Zunächst untersuche ich die Art und Weise, wie die Geschichte des Romans erzählerisch vermittelt wird, um dann zu fragen: ‚Warum wird sie gerade so vermittelt und nicht anders, welche Funktion könnte die gewählten Darstellungsverfahren, verstanden als integraler Bestandteil eines „politische[n], demokratische[n] Roman[s]“9, haben?’. Bei meiner narratologischen Betrachtung von „Die kleine Stadt“ stütze ich mich im Wesentlichen auf die von Gérard Genette in seinem Standardwerk „Die Erzählung“10, formulierte Erzähltheorie. Genette unterscheidet fünf Hauptkategorien der Erzähltextanalyse (1. Ordnung, 2. Dauer, 3. Frequenz, 4. Modus, 5. Stimme11). Im Hinblick auf die erzählerischen Eigenarten des Romans scheint es mir nicht sinnvoll diese Kategorien unbesehen in die narratologische Analyse aufzunehmen. So ist z.B. eine umfangreiche Untersuchung der Ordnung der Erzählung nicht nötig, da die chronologische Ereignisfolge seitens des Erzählers nicht ein Mal umgestellt wird. Fragen der Dauer lassen sich hier leicht im Zusammenhang mit dem Modus der Erzählung darstellen und auch eine Analyse der Frequenz erscheint wenig lohnend, da Ereignisse nur in der Form der singulativen Erzählung („,einmal erzählen, was sich einmal ereignet hat’“12) präsentiert werden. Ich werde mich also auf die Kategorien Modus (Distanz, Erzählung von Ereignissen und Worten/Gedanken, Fokalisierung) und Stimme (Funktionen des Erzählers) konzentrieren, wobei ich auch hier zur Analyse nur jene Unterkategorien heranziehe, die in Bezug auf den Untersuchungsgegenstand und die Zielsetzung dieser Arbeit einen wirklichen Erkenntnisgewinn versprechen.
Inhaltsverzeichnis
- „Die kleine Stadt“ – geistloser Roman eines „leeren Technikers“?
- Der Modus des Erzählens in „Die kleine Stadt“
- Erzählerische Distanz zum Geschehen
- Erzählung von Ereignissen in „Die kleine Stadt“
- Erzählung von Worten (und Gedanken) in „Die kleine Stadt“
- Fokalisierung in „Die kleine Stadt“
- Erzählerische Distanz zum Geschehen
- Funktionen des Erzählers in „Die kleine Stadt“
- Demokratisches Erzählen
- Die Erzähltechnik als Mittler des demokratischen Geistes von ,,Die kleine Stadt“
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Die Arbeit analysiert Heinrich Manns Roman „Die kleine Stadt“ aus narratologischer Perspektive und untersucht die Erzähltechnik als Ausdruck des demokratischen Geistes des Romans. Die Analyse konzentriert sich auf den Erzählmodus und seine Funktionen innerhalb des Textes.
- Das Verhältnis von Technik und Geist in der literarischen Produktion Heinrich Manns
- Die Verwendung des narrativen Modus in „Die kleine Stadt“ und seine Auswirkungen auf die Darstellung der Figuren und Ereignisse
- Die Rolle des Erzählers in der Konstruktion des demokratischen Geistes des Romans
- Die Verbindung von narrativer Technik und politischem Anliegen in der Erzählkunst Heinrich Manns
- Die Bedeutung von „Die kleine Stadt“ als Beispiel für ein demokratisches Erzählen
Zusammenfassung der Kapitel
Das erste Kapitel untersucht die Kritik am Roman „Die kleine Stadt“ und stellt Heinrich Manns eigene Sicht auf die Rolle der Technik in der Literatur dar. Es wird der Anspruch erhoben, dass die Erzähltechnik des Romans ein Mittel zur Vermittlung von Geist und Seele ist. Im zweiten Kapitel wird der Modus des Erzählens in „Die kleine Stadt“ beleuchtet. Es werden die erzählerische Distanz zum Geschehen, die Erzählung von Ereignissen und Worten sowie die Fokalisierung betrachtet. Das dritte Kapitel analysiert die Funktionen des Erzählers im Roman und untersucht, wie er die Illusion von Unmittelbarkeit schafft, gleichzeitig aber auch seine eigene Präsenz als Erzähler spürbar macht. Das vierte Kapitel beschäftigt sich mit dem Konzept des demokratischen Erzählens, wobei die Bedeutung von Gleichheit, Partizipation und Pluralität im Blick stehen.
Schlüsselwörter
Die Schlüsselwörter dieser Arbeit sind: Heinrich Mann, "Die kleine Stadt", Erzähltechnik, narratologische Analyse, demokratisches Erzählen, Distanz, Fokalisierung, Mimesis, Diegisis, politischer Roman.
- Arbeit zitieren
- Sven Soltau (Autor:in), 2005, Demokratisches Erzählen - Eine narratologische Analyse zu Heinrich Manns "politischem" Roman "Die kleine Stadt", München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/50020