Dispositive im Vergleich. Unterschiede und Parallelitäten der Unterwelt im Film "12 Monkeys" und Platons "Höhlengleichnis"


Dossier / Travail, 2019

15 Pages, Note: 1,7


Extrait


Gliederung

1. Einleitung

2. Gilliams „12 Monkeys”

3. Platons „Höhlengleichnis”

4. Das Dispositiv
4.1 Einordnung des Hauptprotagonisten James Cole in das Dispositiv
4.2 Einordnung des Hauptprotagonisten „der Erleuchtete” in das Dispositiv

5. Vergleich der Dispositive des James Cole und „des Erleuchteten”

6. Fazit

7. Literaturverzeichnis

8. Internetquellen

9. Filmverzeichnis

„Dispositive im Vergleich: Unterschiede und

Parallelitäten der Dispositive der Unterwelt in Gilliams 12 Monkeys und Platons Höhle im Höhlengleichnis.”

"Nothing sorts out memories from ordinary moments.

It is only later that they claim remembrance, when they show their scars."

—Chris Marker, „La Jetee"

1. Einleitung

In der vorliegenden Arbeit sollen die Dispositive zweier fiktiven Geschichten, welche in ihrer Entstehung über 2000 Jahre auseinander liegen, verglichen werden. Als Basis dieses Vergleichs, dient Gilliams Film 12 Monkeys als Basis und wird mit Platons Höhlengleichnis verglichen. Zuvörderst werden die beiden Geschichten kurz beschrieben, anschließend wird der Begriff des Dispositivs erläutert, die beiden Hauptprotagonisten in ebendieses eingeordnet und abschließend verglichen. Da der Begriff des Dispositivs vielschichtig ist und viel Spielraum lässt, wird er hier lediglich in der in Kapitel 4. definierten Form, als Grundlage für den vorliegenden Vergleich, behandelt. Platons Höhlengleichnis ist wohl eines der meistzitiertesten und berühmtesten philosophischen Werke der Menschheit und dadurch vielseitig auslegbar. Die Einordnung des Dispositivs und der damit verbundene Ansatz wird hier in der Arbeit definiert.

Sowohl Gilliam als auch Platon sind in ihren Bereichen Koryphäen, inwieweit sich Parallelitäten und Unterschiede eines modernen Films und eines Antiken Gleichnisses aufzeigen, wird folgend gezeigt.

2. Gilliams „12 Monkeys”

12 Monkeys [1], im Original „Twelve Monkeys”, ist ein Science-Fiction-Film[2] des amerikanischen Filmregisseurs und Drehbuchautors Terry Gilliam, aus dem Jahre 1995. Als Drehbuchvorlage diente ein französischer Kurzfilm aus dem Jahre 1962, La Jetee.[3] Der deutsche Film- und Kulturkritiker Georg Seeßlen bescheinigte im Jahre 2005 Terry Gilliam folgendes zu sein: „[...]einer der eigenwilligsten und bildmächtigsten Regisseure unserer Zeit, er schlage in jedem seiner Filme eine Brücke zwischen den Kulturen, der pragmatisch-materialistischen der Neuen und der fantastisch-spirituellen der Alten Welt."[4]

Der zu behandelnde Film 12 Monkeys spielt in der apokalyptischen Zukunft von 2035. Die Oberfläche des Planeten ist für Menschen nicht mehr bewohnbar. Nachdem, als Folge einer Virus-Pandemie[5], 99% der Menschheit starben, lebt der übriggebliebene Menschheitsteil in einem unterirdischen System. Forscher haben die Möglichkeit zur Zeitreise entdeckt und es sich zur Aufgabe gemacht durch gezieltes Zeitreisen Nachforschungen anzustellen, um den Ausbruch ebendieser Pandemie zu verhindern. Die Forscher selbst sind nicht die Exekutive der Zeitreisen, sondern Gefangene, welche als sogenannte Freiwillige zur Zeitreise auserkoren werden. Die Gefangenen leben, Käfig an Käfig, in kleinen Gitterkäfigen und haben wenig bis keine Kenntnis über die Außenwelt. Aufgrund von Mundpropaganda unter den Gefangenen wird vermutet, dass einige Freiwilligen, welche nach der Zeitreise nicht wiederkamen. Wirklich gewusst wird allerdings nichts. Ihre Realität beschränkt sich auf den Käfig und die Sinneseindrücke drum herum, sowie auf Interaktionen mit den Forschern, nachdem sie als Freiwillige von einem automatisierten System von ihrem Käfig zu den Forschern gebracht werden.

Joe Cole, gespielt von Bruce Willis, ist der Hauptprotagonist in Terry Gilliams 12 Monkeys. Ebendieser wird von den Forschern aufgrund seiner nach außen hin konsistenten Psyche zur Zeitreise auserkoren und soll in das Jahr 1996 reisen um dort die scheinbaren Verursacher der Pandemie ausfindig zu machen. Die Verursacher sollen eine Gruppe von Menschen sein, welche den titelgebenden Namen 12 Monkeys tragen. Sollte Cole von seiner Reise ausschlaggebende Informationen unter Tage bringen, zurück nach 2035, so soll ein Straferlass folgen. Cole leidet seit seiner Kindheit an Flashbacks[6], in welchen er eine Szenerie einer Schießerei in einem Flughafen sieht.

Seine erste Zeitreise geht nicht wie geplant in das Jahr 1996, sondern in das Jahr 1990. Dort wird er aufgrund seiner apokalyptischen Aussagen für psychisch krank erklärt und in eine geschlossene Klinik für psychisch Kranke eingewiesen. Cole wird hier unter starke Psychopharmaka gestellt und fängt an zu hinterfragen was die eigentliche Realität und Wirklichkeit ist. Hier lernt er auch den tatsächlich psychisch Gestörten Jeffrey Goines, Sohn eines bekannten Virologen kennen. Nachdem er, gerade in Quarantäne befindlich, wieder zurück in das Jahr 2035 geholt wird, kommt es nach Erklärung des Sachverhalts zu einer weiteren fehlerhaften Zeitreise inmitten eines Grabenkrieges des Ersten Weltkrieges. Angeschossen wird er ohne Zwischenstopp direkt in das Jahr 1996 transferiert. Nach einiger Suche und Erkenntnis wird er jedoch abermals in das Jahr 2035 zurückgeholt. Nun selbst an seiner psychischen Unversehrtheit zweifelnd, möchte er zurück in das Jahr 1996 um dort, an der Seite einer bereits 1990 kennengelernten Ärztin, in der für sich „besseren Realität” zu leben und sich behandeln zu lassen. Die Beiden gehen nun gemeinsam auf die Jagd nach den 12 Monkeys und erkennen deren wahre Berufung, die Befreiung von Zootieren. Als sie gemeinsam an einem Flughafen ankommen um noch einmal das Meer zu sehen, überschlagen sich die Ereignisse, Cole wird vor seinen eigenen Augen erschossen - dies ist die Szenerie des Flashbacks aus seiner Kindheit, er hat sich selbst sterben sehen - und der Virus wird trotzalledem oder gerade deshalb freigesetzt. Gilliam lässt das Ende des Films offen.

3. Platons „Höhlengleichnis”

Das Höhlengleichnis von Platon (428/427-348/347 v. Chr.), ist in seiner Politeia[7] zu finden.[8] Jörg Disse bezeichnet das Gleichnis als die bekannteste und berühmteste Stelle aus Platons Werken überhaupt. Er bescheinigt dem Gleichnis eine Zweiweltenlehre zwischen „[...] der uns unmittelbar zugänglichen Wirklichkeit und der ihr zugrunde liegenden Wirklichkeit der Ideen [...]” zu sein.[9] Der Autor, Künstler und Professor Mischa Kuball geht dabei noch weiter und schreibt, dass Platon hier „[...] zwischen zwei Formen der Realität - der Realität der visuellen Welt und der Realität der Ideen”, unterscheidet.[10] Wie fast alle Werke Platons ist auch dieses als Dialog, hier zwischen Platons Lehrer Sokrates und seinem älteren Bruder Glaukon, aufgebaut. Sokrates lässt Glaukon in folgendes Gleichnis-Gedankenspiel eintauchen:

In einer „[...] höhlenartigen Wohnstatt unter der Erde [...]”[11] sind Gefangene, welche noch nie das Tageslicht erblickt haben, an Nacken und Schenkeln gefesselt, sodass diese ihren Kopf nicht bewegen können und immer an einer Stelle verharren müssen. Die Gefangenen blicken dabei dauernd auf ein und dieselbe Höhlenwand. Hinter ihnen brennt eine Lichtquelle, ein Feuer. Dazwischenliegend ist ein Weg der „[...] zwischen den Gefangenen und dem Feuer nach oben führt.”[12] Auf diesem Wege tragen Menschen allerhand Dinge vorbei. Da eine Mauer zwischen den über den Weg laufenden Menschen und den Gefangen, sowie der Höhlenwand ist, sehen die Gefesselten lediglich die geworfenen Schatten der Dinge, nicht der Menschen selbst. Die Höhlenbewohner halten die Schatten für die einzige Wahrheit und Realität, denn sie kennen ja nichts anderes. Platon schreibt, dass selbst wenn einer der Gefangenen von seinen fesseln befreit sei und sich gen Feuer wenden könne, er von der Lichtquelle geblendet werde und seine „[...] Befreiung und Heilung (vom Unverstand)”[13] misslingen würde. Für denjenigen, welcher den Kopf nur wendet, gibt es keine Antwort auf das Wesen der Dinge. Er würder sogar davonlaufen und sich wieder dem ihm Bekannten zuwenden.

Wenn einer den Gefangene nun mit Gewalt über den steilen und felsigen Weg hinaus aus der Höhle führt, so wird er erst keinen Schmerz und Widerwillen empfinden, wenn er den Glanz des Lichtes der Außenwelt erblickt.[14] In der Außenwelt angekommen, braucht der einst Gefesselte erst einmal eine gewisse Gewöhnungszeit, um die Dinge so zu erkennen wie sie wirklich sind, bis er schlussendlich das eigentliche Wesen der Sonne, die Wahrheit erkennt. Folgend wird er kein Interesse mehr haben zurück in die Unterwelt zu den Schattenspielen und seinen Gefesselten zurückzukehren. Sollte er dennoch zurückkehren, so bräuchte es wiederum einige Gewöhnungszeit um die Schatten überhaupt erkennen zu können. Selbst dann würden die anderen Gefangenen über ihn lachen, ihm verdorbene Augen attestieren.[15] Unternimmt der Erleuchtete und Zurückgekehrte das Vorhaben, die Ketten der anderen Gefangenen zu lösen und sie an die Außenwelt zu führen, so ist er durch die Anderen zum Tode verdammt.

4. Das Dispositiv

Zuvörderst sei der Terminus des Dispositivs zu klären; der Wortstamm wurzelt im französischen: dispositif = Vorkehrung, Einrichtung, Anordnung. Der Begriff des Dispositivs wurde vom französischen Philosophen, Psychologen und Soziologen Michel Foucault eingeführt und als Netz zwischen heterogenen Elementen, welches geknüpft werden kann beschrieben.[16] Der Begriff wird von Foucault vielschichtig gebraucht, er soll „[...] die Natur der Verbindungen deutlich machen und eine Art von Formation sein, deren Hauptfunktion zu einem gegeben historischen Zeitpunkt darin besteht, auf einen Notstand zu Antworten.”[17]

Foucault erwähnt bezüglich des Dispositivs, dass es „[...] immer in ein Spiel der Macht eingeschrieben, immer aber auch an eine Begrenzung (des Wissens) [...]”[18] gebunden ist. Um den Rahmen der vorliegenden Arbeit nicht zu sprengen, wird der Begriff hier, als Basis für einen Vergleich der Unterwelt von 2035 in Gilliams 12 Monkeys und der Höhle in Platons Höhlengleichnis, etwas reduziert betrachtet. Demzufolge soll das Dispositiv in dieser Arbeit unter besonderer Berücksichtigung der Anordnungen der jeweiligen Hauptprotagonisten zu ihrer Lokalisation, deren Verbindungen, Suche nach Antwort und Stellung innerhalb eines Machtverhältnisses untersucht und verstanden werden. Das Dispositiv, also Formation und Verbindung, besteht hierbei zwischen den jeweiligen Individuen (James Cole und „der Erleuchtete”, welche die foucaultsche Bedingung der Begrenzung des Wissens, was hier auch untersucht werden soll, aufweisen), der Lokalisation der Individuen und der für die Individuen unbekannten Realität außerhalb ihrer Höhle oder Unterwelt, sowie zu anderen Akteuren innerhalb des Dispositivs.

4.1 Einordnung des Hauptprotagonisten James Cole in das Dispositiv

„Wenn die Unbekannten Regionen weiterhin kartographiert werden, sollten sie bald einen anderen Namen bekommen."

—Wedge Antilles, „Das letzte Gefecht.”

Als Grundlage für einen Vergleich der Dispositive sollen hier die Szenen im Jahre 2035, sowie teilweise die direkt voraus- und nachfolgenden Szenen dienen. Nach einem kurzen Traum des in Kapitel 2. erläuterten Flashbacks, erwacht Cole - Häftling Nummer 87545 - direkt zu Anfang des Films in seiner Zelle, welche ein Käfig ist der nicht viel Platz zur Bewegung bietet.[19] Direkt wird er als Freiwilliger von einem Roboterarm aus seinem Käfig geholt, wobei Cole betont, dass er kein Freiwilliger sei.[20] Nachdem er sich luftdicht kleidet, einen Reinigungsprozess überwacht von zwei Wächtern durchläuft und selbst einen Fahrstuhl und einen Gebäudetrakt durchläuft, öffnet er einen Gullideckel, um die obere Welt zu betreten, in welcher er seiner Aufgabe des Suchens nach Hinweisen bezüglich des Virus nachzugeht.[21] Er sammelt einige Insekten und begegnet einigen Tieren wie einem Bären[22] und einem Löwen.[23] Die Natur hat sich das einst menschliche Habitat zurückgeholt.

Nach seinem Suchausflug an der Oberfläche wird Cole wieder gereinigt um einer etwaigen Vireninfektion der Unterwelt vorzubeugen, wobei aus dem Off über einen Lautsprecher betont wird: „Beim geringsten Anzeichen einer Virufinfektion wird die Rückkehr in die sichere Bevölkerung verweigert.” Darauffolgend ergänzt die Stimme, dass heute noch die vorgeschriebenen Sozialisationskurse über die Thematik des „permanenten Ausnahmezustandes” stattfinden.[24] Nach der Waschung werden die Machtverhältnisse klar, an Ketten wird er von zwei Wächtern in einen Raum geleitet. Hier wird er im Close Up gescannt[25]

[...]


[1] TWELVE MONKEYS (12 Monkeys, Terry Gilliam, 1995).

[2] lt. Filmlexikon Uni Kiel: aus dem Engl., wörtlich: Wissenschafts-Fiktion; manchmal: Zukunftsfilm, utopischer Film; oft abgekürzt als: SF, Sci-Fi, SciFi; im Engl. manchmal auch: science fantasy, speculative fiction.

[3] LA JETEE (Am Rande des Rollfelds, Chris Marker, 1962).

[4] Vgl.: SEEßLEN, Georg: in getidan: Autoren über Kunst und Leben; aufgerufen am 28.Februar 2019.

[5] Lt. Duden: Der Begriff Pandemie benennt eine Seuche, die sich im Gegensatz zur Epidemie nicht auf ein begrenztes Gebiet beschränkt, sondern sich über ganze Landstriche, Länder oder sogar weltweit ausbreitet.

[6] Lt. Duden: psychologisches wiederkehrendes Erinnerungsbild.

[7] Deutsch: der Staat.

[8] PLATON, Politeia, Buch 7, S. 514a - 517a.

[9] DISSE, Jörg: Kleine Geschichte der abendländischen Metaphysik. Von Platon bis Hegel, Darmstadt, 2001, S. 22.

[10] KUBALL, Mischa: Platons Spiegel. Platons Spiegel und die Aktualität des Höhlengleichnisses, Köln 2012.

[11] BLUM, Wilhelm: Höhlengleichnisse. Thema mit Variationen, Bielefeld, 2004, S.25.

[12] Ebd.

[13] Vgl. ebd., S. 27.

[14] Vgl. ebd..

[15] Vgl. ebd., S.29.

[16] Vgl. FOUCAULT, Michel: Dispositive der Macht. Über Sexualität, Wissen und Wahrheit : Wahrheit und Macht, Berlin 1978, S.120.

[17] Ebd., S. 120.

[18] Ebd., S.123.

[19] TC: 0:02:35.

[20] TC: 0:03:41.

[21] TC: 0:05:35.

[22] TC: 0:06:29.

[23] TC: 0:08:25.

[24] TC: 0:08:55.

[25] TC: 0:09:12.

Fin de l'extrait de 15 pages

Résumé des informations

Titre
Dispositive im Vergleich. Unterschiede und Parallelitäten der Unterwelt im Film "12 Monkeys" und Platons "Höhlengleichnis"
Université
http://www.uni-jena.de/  (Philosophische Fakultät)
Note
1,7
Auteur
Année
2019
Pages
15
N° de catalogue
V497317
ISBN (ebook)
9783346010513
ISBN (Livre)
9783346010520
Langue
allemand
Mots clés
Dispositive im Vergleich: Unterschiede und Parallelitäten der Dispositive der Unterwelt in Gilliams 12 Monkeys und Platons Höhle im Höhlengleichnis.
Citation du texte
Paul Hoheisel (Auteur), 2019, Dispositive im Vergleich. Unterschiede und Parallelitäten der Unterwelt im Film "12 Monkeys" und Platons "Höhlengleichnis", Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/497317

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