun­gen. von Charpentier (1778) und Werner (1791) publizierten erstmalig eine systematische Darstellung der Mineralvergesellschaftungen („Paragenesen“ nach Breithaupt 1849) des Erz­gebirges (Baumann 1968). Waren es bei Werner elf „Gangerzformationen“ (zitiert nach Baumann 1968), so werden heute unter Zugrundelegung des mineralogisch-paragenetischen Modells im wesentlichen acht bis zehn Mineralvergesellschaftungen unterschieden (Tab. 10, Baumann 1968, Baumann 1992, Baumann 1994).

Daneben gibt es im Erzgebirge zwei weitere Klassifikationen, die zum einen auf der morpho-struk­turellen Stellung der Lagerstätte und zum anderen der Metallogenese beruhen. Letztere unter­scheidet im Erzgebirge dreizehn verschiedene Erzvergesellschaftungen (Zentralinstitut für Physik der Erde 1989), bei denen die Lagerstätte Nie­der­schle­ma/Al­be­ro­da zum Typ X, „polymetallische Vergesellschaftung des Younger Intrusive Complex (YIC), melanokrater Typ 1“, gehört (Tischendorf 1986).

Es soll nicht versucht werden, die bei der Wismut übliche paragenetische Gliederung nach Baumann (1967) der der metallogenetischen anzupassen. Beide besitzen Vorteile, die letztere vor allem den, eine altersmäßige Beziehung zwischen tektonischen Vorgängen und der Lager­stätten­bildung herzustellen.

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Da die paragenetische Gliederung bereits in anderen Arbeiten über die Uranlagerstätten des Erz­gebirges als Grundlage verwendet wurde (Harlass & Schützel 1965, Leutwein 1957, Oelsner 1951, Janischewskij & Konstantinow 1962, Schuppan et al. 1994), soll hier ebenso verfahren werden. Zwar hat Baumann in jüngerer Zeit seine ältere Gliederung den heutigen Er­kenntnissen angepaßt, dennoch werden in dieser Arbeit die Bezeichnungen seiner Gliederung aus dem Jahr 1967 (Baumann 1967) verwendet, da sich die neuen Bezeichnungen noch nicht allgemein durchge­setzt haben.

4.6.2 Paragenesen

4.6.2.1 Uran

Abgesehen von der Fe-Mn-Formation, die nur randlich, am „Roten Kamm“ vorhanden ist (Büder & Schuppan 1992), treten in der Lagerstätte Nie­der­schle­ma/Al­be­ro­da alle Paragenesen auf, die in Tab. 10 dargestellt sind (SDAG Wismut 1991). Von wirtschaftlicher Bedeutung für die Uran­gewin­nung waren nur die kku- und mgu- (im Osterzgebirge: dse-) Formation (SDAG Wismut 1991, Harlass & Schützel 1965), für die aufgrund der Bestimmungen von Leutwein (1957) und Shukolyukov et al. (1990, dort uqk- und eb-Formation) übereinstimmend Bildungsalter von 280…220Ma bzw. 160…140Ma angegeben werden können. Als Durchschnittsalter von 50 Pechblenden, hauptsächlich der kku-Formation, wurden in Nie­der­schle­ma/Al­be­ro­da mit der Xes-Xen-Methode (Shukolyukov et al. 1994) 160Ma bestimmt, mit Maxima bei 153 Ma, 175 Ma, 197 Ma, 242 Ma und 270 Ma (Basarowitsch 1992, Shukolyukov et al. 1992).

Leutwein (1957) zufolge (dort eba-Formation; er verwendet eine ältere Gliederung der erzge­birgi­schen Formationen, in der eine eba-Formation zeitlich hinter der kb-Formation folgte) stellen aus­schließlich die kku- und mgu-Formation eine Uranerzformation im genetischen Sinne dar, wobei, wie Harlass & Schützel (1965) feststellen, die kku-Formation „als die eigentliche pri­märe Uran­formation im engsten Sinne zu gelten“ hätte. Bei den Uranmineralen in den jüngeren Formationen handelt es sich ersterem zufolge lediglich um Mobilisate aus der kku- und mgu-Formation.

Während des Uranabbaues wurde in den Gängen und Spalten häufig ein deutliches Telesco­ping beobachtet, und besonders bei Annäherung an den Auer Granit kommen zwei bis drei Formationen in einem Gang vor (SDAG Wismut 1991). Die zwei wesentlichen Formationen lassen sich durch ihre unterschiedlichen Karbonate leicht gliedern. Während in der kku-Forma­tion Calcit (CaCO3) vorherrscht, kennzeichnet Dolomit (CaMg[CO3]2) die mgu-Formation.

Das Haupturanerz der Lagerstätte, Uraninit (Pechblende, UO2), kommt in den Gängen der kku-Formation als nierig-traubige, röntgenographisch kristalline Masse vor (Leutwein 1957, Ja­ni­schewskij & Konstantinow 1962), was darauf hindeutet, daß sie bei niederen Temperaturen als Gel ausgeschieden wurde (Harlass & Schützel 1965). Thomas (1982, zitiert aus Zen­tralinstitut für Physik der Erde 1989) ermittelte aus Flüssigkeitseinschlüssen Homogenisa­tionstemperaturen von 305 ± 24°C für die Quarze der kku- (uqk) Formation, womit eine kata­thermale Bildung vorläge. Für die Pechblende selbst werden Bildungstemperaturen von 80…180°C angegeben (Harlass & Schützel 1965), also epithermale Bedingungen. Als wei­teres Uranmineral wurde in der mgu-For­mation Coffinit (U[SiO4]) ausgeschieden. In den Neben­gesteinen ist der Urangehalt relativ gering und beträgt 2·10‑4…7·10‑4 Massenprozent (Zetzsche 1994, Tab. 6).

Über die Eh-pH-Verhältnisse bei der Bildung dieser Haupturanerzformationen stellten Tischen­dorf & Ungethüm (1968) einige Untersuchungen an. Daraus läßt sich ablei­ten, daß für die kku- und mgu-Formationen Eh-Werte von ‑100…‑300mV und pH-Werte von 6…8 ge­herrscht haben müssen (Abb. 12).

Uraninit, der in der Natur niemals in seiner Idealzusammensetzung vorkommt (Dybek 1962), wan­delt sich beim Verwitterungsvorgang in ein Gemenge verschiedenster Sekundärminerale um, die sowohl im Grubengebäude als auch in der Verwitterungszone der Lagerstätte vorkom­men (vgl. Kapitel 4.9). Dazu gehören die schwerer löslichen Uranyl-Si­likate wie beispielsweise Uranophan (CaH2[UO2|SiO4]2·5H2O) und die leichter löslichen, Gummit genannten, Uranyl-Hydroxide (Tab. 11). Dieses Um­wandlungs- (Oxidations- und Hydratations‑) -produkt des Ura­ninits ist von gummiartigem Charakter und besteht im wesentlichen aus Mineralen der Bec­que­relit-Fourmarierit-Gruppe (Strunz 1982). Im Niveau des Markus-Semmler-Stollens führten Se­kundärminerale mit denen das Wasser in Kontakt stand zu den hohen Radioaktivitäten der Ra­donwässer des ehemaligen Bades Ober­schlema (Tab. 15, Genser 1932), das der Wismut-Bergbau völlig zerstörte.

4.6.2.2 Arsen

Das Arsen tritt in Form von Kobalt- und Nickelarseniden, seltener als gediegenes Arsen, in den BiCoNi- und ags-Formationen auf. Während die Co-Arsenide in der BiCoNi-Formation vor allem zusammen mit gediegenem Wismut vorkommen, lassen sich die Ni-Arsenide zumeist gemein­sam mit ge­diegenem Silber beobachten (Oelsner 1958). Wichtigstes Arsenmineral ist der Löllingit (FeAs2), darüber hinaus kommen aber auch andere Arsenverbindungen vor (Tab. 12, Oelsner 1958, Baumann 1968, Janischewskij & Konstantinow 1962).

Den Unterlagen der Wismut zufolge (SDAG Wismut 1991) nahm der Anteil an Arsenverbindun­gen in den Erzgängen von den oberen Sohlen zu den unteren hin zu. Unterhalb der Sohle ‑990 werden für das Erz 0,06…0,55 % und das Nebengestein 0,07 Massenprozent Arsen angege­ben, während es für taubes Gestein 0,002…0,007% sind (vgl. Tab. 6).

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Tab. 11: Zusammenstellung der wichtigsten, den Gummit bil­d­enden Uran­mine­rale, in denen Uran in der Oxida­tionsstufe VI vorliegt (nach Dybek 1962 und Strunz 1982). Die letzte Spalte gibt an, ob das Mi­neral für die La­gerstätte Nie­der­schle­ma/Al­be­ro­da bereits be­schrieben wur­de.

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Abb. 12: Schematische Darstellung der Eh-pH-Verhältnisse bei der Bildung der Haupterz­for­ma­tio­nen (Zyklus I, II) für 100°C, 203 kPa (verändert nach Tischendorf & Ungethüm 1968).

Eine Besonderheit der Lagerstätte Nie­der­schle­ma/Al­be­ro­da ist eine ungewöhnlich hohe As-An­rei­cherung, die zwischen den Sohlen ‑1305 und ‑1710 im Liegenden einer Störungszone („Union“) angetroffen wurde („Erzknoten 191“). Die dortigen Gehalte von 3,8…5,0 Massenpro­zent im Erz und 0,9…1,6 Massenprozent im Nebengestein können nicht als repräsentativ für den gesamten Bereich unterhalb der Sohle ‑1305 angesehen werden.

Der Großteil aller Arsenminerale in der BiCoNi-Formation wurde aus der kolloiden Hydrother­mal­lösung zuerst als Gel ausgeschieden, das in einem nachfolgenden Prozeß der Sammelkri­stallisa­tion unterlag. In der ags-Formation kam es, da genügend S2--Ionen zur Verfü­gung stan­den, zur Bil­dung von Sulfarseniden aus der molekularen Hydrothermallösung (Harlass & Schützel 1965).

4.6.2.3 Andere Elementanreicherungen

Dem Charakter einer polymetallischen Lagerstätte entsprechend, kommen in den Gangverer­zun­gen weitere Metallverbindungen vor. Es handelt sich dabei, in der Reihenfolge ihrer Ord­nungszah­len, vor allem um Mangan, Eisen, Kobalt, Nickel, Kupfer, Zink, Germanium, Selen, Molybdän, Sil­ber, Indium, Zinn, Antimon, Thallium, Blei und Wismut in unterschiedlichen Kon­zentrationen (Zentralinstitut für Physik der Erde 1989). Durchschnittsgehalte von einigen dieser Elemente im Nebengestein sind in der Tabelle (Tab. 6) aufgelistet.

Tab. 61 gibt einen Überblick darüber, welche Minerale bisher aus Nie­der­schle­ma/Al­be­ro­da be­schrieben wurden. Hervorzuheben ist, daß in der kku-, mgu-, biconi- und ags-Formation Karbo­nate als Gangmittel auftreten, wobei hauptsächlich Calcit, Dolomit und Siderit vorhanden sind. Pyrit und andere Sulfide kommen in der Sn-W-, mgu- und biconi-Formation vor, meist jedoch in geringen Mengen, die insgesamt unter denen in den Gesteinen liegen dürften.

Eine Besonderheit des Erzgebirges stellt die Selen-Vererzung der mgu-Formation dar. Neben der unbedeutenden Ausfällung von Sulfiden, wie Galenit (PbS) und Chalkopyrit (CuFeS2), bilde­ten sich vor allem Selenide, (z.B. Clausthalit (PbSe)), die gelegentlich als Erz gewonnen wurden (Harlass & Schützel 1965).

Tab. 12: Häufige (kursiv) und seltene Minerale von Nie­der­schle­ma/Al­be­ro­da mit Arsen als For­melbestand­teil (nach Schröder & Lipp 1990b und J. Meyer, pers. Mitt.).

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4.6.3 Kontrollierende Faktoren der Vererzung

Innerhalb des Bergwerks Nie­der­schle­ma/Al­be­ro­da ist das Vorkommen von Uranmineralisatio­nen an bestimmte lithologische und tektonische Faktoren geknüpft. Eine der Eigenschaften ist, daß die Vererzung bei Annäherung an den Auer Granit regelmäßig zurückgeht (Lange et al. 1991). Zwar besteht ein räumlicher Zusammenhang zwischen der Vererzung und den Graniten des Younger Intrusive Complex’, eine genetische Beziehung hingegen läßt sich, schon aufgrund der unter­schiedlichen Bildungsalter (Shukolyukov et al. 1990, Leutwein 1957), nicht herleiten (Sokolova & Acheyev 1972). Die Darstellung von Büder & Schuppan (1992), der zufolge auf die Granitintrusion hydrothermale Lösungen folgten, kann somit in ihrem genetisch-zeitlichen Ablauf nicht korrekt sein.

Prinzipiell werden die Gesteine der Lagerstätte Nie­der­schle­ma/Al­be­ro­da in produktive und un­pro­duktive gegliedert (Janischewskij & Konstantinow 1962, SDAG Wismut 1991, Lange et al. 1991), wobei die produktiven Gesteine 95%…96% der Uranvererzungen enthielten (Sokolova & Acheyev 1972, Lange et al. 1991). Beim Übergang von produktiven zu unproduk­tiven Gestei­nen konnte häufig beobachtet werden, daß sich die Paragenese der Gänge änderte. Während in erste­ren Erzminerale und Gangminerale gemeinsam auftreten, sind in letzteren nur noch 5…6 Gang­minerale vorhanden (Janischewskij & Konstantinow 1962). Wie verschie­dene Untersu­chungen zeigen, war besonders in den kontaktmetamorph veränderten Gesteinen eine Erzan­rei­cherung zu beobachten (Janischewskij & Konstantinow 1962, Sokolova & Acheyev 1972). Die Ansichten darüber, welche Gesteine als produktiv zu bezeichnen sind, wei­chen zwischen den ein­zelnen Auto­ren ab, sind zum Teil sogar widersprüchlich (
Tab. 13). Aus der Tabelle läßt sich ablei­ten, daß die Änderung der chemischen Eigenschaften des Gesteins zur Ausfällung von Pechblende aus dem hydrothermalen Kolloid führte (Abb. 13). Eine Abhän­gigkeit vom Pyritge­halt des Gesteins wurde nur von Janischewskij & Konstantinow (1962) beobachtet.

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Abb. 13: Abhängigkeit der Uranmineralisation vom Lithologiewechsel. Dargestellt ist ein Saigerriß des Gan­ges „Beryll“ im Niveau der Sohlen ‑1080 bis ‑1305 (verändert nach Büder & Schuppan 1992).

Tab. 13: Produktive Gesteine der Lagerstätte Nie­der­schle­ma/Al­be­ro­da nach verschiedenen Autoren (Sokolova & Acheyev 1972, SDAG Wismut 1991, Janischewskij & Konstantinow 1962, Lange et al. 1991, Schtschurow & Timofejew 1966).

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Neben den lithologischen sind die tektonischen Faktoren für die Vererzung verantwortlich. Einig sind sich die Bearbeiter darin, daß Apophysen und Fiederspalten, wenn sie mit dem Hauptgang in Kontakt stehen, für die Erzführung vorteilhaft sind (Schtschurow & Timofejew 1966, Jani­schewskij & Konstantinow 1962). Daneben haben sich, vor allem unterhalb der Sohle ‑990, Kreuzungspunkte von Gängen („Erzknoten“) als Erzanreicherungen herausgestellt (Lange et al. 1991).

Janischewskij & Konstantinow (1962) haben zusammengestellt, welche Gangtypen in den pro­duktiven Gesteinen zu welchem Anteil an der Erzführung beteiligt sind:

Apophysen 29 %

Gangkreuze 20 %

Gangauftrümmerung 17 %

Diagonaltrümer 16 %

mehrfach komplizierte Gänge 8 %

flach einfallende Störungen 6 %

einfache Gänge 4 %

Besonders reiche Erzvorkommen finden sich dort, wo produktive Gesteine und potentiell erzrei­che Gangsysteme gemeinsam vorkommen (Janischewskij & Konstantinow 1962). Un­pro­duktive Ge­steine enthalten dann Uranvererzungen, wenn bestimmte tektonische Strukturen vorhanden sind.

4.7 Hydrologische und hydrogeologische Verhältnisse

4.7.1 Heutige Situation

Über die hydrogeologischen Verhältnisse im Umfeld der Lagerstätte Nie­der­schle­ma/Al­be­ro­da sind keine neueren Veröffentlichungen vorhanden. Es muß daher zur Beschreibung der hydro­geo­logi­schen Verhältnisse größtenteils auf die von der Wismut erstellte Projektskizze zur Pro­gnose der Flutung (SDAG Wismut 1991) zurückgegrif­fen werden.

In den metamorphen und plutonischen Gesteinen sind hauptsächlich Klüfte, Störungen, Erz­gänge und Spalten potentielle Bewegungsbahnen des Grundwassers. Während des Abbaus kam es an Kreuzungs­punkten von Erzgängen und Störungen besonders häufig zu Wasserzutrit­ten (SDAG Wismut 1991). Auch in randlichen Teilen des böhmischen Massivs konnte in den Störungszonen im allgemeinen eine günstige Wasserführung nachge­wiesen werden (Karrenberg 1981).

Untergeordnet bewegt sich in Mikrorissen und im ungestörten Gestein Wasser, dessen Menge jedoch wegen der geringen Durchlässigkeitsbeiwerte (Tab. 52) vernachlässigbar gering ist (Karrenberg 1981), wie Leistungsquotienten (Ergiebigkeit) von Brunnen im Thüringisch-Vogtländi­schen Schiefergebirge zeigen (Tab. 14). Lediglich im silurischen Ockerkalk liegen die Leistungs­quoti­enten, vermutlich infolge von Subrosion, über denen der anderen Gesteine.

Tab. 14: Ausgewählte Leistungsquotienten (Ergiebigkeiten) von Brunnen in vor- und altpaläozoischen Ge­steinen (nach Hecht 1974).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Nach dem Anbohren wäh­rend des Bergbaus versiegen die meisten Kluft- bzw. Spaltengrund­was­serspeicher bereits nach kurzer Zeit (SDAG Wismut 1991). Diese Tatsache deckt sich mit den Erfahrungen aus anderen Kristallingebieten Europas, denen zufolge die „kristallinen Schie­fer mit zu den dichtesten Ge­steinen“ gehören und geschieferte „Gesteinsbereiche […] als ex­trem wasserarm“ gelten (Karrenberg 1981).

Oberhalb des anstehenden Gesteins liegen Schuttdecken und Böden vor, die, verglichen mit dem unverwitterten Gestein, deutlich größere Wasserwegsamkeiten besitzen. Die durchschnitt­liche Mächtigkeit der Verwitterungszonen und Schuttdecken im Osterzgebirge beträgt 0,4…1,2m (Saker & Jordan 1977, Saker & Jordan 1979) und kann sogar 2,0m er­reichen (Thalheim & Fiedler 1990a, Thalheim & Fiedler 1990b, Altermann et al. 1988). Bis zu einer Tiefe von etwa 15m ist das anstehende Gestein zersetzt, wobei die Zersetzung und die k f-Werte nach un­ten hin abnehmen (Saker & Jordan 1977).

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 14: Lockergesteinsdecken und Wasserwegsamkeiten im Mittelgebirge am Beispiel des Harzes (verändert nach Altermann & Wünsche 1991). Wie in den unteren Höhenlagen des Erzgebirges (Thalheim & Fiedler 1990a, Altermann et al. 1988), fehlt auch im Harz die Oberdecke. gl: Ge­birgslöß, ms: Mittelschutt, zf: Zwi­schenfließ­erde, bs: Basisschutt, v: ältere Verwitterungsreste, a: Anstehendes, im oberen Bereich aufgelockert.

Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten

Abb. 15: Durchschnittliche Zuflußmengen von Wässern unterhalb und auf der Sohle ‑990 in den Jahren 1970 bis 1982. Einheit in Ls‑1 (verändert nach SDAG Wismut 1991).

Untersuchungen an Verwitterungszonen von Gneisen im Osterzgebirge haben k f-Werte zwi­schen 10‑6 und 10‑4ms‑1 ergeben (Saker & Jordan 1977), was die Verwitterungszonen nach DIN 18130 als durchlässig kennzeichnet. In den Lößdecken des Harzes bewegen sich die k f-Werte im gleichen Bereich zwischen 10‑6 und 10‑5 ms‑1 (Altermann & Wünsche 1991).

Im Zuge des Bergbaus wurde festgestellt, daß die Verwitterungszone 100m tief reichen kann und daß bis zu 240m Teufe eine Grundwasserbewegung im verwitterten Gebirge nachweisbar ist. Nie­derschlagsereignisse beeinflußten die Wasserführung mit zeitlicher Verzögerung bis zu 300m Teufe (SDAG Wismut 1991). In der böhmischen Masse wurden für diese Teufen k f-Werte von 10‑7…10‑6 ms‑1 bestimmt (Karrenberg 1981), im Schwarzwald 10‑8…10‑9 ms‑1 (Stober 1995).

Ein vereinfachtes Schema des Aufbaus von Lockergesteinsdecken im Mittelgebirge am Beispiel des Harzes ist in Abb. 14 dargestellt. Dort sind auch die wesentlichen Wasserwegsamkeiten er­kennbar.

Im Talbereich der Zwickauer Mulde, der Hauptvorflut für den Bergbaubereich, werden die Sedi­mente aus Kiesen, Sanden und Geröllen maximal 5m mächtig. Die Flußablagerungen in den Ne­benflüssen sind deutlich geringmächtiger (SDAG Wismut 1991). Von Süden nach Norden fließen der Zwickauer Mulde im Gebiet der topographischen Karte Blatt Aue Nord (1407–12) folgende Ge­wässer zu: Schwarzwasser, Lößnitzbach, Alberoder Bach, Schlemabach mit Silber­bach und Floß­graben, Wildbach, Bärengrundbach, Tieftalbach und Reitgrabenbach, wobei die vier letztgenannten stromabwärts des Bergwerks Nie­der­schle­ma/Al­be­ro­da liegen.

Durch den Bergbau wurden die ursprünglichen hydrologischen Verhältnisse im Grundwasser nach­haltig verändert. Oberhalb des Markus-Semmler-Stollens war das Gebirge südwestlich der Zwick­auer Mulde schon vor Beginn des Wismut Bergbaus großflächig entwässert. Vom Stol­len­mundloch auf 323,9mNN an der Mulde nordöstlich des Bahnhofs Schlema erstreckt sich der Stollen etwa 7km in südwestlicher Richtung, bis über Schneeberg-Neustädtel hinaus. Seine Ge­samtlänge be­trug einschließlich aller Nebenörter 44 km (Schiffner et al. 1911). Nordöstlich der Zwickauer Mulde wurde das Gelände durch die Wasserhaltung der Schächte 371 und 208 bis zu einer maxi­malen Tiefe von 1800Metern ent­wässert, wobei jährlich etwa 7×106 m3 Wasser gehoben wurden (ca. 220 Ls‑1).

Der weitaus größte Teil der zusitzenden Wässer sind Kluft- und Spaltenwässer oberhalb der Sohle ‑990. Von dort fließen bzw. flossen et­wa 90% des gesamten zufließenden Wassers in das Berg­werk (ca. 200 Ls‑1). Lediglich 10% liefen auf und unterhalb der Sohle ‑990 zu (Abb. 15).

Zuletzt wurden von der Wismut jährlich etwa 6…7·106m3 Wasser gehoben, zusätzlich konnten von den Wässern des Markus-Semmler-Stollens etwa 2…3·106m3 aus dem Schacht 15IIb in den Schlemabach abgeleitet werden. Somit ergibt sich eine jährliche Wassermenge von 8…10·106m3. Ein Vergleich dieser Mengen mit den vor 1945 aus dem Markus-Semmler-Stol­len abfließenden Mengen (5…9·106m3a‑1) verdeutlicht, daß die zwischen Markus-Semmler-Stollen und Sohle ‑990 zufließenden Sickerwässer großteils aus der Verwitterungszone oberhalb des Mar­kus-Semmler-Stollen-Niveaus stammen.

4.7.2 Historische Situation der Gewässerchemie

4.7.2.1 Vor dem Bergbau

Daten über die hydrogeologische Situation vor dem historischen Bergbau im Erzgebirge liegen aus verständlichen Gründen nicht vor. Germanov et al. (1958) untersuchten in unterschiedli­chen Re­gionen der früheren UdSSR Uranmas­sen­kon­zen­tra­ti­onen natürlicher Grundwässer. Ein Teil ihrer Untersuchungsergebnisse ist auf die hydrogeologische Situation des Erzgebirges vor Beginn des Bergaus übertragbar.

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Final del extracto de 222 páginas

Detalles

Título
Hydrogeochemische Verhältnisse im Flutungswasser eines Uranbergwerks – Die Lagerstätte Niederschlema/Alberoda
Universidad
Technical University of Clausthal  (Abteilung Ingenieur- und Hydrogeologie)
Calificación
1,0
Autor
Año
1995
Páginas
222
No. de catálogo
V49632
ISBN (Ebook)
9783638460262
ISBN (Libro)
9783656521297
Tamaño de fichero
6821 KB
Idioma
Alemán
Palabras clave
Hydrogeochemische, Verhältnisse, Flutungswasser, Uranbergwerks, Lagerstätte, Niederschlema/Alberoda
Citar trabajo
Dr. Christian Wolkersdorfer (Autor), 1995, Hydrogeochemische Verhältnisse im Flutungswasser eines Uranbergwerks – Die Lagerstätte Niederschlema/Alberoda, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/49632

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