Leben und Werk von Jeanette Odenwald. Über das soziale Engagement der ersten Vorsteherin des Kurhessischen Diakonissenhauses


Term Paper, 2005

55 Pages, Grade: 1


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Inhaltsverzeichnis

Vorwort

Einleitung

1. Soziales Handeln

2. Jeanette Odenwald, Biografie
2.1. Glaubensfindung

3. Soziales Engagement der Jeanette Odenwald bis 1853
3.1. Die Jahre 1853 – 1864
3.2. Die Jahre 1864 – 1869
3.3. Die Jahre 1869 – 1875
3.4. Die Jahre nach 1875

4. Die Entwicklung des Kurhessischen Diakonissenhauses

5. Reflexion

Anhang

1. Abschrift Lebenslauf

2. Abschrift Zeugnis

3. Abschrift acht Briefe

4. Fotos

5. Abkürzungsverzeichnis

6. Literaturverzeichnis

Vorwort

Über das Kurhessische Diakonissenhaus und seinen Beginn in Treysa gibt es einige Literatur. Dabei wird aber hauptsächlich Augenmerk auf den Gründer Franz von Roques und die wirtschaftliche und handlungsorientierte Situation gelenkt.

Auch über die langjährige Oberin Marie Behre gibt es in den Chronikenund Jubiläumsschriften des Kurhessischen Diakonissenhauses viele Informationen, aber der große Verdienst der ersten Vorsteherin der Anstalt, Jeanette Odenwald, gerät leider immer wieder in Vergessenheit.

Deshalb liegt der Schwerpunkt meiner Arbeit bei der Lebensgeschichte und dem sozialen Handeln von Jeanette Odenwald während ihres gesamten Lebens.

Ich danke der Kaiserswerther Stiftung für die zur Verfügung gestellten Kopien aus der Personalakte von Jeanette Odenwald und Herrn Hansen für die Abschrift der in Sütterlin handgeschriebenen Seiten und meiner Mutter für das Korrekturlesen der Abschriften. Ein weiterer Dank geht an Schwester Ursula vom Kurhessischen Diakonissenhaus Kassel, die sich sehr bemüht hat, weitere Unterlagen in den Archiven des Kurhessischen Diakonissenhauses zu finden, aber nicht erfolgreich war.

Kassel, 10.03.2005

Einleitung

Als eine Antwort auf die Nöte des beginnenden Industriezeitalters wurde 1836 durch Pfarrer Theodor Fliedner (1800–1864) und dessen Ehefrau Friederike (1800–1842) mit der Errichtung eines ersten Diakonissenhauses in Kaiserswerth/Düsseldorf das apostolische[1] Diakonissenamt erneuert. Frauen ohne Anstellung und Ansehen in der Gesellschaft wurden durch Fliedner für sozialpflegerische und pädagogische Berufe ausgebildet und erhielten verantwortliche Aufgaben, zum Teil auch in leitender Position. Die Schwestern sollten evangelisch, gläubig, treu, anpassungsfähig und im Leben untadelig sein. Diakonisse sein geschah auf der Grundlage des eigenen christlichen Glaubens und war keine Berufsbezeichnung; die Ausbildung und Tätigkeit in den verschiedenen Berufen erfolgten im Laufe des Lebens als Diakonisse.

Fliedner fügte die in Gemeinde und Privatpflege Dienst tuenden Schwestern auf deren Wunsch im Mutterhaus als Schwesternschaft zusammen und bildete damit für sie eine Art Familie, der Fliedners als Hauseltern vorstanden. Die Schwestern verpflichteten sich mit der Einsegnung in das Diakonissenamt zum Leben in einer Glaubens-, Lebens- und Dienstgemeinschaft.

Der Lohn der Schwestern floss in die gemeinsame Kasse und kam damit der gesamten Schwesternschaft und der Einrichtung zugute. Die Schwestern lebten im Mutterhaus und wurden von dort an die Orte ihrer Tätigkeiten entsandt. Im Gegenzug sicherte die Schwesternordnung ihnen Schutz und Versorgung durch das Mutterhaus bis ans Lebensende zu.

Die Diakonissen blieben unverheiratet, um frei für diese Form des Dienstes der Liebe zu sein. Um aber einen gewissen gesellschaftlichen Schutz zu haben, trugen sie die Tracht der verheirateten Frau.[2]

Nach diesem Vorbild entstanden in den folgenden Jahren immer mehr Mutterhäuser, die auch heute noch im Kaiserswerther Verband deutscher Mütterhäuser miteinander verbunden sind.

Das Kurhessische Diakonissenhaus[3] wurde in Treysa/Hessen durch Franz von Roques[4] (1827-1887) gegründet und am 18. Oktober 1864 eingeweiht. Dadurch konnten auch in Hessen Frauen nach einer Probezeit als Diakonisse eingesegnet werden. Ihr Handeln war zunächst auf kranke und alte Menschen, Familien, kranke oder behinderte Kinder und Jugendliche ausgerichtet, aber weitere Berufe und Einsatzorte folgten schon bald.

Die erste Vorsteherin (damals noch nicht Oberin) des Kurhessischen Diakonissenhauses war von 1869 bis 1875 Jeanette Odenwald[5] deren Lebensweg im Folgenden nachgezeichnet wird. Dabei wird aber nicht nur der Blick auf das christlich-diakonische Handeln während ihrer Zeit als Diakonisse, sondern im gesamten Leben - soweit bekannt - gelenkt.

1. Soziales Handeln

Bezugnehmend auf die Ausarbeitungen im Unterricht stellt soziales Handeln ein helfendes Interagieren gegenüber dem Nächsten dar. Dabei soll dem Nächsten und/oder seinen Interessen respektvoll begegnet werden.

Unterschieden werden kann in christlich motiviertes soziales Handeln und soziales Handeln ohne christliche Motivation, wobei das Ergebnis des Handelns unabhängig von der Motivation gleichwertig ist.

Des weiteren gibt es soziales Handeln einzelner Personen oder in Gruppen bzw. Institutionen zusammen geschlossener Menschen.

2. Jeanette Odenwald, Biografie

Jeanette Odenwald wurde am 29.04.1829 in Dühren/Sinsheim als Siebtes von acht Kindern geboren. Der Vater war Pfarrer und wurde 1834 nach Asbach/Mosbach befördert, was einen Umzug zur Folge hatte. Mit neun Jahren wurde sie innerhalb von acht Wochen Vollwaise und wuchs die nächsten Jahre, zusammen mit drei weiteren Schwestern, bei ihrer Schwester und ihrem Schwager, Pfarrer Wagner, in Gersbach auf.

Kurze Zeit nach ihrer Konfirmation (1843) zog sie mit ihrer frisch verheirateten Schwester Sophie und deren Gatten, Pfarrer Danquard, nach Lobstadt/Losberg. Dort blieb sie ca. eineinhalb Jahre, bis sie im November 1844 zu dem verwitweten Geheimkirchenrat Wilckens und dessen Familie nach Mosbach zog. 1846 lernte sie den jüngsten Sohn der Familie kennen und verlobte sich mit siebzehn Jahren heimlich mit ihm.

Im Alter von achtzehn Jahren ging sie für ein Jahr in das Institut Kornthal bei Stuttgart, das sehr pietistisch[6] geprägt war.

Die deutsche Revolution 1848 erlebte sie bei den Eltern ihres Schwagers Wagner, bei dem sie nach dem Tod der Eltern zunächst aufgewachsen war. Sie ging von ihnen aus 1849 wieder zurück in den Haushalt Wilckens. Als ihr Schwager Danquard wegen Beteiligung an der Revolution ins Gefängnis kam und vom Pfarrdienst entlassen wurde, führte sie ihr Weg zurück zu ihrer Schwester Sophie nach Losberg, wo sie auch endlich wieder mit ihrem Bruder zusammentraf, der nach seinem Theologiestudium als Vikar[7] in Heidelberg weilte.

Aufgrund eines Briefes ihres Verlobten, der seit Juni 1848 in den USA weilte, kehrte sie im November 1849 zu dessen Vater, Geheimkirchenrat Wilckens, nach Mosbach zurück, um ihre eigene Übersiedlung in die USA, die für das Frühjahr 1850 geplant war, und ihre Aussteuer vorzubereiten. Allerdings musste sie ihre Vorbereitungen unterbrechen, um im Frühjahr 1850 neun Wochen lang eine Schwägerin ihres Verlobten in Sinsheim zu pflegen.

Nach der Rückkehr von dort benötigte Geheimkirchenrat Wilckens sie nicht mehr, weil er selber pensioniert war und zu einem seiner Kinder zog. Deshalb half sie anschließend im Hause einer seiner Töchter, wo fünf Kinder an Blauhusten[8] litten. Dort erhielt sie von ihrem Verlobten die Nachricht, dass er erst im Oktober 1850 zurück kommen werde und sie bei seiner Schwester auf ihn warten solle.

Allerdings musste sie zu dieser Zeit ihrer Schwester Sophie Danquard in Losberg helfen, die im Wochenbett lag. Gemeinsam mit ihrer Schwester zog sie schließlich im November 1850 nach Wenkheim zu ihrem Bruder, der dort eine Pfarrstelle angetreten hatte.

Aufgrund persönlicher Veränderungen löste sie 1851 von dort aus per Brief ihre Verlobung auf. 1852 begleitete sie eine ihrer Schwestern ins Oberland und verbrachte ein viertel Jahr in Mannheim. In dieser Zeit hatte sie auch wieder Kontakt zu ihrem bisherigen Verlobten, der die Bindung beibehalten wollte. Zurück bei ihrem Bruder in Wenkheim bat sie im März 1852 abermals um Aufhebung des Verlobungsverhältnisses. Ihre zuvor aufgeschobene Bitte um Aufnahme in die Kaiserswerther Schwesternschaft hob sie aufgrund dessen zunächst ganz auf, erneuerte sie aber im September 1852 wieder, weil sie sich nun frei fühlte.

Die für Oktober geplante Abreise nach Kaiserswerth verschob sie aber erneut, weil ihr Verlobter sie immer noch nicht aufgeben wollte und reiste stattdessen zu der befreundeten Pfarrfamilie Wilhemi nach Lobstadt.

Am 29.01.1853 trat sie schließlich als Probeschwester in die Diakonissengemeinschaft Kaiserswerth ein. Ihre Einsegnung ins Diakonissenamt fand am 07.10.1853 statt.

Als Kaiserswerther Diakonisse arbeitete sie elf Jahre in der Krankenpflege, als Leiterin verschiedener Stationen und in der Unterweisung jüngerer Schwestern der Anstalt, bevor sie im Frühjahr 1864 vom Diakonissendienst beurlaubt wurde, um hilfebedürftigen Verwandten beizustehen.

Die Beurlaubung ersuchte sie im Juli 1864 von Mannheim aus zu verlängern, in der Hoffnung, weiter Diakonisse bleiben zu können. Diesem Wunsch entsprach das Mutterhaus aber offensichtlich nicht, was sich aus dem Brief vom 25.09.1864 folgern lässt. Hier schreibt Jeanette Odenwald: „Sie wissen, ich war Diakonissin und kennen darum auch meinen Schmerz.“[9]

Eine erneute Wende ergab sich im Februar 1866, als ihre Hilfe in der Familie nicht mehr nötig war und sie von Mannheim aus in einem Brief um Ermutigung für einen Wiederaufnahmeantrag in Kaiserswerth bat, aber zeitgleich auch um ein Zeugnis ersuchte, mit dem sie sich bei der Mägdeherberge[10] in Frankfurt am Main bewerben wollte.

Über die Zeit zwischen Februar 1866 und Juli 1869 liegen mir leider keine Unterlagen vor, aber aufgrund der späteren Aufgabe als Vorsteherin in Treysa gehe ich davon aus, dass sie wieder in die Kaiserswerther Schwesternschaft aufgenommen wurde.

Am 03.07.1869 wurde Jeanette Odenwald als Vorsteherin des fünf Jahre zuvor gegründeten Hessischen Diakonissenhauses in Treysa in ihr Amt eingeführt. Dort erlebte sie auch 1870/71 den deutsch-französischen Krieg. Sie hatte entscheidenden Anteil daran, dass die Diakonissen trotz der schwierigen Bedingungen eine Gemeinschaft wurden und große Dienste leisteten.

Im Jahr 1875 trat sie von ihrem Amt als Vorsteherin aus Enttäuschung über die mangelnde Beteiligung an den Entscheidungen des Vorstandes zurück und sogar aus der Schwesternschaft aus. Sie heiratete dann den verwitweten Mittelschullehrer Wilhelm Ernst Behre, zu dessen Familie sie schon länger freundschaftliche Kontakte pflegte. Seine Tochter, die Diakonisse Marie Behre[11], wurde durch die Heirat von der Fürsorge um ihren Vater entlastet und wieder frei für ihren Dienst. Sie wurde am 18.10.1875 die Nachfolgerin von Jeanette Odenwald im Amt der Oberin.

Wo, wie und wie lange Jeanette Odenwald, verheiratete Behre, dann noch lebte, habe ich trotz umfangreicher und intensiver Recherche leider nicht herausfinden können, so dass der Lebenslauf diesbezüglich unvollständig bleiben muss. Es ist aber zu vermuten, dass sie mit ihrem Mann in dessen Heimat in Springe bei Hannover lebte.

2.1. Die Glaubensfindung

Jeanette Odenwald entwickelte den tiefen Glauben, der sie in das Diakonissenamt brachte erst im Alter von 21 Jahren. Ihre Mutter erzählte zwar Geschichten „mit denen sie mein kindliches Gemüt zu fesseln wusste“[12], aber nach dem Tod der Eltern wuchs sie mit drei Schwestern bei ihrem Schwager auf, der zwar Pfarrer aber auch Rationalist[13] war und „für unsere Bedürfnisse des Leibes gut gesorgt, aber an eine Pflege für unsere Seelen ward nicht gedacht“ hat .

„Aus meinem Confirmationsunterricht“, schreibt sie, „blieb mir wenig, weil in demselben die Hauptsache, die Lehre von der Liebe Gottes geoffenbart in Christo Jesu, fehlte“ und „ohne alle Erkenntniß Gottes“ legte sie mit knapp 14 Jahren dann das Gelübde am Altar ab.

Nach der Konfirmation lebte sie bei ihrer Schwester Sophie und deren Mann, Pfarrer Danquard, „der wohl nicht so feindselig und offenbar gegen den Herrn war; aber in tiefer Gleichgültigkeit gegen Gott und Sein Wort dahin lebte“. Da er Geschäftsführer der belletristischen[14] Lesegesellschaft des Bezirks war, hatte auch sie Zugang zu vielen Romane und „es konnte natürlich nicht ausbleiben, daß dieselben einen nachhaltigen Einfluß auf mich ausübten“[15].

1844, in der Anfangszeit bei Geheimkirchenrat Wilckens, besann sie sich zwar auf die Gebete „welche mich früher meine Mutter gelehrt“ und „fühlte ein Bedürfniß zu beten und aus dem Herzen konnte ich doch nicht“, aber diesmal hatten „die zerstreuenden Arbeiten des Hauses, und die Lust der Welt wieder all die besseren Regungen meines sündlichen Herzens erstickt

[ ...]“. Und auch die Freundschaft zur Tochter des sehr gläubigen Pfarrers Ebert in Mosbach brachte keine Hinwendung zum Glauben.

Die heimliche Verlobung mit dem jüngsten Sohn der Familie Wilckens, die „nicht mit und vor Gott beschlossen, denn keiner von uns hatte im Gebet Gottes Willen zu erfahren versucht“, ließ zwar Zweifel an der Rechtmäßigkeit der Beziehung insbesondere gegenüber ihren Geschwistern und ihrem Vormund aufkommen, brachte sie aber auch nicht dem Glauben näher.

Im Frühjahr 1847 lehnte sie sogar die Bitte ihres Vormundes, gemeinsam mit ihrer Schwester in das Institut Kornthal bei Stuttgart zu gehen, ab und blieb zunächst weiterhin als Hilfe im Haushalt Wilckens. Sie schreibt: „Ich erschrak vor dieser Zumuthung, denn es war bekannt, daß jene Anstalt auf entschieden christlichen Grundstützen beruhte“. Allerdings ging sie im November 1847 doch für ein Jahr nach Kornthal, wo sie „ das süße Evangelium rein und lauter hören durfte“. Sie gesteht in ihrem Lebenslauf aber ein, dass die Lehren in Kornthal „damals spurlos an mir vorüberging, denn ich hatte meine Lust an etwas anderem und konnte sie deshalb nicht am Herrn haben.“ In dieser Haltung wurde sie auch von ihrem Verlobten, der sie öfter besuchte, bestärkt. Sie verließ Kornthal nach einem Jahr wieder „ohne etwas gewonnen zu haben für meine unsterbliche Seele; doch hatte die letzte Ermahnung des Herrn Pfarrer Staudt zur Folge, daß ich eine zeitlang das Wort Gottes las.“[16]

In der anschließenden Zeit der deutschen Revolution von 1848 entwickelte sich „auch in mir der früher eingepflanzte Haß gegen Gottes Ordnung“. Weder die Folgen der Revolution noch das Wiedersehen mit ihrem inzwischen zum Glauben gekommenen Bruder brachten sie dem Glauben näher.

Erst im Frühjahr 1849 wurde sie kurz nachdenklich, als sie auf Wunsch der kranken Schwägerin ihres Verlobten nicht mit ihr beten konnte. „Da fühlte ich eine Armuth und eine Leere und das Bedürfniß nach etwas, das ich bis jetzt nicht kannte.“

Letztlich zum Glauben gefunden hat Jeanette Odenwald aber erst Ende 1850/Anfang 1851 bei ihrem Bruder: Aufgrund der immer wieder verschobenen Ankunft ihres Verlobten aus den USA begann sie mehr auf seine Verkündigung als Pfarrer zu achten und mit ihm über den Glauben zu diskutieren. Und er war es auch, der ihr dann im Frühjahr 1851 erstmals von der Diakonissenanstalt in Kaiserswerth erzählte.

Vom Finden ihres Glaubens bis zum Eintritt in die Diakonissenanstalt war es für Jeanette Odenwald ein langer Weg voller Zweifel über ihr bisheriges Leben. Sie fühlte sich ihrem Bräutigam gegenüber verpflichtet, merkte aber, dass sie nicht mit ihm zusammenleben konnte. Davon zeugen insbesondere ihre Briefe aus dem Jahre 1852.

Über die Weiterentwicklung ihres Glaubens während und nach der Zeit als Diakonisse habe ich leider keine Dokumente gefunden.

3. Soziales Engagement der Jeanette Odenwald bis 1853

Das soziale Handeln von Jeanette Odenwald in der Zeit vor ihrer Aufnahme in die Kaiserswerther Diakonissenanstalt war geprägt von der Hilfe innerhalb der Familie und im weiteren Freundes- bzw. Bekanntenkreis. Sie erhielt „Unterricht in weiblichen Arbeiten“ und wendete diese an. Außerdem pflegte sie mehrfach erkrankte oder hilfebedürftige Familienangehörige wie z.B. ihre Schwester im Wochenbett, die an Blauhusten erkrankten Kinder der Schwägerin ihres Verlobten und ihren Bruder.

3.1. Die Jahre 1853 – 1864

Während der elf Jahre in der Kaiserswerther Diakonissenanstalt war das soziale Handeln von Jeanette Odenwald christlich motiviert und institutionell geprägt. Um es mit den Worten von Carolin Fliedner in dem 1866 ausgestellten Zeugnis zu sagen: „Sie hat sich Uebung in der Krankenpflege erworben und durch Leitung verschiedener Stationen, sowie durch die Beaufsichtigung und Unterweisung jüngerer Schwestern der Anstalt wesentliche Dienste geleistet.“

3.2. Die Jahre 1864 – 1869

In dieser Phase hatte Jeanette Odenwald sich zunächst vom Mutterhaus in Kaiserswerth beurlauben lassen, „weil sie sich berufen fühlte, ihre Dienstleistungen ihren Verwandten zu widmen.“[17] Im weiteren Verlauf der Notwendigkeit ihres sozialen Engagements in der Familie löste sie dann 1864 sogar das Verhältnis zur Schwesternschaft auf.

Nachdem das Engagement in der Familie ab Februar 1866 nicht mehr nötig war, überlegte sie, in die Schwesternschaft zurückzukehren oder in der Mägdeherberge in Frankfurt zu arbeiten.

Leider habe ich aber keine Unterlagen, was sie zwischen 1866 und 1869 wirklich tat.

3.3. Die Jahre 1869 – 1875

Mit der Einführung als Vorsteherin des Hessischen Diakonissenhauses am 03.07.1869 begann Jeanette Odenwald´s Wirken in Treysa. Ihrer mütterlichen Führung ist es zu verdanken, dass die Schwestern zu einer Gemeinschaft zusammenwuchsen und die Existenz des noch jungen Diakonissen-hauses gesichert werden konnte.

Das soziale Engagement liegt in dieser Zeit in der institutionalisierten Arbeit im Hessischen Diakonissenhaus und ist christlich ausgerichtet. Es ist ein aufopfernder Dienst für die Schwesternschaft und die ihr anvertrauten hilfebedürftigen Menschen.

3.4. Die Jahre nach 1875

Von der Zeit nach 1875 besitze ich leider keinerlei Aufzeichnungen, inwiefern Jeanette Odenwald, verheiratete Behre, weiterhin soziales Engagement zeigte. Wahrscheinlich ist, dass sie ihren Ehemann pflegte. Aber als weitaus größeren Verdienst und weitblickendes soziales Engagement sehe ich die Auswirkungen ihrer Ehe auf das Hessische Diakonissenhaus: denn nur dadurch wurde Marie Behre frei für das Amt der Oberin.

4. Die Entwicklung des Kurhessischen Diakonissenhauses

Das Hessische Diakonissenhaus[18] wurde am 18.10.1864 von Franz von Roques in Treysa gegründet. Zunächst wurde eine stillgelegte Papierfabrik als Gebäude angemietet.

[...]


[1] apostolisch (griechisch) = gesandt; die Apostel betreffend, von ihnen ausgehend

[2] siehe Foto im Anhang S. 53

[3] siehe Foto im Anhang S. 50

[4] siehe Foto im Anhang S. 50

[5] siehe Foto im Anhang S. 51

[6] pietistisch (lateinisch pietas): Frömmigkeit, Reformbewegung der evangelischen Kirche nach der Reformation

[7] Vikar (lateinisch vicarius): geistlicher Statthalter, Stellvertreter eines Pfarrers

[8] Blauhusten = Keuchhusten

[9] Zitat aus Brief 6 im Anhang S. 45

[10] Mägdeherberge: Unterkunft für durchreisende Mägde

[11] Siehe Foto im Anhang S. 53

[12] Zitate aus der Abschrift des handschriftlichen Lebenslaufes im Anhang ab S. 19

[13] Rationalismus (lateinisch ratio = Vernunft): philosophische Strömung

[14] belletristisch: schöngeistig

[15] Zitate aus der Abschrift des Lebenslaufes im Anhang ab S. 19

[16] Zitate aus der Abschrift des Lebenslaufes im Anhang ab S. 19

[17] Abschrift von dem Zeugnis im Anhang S. 32

[18] erst später wurde der Name Kurhessisches Diakonissenhaus geprägt

Excerpt out of 55 pages

Details

Title
Leben und Werk von Jeanette Odenwald. Über das soziale Engagement der ersten Vorsteherin des Kurhessischen Diakonissenhauses
College
Hessisches Diakoniezentrum e. V. Schwalmstadt-Treysa
Course
Geschichte sozialen Handelns von Christinnen und Christen
Grade
1
Author
Year
2005
Pages
55
Catalog Number
V50419
ISBN (eBook)
9783638466479
ISBN (Book)
9783640917037
File size
1301 KB
Language
German
Notes
Hausarbeit im Rahmen der berufsbegleitenden Ausbildung zur DiakonIn an der Fachschule in Hephata, Schwalmstadt-Treysa
Keywords
Soziales, Handeln, Christinnen, Christen, Bedingungen, Jahrhunderts, Region, Beispiel, Vorsteherin, Kurhessischen, Diakonissenhauses, Jeanette, Odenwald, Geschichte, Handelns
Quote paper
Christa Fischer (Author), 2005, Leben und Werk von Jeanette Odenwald. Über das soziale Engagement der ersten Vorsteherin des Kurhessischen Diakonissenhauses, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/50419

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