Die zentrale Fragestellung dieser Arbeit lautet: Sind der Hindunationalismus in seiner gegenwärtigen Ausprägung und die BJP ernstzunehmende Gefahren für die säkulare indische Demokratie? Indien ist der Einwohnerzahl nach die größte Demokratie der Welt. Angesichts der heterogenen Zersplitterung nach Ethnien, Religionen, Kasten und Sprachen, des fortwährend geringen Entwicklungsniveaus des Landes, welches an sozialen Gegensätzen und einer in der Bevölkerung weit verbreiteten Armut leidet, sowie der territorialen Größe und hohen Bevölkerungszahl, ist die fortwährende Funktionalität und Konsolidierung der indischen Demokratie seit nunmehr über 60 Jahren, trotz etwaiger und potentieller Defizite und Störfaktoren sowie ungünstiger Kontextvoraussetzungen, eine nahezu beispiellose Erfolgsgeschichte.
Der größte und möglicherweise gefährlichste Störfaktor zeigte sich jedoch zu Beginn der 1990er Jahre, als sich ein militanter Hindunationalismus als politische Kraft und Bewegung neu etablierte und in mehreren radikalen Ausschreitungen, darunter insbesondere in der nordindischen Pilgerstadt Ayodhya (1992) und zehn Jahre später im indischen Bundesstaat Gujarat (2002), zerstörerisch entlud.
Bis in die 1970er Jahre hinein galt der in der indischen Verfassung festgeschriebene Grundsatz der ökonomischen und sozialen Gleichbehandlung aller Religionsgemeinschaften und sprachlichen sowie regionalen Minderheiten jahrzehntelang als unumstößlicher Konsens innerhalb der säkularen und demokratischen indischen Staatsdoktrin. Erst ab der Mitte der 1970er Jahre erlangte der Kommunalismus zunehmend Einfluss und Legitimation und erfuhr insgesamt eine Renaissance. Die sich zunehmend verstärkenden Tendenzen des indischen Kommunalismus, in seiner politischen Gestalt als Hindunationalismus, wurden in der Form eines aggressiven Nationalismus der Mehrheit spätestens 1998, als die Bharatiya Janata Party (BJP, Indische Volkspartei) erstmals dauerhaft die Regierungsgewalt übernahm, zur Hauptgefahr für den Fortbestand der indischen Demokratie.
Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Theoretische und ideologische Rahmenbedingungen
- Kommunalismus – Entstehung und gegenwärtige Gestalt
- Heutiger Hindunationalismus und seine Ursprünge
- Trägerorganisationen, Netzwerk und Ideologie des Hindunationalismus
- Die Tradition des indischen Säkularismus und die indische Verfassung
- Kulminationspunkte des militanten indischen Hindunationalismus: Ayodhya (1992) und Gujarat (2002)
- Die Ayodhya-Kampagne
- Muslim-Pogrome in Gujarat
- Indische Demokratie in Gefahr? Eine kontroverse Bewertung rezenter Entwicklungen
- Die Wahlen 2009: Bedeutung für die indische Demokratie
- Der Hindunationalismus und das Problem der heterogenen Gesellschaft
- Die Bewegungsirritation des heutigen Hindunationalismus
- Generationswechsel in der BJP und die Zukunft des Hindunationalismus
- Schluss
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Arbeit beschäftigt sich mit der Frage, ob der Hindunationalismus in seiner gegenwärtigen Form und die Bharatiya Janata Party (BJP) eine ernsthafte Gefahr für die säkulare indische Demokratie darstellen. Die Untersuchung analysiert die historischen Wurzeln des Hindunationalismus und des Kommunalismus, untersucht die ideologischen Fundamente des Hindunationalismus, beleuchtet die Auswirkungen von Schlüsselereignissen wie den Ayodhya-Kämpfen (1992) und den Gujarat-Pogromen (2002) und analysiert den Einfluss des Hindunationalismus auf die indische Demokratie im Kontext der jüngsten politischen Entwicklungen.
- Die Entstehung und Entwicklung des Hindunationalismus und des Kommunalismus in Indien.
- Die ideologischen Grundprinzipien des Hindunationalismus, insbesondere die Hindutva-Ideologie.
- Die Analyse der Schlüsselereignisse in Ayodhya und Gujarat, die den militanten Hindunationalismus offenbarten.
- Der Einfluss des Hindunationalismus auf die indische Demokratie, insbesondere im Kontext der jüngsten Wahlen und der aktuellen politischen Landschaft.
- Die Frage, ob der Hindunationalismus und die BJP eine ernsthafte Gefahr für den Fortbestand der indischen Demokratie darstellen.
Zusammenfassung der Kapitel
Die Arbeit beginnt mit einer Analyse der historischen Entstehung des Kommunalismus und des Hindunationalismus. Dabei wird die Entwicklung dieser Phänomene in Indien beleuchtet und ihre heutigen Erscheinungsformen charakterisiert. Anschließend werden die ideologischen Prämissen des Hindunationalismus anhand des Konzepts der Hindutva dargestellt. Zudem werden die grundlegenden Prinzipien der indischen Verfassung erläutert, die für die Beurteilung der Fragestellung relevant sind.
In Kapitel drei werden die beiden größten hindunationalistischen Agitationen in Ayodhya (1992) und Gujarat (2002) detailliert analysiert, um ihre Auswirkungen auf die indische Demokratie zu beleuchten. Kapitel vier widmet sich der Frage, welche Einflüsse und Auswirkungen die rezenten Entwicklungen des Hindunationalismus auf die indische Demokratie haben. Dabei werden die letzten Parlamentswahlen von 2009 analysiert, das Dilemma des Hindunationalismus in einer multikulturellen Gesellschaft beleuchtet und die inneren Spannungen innerhalb des heutigen Hindunationalismus aufgezeigt.
Schlüsselwörter
Hindunationalismus, Kommunalismus, Indien, Demokratie, Säkularismus, Bharatiya Janata Party (BJP), Hindutva, Ayodhya, Gujarat, Wahlen, multikulturelle Gesellschaft, Generationswechsel, politische Entwicklungen.
- Citation du texte
- Bajram Dibrani (Auteur), 2012, Der Hindunationalismus und die BJP. Bedrohungen für die indische Demokratie?, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/502983