Dichtung des 15. und 16. Jahrhunderts: Der farendt Schuler im Paradeiß von Hans Sachs


Trabajo de Seminario, 2003

23 Páginas, Calificación: 2+


Extracto


Inhaltsverzeichnis

1. Einleitung

2. Fastnacht und Fastnachtspiele

3. Hans Sachs´ Fastnachtspiel Der farendt Schuler im Paradeiß
3.1 Figureninventar im Fastnachtspiel von Hans Sachs
3.2 Die Pewrin
3.3 Der Pewr
3.4 Der farendt Schuler

4. Fazit

5. Anhang : Text zu „Der farendt Schuler im Paradeiß“

1. Einleitung

Die Literatur des ausgehenden Mittelalters und der Frühen Neuzeit ist fast ausschließlich eine Literatur des Stadtbürgertums. Die Bürger, die sich durch Handel und Gewerbefleiß eigene Existenzen aufgebaut hatten, drängten auch in der Literatur nach eigenen Ausdrucksformen. Die Unsicherheit des Lebensgefühls und der gesellschaftlich – sozialen Situation dieser Epoche spiegelt sich in einer Vielfalt der Literaturgattungen wider.

Minnesang und höfische Spruchdichtung fanden im organisierten Meistersang zünftiger Handwerker ihre Nachahmung. Aus den Ritterepen entwickeln sich die Volksbücher, d.h. unterhaltende Prosa.

Schwanksammlungen und Fastnachtsspiele dienten ebenfalls der Unterhaltung. Diese reichhaltige satirische Literatur prangert über die verschiedensten Medien die Missstände der Zeit und die Torheit der Menschen an – geschrieben, gesungen oder als Theaterstück aufgeführt.

In dieser Arbeit werde ich mich ausnahmslos mit der Gattung des Fastnachtspiels befassen. Dazu wird der Begriff der Fastnacht näher erklärt, auf den Ursprung des Begriffes eingegangen und Fastnachtspiele im Allgemeinen näher beleuchtet. Hauptaugenmerk werde ich dabei auf das Fastnachtspiel „Der farendt Schuler im Paradeiß“ von Hans Sachs legen, dessen Figureninventar ich untersuchen, analysieren und beschreiben werde.

Dabei werde ich die Frage klären, was die Funktion eben dieses Fastnachtspiels ist. Soll es einfach nur die männliche Überlegenheit gegenüber der Frau zum Ausdruck bringen oder hat es eher eine allgemeingültige erzieherische Funktion?

Ich schreibe diese Arbeit nach der neuen Rechtschreibreform.

2. Die Fastnacht

Die Fastnacht (Fastelabend) bezeichnet eine Zeit der Ausgelassenheit bis zum Dienstag vor Aschermittwoch – den Beginn der von der Kirche geforderten vorösterlichen Fastenzeit. Für die Kirche war die Fastnacht ein Teil der traditionellen Festordnung und hatte darin ihre didaktische Funktion:

Sinn der Fastnacht war es, den Beteiligten zu verdeutlichen, wie sehr sie der Sündentilgung und der Erlösung bedürftig waren. Indem die Kirche in dieser strikt begrenzten Zeitspanne dem Tanz, dem Suff, der Völlerei, den sexuellen Annäherungen, den öffentlichen Darstellungen der Triebhaftigkeit und den Maskierungen (die das Lasterhafte überdimensional verzerrten) nicht widersprach, hoffte sie, dass sich als Reaktion Widerwille und Bußfertigkeit einstellten. Dass dies wirklich eintrat, darf stark bezweifelt werden.[1]

Das Wort Fastnacht kommt in alter Zeit (wie im Volksmund noch heute in der Schweiz, in Schwaben etc.) nur in der Form Fasenacht oder Fasnacht (Faßnacht) vor, was auf das alte Verbum "fasen" (faseln, d. h. Possen treiben, Unfug reden) zurückgeführt wird. Die jetzige Form, mit Anlehnung an fasten, trat zuerst in Norddeutschland auf und hat seit dem 18. Jahrhundert die andere aus der Schriftsprache verdrängt. Wie vom Wortstamm her schon deutlich wird, hängen die Fastnachtspiele eng mit der Fastnacht und den Fastnachtsbräuchen zusammen.

Fastnachtsspiele sind komische Possen, welche im 15. Jahrhundert in Deutschland entstanden und als die ersten Anfänge weltlicher Spiele gelten. Man erklärt ihren Ursprung dadurch am einfachsten, dass um die Zeit der Fastnacht junge Burschen verkleidet aus einem Haus in das andere zogen, um ihre Bekannten zu erheitern und zu unterhalten. Dies führte allmählich zu wirklichen Vorstellungen, die mit einem Dialog, zuletzt sogar mit szenischen Anordnungen verbunden wurden und weltliche und komische Elemente in sich aufnahmen und weiter ausbildeten. Am Anfang wurden die Stücke improvisiert; bis tief ins 15. Jahrhundert hinein traten Fastnachtspieler auch in Wirtsstuben auf. Die „Spielrotte“[2], hauptsächlich aus Handwerkern bestehend, drang in das Wirtshaus ein, stellte eine Spielfläche her und zog nach dem Spiel zum nächsten Gasthaus weiter. Während des Spiels bestand unmittelbarer Kontakt zum Publikum, das durch Zwischenrufe, Gelächter und Beifall ins Spielgeschehen eingreifen oder die Spieler anfeuern konnte. Der soziale Charakter dieser Stücke war von großer Wichtigkeit: In Fastnachtspielen wird gerade das übertrieben dargestellt, was bei anderen Hass und Neid erregte, um es durch Lächerlichmachen wenigstens etwas abzureagieren. Aber die Menschen wurden dabei nicht nur lächerlich, sondern geradezu verächtlich gemacht, und zwar vom bequemen Standpunkt des Kleinbürgers aus, dem alles Höhere fernliegt. Gerade das Hässliche, also das Hassenswerte, wird auffallend scharf gesehen und entsprechend kraß herausgestellt. Laster und Gebrechen, die Sphäre des Geschlechtlichen und das Obszöne und Unsittliche waren besonders beliebt. Das Grobe und Derbe, Flüche und gemeine Redensarten gehören zum Repertoire dieser Spiele, bei denen die Frauen meist eher schlecht als recht wegkommen.[3]

Fastnachtspiele waren aber keineswegs „kunstlos“, nur weil sie während des Fastnachttreibens aufgeführt wurden. Immer wieder ist auf ihren Sprachwitz und Pointenreichtum hingewiesen worden, und auch ihre Strukturen haben viel Aufmerksamkeit auf sich gezogen.[4]

Hans Sachs erhob das Fastnachtsspiel zu künstlerischer Gestalt, man findet darin einen derben Witz und neben manchen Sittensprüchen auch nicht selten geradezu Unflätigkeiten.

Witzige Sprachspiele und Doppelsinnigkeiten weisen jedoch nicht nur auf die komischen Pointen und Übertreibungen der Fastnachtspiele hin, sondern gehen sehr oft auch zu Lasten der Frauen und anderer sozial Schwacher in der Gesellschaft der Städter. In vielen Fastnachtspielen – vor allem bei Hans Folz – begegnen einem frauenfeindliche Bilder : Die Frau erscheit als von Natur aus verdorben und entspricht ganz dem Typus des „übel wîp“. Sie lockt Liebhaber an, um sie anschließend auszurauben, prügelt ihren Ehemann und macht ihn zum Narren im Haus. Oft zeichnet sie sich aber einfach nur als naiv, gutmütig und dumm ab, was sehr gut ins patriarchalische Gesellschaftsbild dieser Zeit passt. Fastnachtspiele scheinen daher auch als die Verschriftlichung männlicher Wünsche zu gelten, in denen sie ihre Vormachtstellung gegenüber der Frau immer wieder beweisen. Ob das Fastnachtspiel „Der farendt Schuler im Paradeiß“ von Hans Sachs auch ein solch frauenverachtendes Werk ist oder doch eher eine moralisch – didaktische Funktion übernimmt, werde ich auf den folgenden Seiten diskutieren.

3. Hans Sachs´ Fastnachtspiel Der farendt Schuler im Paradeiß

Dieses Fastnachtspiel ist ein Handlungsspiel in dem mehrere Charaktere bzw. Typen (auf dieses Problem der Differenzierung werde ich später genauer eingehen) miteinander einen humorvoll – unterhaltenden Dialog aufführen.

Die meisten Fastnachtspiele von Hans Sachs beschränken sich auf einen Umfang von ca. 300 – 400 Versen und drei bis höchstens sechs Spielern. Auch Der farendt Schuler im Paradeiß macht da keine Ausnahme. Das Spiel umfasst 323 Zeilen und kommt mit drei Spielern aus. Es konzentriert sich auf einen einfachen, linearen Ablauf eng begrenzter Ereignisse[5], die vornehmlich aus dem Alltagsleben stammen und die sich ohne besonderen szenischen Aufwand darstellen lassen. Die Aktionen der Figuren sind sorgfältig geplant, inhaltlich nachvollziehbar und straff auf einen dramatischen Höhepunkt hin ausgerichtet.

Dieses Fastnachtspiel gehört zu jenen Stücken, in denen kleinere Begebenheiten aus dem alltäglichen Leben behandelt werden. Dabei steht formell die Ausgestaltung der jeweils vorgegebenen Situation im Vordergrund. Spiele dieser Art sind daher eher handlungsarm und leben vor allem vom Dialog und von schwankhaften Pointen.

Thematisch greift Sachs in vergleichbaren Stücken dieser Art vor allem auf banale, alltägliche Ereignisse des Lebens, vor allem in der Ehe zurück. Laster wie Untreue, Eifersucht, Herrschsucht und Geiz werden als existent aufgezeigt und der Lächerlichkeit preisgegeben.[6]

Bevor ich auf die Figuren des o.g. Fastnachtspieles näher eingehe, um ihre Aktionen und Vorgehensweisen zu erklären, ist es notwendig, sich den Text vor Augen zu halten, um den Inhalt vollständig erfassen zu können.

3.1 Das Figureninventar im Fastnachtspiel von Hans Sachs

Charaktere aus der bäuerlichen Schicht tauchen in Sachs´ Spielen sehr häufig auf und dienen ihm vor allem als komische Figuren. Den Erwartungen seines meist bürgerlichen Publikums entsprechend dienten bäuerliche Figuren in erster Linie zur Belustigung der höheren Schichten: sie sind dumm, verschlagen, nicht unbedingt ehrlich, berechnend und legen sich meist selbst hinein.[7] So scheint das auch in Der fahrendt Schuler ins Paradeiß der Fall zu sein , wo ein Bauernpärchen durch die Tricks eines Wanderstudenten hinter das Licht geführt wird. Wie schon erwähnt besteht das hier zu untersuchende Fastnachtspiel aus drei Figuren:

Der Pewrin, dem Pewr und dem farendt Schuler.

Diese drei Figuren werde ich im Folgenden näher beschreiben und außerdem die Frage klären, ob sie als Charaktere oder eher als Typ(us) gelten können.

3.2 Die Pewrin (Bäuerin)

Die Bäuerin ist sich ihrer Rolle als Frau und Ehefrau innerhalb der Gesellschaft sehr bewusst. Sie gilt als das „Weib des Bauern“, nicht als eigenständige Persönlichkeit. Der Bauer hat sie „erworben“ wie man einen Besitz oder ein „Viech“ erwirbt. Somit wurde die Frau ihrem Platz zugewiesen: Sie ist dem Mann zugehörig wie eine Ware, die man erwirbt. Dadurch, dass sie Heim, Herd und Hof in Ordnung hält, ist sie von Nutzen für den Mann. Sie hat weder die Freiheit ihre eigenen Entscheidungen zu treffen, noch gehört ihr etwas vom Besitz des Bauern. Es ist rechtlich gesehen sein Hof; die Frau ist nur ein kleiner Teil des bäuerlichen Besitzes. Eine Ehegemeinschaft, in der man(n) teilt, existiert nicht. Außerdem kann davon ausgegangen werden, dass es nicht ihr freier Wille war, den Bauern zu heiraten (hab bey jm weder frewdt noch mut, Z.13. ), es war jedoch das kleinere Übel gegenüber einem sozial noch schlechter gestelltem Leben als geschiedene Ehefrau.

Neben harter Arbeit auf dem Hof, wo sie durchaus als eine dem Mann ebenbürtige Arbeiterin gilt, hat sie auch noch die Schläge des Mannes zu erdulden (rutsches aus jm sejn hand), die an der Tagesordnung zu sein scheinen, da sie diese Art der Misshandlung durch den eigenen Ehemann auch noch rechtfertigt. Dies geschieht einerseits aus der weiblichen Abhängigkeit vom Mann, wirtschaftlich sowie sozial. Verärgert sie ihn, verlässt ihn vielleicht sogar, ist das ihr wirtschaftliches und gesellschaftliches Todesurteil. Andererseits rechtfertigt sie seine Taten, weil sie gelernt hat, die Frau sei aus dem Leibe des Mannes erschaffen worden und sei ihm somit untergeordnet.

[...]


[1] Vgl. Nusser, Peter (1992): Deutsche Literatur im Mittelalter. –Stuttgart : Krüner Verlag. S. 325.

[2] Vgl. Bastian, Hagen (1983): Mummenschanz. Sinneslust und Gefühlsbeherrschung im Fastnachtspiel des 15. Jahrhunderts, Frankfurt/M., S. 13.

[3] Prang, Helmut (1968): Geschichte des Lustspiels. - Stuttgart: Kröner Verlag. S.47/48.

[4] Vgl. Catholy, Eckehard ( 1966) : Fastnachtspiel. – Stuttgart : Poeschel Verlag. S. 7.

[5] Könneker, Barbara (1994): Hans Sachs. In: Deutsche Autoren 4, Gütersloh/ München. S. 381.

[6] Vgl. Könnecker, S.381/382.

[7] Vgl. Listerman, Randall W. (1990): Nine Carnival Plays by Hans Sachs . Ottawa. S.22.

Final del extracto de 23 páginas

Detalles

Título
Dichtung des 15. und 16. Jahrhunderts: Der farendt Schuler im Paradeiß von Hans Sachs
Universidad
University of Potsdam  (Institut für Germanistik)
Calificación
2+
Autor
Año
2003
Páginas
23
No. de catálogo
V49814
ISBN (Ebook)
9783638461719
ISBN (Libro)
9783668215870
Tamaño de fichero
659 KB
Idioma
Alemán
Notas
Inkl. Originaltext im Anhang (9 Seiten)
Palabras clave
Dichtung, Jahrhunderts, Schuler, Paradeiß, Hans, Sachs
Citar trabajo
M.A. Nicole Gast (Autor), 2003, Dichtung des 15. und 16. Jahrhunderts: Der farendt Schuler im Paradeiß von Hans Sachs, Múnich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/49814

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