Ethische Aspekte in der Leitbildentwicklung


Dossier / Travail, 2004

18 Pages, Note: 2


Extrait


1. Grundüberlegungen – Leitbilder

Ein offizielles Leitbild besitzen immer mehr Organisationen. Im Deutschen werden derartige Dokumente oftmals auch Organisationsleitbild, Organisationsgrundsätze, Organisationsphilosophie oder Organisationspolitik genannt.

Organisationen sind keine leitbildlosen Handlungsräume. Es gibt in jeder Organisation Leitbilder, die die Wahrnehmung, das Denken, Entscheiden und Verhalten der Mitarbeiter und Führungskräfte beeinflussen. Entscheidend ist allerdings zu fragen: Wie werden sie wahrgenommen? Welche sind es? Wie viele verschiedene gibt es? Worin bestehen die Differenzen zwischen vorhandenen und gewollten beziehungsweise verkündeten Leitbildern? Anzunehmen Leitbilder gäbe es nur dort, wo offiziell über sie gesprochen wird, wäre ein Trugschluss. Auch und gerade wenn, sie zunächst verborgen sind, wirken sie. Sei es in Entscheidungsprämissen des Managements oder den Wahrnehmungsmustern der Mitarbeiter. Ein weiterer Irrtum wäre es zu denken, alle Mitarbeiter einer Organisation folgen automatisch dem gleichen Leitbild. Leitbilder können nach verschiedenen Aspekten gestaltet, jedoch nie „gemacht“ werden.[1]

Da hier speziell auf die ethischen Aspekte in Leitbildern eingegangen werden soll, folgen nun einige Definitionen in denen diese Komponente handlungsleitend zu sein scheint.

„Das Leitbild ist Teil des obersten offiziell festgelegten Wertesystems einer Organisation. „ (vgl. Schwarz 1996, S. 457)

„Das Leitbild definiert Grundsätze, Ziele und das dem unternehmerischen Handeln zugrundeliegende Wertesystem. Es wird zum komprimierten Ausdruck der Unternehmensphilosophie.“ (vgl. Bernet 1982, S. 137)

„Das Leitbild, konkretisiert durch die Leitlinien, beschreibt die Philosophie des Unternehmens“ (vgl. Malorny 1991, S. 422)

„Unternehmenspolitische Leitvorstellungen beinhalten die grundlegenden generell abstrakten und meist langfristig gültigen Zielvorstellungen, Grundsätze und Verhaltensnormen und Verhaltensrichtlinien, welche die Unternehmenstätigkeit lenken, an denen sich die für das Unternehmen entscheidenden und handelnden Menschen orientieren sollen. Sie beziehen sich demnach in erster Linie darauf, was ein Unternehmen anstreben, erreichen bzw. verwirklichen will und wie es und die Unternehmensangehörigen sich dabei grundsätzlich verhalten sollen.“ (vgl. Eschenbach 1997, S. 48)

„Das Leitbild kann als geistige Grundlegung der Unternehmensarbeit verstanden werden.“ (vgl. Gabele 1992. S. 17)

„Die Unternehmenspolitik ist die innere Einstellung des Unternehmers und/oder der obersten Führungskräfte zu sämtlichen unternehmerischen Tätigkeiten; sie ist die weltanschauliche Grundlage der strategischen Führung und findet ihren synthetischen Ausdruck im Leitbild der Unternehmung. ... Das System der Unternehmensgrundsätze oder Leitmaximen wird als Leitbild bezeichnet.“ (vgl. Hinterhuber 1992, S. 59)

Im Leitbild „nimmt die Organisation dazu Stellung, wie sie sich sieht, welche Werte für sie wichtig sind, welche Aufgaben sie erfüllen will und wie sie dabei die Unternehmensumwelt und Unternehmensinwelt einbeziehen will.“ (vgl. Kattnig 1990, S. 93)[2]

„Ein Leitbild beschreibt insbesondere Ziele und Wertvorstellungen der Organisation und formuliert Prinzipien für die Bestimmung der Aufgabenfelder, für die Gestaltung der Organisation und für den Umgang der Mitarbeiter.“[3]

2. Ethische Aspekte in der modernen Unternehmensführung

Ethik, als Teilgebiet der Philosophie, bemüht sich darum, Fragen nach dem sittlichen Sollen des Menschen zu klären. „Wie soll ich leben?“„Was muss ich tun?“ sind die beiden Grundfragen, denen man sich im Leben, im Beruf und im Alltag immer wieder stellen muss. Die Antworten auf diese Fragen erfolgen letztendlich in Entscheidungen und im moralischen Handeln. Beim Abwägen möglicher Handlungsalternativen im beruflichen, wie auch privaten, Alltag spielen jedoch nie nur situativen Gegebenheiten, momentane Impulse, Gefühle oder psychische Zustände eine Rolle. Für denkende Menschen ist es eine Wesensaufgabe, vorhandene Verstandeskräfte einzusetzen und zu nutzen, wann immer verantwortetes Handeln folgen soll. Moralisches Handeln erhält seine Wertigkeit, indem der Mensch Begebenheiten, Vorkommnisse, Entscheidungen und Handlungen im Nachhinein bedenkt und beurteilt. Entscheidungsfindung einerseits und Reflexion über moralisches Handeln andererseits stellen somit eine menschliche Notwendigkeit dar.[4]

2.1 Unterschiedliche Ebenen und Bereiche der Ethik

Um den Einfluss der Ethik in Organisationsleitbildern deutlich zu machen, folgen nun einige ethische Grundüberlegungen.

Menschliche Beziehungen zur Welt, zur Umwelt und untereinander werden durch moralische wie auch pragmatisch-sachliche Entscheidungen geprägt. Moralische Entscheidungen heben sich von praktischen Entscheidungen insofern ab, als sie sich immer in ihren Konsequenzen auf die eigene Lebens- und Wertewelt und auf die der Mitmenschen beziehen.

Moralische Entscheidungen werden von vielen Faktoren beeinflusst, zum Beispiel von soziologischen und kulturspezifischen Gegebenheiten oder auch von psychologischen Entwicklungsmomenten.

2.1.1 Wertesysteme

Moralische Entscheidungen werden wesentlich von den jeweiligen Wertesystemen einer Gesellschaft, einer Organisation bzw. eines einzelnen Menschen getragen. Werte sind eine Grundlage, auf der moralische Entscheidungen reifen. Die Bildung eines Wertesystems ist also von sehr grosser Wichtigkeit. Wird nach dem Hintergrund persönlicher Wertesysteme gefragt, wird die Bedeutung von Erziehung und Bildung im Elternhaus, Kindergarten, Schule und Beruf hervorgehoben. Die Wirklichkeit der Welt beeinflusst menschliche Entscheidungen und menschliches Verhalten. Jedoch schaffen Menschen als Handelnde auf dem Hintergrund eigener Werte jene Strukturen, welche die Welt oder auch die Organisation konstituieren und den Menschen bestimmen.

2.1.2 Prinzipien

Prinzipien der biomedizinischen Ethik

Vor dem Hintergrund moralischer Sitten und Gebräuche und den Regeln menschlichen Zusammenlebens können Prinzipien abstrahiert werden, die für die Konkretisierung einer ethischen Analyse hilfreich sind.

Weder das moralische Sollen oder die „Pflicht“, noch das utilitaristische Prinzip können allein unanfechtbar handlungs- weisend sein. Besonders in der biomedizinischen Ethik wird die Bedeutung von Prinzipien zweiter Ordnung in den Vordergrund gestellt. Hier werden für den medizinischen Bereich Autonomie, Benefizienz (Gutes tun), Non-Malefizienz (Schaden vermeiden) und Gerechtigkeit genannt. Diese Prinzipien sind auf einander bezogen, sie ergänzen sich in ihrer Wertigkeit, stehen aber auch situationsabhängig im Widerspruch zueinander. Die Prinzipien zweiter Ordnung sind hergeleitet von den klassischen moralischen Vorgaben, an denen sich medizinisches Handeln ausrichten sollte: voluntas aegroti suprema lex und salus aegroti suprema lex. „Der freie Wille des Menschen und die Besserung, das Heilen, stehen im Vordergrund aller medizinischen und pflegerischen Sorge“.

Prinzipien und Verantwortungsethik

Verantwortungsethik sieht die menschliche Verantwortung für sich selbst, für die Welt und für die Mitmenschen als Ausgangspunkt und versteht Ethik als Antwort auf die moralischen Forderungen menschlichen Daseins. Diese Antwort ist verstandesgemäß einsichtig zu machen. Man spricht vom Prinzip der Verantwortung, das allen Menschen aufgetragen ist, im Hinblick auf die Gefährdung unserer Welt und bezogen auf unsere eigene menschliche Verletzbarkeit.

Auf der persönlichen Verantwortung, als ethisches Prinzip, basierend wurde ein ethisches System entwickelt, welches auf fünf Prinzipien einer Ethik der Verantwortung aufbaut. Teilweise decken sich diese Prinzipien mit jenen, die für eine biomedizinische Ethik herangezogen wurden, ordnen sich aber dem Prinzip der Achtung vor dem Wert des Lebens unter. Hier geht es darum, Leben – entsprechend menschlicher Würde – zu fördern und zu bewahren.

[...]


[1] Vgl. Buber, R./ Fasching, H. (1999), S. 19.

[2] Vgl. Buber, R./ Fasching, H. (1999), S. 24.

[3] Vgl. Mandelartz, H./ Michels, Y./ Schneider, B. (1997), S. 11.

[4] Vgl. Dibelius, O./ Arndt, B. (2003), S. 13ff.

Fin de l'extrait de 18 pages

Résumé des informations

Titre
Ethische Aspekte in der Leitbildentwicklung
Université
Würzburg-Schweinfurt University of Applied Sciences
Note
2
Auteur
Année
2004
Pages
18
N° de catalogue
V50088
ISBN (ebook)
9783638463867
ISBN (Livre)
9783638596633
Taille d'un fichier
671 KB
Langue
allemand
Mots clés
Ethische, Aspekte, Leitbildentwicklung
Citation du texte
Verena Rumpel (Auteur), 2004, Ethische Aspekte in der Leitbildentwicklung, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/50088

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