Pierre Hadot bedauert den frühen Tod von Foucault ebenfalls sehr, da er zeit seines Lebens, die antike Lebenskunst untersuchte. Gerne wäre er in einen umfangreicheren Dialog mit Foucault getreten, denn Foucaults Anreiz an den Untersuchungen der Selbsttechniken, stammt wesentlich von seinen Veröffentlichungen zur antiken Lebenskunst. Wäre ein erweiterter Dialog zustande gekommen, hätte sich Hadot jedoch kritisch gegenüber Foucaults Interpretationen der antiken Lebenskunst geäußert. In einer kleinen Schrift, welche im Sammelwerk Spiele der Wahrheit von 1991 veröffentlicht wurde, stellt Hadot einige kritische Punkte an Foucaults Interpretation der antiken Lebenskunst dar. Es geht ihm vor allem um die Interpretation der Zielsetzung der antiken Lebenskunst, welche für ihn das Endziel im Überschreiten des Selbst mit einhergehenden spirituellen Einsichten hat und nicht nur eine reine Selbstformung ist, wie Foucault die Lebenskunst auszulegen scheint. Aus dem Text kristallisieren sich demnach folgende drei Hauptkritikpunkte gegen Foucaults Interpretation heraus:
1. Das Gefühl der Zugehörigkeit, sich als Teil der ganzen Welt zu fühlen, ist das wesentliche Element an den Übungen der Lebenskunst und nicht die Lust an sich selbst. Es geht nicht darum, eine neue Subjektivität für sich zu wählen, sondern sein Selbst zur universellen Vernunft zu transzendieren.
3. Foucault blendet die Selbstüberschreitung aus. Durch die Anwendung der praktischen Lebenskunst lebt man nicht mehr in der gewöhnlichen Welt, sondern in der Welt der Natur oder Physik. Man erlebt eine neue Art, in der Welt zu sein.
Foucault entlehnte seine Ideen zur Veränderung des Selbst durch Techniken wesentlich aus Hadots Schriften. Jedoch hat er anscheinend den Sinn antiker Lebenskunst stark abgewandelt. Diese Hausarbeit soll daher Hadots drei wesentliche Kritikpunkte näher beleuchten, prüfen und einen Vergleich beider Interpretationen der antiken Lebenskunst darstellen. Inhaltlich ist die Hausarbeit analog zu den drei Kritikpunkten aufgeteilt. Die Einstiegsfrage, wie nach Foucault eine Umformung der Persönlichkeit, eine Neusubjektivierung, praktisch vollzogen werden kann, wird anhand des vierten Abschnitts Übungen zur Erkenntnis des Selbst- und Natur versucht zu beantworten.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Der Unterschied zwischen Lust und Freude
- Die Freude am Ich oder an der göttlichen Vernunft
- Das wahre Gute bei Seneca
- Die Freude an sich selbst bei Foucault
- Übungen zur Erkenntnis des Selbst und der Natur
- Foucaults Ästhetik der Existenz
- Die Therapie des Selbst
- Die eidetische und onomastische Meditation
- Schluss
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Hausarbeit untersucht die Interpretationen antiker Lebenskunst durch Michel Foucault und Pierre Hadot. Ziel ist es, Hadots Kritik an Foucaults Interpretation anhand von drei Hauptpunkten zu beleuchten und einen Vergleich beider Ansätze zu liefern. Die Arbeit wird die Frage, wie nach Foucault eine Neusubjektivierung praktisch vollzogen werden kann, im Zusammenhang mit Übungen zur Selbsterkenntnis und der Natur behandeln.
- Die unterschiedlichen Zielsetzungen der antiken Lebenskunst nach Foucault und Hadot
- Der Unterschied zwischen Lust und Freude als wesentliches Element antiker Selbsterkenntnis
- Die Bedeutung der Selbstüberschreitung und der Verbindung zur universellen Vernunft
- Die Rolle von Selbsttechniken und Praktiken im Kontext antiker Lebenskunst
Zusammenfassung der Kapitel
- Die Einleitung stellt den Ausgangspunkt der Hausarbeit dar und führt in die Thematik ein. Sie beleuchtet Foucaults Interesse an der antiken Lebenskunst und seine These der möglichen Neusubjektivierung.
- Kapitel 2 befasst sich mit dem Unterschied zwischen Lust und Freude, wobei Hadots Kritik an Foucaults Interpretation der antiken Lebenskunst als Lust-Ethik im Fokus steht.
- Kapitel 3 analysiert den Streitpunkt der Selbstüberschreitung und die Bedeutung des Gefühls der Zugehörigkeit zur Welt, welches Hadot als wesentliches Element antiker Lebenskunst betrachtet, im Gegensatz zu Foucaults Fokus auf die Freude am Selbst.
- Kapitel 4 beschäftigt sich mit Foucaults Konzept der Selbsterkenntnis und der Rolle von Techniken in der Transformation des Selbst. Es werden die verschiedenen Ansätze und Praktiken der antiken Lebenskunst, wie beispielsweise die Therapie des Selbst und die eidetische Meditation, im Kontext der Neusubjektivierung behandelt.
Schlüsselwörter
Die Schlüsselwörter dieser Arbeit sind: antike Lebenskunst, Michel Foucault, Pierre Hadot, Selbsterkenntnis, Selbsttechniken, Neusubjektivierung, Freude, Lust, Selbstüberschreitung, universelle Vernunft, eidetische Meditation, Therapie des Selbst.
- Citar trabajo
- Anonym (Autor), 2017, Die Sorge um sich oder der vollkommenen Vernunft. Ein Vergleich zwischen Foucaults und Hadots Interpretation antiker Lebenskunst, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/496863