Wir haben uns eine postmoderne Lebenswelt erschafft, die bestimmt wird durch zukunftsorientiertes Konstruieren und der Auf- und Ablösung von alten Werten und Maßstäben.
Die Zeiten sind flexibler und schneller geworden, durch die Globalisierung erscheint die Welt manchmal zu einem Dorf zusammen gerückt zu sein. Die Identitäten der Menschen müssen sich diesen Zeiten anpassen und flexibler werden. Nichts erscheint grausamer als der Stillstand. Dies birgt Chancen, aber auch Risiken.
Unser Leben ist bestimmt von der Vielfalt an Wirklichkeitsentwürfen und Identitätskonstruktionen, sowie durch eine Etablierung medialer Kommunikations-und Vergnügungsmittel.
Die Generation der unter 30jährigen verfügt über „mehr Medienerfahrung und mehr mediales Expertenwissen als ihre Elterngeneration, die kaum mehr Schritt halten kann und sich teilweise sogar verweigert“ (Opaschowski, 1999, S. 10). Die Kinder und Jugendlichen dieser Generation wachsen wie selbstverständlich mit Handys, TV, Digi- Cams und Computer auf. Mediennutzung scheint für diese Generation zu einer kollektiven Identität geworden zu sein. Der Markt boomt und immer fortschrittlichere mediale Technologien werden entwickelt und verkauft. Im Mittelpunkt der Medienvielfalt und Nutzung steht das Internet. Als 1983 das Internet Einzug in die Haushalte fand, stand der globalen Vernetzung nichts mehr im Wege.
Heute gehört die Internetnutzung für viele zum Alltag. Es dient ihnen zur Kommunikation, Information und Vergnügung, je nach persönlicher Ausrichtung. Längst ist die virtuelle Weite des Netzes nicht mehr zu überblicken. Für jeden Geschmack, für jede Sehnsucht, für jede Persönlichkeit gibt es die entsprechende Internetseite und wenn der Überblick verloren geht, helfen virtuelle Suchmaschinen, das Angebot zu verorten.
Inhalt
1 Einführung
2 Theoretischer Teil
2.1 Einführung in die Begrifflichkeit des Internet
2.2 Kommunikative Anwendungsmöglichkeiten im Internet
2.2.1 Asynchrone und synchrone CvK
2.2.2 Chat- Kommunikation
2.2.3 Emoticons, ASCII- Kunst, Akronyme und Soundwörter
2.3 Forum- Kommunikation
2.3.1 Aufbau und Struktur eines Forums
2.3.2 Nickname
2.3.3 Inhaltliche Kontrolle in einem Forum
2.3.4 Sprache und Ausdruck im Forum
2.4 Theorien zum medialen Kommunikationsverhalten
2.4.1 Soziale Informationsverarbeitung
2.4.2 Simulation und Imagination
2.4.3 Soziale Identität und Deindividuation
2.4.4 Ausblick I
2.5 Einführung in die Jugendforschung
2.5.1 Pubertät und Adoleszenz
2.5.2 Entwicklungsaufgaben
2.5.3 Identitätsforschung
2.5.4 Konstruktivistische Überlegungen zur Identität
2.6 Geschlechterordnung
2.6.1 Konstruktion von Geschlecht
2.6.2 Mädchenforschung
2.6.3 Weibliche Adoleszenz
2.6.4 Ausblick II
3 Empirischer Teil
3.1 Online- Portal http://www.maedchen.de
3.1.1 Forum Kummer& Sorgen
3.1.2 Betreuung des Forums
3.1.3 Aufbau des Forums
3.1.4 Untersuchungsmethode
3.1.5 Gütekriterien der empirischen Untersuchung
3.2 Untersuchte Themen
3.2.1 Erste Analyseeinheit
3.2.2 Zweite Analyseeinheit
3.2.3 Durchführung
3.2.4 Durchführung der ersten Analyseeinheit
3.2.5 Durchführung der zweiten Analyseeinheit
3.2.6 Validität der Ergebnisse
3.3 Analyse der Ergebnisse
3.3.1 Beziehung zum anderen Geschlecht
3.3.2 Selbstbild
3.3.3 Kommunikative Haltungen innerhalb des Forums
3.4 Diskussion der Ergebnisse
3.4.1 Abschließende Beobachtungen
3.4.2 Bedeutung von Nicks und Cyberslang im Forum
3.4.3 Reflexion der CvK- Theorien
3.4.4 Bedeutung des Forums für die Mädchen
4 Schlussbetrachtung
5 Literatur
6 Anhang
Abbildungsverzeichnis
Abbildung 1 Auswahl an Internet- Aktivitäten (mpfs, 2004, S. 34)
Abbildung 2 Beispiel für ASCII- Kunst
Abbildung 3 Modell nach Mead
Abbildung 4 „Wenn du mal Kummer hast“ (Milhoffer, 2000, S. 57)
Abbildung 5 Mädchen- Logo (Stand: August 2005)
Abbildung 6 Mädchen- Portal (Stand: August 2005)
Abbildung 7 http://www.maedchen.de
Abbildung 8 Forum Kummer& Sorgen (Stand: August 2005)
Abbildung 9 Ergebnis der ersten Analyseeinheit I
Abbildung 10 Ergebnis der zweiten Analyseeinheit
Tabellenverzeichnis
Tabelle 1 Themenrubrik des Mädchen- Portals
Tabelle 2 Analyseeinheiten
Tabelle 3 Haltungen des Rezipienten
Tabelle 4 Ergebnis der ersten Analyseeinheit II
1 Einführung
„Es sind die Medien, die den Stoff besorgen, aus dem Individualität gemacht wird.“
(Baacke, 2003, Seite 55)
Wir haben uns eine postmoderne Lebenswelt erschafft, die bestimmt wird durch zukunftsorientiertes Konstruieren und der Auf- und Ablösung von alten Werten und Maßstäben.
Die Zeiten sind flexibler und schneller geworden, durch die Globalisierung erscheint die Welt manchmal zu einem Dorf zusammen gerückt zu sein.
Die Identitäten der Menschen müssen sich diesen Zeiten anpassen und flexibler werden. Nichts erscheint grausamer als der Stillstand. Dies birgt Chancen, aber auch Risiken.
Unser Leben ist bestimmt von der Vielfalt an Wirklichkeitsentwürfen und Identitätskonstruktionen, sowie durch eine Etablierung medialer Kommunikations- und Vergnügungsmittel.
Die Generation der unter 30jährigen verfügt über „mehr Medienerfahrung und mehr mediales Expertenwissen als ihre Elterngeneration, die kaum mehr Schritt halten kann und sich teilweise sogar verweigert“ (Opaschowski, 1999, S. 10).
Die Kinder und Jugendlichen dieser Generation wachsen wie selbstverständlich mit Handys, TV, Digi- Cams und Computer auf. Mediennutzung scheint für diese Generation zu einer kollektiven Identität geworden zu sein. Der Markt boomt und immer fortschrittlichere mediale Technologien werden entwickelt und verkauft.
Im Mittelpunkt der Medienvielfalt und Nutzung steht das Internet.
Als 1983 das Internet Einzug in die Haushalte fand, stand der globalen Vernetzung nichts mehr im Wege.
Heute gehört die Internetnutzung für viele zum Alltag. Es dient ihnen zur Kommunikation, Information und Vergnügung, je nach persönlicher Ausrichtung.
Längst ist die virtuelle Weite des Netzes nicht mehr zu überblicken. Für jeden Geschmack, für jede Sehnsucht, für jede Persönlichkeit gibt es die entsprechende Internetseite und wenn der Überblick verloren geht, helfen virtuelle Suchmaschinen, das Angebot zu verorten.
Doch wenn, wie das Eingangszitat beschreibt, die Medien uns den Stoff vorgeben, aus denen wir unsere Persönlichkeit kreieren, dann bedeutet dies den Blick zu schulen, um den Entwicklungen nicht ohnmächtig, sondern kritisch und konstruktiv gegenüber zu stehen.
Durch die Etablierung des Internets und anderer Medien in unseren Lebensräumen und durch die vielfältige Nutzungsmöglichkeiten und die permanente Verfügbarkeit, hat sich unser Leben verändert.
Wie bereits erwähnt, verfügen die Kinder und Jugendlichen dieser Zeit im Durchschnitt über eine gewisse Übung und Leichtigkeit im Umgang mit Medien und können neuste Entwicklungen schneller adapieren, als mancher Erwachsener.
Das Thema meiner Diplomarbeit **_ich brauch mal eure hilfe_** Inhaltsanalytische Untersuchungen der Kommunikation in einem Online- Forum für Mädchen und junge Frauen entstand aus der subjektiven Beobachtung, dass gerade das Internet für viele Mädchen und junge Frauen von immer wachsender Bedeutung ist und sie sich in den virtuellen Weiten immer mehr ausprobieren und verorten.
Da es für eine Bewertung und Einordnung unterschiedlicher Medien und deren Inhalte besonders wichtig ist, sich über die reale Mediennutzung der Jugendlichen zu informieren, lohnt sich ein Blick auf die JIM (Jugend, Information, (Multi-) Media)- Studie von 2004, des Medienpädagogischen Forschungsverbunds Südwest.
Das Internet dient laut der JIM- Studie den Jugendlichen vornehmlich dafür, Informationen über Musik, Ausbildung/ Beruf, Kino/ Filme, Internet, Schule, PC, Gesundheit/ Medizin, Umwelt(schutz) und Computerspiele einzuholen.
Wie die JIM- Studie aufzeigt, nutzen Mädchen das Internet seltener als die Jungen, jedoch ist im Vergleich zum Jahr 2003 bei der Nutzung ein Wachstum von drei Prozent zu verzeichnen (vgl. mpfs, 2004, S. 32).
Auf der Abb. 1 ist eine Auswahl an Internet- Aktivitäten (täglich/ mehrmals die Woche) aus der JIM- Studie aufgeführt.
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 1 Auswahl an Internet- Aktivitäten (mpfs, 2004, S. 34)
Es ist deutlich zu erkennen, dass die Mädchen das Internet vornehmlich als Kommunikationsplattform nutzen und im Bereich E- Mail- Kommunikation den Jungen sogar voraus sind. Zudem steht die Informationsgewinnung und andere Kommunikationsformen (Instant- Messaging und Chat) im Vordergrund.
Kommunikation untereinander scheint für viele Mädchen und junge Frauen von großer Bedeutung zu sein und sie nutzen das Internet für diese Zwecke, indem sie sich per E- Mail, im Chat oder auch in Foren austauschen und kommunizieren.
Gerade die Eltern und Pädagogen dieser Zeit stehen der medialen Entwicklung ihrer Kinder manchmal etwas hilflos gegenüber.
War es früher der Fernseher, der zu einem möglichen Problem innerhalb der Familie werden konnte, so hat sich heute die Produktpalette medialer Möglichkeiten vervielfacht. Somit natürlich auch die erzieherischen Reibungspunkte und möglichen Schwierigkeiten vor denen die Familien stehen. Das Internet ist weniger kontrollierbar und somit auch die Aktivitäten der Kinder und Jugendlichen. Ein gutes Beispiel dafür könnte ein x-beliebiges Jugendhaus sein, wo die Möglichkeit der Internetnutzung besteht. Wie aber können die Pädagogen kontrollieren auf welchen Seiten die Jugendlichen surfen? Wie verhindern, dass Seiten mit pornografischen und diskriminierenden Inhalten gedownloadet werden?
Wichtig scheint hierbei, die Gegebenheiten des Netzes selbst zu kennen, um Kinder und Jugendliche damit nicht alleine zu lassen und die Struktur des Netzes positiv umzudeuten. Die Pädagogik und ihre Institutionen haben sich mittlerweile den medialen Bedingungen angepasst und eigene mediale Kompetenzen entwickelt.
Zusammenfassend lässt sich folgendes festhalten: die Vernetzung und Möglichkeiten sich via Internet in virtuelle Welten zu klicken gehört zum integralen Bestandteil der Jugendkultur.
In der vorliegenden Arbeit soll es um eine ganz konkrete Nutzungsform des Internet gehen, nämlich um die Nutzung und Kommunikation innerhalb eines Online- Forums, welches von Mädchen und jungen Frauen im Alter von 11 bis 18 Jahren genutzt wird.
Das von mir untersuchte Forum ist angegliedert an die Seite http://www.maedchen.de und heißt Kummer& Sorgen. Diese Seite ist ein direkter Ableger der Zeitschrift Mädchen, welche 14-tägig im Axel Springer Verlag erscheint.
Ich gehe in meiner Hypothese davon aus, dass das Online-Forum als Plattform gesehen werden kann, wo die Mädchen mit ihren Sorgen und alltagsspezifischen Themen einen Rahmen finden, in welchem sie geschützt kommunizieren können. Dabei vermute ich, dass gerade vier alltags- und geschlechtsspezifische Themen qualitativ kommuniziert werden: familiäre Sorgen, Freundschaft, Selbstbild und Beziehung zum anderen Geschlecht.
Wichtig ist mir herauszuarbeiten, wie die Mädchen innerhalb dieses Forums ihre individuellen und kommunikativen Kompetenzen nutzen, welche Haltungen sie als Rezipienten einnehmen und mit welcher inhaltlichen Tiefschichtigkeit sie das Forum ausfüllen.
Die vorliegende Diplomarbeit **_ich brauch mal eure hilfe_** Inhaltsanalytische Untersuchungen der Kommunikation in einem Online- Forum für Mädchen und junge Frauen beschäftigt sich mit dem Medium Internet in Auseinandersetzung mit der Kommunikation innerhalb eines Online- Forums für Mädchen und junge Frauen.
Die Arbeit gliedert sich in einen theoretischen und einen empirischen Teil.
Den Abschluss der Arbeit bildet die Auswertung und Diskussion des empirischen Materials.
Im theoretischen Teil der Arbeit wird zuerst eine Einführung in die Begrifflichkeit des Mediums Internet gegeben, explizit wird hier die Form des Forums vorgestellt.
Darauf aufbauend werden die wichtigsten Theorien zu der computervermittelten Kommunikation (im Folgenden CvK genannt) vorgestellt und diskutiert.
Im zweiten Abschnitt des theoretischen Teils erfolgt eine Übersicht über die Jugendforschung, speziell die der Mädchenforschung und eine Einordnung in das Thema.
Zum Abschluss wird das Forums maedchen.de vorgestellt, welches im Mittelpunkt dieser Untersuchung steht.
Der empirische Teil dieser Arbeit wird eingeleitet durch die Betrachtung des Forums Kummer& Sorgen. Danach stelle ich die Analyseeinheiten vor, bevor es zu der Durchführung der empirischen Untersuchung kommt. Abschließend wird das Material ausgewertet und diskutiert.
Aus Gründen der Lesbarkeit bedient sich die vorliegende Arbeit meist männlicher Substantive, schließt die weibliche Form der Begriffe jedoch selbstverständlich mit ein.
Im empirischen Teil der Arbeit wird meist die weibliche Form genutzt, da es sich um ein Forum für Mädchen handelt.
2 Theoretischer Teil
Der theoretische Teil meiner Arbeit gliedert sich in zwei gleichwertige Teilgebiete, die zunächst unabhängig von einander stehen und erst in der Diskussion und Auseinandersetzung mit den Untersuchungen zusammengeführt werden.
Im ersten Teil wird es um die Begrifflichkeit des Internets gehen: wie ist es entstanden, wie ist es aufgebaut und welche Nutzungsmöglichkeiten können fokussiert werden. Ferner wird es um die Unterscheidung von synchronen und asynchronen Diensten gehen. Anschließend wird das Online- Forum vorgestellt, welches dieser Arbeit als Grundlage und Plattform für die Untersuchungen dient.
Danach werden die für die Arbeit wichtigen zentralen Theorien der computervermittelten Kommunikation näher beleuchtet und diskutiert.
Der zweite Teil konzentriert sich auf die wissenschaftliche Sicht der Entwicklung von Jugendlichen und es werden Schwerpunkte der Identitätsforschung vorgestellt.
Ein weiterer Punkt wird die Frage nach der Konstruktion von Geschlecht sein. Dabei soll eine kurze Einführung in den interaktionistischen Konstruktivismus die Überleitung zum doing gender, dem Konstruieren von Geschlecht, darstellen.
Die Mädchenforschung und die Fokussierung auf die weibliche Adoleszenz bilden den Abschluss des theoretischen Teils dieser Arbeit.
2.1 Einführung in die Begrifflichkeit des Internet
Neben dem pädagogischen Blickwinkel auf die zwischenmenschliche Interaktion der Mädchen im Forum, soll diese Arbeit auch das Verständnis für das Medium Internet wecken. Im vorliegenden Fall wird das Online- Forum einer genauen Betrachtung unterzogen, daher ist es von Nöten die Gegebenheiten des Netzes abzuklären, um die Integration des Forum- Dienstes innerhalb der Netzkultur zu verdeutlichen.
Um das Medium Internet zu skizzieren bedarf es eines Blickes in die Vergangenheit.
Als 1969 das ARPANet, der Prototyp des heutigen Internets entwickelt wurde, war wohl kaum jemandem klar, wie stark die Zukunft vom Internet dominiert sein würde.
Münker und Roesler beschreiben dieses Phänomen folgendermaßen: „Kein Medium hat jemals zuvor so schnell so viele grundlegende gesellschaftliche Änderungen und technische Innovationen mit sich gebracht wie das Internet; und dessen Erfolgsgeschichte ist noch nicht zu Ende“(Münker, Roesler, 2002, S. 11).
Die Zeiten sind schneller, flexibler und globaler geworden, das Internet hat diese Entwicklung maßgeblich vorangetrieben und steht gleichzeitig als Synonym für diese Zeit.
Es spielt keine Rolle mehr, auf welchem Fleck Erde man sich aufhält, man hat von überall und jederzeit den Zugriff auf die komplette Bandbreite virtueller Angebote. Dabei ist die rasante Entwicklung des Internets nach Meinung Münker und Roeslers, auf das Wechselspiel von drei Faktoren zurück zu führen: technische Entwicklung, Mythos und Verwendung.
Die technische Entwicklung schafft die Voraussetzung für eine Nutzung und erzeugt somit auch eine Definition davon, was das Medium Internet ermöglichen kann und welche Handlungsmöglichkeiten den Nutzer erwarten.
Aus diesen Handlungsmöglichkeiten tradiert sich ein Mythos, der das Medium nährt und größer werden lässt, da es einen kollektiven Willen in der Bevölkerung aktiviert, der erst die gesellschaftliche Integration und Adaption möglich macht. Das heißt: erst durch die Neugier des Einzelnen werden Ressourcen geschaffen und virtuelle Spielräume (weiter) entwickelt. Dem Internet sind keine Grenzen gesetzt, da die Phantasie der Entwickler und Nutzer des Netzes keine Grenze kennt. Alles kann verfügbar sein, es muss nur gewollt werden.
Die Stabilisation des Internets wird schließlich garantiert durch die permanente Nutzung und Verwendung der verfügbaren Dienste durch den Einzelnen.
Durch dieses Zusammenspiel aktualisieren und konstruieren wir nicht nur das Netz jeden Tag neu, sondern „das Netz lernt auch zu können, was wir von ihm wollen“ (Münker, Roesler, 2002, S. 17).
Das Netz an sich besitzt somit eine offene, interaktive Struktur, die es schwer kontrollierbar werden lässt. Aber gerade diese Unvollkommenheit kann die menschliche Aktivität im Netz fördern.
Wie bereits an anderer Stelle erwähnt, heißt der geistige Vorläufer des Internets ARPANet (Advanced Research Project Agency Network) und wurde im September 1996 an der Universität von Kalifornien zum ersten Mal in Betrieb genommen. 1983 wurde das ARPANet in ein militärisches (Milnet) und in ein ziviles Netzwerk (Internet) gesplittet (vgl. Opaschowski, 1999, S. 15).
Der Aufbau wurde vom amerikanischen Verteidigungsministerium finanziert, doch es ging nicht, wie Döring betont, um das militärische Ziel bei einem nuklearen Angriff einen kommunikativen Zusammenbruch zwischen den eigenen Streitkräften zu verhindern, sondern darum, die gemeinsame Nutzung der knappen Computer- Ressourcen an verschiedenen Universitäten zu fördern (vgl. Döring, 2003, S. 3).
Die anfängliche Nutzung des Internets war auf einen kleinen Expertenkreis reduziert und wurde erst mit der Verfügbarkeit des ersten Web-Browsers 1993/94 populärer.
Das Internet basiert auf dem so genannten Internet Protocol (IP) Prinzip, jeder Computer im Internet ist durch eine eindeutige IP- Adresse gekennzeichnet. Diese besteht aus vier Zahlenblöcken die durch Punkte getrennt sind. Da diese Zahlenblöcke für die zwischenmenschliche Kommunikation etwas unhandlich sind, werden sie nach dem Domain Name System (DNS) in Hostnamen übersetzt (z.B.uni-koeln.de/ew-fak/).
Das Internet umfasst alle Computernetzwerke, die über eine bestimmte Protokoll- Familie Daten miteinander austauschen. Dabei handelt es sich um die TCP/IP- Familie die eine packet switiching, also eine paketvermittelte Datenübertragung, realisiert (http://de.wikipedia.org/wiki/Internet_Protocol, Zugriff: Juli, 2005).
Dies sieht folgendermaßen aus: Das TCP (Transmission Control Protocol) zerlegt die Informationen und setzt sie in Datenpakete zusammen, während das IP dafür zuständig ist, die einzelnen Datenpakete an den richtigen Zielcomputer zu adressieren.
2.2 Kommunikative Anwendungsmöglichkeiten im Internet
Das Internet bezeichnet man als Hybridmedium, da es zum einen Individualkommunikation, wie zum Beispiel E- Mail und Mailinglisten, zum anderen aber auch Massenkommunikation ermöglicht, wie in Form von Websites, Chats, Messengers und Blogs.
Die CvK basiert fast ausnahmslos auf textbasierter Kommunikation.
Welche Kommunikationsform vom Einzelnen speziell und vorzugsweise genutzt wird, hängt von seinem eigenen Umfeld ab: je nachdem welche Nutzungsform integraler Bestandteil des sozialen Alltags ist (Familie, Freundeskreis, Arbeit), werden diese Kommunikationsmöglichkeit vermehrt genutzt, damit man sich in seiner sozialen Identität verorten kann.
„Zwischenmenschliche Kommunikation war ursprünglich immer an körperliche Kopräsenz gebunden“(Döring, 2003,S. 38) und findet im Internet bis auf wenige Ausnahmen nicht statt.
Körperliche Kopräsenz findet dann statt, wenn wir zur selben Zeit am gleichen Ort zusammenkommen und verbale, nonverbale und paraverbale Botschaften austauschen.
Als Grundform der zwischenmenschlichen Kommunikationsform gilt demnach die Face-to-Face- Kommunikation (im Folgenden FtF).
Bei der FtF- Kommunikation müssen die Beteiligten nicht nur auf die rein formelle Botschaft reagieren, sondern sie antizipieren die Botschaft auch anhand ihrer eigenen Erfahrungen, ihrem (derzeitigen) individuelles Befinden und ihrer soziale Wahrnehmung.
Soziale Wahrnehmung entsteht durch Personen die uns umgeben, sie erwarten gewisse Rollenkonzepte, haben Erwartungen an uns, sind uns vielleicht auch Vorbilder und stellen Richtlinien für uns auf. Erst dadurch konstruieren wir uns unsere Umwelt und können auf zwischenmenschliche Botschaften reagieren. Reich spricht in diesem Zusammenhang auch von „Verständigungsgemeinschaft“(Reich, 2002, S. 22).
Kommunikation ist also nicht allein das Senden und Empfangen von Botschaften oder Informationen, sondern ein wechselseitiges, komplexes Konstrukt aus sozialer Handlung, Wirklichkeitskonstruktion, sozialen Wahrnehmung und Deutung von kommunikativen Symbolen.
Neben diesen Faktoren werden bei der FtF- Kommunikation auch potentiell oder partiell alle Sinnesmodalitäten aktiviert und involviert, wir kommunizieren und interpretieren mit all unseren Sinnen die kommunikativen Zeichen unserer Welt.
Mittlerweile nimmt die mediatisierte und technisch unterstütze Kommunikation eine ergänzende Haltung neben der FtF- Kommunikation ein. Allerdings betont Döring, dass eine mediatisierte Kommunikation nur dann glücken kann, wenn sie dem Mediengebrauch der sozialen Regeln und Konventionen einer FtF- Kommunikation folgt (vgl. Döring, 2003, S. 41).
In der vorliegenden Arbeit wird Kommunikation im Laufe der Arbeit im Sinne von Interaktion interpretiert. Dadurch soll die situative wechselseitige Beeinflussung des Verhaltens betont werden.
Es wird also nicht explizit darum gehen, die Kommunikationsstruktur innerhalb des Forums rein vom Text her zu interpretieren, sondern vielmehr um das symbolhafte Verhalten und die Wechselbeziehung zwischen den Mädchen.
2.2.1 Asynchrone und synchrone CvK
Wie im vorigen Abschnitt bereits erläutert, handelt es sich bei der der CvK um textbasierte Kommunikation, die man als Dienste im Netz in zwei große Gruppen und Anwendungen unterteilen kann.
Zum einen gibt es die asynchronen Kommunikations-Dienste, wie zum Beispiel E-Mail, Mailinglisten, Newsgroup, Blogs und Foren.
Unter asynchronen CvK versteht man die Kommunikation, die zeitversetzt und unabhängig voneinander verfasst und erstellt werden kann. Bezeichnend ist hier, dass es sich meist um längere Textpassagen handelt, die oftmals themenzentrierte Diskurse markieren und wortreicher ausformuliert sind.
Die synchrone CvK ist eine eher dialogische Kommunikation und findet nicht zeitversetzt, sondern unmittelbar statt. Auch folgt die Sprachform eher den umgangssprachlichen Redewendungen und setzt auf eine emotional- schriftliche Erweiterung der Schriftlichkeit in Form von Aktions- und Soundwörtern z.B. * knuddel*“ und Emoticons wie §:-).
Ferner besteht der Unterschied zwischen asynchroner und synchroner CvK nach Döring darin, dass der synchrone Austausch in der Regel spontaner ist und weniger durch inhaltlicher Elaboriertheit und klarem Themenbezug gekennzeichnet ist (vgl. Döring, 2003, S. 43). Synchrone Dienste sind hier beispielsweise Instant- Messaging, Chat und Online- Spiele.
Die genaue Unterscheidung der asynchronen und synchronen CvK wird dann umso deutlicher, wenn man sich die virtuellen Anwendungen genauer anschaut.
2.2.2 Chat- Kommunikation
Ein klassischer synchroner Dienst ist der Chat. Hört man sich einmal um, so können sich die meisten Menschen- ob Laie oder nicht- unter dem Begriff Chat mehr vorstellen, als beispielsweise unter Mailinglisten.
Wieder finden kann man dieses Phänomen in der Literatur. Das Thema Chat und die Kommunikation in diesem Dienst scheint ein breitflächiges Interesse hervorzurufen. Es kann vermutet werden, dass die Chat- Kommunikation der FtF- Kommunikation in ihrer Unmittelbarkeit ähnlicher ist, als man zuerst annimmt.
An dieser Stelle würde es zu weit führen, diese Hypothese zu diskutierenden und den Chat genauer zu betrachten da der Schwerpunkt dieser Arbeit auf dem asynchronen Dienst Forum liegt. Allerdings bieten diese beiden Dienste gerade durch ihre Eigenständigkeit und Unterschiedlichkeit doch auch Überschneidungen und Ähnlichkeiten, die interessant sind, deshalb soll an dieser Stelle der Chat knapp vorgestellt werden.
Der Chat ist ein virtueller Raum, in den sich die User einwählen können und dort per Tastatur und Bildschirm ein, mit minimaler Verzögerung, übertragenes Gespräch führen können. Durch die Synchronität im Chat ist das mediale Gespräch dem Gespräch in einer FtF- Situation sehr ähnlich, nur dass die Kommunikation per geschriebene Sprache durchgeführt wird.
Der Chat als virtueller Raum ist rund um die Uhr zugänglich und wird auch rund um die Uhr frequentiert. Dabei kann der User zwischen einem öffentlichen und einen privaten Bereich wählen. Wann und mit wem man sich in einen privaten Raum zurückzieht, bleibt den Kommunikationspartnern frei.
2.2.3 Emoticons, ASCII- Kunst, Akronyme und Soundwörter
Bevor ich mich dem Forum widme, erscheint es mir sinnvoll eine kurze Anmerkung vorab zu machen: innerhalb der CvK existiert neben der Kommunikation qua Text eine eigens entstandene Parasprache, auch Cyberslang genannt, welche mit stilistischen Wortkreationen arbeitet. Diese Stilmittel sind Emoticons, ASCII- Kunst, Akronyme und Soundwörtern. Weil diese Parasprache für die CvK ein wichtiges Stilmittel ist, möchte ich sie hier kurz vorstellen.
Allerdings werden diese Stilmittel je nach Dienst unterschiedlich stark genutzt. Hauptsächliche Verwendung finden sie im Chat und im Forum, wenn es nämlich darum geht, seinen Text emotional zu verstärken.
(1) Emoticons werden umgangssprachlich auch Smiles genannt und sind den meisten Nutzern bekannt. Mit Hilfe der Emoticons können Emotionen mit ASCII (American Standard Code for Information Interchange) Zeichen mimisch dargestellt werden: z.B. lachendes Gesicht :-) oder schockiertes Gesicht :-o.
(2) ASCII- Kunst wird auch mit Hilfe der alpha- numerischen Zeichen erstellt, hierbei handelt es sich allerdings um Bilder und Piktogramme, wie man in folgendem Beispiel sehen kann:
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Abbildung 2 Beispiel für ASCII- Kunst
Die ASCII- Kunst gehört zu den aufwendigeren Parasprachen und wird meistens als Signatur in Emails verwendet (http://de.wikipedia.org/wiki/ASCII-Grafik; Zugriff: 15. Juli 2005).
(3) Akronyme hingegen sind Initialwörter, die sich aus zusammengerückten Anfangsbuchstaben zusammensetzen. Die geläufigste und am häufigsten genutzte Form ist MfG und steht für: Mit freundlichen Grüssen.
(4) Soundwörter wie zum Beispiel heul oder argh ahmen auditive Gegebenheiten, Gedankenprozesse oder Emotionen nach.
Verdoppelungen beispielsweise des Soundworts argh in arrrrrrrgh deutet eine verschärfte emotionale Situation und Stimmung an. Ähnlich verhält es sich mit Wiederholungen: ein einfaches hihi lässt sich vom Empfänger möglicherweise anders deuten, als ein wiederholendes hihihihihihi.
Inwieweit User diese CvK- Ausdrucksformen nutzen, hängt entscheidend von ihrem individuellen medialen Nutzungsverhalten ab. Wenn sich ein newbie (Einsteiger) zum ersten Mal z.B. in einen Chat begibt, wird er wohl kaum diese Vielfalt aus Abkürzungen und Symbolen verstehen.
Sicherlich wird er aber bei häufiger Nutzung des Chats immer mehr in diese Sprachformen eintauchen können und sie ggf. für sich nutzen. Bei Interesse stehen ihm genügend Informationsseiten im Netz zur Verfügung, die ihm die einzelnen Symbole und Piktogramme erläutern.
2.3 Forum- Kommunikation
Der Begriff Online- Forum ist zunächst einmal missverständlich, da es sich bei Online- Foren zuerst einmal um eine Sammlung von Diensten handelt.
Der Begriff Forum umfasst die Dienste Mailinglisten, Newsgroups und Newsboards, dabei handelt es sich ausnahmslos um asynchrone Dienste.
Das Newsboard ist der Dienst, der umgangssprachlich für Forum steht, doch damit es im weiteren Verlauf der Arbeit nicht zu Irritationen kommt, halte ich mich an die unspezifische Form Forum.
2.3.1 Aufbau und Struktur eines Forums
Foren sind positioniert auf Websites und haben zumeist einen unmittelbaren Bezug zu dem dort vorherrschenden Content. Oftmals sorgen Foren dafür, dass die Websites interessanter, interaktiver werden und somit eine stärkere Nutzerbindung an die Seite garantiert ist. Hat sich erst einmal ein bestimmtes Forum für den User als thematisch interessant erwiesen, so kann davon ausgegangen werden, dass er sich immer stärker mit der Community (Mitgliedergemeinschaft einer Internetseite) identifizieren wird (vgl. Döring, 2003, S. 501ff).
Weil die Beiträge (auch Posts genannt) der User auf einer Seite zum Abruf verfügbar sind, nennt man diesen Vorgang auch Pull- Kommunikation. Ob ein Forum hoch frequentiert, also besucht wird, hängt stark von der Popularität der jeweiligen Seite ab.
Die Nutzer des Web- Angebotes verstehen sich als Community, die diese Seiten durch eigene Akzente, wie beispielsweise die Nutzung des Forums, mitgestalten.
„Das Themenspektrum der Newsboards ist analog dem Themenspektrum von Websites sehr breit“(Döring, 2003, S. 71) und oftmals gibt es auf einer Seite mehrere Foren mit unterschiedlichen Themenangeboten, die aber immer stringent zum Thema der Seite sind. Nicht immer muss man sich auf der Seite registrieren lassen und in den seltensten Fällen muss man für den Forum- Dienst bezahlen. Das Forum wird von vielen Usern genutzt, um Fragen und Anregungen zu verschiedensten Themen auszutauschen.
Die Diskussionsverläufe, auch Threads genannt, geben dem Nutzer einen Überblick über die Bandbreite der Diskussion. Oftmals ist daneben in Zahlen
angegeben, wie oft dieser Thread gelesen bzw. beantwortet wurde.
Bei Eintritt in das Forum sind sämtliche Überschriften der einzelnen Postings aufgeführt
Die Überschrift als Initialzündung erzeugt einen, wie Döring schreibt „Diskussionssog“(Döring, 20003, S. 69) und ist somit die Visitenkarte des eigenen Postings. Je prägnanter und pointierter die Überschrift verfasst ist, desto höher die Chancen auf eine Diskussion und eine Anerkennung des eigenen Themas.
Öffnet man einen Thread, weil man neugierig geworden ist, oder etwas dem Thema beifügen will, so kann man sämtliche Postings die dazu geschrieben worden sind, lesen.
Die einzelnen Postings sind nach einem Gliederungssystem gelistet „in dem die Ursprungsnachricht an erster Stelle steht, auf die alle weiteren Artikel (die so genannten Follow- ups) eingerückt folgen“(Runkehl et. al, 1998, S. 55).
Die Nutzer von Foren unterscheidet man grob in zwei Kategorien: Lurker und Poster.
Unter dem Begriff Lurker sind die eher passiven Mitglieder gesammelt, die Beiträge nur lesen und unter Postern die Art der Nutzer, die Beiträge sowohl schreiben, als auch lesen. Interessant ist dabei, dass der Anteil der Lurker weit aus größer ist, als der Anteil der Poster (vgl. Döring, 2003, S.18).
2.3.2 Nickname
Im Forum, aber auch im Chat benutzt jeder User einen eigenen, meist vom ihm kreierten Nick(name). Die wenigsten User nutzen dafür ihren richtigen Namen. Vielmehr sind es Eigenkreationen die bestimmte Assoziationen hervorrufen. Wie in der nicht- virtuellen Welt bedeutet ein Name auch eine Identifikation mit mir als Person. Im Forum läuft diese Identifikation und Darstellung der eigenen Person über den Nick ab, aber hier kann eine Konstruktion entwickelt werden, die möglicherweise mehr mit dem Wunsch als mit der Realität zu tun hat.
So kann sich hinter dem Nick supermacho78 ein schüchterner Mann verbergen, der aber durch diese Nick- Wahl ein neues Bild von sich entwirft.
Der Nick kann somit als Selbstdarstellungsrequisite bezeichnet werden, da er hilft als einzelnes Element eine Person erst zu einer Identität zu komplettieren.
Neben dieser Identitäts- Konstruktion kann der Nick aber auch Informationen über meine Vorlieben ausdrücken oder mich als kreative Person auszeichnen, wenn der Name besonders individuell ist.
Diese „Eindrucksbildung“ wie Döring diesen Vorgang nennt (Döring, 2003, S. 87) ermöglicht einen Gesprächseinstieg und führt User mit ähnlichen Interessen schneller zusammen.
2.3.3 Inhaltliche Kontrolle in einem Forum
Die Kontrolle des jeweiligen Forums unterliegt dem Website-Betreiber. Dieser kann Beiträge löschen und Sanktionen aussprechen. Ihm obliegt die komplette Verantwortung und Kontrolle.
Neben diesem Website- Administrator regeln aber auch FAQ- Texte und die Netiquette (eine Zusammenziehung aus den Wort Netz und Etikette) das kommunikative Miteinander. In der Netiquette stehen beispielsweise Verhaltensregeln wie: „Vergiss niemals, dass auf der anderen Seite ein Mensch sitzt“ oder „Vorsicht mit Humor, Ironie und Sarkasmus“ oder „Nimm dir Zeit, wenn du einen Artikel schreibst“(Runkehl et. al, 1998, S. 56).
Diese Verhaltensregeln sollen besonders newbies davor bewahren, in mögliche Fettnäpfchen zu treten und ihnen einen Leitfaden an die Hand geben, damit sie sich orientieren können. Auf der Seite http://www.chatiquette.de/ (Stand: September 2005) findet man nicht nur spezielle Regeln für den Chat, sondern auch Hinweise für die Foren- Kommunikation.
Nicht immer allerdings können diese Leitfäden und kommunikativen Regeln das friedliche Miteinander der User garantieren. Immer wieder wird der Frieden durch so genannte Flames gestört. Nach Runkehl et.al. sind Flames „gegen alle Konventionen verstoßende News- Group- Artikel mit verletzendem, beleidigendem oder provozierendem Inhalt“(Runkehl et al, 1998, S. 57). Flame- Posting wird aber nicht nur in Foren betrieben, sondern auch in Chats. Doch gerade innerhalb eines Forums haben sie natürlich eine längere Lesbarkeitsdauer und somit eventuell auch mehr (ärgerliche) Wirkung. Denn bis der Administrator reagiert, kann ein Flame schon andere Nutzer verärgert haben. Nach Döring wird der Flame aber nicht nur als Regelverstoß interpretiert, sondern gilt auch als typische Ausdrucksform der Netzkultur und läuft in dieser Kategorie unter Humor und ironisierte Provokation (vgl. Döring, 2003, S. 179).
2.3.4 Sprache und Ausdruck im Forum
Wie bereits erwähnt, bedingen sich Sprache und Ausdrucksmöglichkeiten im Netz schon alleine durch die Asynchronität oder Synchronität im Netz.
Das Forum als asynchroner Dienst besitzt deshalb spezifische sprachliche Merkmale, die hier kurz vorgestellt werden sollen.
Dadurch, dass sich die Sprache innerhalb eines Forums über das Posten konstituiert, ist der Kommunikationsstil stark dialogzentriert. Wie Runkehl et. al. schreiben, weist der Sprachgebrauch viele Merkmale der gesprochenen Sprache auf. Allerdings: „In ihrer Struktur ähneln die Artikel der traditionellen Briefform, es werden jedoch sprachliche Mittel verwendet, die durch das elektronische Medium unterstützt werden“(Runkehl et al, 1998, S. 59).
Somit sind zwei wichtige Erkenntnisse bereits festzuhalten: auf der einen Seite ist die sprachliche Struktur im Forum sehr stark durch die Dialog- Form eingegrenzt und besitzt nur eine nachgeschobene Unmittelbarkeit, da asynchron.
Döring betont aber auch, dass durch dieses Dialog- Charakter die Beiträge oftmals elaborierter und sprachlich ausformulierter sind, da sie auch über einen längeren Zeitraum einsehbar sind (vgl. Döring, 2003, S.43) und damit auch nicht schnell und synchron zum on- topic Posting abgefertigt werden müssen.
Man könnte aber auch vermuten, dass das Forum durch seine Form an sich, den User dazu initiiert, sich klarer auszudrücken. Schließlich geht es oftmals darum, seinen eigenen Standpunkt klarzumachen, sich innerhalb eines Diskurses zu verorten und sich als Person klar abzugrenzen. Dafür nimmt man sich vielleicht etwas mehr Zeit.
Trotzdem weisen die Postings eindeutig Merkmale der gesprochenen Sprache auf.
Nach Storrer ist eine Tendenz dahingehend zu beobachten, dass sich Kommunikation immer mehr auf schriftliche Kommunikation hin verlagert (vgl. Storrer: in Boehnke, 2000, S. 167): warum zum Hörer greifen, wenn man schnell per Mail Dinge absprechen kann? Allerdings ergeben sich dadurch auch schneller, wie Storrer schreibt „Performancefehler“(Storrer in: Boehnke, 2000, S. 168). Dazu führt sie aus: „Das erhöhte Aufkommen an schriftlicher Textproduktion wird vielfach dadurch kompensiert, dass weniger Zeit in die sprachliche Formulierungen und deren Kontrolle investiert wird.“ (Storrer in: Boehnke, 2000, S. 168). Dabei muss man aber sagen, dass sich Storrer in ihren Ausführungen über die CvK auf sämtliche Dienste im Netz bezieht.
Es wurde ja bereits betont, dass gerade im Forum Schnelligkeit relativ ist, aufgrund er Asynchronität. Neben der eher defizitären Interpretation von Schreibfehlern im Netz, kann man diese auch als spezifische Schreibform bewerten, denn im Normalfall gehört es zum kommunikativ- sozialen Stil, einfach darüber hinweg zu lesen, solange der Text verständlich bleibt.
Neben möglichen Flüchtigkeitsfehlern, die natürlich auch im Forum passieren, werden aber auch gerne die bereits aufgeführten Ausdrucksmittel wie Emoticons, ASCII- Kunst, Akronyme und Soundwörtern genutzt.
Diese Zeichen gelten als gruppensprachlich anerkannte Stilmittel und werden in der Regel von den Kommunikationspartnern beherrscht. Diese Ausdrucksmittel dienen nicht nur als kreatives Element in einem Text, sondern sind oftmals pragmatisch angewendete Abkürzungen für häufig genutzte Floskeln. Allerdings sind sie eher integraler Bestandteil innerhalb eines Chats. Bis auf die ASCII- Kunst, sie ist zu umständlich für eine schnelle Kommunikation. Im Forum wird hauptsächlich auf die Stilpalette der Akronyme zurückgegriffen.
2.4 Theorien zum medialen Kommunikationsverhalten
Die neuen virtuellen Kommunikationsformen habe durch ihre Omnipräsenz sich immer mehr in unser Leben verwoben.
Daher findet man neben dem breiten Nutzungsangebot auch mittlerweile dezidierte Theorien in der Literatur, die sich unter sozialpsychologischer Sichtweise dem Thema CvK nähern. Dabei geht es nicht darum, die Besonderheiten im Netz und deren Effekte auf den Menschen gesondert zu betrachten, sondern vielmehr darum, den Mensch und sein mediales Kommunikationsverhalten in dialektischer Auseinandersetzung zu sehen.
Im Folgenden sollen nun drei der zentralen Theorien zum medialen Kommunikationsverhalten vorgestellt werden, welche sich darauf konzentrieren, wie sich die Beteiligten während der computervermittelten Kommunikation verhalten, wie sie sich darstellen und inwieweit sie unter einer kollektiven oder sozialen Identität agieren.
2.4.1 Soziale Informationsverarbeitung
Bei der Theorie der sozialen Informationsverarbeitung (social information processing perspective) wird davon ausgegangen, dass es zu keiner medienbedingten Kommunikationsverarmung kommt oder kommen muss. Vielmehr stimmt der Mensch intuitiv sein Kommunikationsverhalten auf die technischen Gegebenheit ab, und kompensiert mögliche Mängel.
Es gibt andere Theorien, wie beispielsweise die Kanalreduktionstheorie, die vom genauen Gegenteil ausgeht. Hier wird argumentiert, dass durch die fehlende Kopräsenz die meisten menschlichen Sinnesmodalitäten bei der CvK deaktiviert werden und das es deshalb zu einer Ent- Sinnlichung, Ent- Räumlichung und Ent- Zeitlichung des Menschen kommt (vgl. Döring, 2003, S. 161ff).
Diesem defizitären Ansatz steht die Theorie der sozialen Informationsverarbeitung gegenüber und argumentiert, dass bei Fehlen nonverbaler Informationen, die Beziehungsebene keineswegs ausgeblendet wird oder Emotionalität reduziert werden, sondern dass diese Informationen auf andere Weise ihren Ausdruck finden.
Dafür müssen die Mediennutzer neue soziale Fertigkeiten beim Textproduzieren- und Interpretieren erlernen, um eine befriedigende und fruchtbare Kommunikationssituation zu erleben. Nach Döring erfolgt diese nonverbale und paraverbale Kommunikation durch die Verbalisierung von Gefühle und Gedanken (vgl. Döring, 2003, S.162). Dies geschieht mit Hilfe der tradierten Parasprache, also mit Emoticons, ASCII- Kunst, Soundwörtern, Aktionswörtern, Akronyme ect.
Zusammenfassend lässt sich formulieren: die Theorie der sozialen Informationsverarbeitung sieht das Internet als neuen sozialen Handlungsraum für den Menschen. Innerhalb dieses Raumes kann er sich kreativ entwickeln, seinen Gefühlen Ausdruck verleihen und sich in Beziehung zu anderen Menschen üben. Eine Ent- Sinnlichung, Ent- Räumlichung und Ent- Zeitlichung des Menschen, wie sie in pessimistischeren, defizitäreren Theorien beschrieben wird, ist nicht ein zwangsläufiges Spezifikum der CvK. Koure formuliert weiter: „Kommunikationsstörungen und Beziehungsverarmung müssen hier nicht unbedingt zustande kommen. Kommunikationsstörungen sind nur dann wahrscheinlich, wenn die User ungeübt sind, die netzspezifischen Kommunikationscodes nicht beherrschen, einander kaum kennen und/oder unter Zeitdruck stehen“(Koure in: Vitouch, 2004, S. 192).
2.4.2 Simulation und Imagination
Während die Theorie der sozialen Informationsverarbeitung davon ausgeht, dass wichtige Informationslücken innerhalb der CvK von Beteiligten aktiv geschlossen werden, indem „sie sozialstatistische Kennwerte (Geschlecht, Alter Beruf ect.) ebenso Vorlieben, Befindlichkeiten und Gefühle oftmals explizieren“(Döring, 2003, S. 167), so geht die Theorie der Simulation und Imagination davon aus, dass der Textkanal dem User die maximale Kontrolle darüber gibt, wie weit er sich offenbaren will und als Person darstellen will.
Diese Kontrolle ermöglicht es dem Mediennutzer seine Identitäten in beliebiger Weise zu simulieren, sprich zu konstruieren. Diese Informationen sind für den Gegenüber nicht überprüfbar und somit entzieht sich ihm jegliche Kontrollmöglichkeit- zumindest am Anfang, Entwickelt sich eine intensivere Beziehung, so kommt es oftmals zum Austausch von Fotos oder zu Treffen, wo sich dann die eigene simulierte Identität mit der realen Identität messen muss.
Diese Form der Selbstdarstellung spielt auch in der FtF- Kommunikation eine entscheidende Rolle, aber wir sind, wie Döring schreibt „qua Körper stets als dieselbe Person identifizierbar“(Döring, 2003, S. 167) und somit entzieht sich uns die Kontrolle darüber, was wir preisgeben wollen.
Das Agieren mit virtuellen Körpern oder auch virtuellen Stellvertretern erlaubt es dem Nutzer Identitäts- Hopping zu betreiben. Allerdings lässt sich beobachten, dass das Wechseln von Identitäten doch eher seltener auftritt, als man glaubt.
Die meisten User nutzen im Netz doch eher ihre Offline- Identität, ist das Aufrechterhalten einer Fiktion doch auch sehr anstrengend und dadurch die Gefahr einer Demaskierung hoch.
Neben dem Modell der Simulation, beschäftigt sich das Imaginationsmodell mit der interpersonalen Wahrnehmung. Dadurch, dass sich dem Empfänger jegliche Überprüfung der Simulation entzieht, werden diese fehlenden Informationen durch eine eigene Imagination ersetzt.
Damit wir uns auf eine längere Kommunikationsbeziehung einlassen, brauchen wir ein positives und authentisches Bild von unserem Kommunikationspartner. Diese positive Erwartungshaltung muss im Netz von uns selbst bestätigt werden: überspitz formuliert könnte man sagen, wir müssen uns unseren Gegenüber schön denken. Im Gegenzug zu unserer positiven Einstellung und der damit einhergehenden Offenheit belohnt uns unser Kommunikationspartner für unser Engagement mit entsprechender Reaktion. Gerade in Partner-Chats, wo es um die Suche nach einem möglichen Partner geht, ist man besonders motiviert andere Menschen in einem guten Licht zu sehen.
Das Modell der Simulation und Imagination erkennt aber auch die möglichen Gefahren, die mit dieser Abweichung von Offline- Realitäten einhergehen.
2.4.3 Soziale Identität und Deindividuation
Das Modell der sozialen Identität und Deindividuation, auch SIDE (Social Identity and De- Individuation Theory)- Modell genannt, geht von einer salienten Identität des Nutzers aus. Dies meint: die Nutzer nehmen sich dann als Gruppe wahr, wenn eine kollektive bzw. soziale Identität salient ist. Wenn aber gerade eine personale bzw. individuelle Identität aktiviert wird, so wird sich die einzelne Person ihrer Individualität verstärk bewusst und grenz sich gegenüber dem Anderen ab.
Wenn sich der einzelne User im anonymen Netz bewegt, so wird seine soziale Identität salient, sobald der auf eine Gemeinschaft trifft, die für ihn homogen erscheint und eine Identifikationsfläche bietet. Dadurch, dass er keine Personen aus der Gruppe kennt, handelt er aus einem inneren Bedürfnis heraus sich dieser Gruppe anzuschließen und sich als Gruppenmitglied zu verhalten. Dies darf aber nicht mit Gruppenzwang verwechselt werden, sondern es kommt „zu einer konfliktlosen Identifikation mit der Gruppe und einer verstärkten Orientierung an ihre Normen“ (Döring, 2003, S. 174).
Ist jedoch von Anfang an keine soziale sondern eine personale Identität salient, verhindert diese Wahrnehmung das Erkennen gemeinsamer Merkmale und fördert so die Aktivierung individueller Identitäten. Der User wird sich abgrenzen und sich an seinen individuellen Maßstäben messen.
Existiert in einem Forum eine Zugangsbeschränkung und der User muss sich vorher mit den Grundsätzen der Community einverstanden erklären, so wird dort eine kollektive Identität bereits vorgegeben. In zugangsfreien Foren wird seltener eine einzige kollektive Identität salient sein. Hier kann es höchstens innerhalb der Diskussionsverläufe zu Aktivierung einer kollektiven Identität kommen, wenn sich die Personen als homogene Interessensgemeinschaft identifizieren und ausmachen.
Es wird nicht postuliert, dass es aufgrund der Anonymität zu einem Identitätsverlust kommen kann und somit ein normverletzendes Verhalten aktiviert wird.
Hinzufügen lässt sich noch, dass nicht immer wildfremde Personen miteinander im Netz kommunizieren. Oft trifft man auf Leute, die man auch persönlich kennt oder mit denen man schon länger kommuniziert. Hier wäre es interessant, inwieweit das Modell der sozialen Identität und Deindividuation greift.
2.4.4 Ausblick I
Neben diesen drei hier angeführten Theorien gibt es natürlich auch noch eine Vielzahl anderer Theorien zur CvK. Erwähnung fand hier bereits die defizitäre Kanalreduktionstheorie, sicherlich eine der bekanntesten Theorien.
Neben dieser gibt es aber auch noch Theorien, die sich mit der Wahl des Mediums auseinandersetzen: rationale Medienwahl, normative Medienwahl und die interpersonale Medienwahl.
Ferner gibt es Theorien zu den Medienmerkmalen, wozu auch die Kanalreduktionstheorie gehört, die Digitalisierung sowie das Herausfiltern sozialer Hinweisreize.
Bei den auf den letzten Seiten erläuterten Theorien handelte es sich um Modelle zum medialen Kommunikationsverhalten, wobei hier die Theorien der Netzkultur und das Modell der Internet- Sprache herausgelassen wurde (vgl. Döring, 2003, S. 127ff).
Ich habe mich bewusst auf die drei Theorien beschränkt, weil sie sich für meine Arbeit am dienlichsten erweisen werden, da sie sich stark auf die Interaktion der netzeins (Netzbürger) beziehen und der späteren Auswertung dienlich sein werden.
Grundsätzlich lässt sich sagen: das Internet besitzt aufgrund der anonymen Struktur und der Vielfalt an Angeboten eine ganz spezielle Anziehungskraft für den Einzelnen.
Dabei kommt gerade den Kommunikationsdiensten eine gewichtige Rolle zu, da sie als Dienste die individuellen Bedürfnisse der User aufgreifen und ihnen dafür eine Kommunikationsplattform bieten. Spannend daran ist es zu beobachten, wie der Einzelne mit dem ihn verfügbaren Diensten umgeht. An diesem Punkt setzt meine Arbeit an: wie nutzen Mädchen innerhalb eines vorgegeben Rahmens den Kommunikationsdienst des Forums.
Ich habe mich bewusst für das Forum als Untersuchungsgegenstand entschieden, da ich glaube, dass es als Online- Dienst einen leichteren Einstig für unerfahrene Netznutzer bietet als beispielsweise der Chat. Zudem empfinde ich die längere Verfügbarkeit der Postings als wichtiges Element für die Kommunikation der Mädchen.
Das Forum bietet meiner Ansicht nach einen leichteren Einstieg in die Welt der virtuellen Kommunikationsdienste, weil hier die drei Faktoren greifen. Asynchronität, Dialogizität und das Prinzip Hilfestellung/ Erfahrungsaustausch.
Durch die Asynchronität hat der User die Möglichkeit die Postings über einen längeren Zeitraum einzusehen und sich an der Diskussion zu beteiligen. Im Gegensatz zum Chat, wo es newbies am Anfang sicherlich schwer fallen wird, die einzelnen Diskussionen auseinander zu halten.
Im Forum kann er sich in aller Ruhe der Diskussion stellen und überlegen, an welchem Punkt es sich ggf. lohnt einzusteigen. Auch kann er schon allein durch das Lesen der Postings eine Eindrucksgewinnung für sich bekommen und muss sich gar nicht aktiv beteiligen.
Durch die Asynchronität ergibt sich auch die Dialogizität: Die Beiträge sind ausformulierter und detaillierter, als beispielsweise im Chat, wo doch sehr stark mit der bereits vorgestellten Parasprache gearbeitet wird. Dies kann für einen Einsteiger schon eher abschreckend wirken, da man sich erst durch den Wust an Akronymen und Emoticons kämpfen muss, bevor man nur eine ungefähre Ahnung davon bekommt, um was es eigentlich geht.
Die virtuellen Foren interpretiere ich als eine Art Tauschbörse für Erfahrungen, Gesuche und Gedanken. Sie sind meist thematisch gefasst und je nach Gesinnung sucht man sich das Pendant zum eigenen Gesuch. Mehr als im Chat steht somit das Prinzip Hilfestellung/ Erfahrungsaustausch im Vordergrund und das Forum bietet sich als Plattform an.
Dabei sind dem Themenspektrum keine Grenzen gesetzt: von Gesundheit, über Musik bis hin zu Alltagsproblemen gibt es zu jedem menschlichen Thema ein passendes Forum.
Wie sich im empirischen Teil meiner Arbeit noch zeigen wird, sind diese drei
Elemente besonders wichtig, um eine Identifikation mit einem speziellen Forum zu ermöglichen und dort für sich eine mögliche kommunikative Handlungsmodalität entwickelt.
An dieser Stelle möchte ich noch eine weitere Überlegung anführen: wenn das Forum aufgrund der angeführten Elemente eine Möglichkeit darstellt, sich auszutauschen und in Beziehung mit anderen Menschen mit ähnlichen Erwartungen zu treten, dann wirkt sich dies auch auf den zwischenmenschlichen Duktus der Kommunikation aus.
Das Posten bekommt dadurch eine Präsenz und Bedeutung, die sich im empirischen Teil noch darstellen lassen wird.
Die Bedeutung einer Antwort auf das eigene Gesuch und die Pflege mit der man sich den Gesuchen der anderen User widmet ist dabei entscheidend. Jederzeit kann ein Hilfegesuch aufgegeben werden, kann eine Meinung veräußert werden, können Ratschläge getauscht und anonyme Geständnisse gepostet werden.
Gerade in Bereichen, wo es um Themen geht, die möglicherweise schamhaft besetzt sind, kann der Kreislauf des Schweigens auch gebrochen werden.
Meiner Ansicht nach ist gerade diese Anonymität in der virtuellen Forumswelt, für das Jugendalter wichtig, um sich einen eigenen Bereich zu suchen. Dort kann man sich austauschen und durch die Anonymität vielleicht auch beflügelt werden sein eigenes Standing auszuloten.
Die Wichtigkeit wahrgenommen zu werden ist gerade im Netz besonders hoch, weil es so unendlich weit ist. Kann man mit seinem Beitrag eine Diskussion entfachen und bekommt man eine Resonanz auf seine Bedürfnisse, so stärkt dies sicherlich nicht nur die eigene Selbstsicherheit. Dem Gefühl einer Gemeinschaft anzugehören und diese mitzuentwickeln mag gerade bei den Viel- Usern ein weiterer wichtiger Aspekt sein.
2.5 Einführung in die Jugendforschung
Wie bereits beschrieben, hat sich unsere Zeit durch die Medialisierung verändert, Entfernungen und zeitliche Begrenzungen spielen kaum mehr eine Rolle.
Dadurch haben sich aber auch die einzelnen Lebenswelten der Menschen verändert. Zum einen sind da die Werte wie Tradition, Familie, beruflicher Erfolg, auf der anderen Seite stehen das anything goes- Prinzip, schnelllebige Trends, hohe Flexibilitätsanforderungen etc.
Anfänglich fürchtete man noch um einen absoluten Werteverfall einer immer hedonistisch werdenden Gesellschaft.
Doch immer mehr interpretiert man die heutigen Anforderungen und Entwicklungen als Werteverschiebung. Goebel und Clermont sprechen gar von einer „Tugend der Orientierungslosigkeit“(Goebel, Clermont, 1999, S. 11ff). Sie interpretieren die Werteverschiebung und die Schnelllebigkeit der Dinge als Vielfalt und Widersprüchlichkeit, die aber trotzdem ein Fundament für die Zivilgesellschaft bilden kann.
Der Einzelne bestreitet nach ihrer Auffassung seinen Alltag als Lebensästhet, der sich die einzelnen Elemente der Zeit so in seine Lebenswelt einbaut, wie es ihm passt. Alles kann, es muss nur den ästhetischen Anforderungen des eigenen Lebensentwurfes entsprechen.
Dieser Standpunkt kann zwar als Ansatz durchaus seine Richtigkeit haben, da es nicht darum gehen kann, alles zu verteufeln, was neu ist. Aber trotzdem ist die Frage, ob sich tatsächlich jeder Einzelne so wohl fühlt und das ästhetische Moment dieser Zeit erfasst hat. Vielmehr scheint es so zu sein, dass sich nicht Wenige überfordert fühlen mit den Ansprüchen und hohen Erwartungen, die sich aus dieser Zeit an sie stellen.
Gerade im menschlichen Übergang vom Kind hin zum Erwachsenen können die gesellschaftliche Ausformungen und Anforderungen dem Jugendlichen als besonders prägend und verwirrend vorkommen.
Unter der Begrifflichkeit Jugendliche darf nicht eine Verallgemeinerung verstanden werden, es gibt aber bestimmte Elemente und Themen, die diese Zeit bestimmen und sie als einen Lebensabschnitt definierbar machen.
Diese sollen hier skizziert werden.
Das Jugendalter ist eine Zeit der Veränderungen und der Verortung der eigenen Person in die Gesellschaft. Sie ist geprägt durch eine Vielzahl an Irritationen und Schwankungen, aber auch durch eine Fülle an Erfahrungen und Freiheiten.
Der Jugendliche versucht einen eigenen Wirklichkeitsentwurf zu entwickeln und diesen auszutesten und gegebenenfalls wieder zu verwerfen.
Niemals wieder ist man gleichzeitig so frei und unfrei zugleich. Jugendlichen kommt innerhalb der Gesellschaft eine Art Zwitter-Rolle zu. Sie sind nicht mehr als Kinder zu betrachten aber auch nicht als vollwertige Erwachsene. Diese Phase ist oftmals bei Eltern und Pädagogen keine besonders beliebte Zeit: auf der einen Seite die Ablösung und auf der anderen Seite die Schutz- und Förderungsbedürftigkeit der Jugendlichen treibt so manch einen Erwachsenen an die Grenze seiner Belastbarkeit. Oftmals vielleicht deswegen, weil sie vergessen haben, wie sie sich selbst zu der Zeit gefühlt haben.
Die Jugendlichen versuchen sich in dieser Zwischenspanne zu verorten, Rollen und Identitäten werden aufgegriffen, vielleicht wieder verworfen, andere fixiert.
Die Idee von der eigenen Person als Mann oder Frau wird getestet und am anderen Geschlecht erprobt.
Ansichten und Meinungen werden ausprobiert, verworfen und gewechselt, die Familie rückt als Schonraum in den Hintergrund und die peer- group und die darin vertretenen Werte und Ordnungen nimmt eine bedeutende Rolle ein.
Diese Entwicklungen und Bedürftigkeiten sollen in diesem Teil behandelt werde.
Zuerst wird ein grober Überblick über die Entwicklung gegeben: was geschieht in der Pubertät, wie wird diese Veränderung erlebt und was kann die Identitätsforschung an Überlegungen zu dem Thema beisteuern.
Danach wird die konstruktivistische Sicht von der Entwicklung der Identität vorgestellt. Dies bietet sich gerade unter dem Gesichtspunkt der Konstruktion von Geschlecht an. Diese Überlegungen leiten dann über, zu einem Ausblick auf die Mädchenforschung und die spezifischen Eigenschaften der weiblichen Adoleszenz. Dabei werde ich mich auf die psychoanalytisch- und konstruktivistischen Überlegungen zu diesem Thema konzentrieren.
2.5.1 Pubertät und Adoleszenz
Die Adoleszenzzeit oder die Pubertät umfasst in etwa die Alterspanne von 12 bis 18 Jahren und meint damit den Übergang von der Kindheit zum Erwachsenenalter. Oftmals spricht man von dieser Zeit auch als Moratorium, also von einem Aufschub, einer Übergangsphase.
Die Begriffe Pubertät und Adoleszenz sind in der Fachliteratur teilweise etwas unbestimmt und werden auch synonym gebraucht, beiden Begriffen ist aber gemeinsam, dass sie nur ungefähre Grenzmarkierungen darstellen.
Unter dem Begriff der Pubertät versteht man die Phase, in der der Heranwachsende besonders gewichtige physiologisch- biologische Veränderungen durchmacht.
Mit circa 13 Jahre beginnt der puberale Wachstumsschub, der begleitet wird von der Reifung der Geschlechtsmerkmale, sein Höhepunkt liegt circa bei 15 Jahren und die Entwicklung ist spätestens mit 17/18 Jahren abgeschlossen (vgl. Baacke, 2003, S. 41ff).
Diese Einteilung darf aber nur als grobe Markierung verstanden werden, denn Mädchen sind oftmals schon vor ihrem 13 Lebensjahr geschlechtsreif und selbstverständlich entwickelt sich jeder Mensch individuell nach seinem eigenen physiologischen- genetischen Konzept.
Der Terminus Adoleszenz wird eher als Zeitraum nach der Pubertät verstanden und genutzt, hier liegt die Gewichtung auf der psycho- dynamischen Entwicklung. Manche Autoren, wie beispielsweise Rendtorff unterteilen die Phase der Adoleszenz „in die Präadoleszenz (ca. 10-12 J.), die frühe (ca. 13-15 J.), mittlere (ca. 15-17 J.), späte (ca. 18- 20 J.) und Postadoleszenz bzw. frühes Erwachsenenalter (ca. 21-25 J.[…]“ (Rendtorff, 2003, S. 194).
Unter der Adoleszenz im engeren Sinne versteht Rendtorff aber die Zeit zwischen 15- 17 Jahren, in der sich der Jugendliche seiner Selbst bewusst wird, sich in der Gesellschaft verortet und stark abgrenzt gegenüber seiner Familie und hinwendet zum Freundeskreis als Ersatz- Familie.
2.5.2 Entwicklungsaufgaben
In diese Zeit fallen so genannte Entwicklungsaufgaben, die in der Literatur meist in drei Bereiche unterteilt werden: intrapersonale (1), interpersonale (2) und kulturell- soziale (3) Aufgaben.
Unter Entwicklungsaufgaben darf aber nicht, wie oft missverständlich angenommen, eine Aufgabenstellung verstanden werden, die eine einzige Lösung beinhaltet. Und sicherlich gibt es nicht für alle Jugendlichen die gleichen Aufgaben. Vielmehr soll der Begriff andeuten, dass es mögliche Herausforderungen gibt, die in diese Zeit fallen und denen sich die Jugendlichen individuell stellen können oder müssen.
Gerade in diesem Zusammenhang deutet Baacke daraufhin, dass der Übergang ins Erwachsenenalter immer mehr in tendenziell zusammenhangslose Teilübergänge gesplittet betrachtet werden muss und man daher auch von einer Entstrukturierung der Jugendphase sprechen muss.
(1) Unter intrapersonale Aufgaben fasst das Entwicklungsfeld physische, psychische und kognitive Entwicklungen zusammen, aber auch „den Zuwachs an kognitiver Kompetenz und dazu die emotionalen und psychischen Veränderungen, die durch die wachsende Eigenständigkeit sowohl induziert als auch erforderlich werden“(Rendtorff, 2003, S. 194).
Dies bedeutet, dass sich der Jugendliche selbstakzeptierend in seine neue Rolle als Heranwachsender definieren muss. Diese Entwicklung verläuft nie gradlinig und bringt mitunter große Verunsicherungen mit sich.
Die große Frage wer bin ich? stellt zum ersten Mal das gesamte Selbstbild in Frage. Die Entwicklung hin zu einem Ich- Gefühl und einer Skizze der eigenen Identität muss ständig neu konstruiert werden und führt neben den physischen Veränderungen zu einer irritierenden Suche nach Antworten.
Durch die immer stärkeren Tendenzen einer Individualisierung der Gesellschaft, ist der Jugendliche mehr denn je auf sich selbst angewiesen. Baacke formuliert diese Ausformung postmodernen Lebens folgendermaßen: „Jugendliche von heute müssen in erheblich höherem Maße als früher selbst darüber entscheiden, welche symbolischen Gebrauchsmuster sie für sich erwerben und wie sie diese in ihr Leben integrieren“(Baacke, 2003, S. 54).
Dadurch, dass ihm alle erdenklichen Entwürfe einer Ich- Konstruktion jeden Tag angeboten werden, muss er sich ganz unmittelbar diesen Herausforderungen stellen.
Baacke sieht den heutigen Jugendlichen nicht mehr in mittelbaren Beziehungen und Strukturen verankert, sondern ganz unmittelbar und ungeschützt den Anforderungen der heutigen Zeit ausgesetzt.
Unter mittelbar versteht Baacke das Schutzvakuum von Traditionen, Moral und Sitte, welche neue Einflüsse selektieren und bewerten. Durch diese soziale Ordnung entstehen klare Strukturen und Lebensentwürfe, welche auf diesen Werten basieren (vgl. Baacke, 2003, S. 52ff).
Dadurch, dass sich diese mittelbaren Strukturen immer mehr lösen und für den Einzelnen immer schwerer einsehbar sind, muss sich die intrapersonale Entwicklung dahingehend orientieren und sich dieser Ambivalenz stellen.
(2) Unter der zweiten, interpersonalen Aufgabe die sich in dieser Zeit stellt, sind die Beziehungsstrukturen zu anderen Menschen gemeint.
Der Jugendliche muss sich nicht nur mit sich Selbst und seinen intrapersonalen Entwicklungen auseinandersetzen, sondern auch den Blick zum Anderen schaffen.
Im Kapitel 2.5.4 soll noch unter dem Aspekt des Konstruktivismus geklärt werden, wie sich Identität unter dem Blick des Anderen entwickeln kann.
An dieser Stelle sei aber auf einen sehr zentralen Aspekt der interpersonalen Entwicklung hingewiesen: die Abgrenzung spielt ein sehr wichtiges Moment innerhalb der personalen Verortung. Sie ist ein Konstruktionselement, aus dem sich der Jugendliche ein Stück Selbstbewusstsein bezieht (vgl. Baacke, 2003, S. 55).
Diese Abgrenzung steht im unmittelbaren Bezug zu den gelebten Möglichkeiten, die sich in Auseinandersetzung mit den Anderen ergeben.
Nur durch die Dialektik von Abgrenzung und Immanenz gegenüber dem Anderen, kann sich das eigene Selbst- Konzept entwickeln.
(3) Das kulturell-soziale Aufgabenfeld umfasst die Beziehung zur Welt „d.h. zum Wissen mit dem darin enthaltenen Angebot, sich neugierig und selbständig der Welt zuzuwenden, wie auch zur Gesellschaft mit ihren Ansprüchen und Forderungen“ (Rendtorff, 2003, S. 194).
Die Erwartungen die ein Jugendlicher an die Welt stellt, sind anfänglich nicht immer ganz klar artikulierbar. Die Erwartungen, die die Gesellschaft an die Jugendlichen stellt, sind dafür umso lauter und klarer formuliert und werden auch als Initiationen verstanden.
Diese Erwartungen der Gesellschaft transportieren sich in das Bewusstsein der Jugendlichen und somit ist jugendliches Verhalten nach Baacke auch als Reflex auf diese Erwartungen zu interpretieren.
Die Ambivalenz zwischen Abgrenzung und Assimilation dieser Erwartungshaltung macht die eigentliche Problematik der Jugendzeit deutlich.
Neben den Erwartungen die die Gesellschaft stellt, wird zunehmend beobachtet, dass sich der Jugendliche mit eigenen Erwartungen auseinandersetzt.
Diese „Fixpunkte“(Baacke, 2003, S. 63) sind Ereignisse, an denen der Jugendliche sich in seiner Entwicklung bestätigt sieht und merkt, dass er älter wird. Zu dieser Biografie- Entwicklung gehört der Einstieg in die Geschlechtsrolle (das 1. Mal), die Verselbstständigung (auszugehen und selbst zu bestimmen, wann man wiederkommt), Einstieg in die Berufsrolle (die Schule zu beenden) etc.
Die drei hier skizzierten Entwicklungsaufgaben sollten nicht losgelöst voneinander betrachtet werden und stehen meiner Ansicht nach in einem dialektischen Zusammenhang.
An dieser Stelle sollte deutlich geworden sein, dass die Jugendphase eine hoch komplexe und nuancierte Zeit ist, in der sich der Jugendliche zwischen Anpassung und Abgrenzung bewegt, zwischen eigenen Ansprüchen und gestellte Ansprüchen und zwischen physischen und psychischen Veränderungen, die geradezu prädestiniert erscheinen, einen aus der Bahn zu werfen.
2.5.3 Identitätsforschung
Wie aufgezeigt wurde, bedeutete die Jugendphase eine Zeit der Umbrüche und Entwicklungen der eigenen Person. Folglich ist diese Zeit eine wichtige Markierung innerhalb der Identitätsentwicklung.
Der Begriff Identität bedeutet soviel wie die als Selbst erlebte Einheit einer Person, doch wie kommt man zu dem Punkt der Genese persönlicher Einzigartigkeit?
Es ist wohl dem Psychoanalytiker E.H. Erikson zu verdanken, dass die Identitätsentwicklung eines Menschen so detailliert beobachtet wurde.
Erikson fand heraus, dass das Individuum innerhalb seiner Entwicklung insgesamt acht psychosoziale Krisen durchmacht.
Dabei nimmt die Adoleszenzzeit die fünfte Stufe ein: innerhalb dieser Zeit wird die Entwicklung bestimmt durch die Begriffe Identität/ Identitätsdiffusion.
Identität wird hier verstanden als Sinnfrage, die erst die Auseinandersetzung mit der eigenen Person und anderen ermöglicht.
Identitätsdiffusion wird hier als Identitätskrise interpretiert. Diese Krisen sind in der Jugendzeit die Spannungen zwischen dem Individuum und den gesellschaftlichen Anforderungen, zwischen persönlichem Wachstum und gesellschaftlicher Verwaltung, dass heißt Kontrolle.
Die Ängste der Jugendlichen sind zwar zuerst normale Bestandteile der Identitätskrise und müssen (wahrscheinlich) durchlaufen werden, um ein Selbst zu entwickeln, aber sie können dann zu einer Identitätsstörung werden, wenn sie nicht veräußert werden und mit sich selbst abgemacht werden müssen.
Mittlerweile wird das Stufenmodell von Erikson nicht mehr wortwörtlich interpretiert und eher als Orientierung, denn als absolute Wahrheit verstanden (vgl. Baacke, 2003, S. 183 ff).
Schon Erikson betonte, dass Identität nicht bloß ein innerpsychischer Vorgang sei, sondern auch die Beeinflussung der gesellschaftlichen Kultur impliziere.
Auch Baacke interpretiert die Identitätsentwicklung unter dem sozialökologischen Ansatz, hierzu schreibt er: „Interaktion und Kommunikation, also der Zeichen gebende und Zeichen empfangende, Handlungen initiierende und an Handlungen partizipierende Umgang von Menschen ist dann der Raum, in dem Gelingen oder Misslingen stattfindet“(Baacke, 2003, S. 186).
Ein wichtiges Identitätselement stellt hierbei die Differenzierung der eigenen Person in Auseinandersetzung mit dem Anderen dar. Ich nehme mich erst dann als eigenständige Person wahr, wenn ich den Anderen als eigenständige Person erlebe.
Diese differenzierte Wahrnehmung kann zuerst ein Gefühl der Isolation hervorrufen, denn schließlich erkennt man plötzlich, dass man auf sich gestellt ist. Doch dieses Gefühl kann auch weiterleiten zu dem Gefühl der Einzigartigkeit und der Besonderheit.
Identität ist also eine ganzheitliche Erfahrung, die sich als Beziehungs- und Relativierungsleistung äußert.
Erst durch die Interaktion mit anderen, kann ich mich als eigene Person wahrnehmen. Dies erklärt auch die Bedeutung der peer- group: hier kann sich der Jugendliche sowohl als individuell und sozial- attraktiv erfahren, aber auch den Zusammenhalt von ähnlich fühlenden Menschen genießen.
Daneben erfährt der Jugendliche auch, dass er sich immer in Relation sehen muss und nicht mehr als Mittelpunkt der Welt. Es wird immer den Anderen geben, der besser und attraktiver ist als man Selbst. Dies ist eine schwierige Entdeckung und zugleich eine erhebliche Leistung die die Jugendlichen erbringen müssen: „zu erkennen, dass sie wichtig sind, dass sie ein Ich haben, dass es aber viele Ichs wie ihre gibt und dass alle diese Ichs sich durchsetzen und glücklich werden wollen“ (Baacke, 2003, S. 202).
Neben diesen Leistungen bedarf es der Kontinuität, um sich zu verorten. An diesem Punkt setzt auch sicherlich die Sozialarbeit an: den Jugendlichen ein Gefühl der Beständigkeit anbieten, in den Zeiten, wo Allmachtsphantasien gleich neben Minderwertigkeitsgefühlen existieren können.
2.5.4 Konstruktivistische Überlegungen zur Identität
An dieser Stelle möchte ich den Blick auf einige konstruktivistische Überlegungen lenken. Meiner Ansicht nach ermöglicht der Konstruktivismus eine Sichtweise auf den Menschen, die ihn in die Selbstverantwortung nimmt und das Bild eines mündigen Menschen skizziert. Diesen Aspekt vermisse ich bei der psychoanalytischen Lehre, die den Menschen doch recht determiniert von seinen Erfahrungen und frühkindlichen Erlebnissen definiert.
Der Konstruktivismus geht davon aus, dass wir uns unsere Welt konstruieren und damit unsere Wirklichkeit.
Dadurch also, dass jeder Mensch Konstrukteur seiner eigenen Wirklichkeit ist, muss auch erst einmal davon ausgegangen werden, dass wir alle unterschiedlich unsere Wirklichkeit wahrnehmen und erleben.
Sich in die Rolle eines anderen Menschen hineinversetzen zu können, ist erst ab der Adoleszenzzeit möglich und symbolisiert den neuen Handlungsspielraum der sich dadurch eröffnet. Erst die Wahrnehmung des Selbst kann eine interne Differenzierung auf den Andern ermöglichen.
Doch wir sind nicht nur die Erfinder, sondern auch die Entdecker und Enttarner unserer Wirklichkeit; Konstruktion, Rekonstruktion und Dekonstruktion stehen demnach in einem dialektischen Zusammenhang (vgl. Reich, 2002, S. 118ff).
Unsere Konstruktionen und Erfindungen sind zwar notwendig, um weitere Entdeckungen und Konstruktionen möglich zu machen, aber sie sind auch immer schon existent, dass heißt sie sind relativ, weil möglicherweise ein anderer Erfinder, sie schon vor uns konstruiert hat.
Erst durch diese Rekonstruktion erkennen wir die Symbolfülle der Welt und lernen, dass unsere Entdeckung zwar schon weltimmanent ist, aber durch mich neu konstruiert wurde und somit die Symbolwelt erweitert wurde.
Doch Konstruktion und Rekonstruktion reichen noch nicht aus, um dem Mensch ein ausreichendes Handlungsinstrument an die Hand zu geben. Es bedarf auch der kritischen Überprüfung der Konstruktionen. Dadurch erst, dass wir unsere Wirklichkeit enttarnen und die Frage nach dem warum? nicht auslassen, können neue konstruktivistische Wege beschritten werden und eine lineare und engstirnige Weltsicht verhindert werden (vgl. Reich, 2002, S. 118ff).
Der interaktionistische Konstruktivismus übernimmt diese Ansicht, stellt die damit verbundenen menschlichen Wirklichkeitskonstruktionen aber in einen interaktionistischen Zusammenhang.
Neubert schreibt dazu, dass „Beobachter, indem sie sich aus ihrer jeweils subjektiven Sicht Wirklichkeiten konstruieren, dabei immer schon in direkt äußerlicher oder in verinnerlichter Form in interaktiver Beziehung zu anderen Beobachtern stehen (…)“(Neubert, 1998, S.11).
Dieses Spiegeln erfolgt mittels Kommunikation und Interaktion.
Dadurch also, dass wir uns mit Hilfe von Kommunikation und Interaktion austauschen, entstehen soziale Konstruktionen der Wirklichkeit, die sich auf unser Handeln übertragen. Denn erst durch den Austausch mit Anderen, kann ich mich selbst entdecken und konstruieren.
Durch das zentrale Element der Wahrnehmung, also sich mit Blick auf den Anderen wahrnehmen und sich dadurch als eigenständige Person erfahren, kann Identität entstehen lassen und begreifen lernen.
An dieser Stelle soll das Kommunikationsmodell von George Herbert Mead vorgestellt werden, welches den Aspekt des sozialen Handelns und der damit einhergehenden Formung der eigenen Identität verdeutlichen wird.
In diesem Modell wird unterschieden zwischen I, Me, Self= Selbst und dem Anderen.
Das I steht für das spontane, selbstbezogene, kreative und noch nicht sozialisierte Ich. Es steht für die Annahme, dass wir nicht nur aus Selbstzwängen bestehen, sondern durchaus einen Kern besitzen, der frei und ungebändigt von allen Rollen und Sozialisationsmaßnahmen existiert. Das Me ist die andere Seite in uns, es ist sozialisiert und habituiert die Rollenerwartungen des Anderen.
Das Selbst ist das Konglomerat aus I und Me, es steht für das, was wir für andere sind, wie wir uns im Blick des Anderen spiegeln. Der Andere ist der Sozialisationsaspekt, die Gesellschaft oder auch die leitende Hand. In dem generalisierten Anderen spiegeln wir uns wieder und er definiert für uns Rollenerwartungen und übt die soziale Kontrolle aus.
Deutlich wird dies in der schematischen Darstellung, die sich an Reichs Modell nach Mead orientiert (vgl. Reich, 2002, S. 77). Ich habe das Modell in Abb. 3 nachgestellt.
Abbildung 3 Modell nach Mead
Abbildung in dieser Leseprobe nicht enthalten
Das Selbst als Symbol für das Zusammenspiel von Me und I stabilisiert auch die Identifikation mit Rollen. Werden gewissen Erwartungshaltungen durch Wiederholungen und positiven/ negativen Beurteilung seitens der Gesellschaft bewertet, so werden Verhaltensweisen zu Rollen, die „in gewissem Maß die Vorhersagbarkeit von Verhaltenssequenzen erlaubt“(Baacke, 2003, S. 210).
Das ideale Rollenverhalten wäre demnach ein solches, in dem meine eigenen Erwartungen und die Erwartungen des Anderen an mich, kongruent wären.
Es wurde bereits an anderer Stelle aufgeführt, wie stark Jugendliche unter dem Diktate der sozialen und persönlichen Erwartungen stehen.
Rollen werden von uns internalisiert und nicht nur im Jugendalter muss sich der Mensch mit den multiplen Rollenverständnissen und Erwartungen auseinander setzten. Doch sicherlich ist die Jugendzeit die einprägsamste Zeit, wenn es um das Austesten von Rollen geht, denn alles befindet sich noch in der Veränderung und erscheint den Jugendlichen ambivalent.
Baacke führt an dieser Stelle den Pädagogen Paul Goodman an, der in dieser Widersprüchlichkeit noch mehr sieht: „Der Widerspruch für den Jugendlichen liege darin, dass er in einer „verwalteten Welt“ lebt, die von ihm Initiative und Aktivität fordert und sie zugleich dann einschränkt, wenn diese sich nicht im Rahmen vorgeschriebener Rollen entfaltet“(Baacke, 2003, S.213).
Deshalb wird die Rolle dahingehend interpretiert, dass sie stark vergesellschaftlicht ist und nicht mehr viel mit einer eigenen Aktivität zu tun hat. Sie ist vorgeschrieben und wird bei Aktivierung und Aufnahme belohnt oder sanktioniert. Für Goodman steht deshalb die Rolle vs. Identität, da man für die Identität kämpfen muss, sie einen kreativen Selbst- Kern besitzt und nicht immer zwangsläufig abhängig von Erwartungen ist (vgl. Baacke, 2003, S. 214f).
Die Identitätsgewinnung in der Jugendphase ist somit ein Balanceakt zwischen Anpassung und Abgrenzung. Die eigene Ich- Synthese kann zwar immer nur in Auseinandersetzung mit dem Anderen existieren, aber trotzdem darf sie sich nicht davon diktieren lassen. Dies ist sicherlich der schwierigste Punkt in dieser Zeit.
Auf den ersten Blick kann einem Außenstehenden eine Gruppe Jugendlicher sehr gleichförmig vorkommen: ähnliche Kleidung, ähnliche Frisuren, ähnlicher Habitus, allesamt Kopien. Schaut man dann einmal genauer hin, so ist jeder Einzelne ein Versuch, sich abzusetzen von der Gruppe und etwas Besonderes zu sein. Das bei diesem Versuch die besten Klamotten zu haben, die coolste Frisur zu tragen etc., die Jugendlichen unbewusst auf die Marketingstrategie der Gesellschaft reinfallen und alle gleich aussehen, scheint perifär. Auf der anderen Seite ist die Inszenierung der eigenen Person innerhalb dieser Zeit auch bewusst an die/den beste/n Freundin/ Freund oder dem Lieblinsstar angepasst, um eine Verunsicherung zu überspielen, die die gelebten Möglichkeiten der heutigen Zeit provozieren.
Inwieweit sich die eigene Biografie durch Rollenerwartungen verändert und sich die eigene Identität darin verorten kann, ist besonders interessant für den nächsten Abschnitt, der sich mit der Geschlechter- und Mädchenforschung beschäftigt.
2.6 Geschlechterordnung
Bevor ich mich dem Thema Mädchen zuwenden kann, erscheint es sinnvoll die Frage nach der Konstruktion und Funktion von Geschlecht zu stellen.
Es soll an dieser Stelle kein Abriss über die Frauenforschung erfolgen und auch kein feministisches Pamphlet skizziert werden, da dies dem Thema nicht unbedingt dienlich wäre. Vielmehr soll hier, auf das vorherige Kapitel aufbauend, ein paar grundlegende Gedanken aus der konstruktivistischen Sicht zu Geschlecht vorgestellt werden.
Zu unserem Alltagswissen gehört die selbstverständliche Annahme, dass es genau zwei Geschlechter gibt: das männlichen und das weibliche Geschlecht. Diese Geschlechtszugehörigkeit steht von Geburt an fest und wird sich nicht verändern, sie wird anhand der Genitalien zweifelsfrei erkannt und bedeutete eine unwiderlegbare Wahrheit.
In der Frauen- und Geschlechterforschung unterscheidet man lediglich zwischen biologischem und sozialem Geschlecht, zwischen sex und gender.
Diese Geschlechterordnung zeichnet sich, wie Budde aufführt, durch vier zentrale Merkmale aus: Dichotomie, Exklusivität, Heteronormalität und Hierarchie (vgl. Budde in: Luca, 2003, S. 13).
Unter dem Begriff Dichotomie versteht Budde die Installierung von genau zwei Geschlechtern, nämliche Mann und Frau als Gegensatzpaare. Die beiden Pole definieren sich gegenseitig durch ihre Abgrenzung zum Anderen. Das Eine kann nur existieren, weil es das Andere gibt, es gibt, wie Budde schreibt, kein „Außerhalb“ (Budde in: Luca, 2003, S. 13).
Dadurch gibt es keinen Raum dazwischen, entweder man ist männlichem oder weiblichen Geschlechts, „es gibt kein Sowohl- als- auch, sondern nur ein rigoroses Entweder-oder“ (Budde in: Luca, 2003, S. 13). Dies macht die Exklusivität aus, das was weiblich besetzt ist, kann nicht männlich konnotiert werden und umgekehrt.
Die Heteronormalität festigt diese Ordnung und definiert die Zweigeschlechtigkeit als rigide Normalität. Alle möglichen Andersgeschlechtlichkeiten werden als unnormal oder exotisch abgestempelt.
Die Hierarchie schließlich markiert das Macht- und Dominanzgefälle zwischen den Geschlechtern.
Der Stellenwert der Geschlechter und die Beziehung zwischen ihnen, ist eingefasst in ein Gewebe aus Macht. Wie Budde schreibt, gilt Männlichkeit „hier als das bestimmende Prinzip, welches der Weiblichkeit übergeordnet ist“(Budde in: Luca, 2003, S.14).
Auch wenn sich diese Geschlechterordnung in der Praxis als sehr viel tiefschichtiger und flexibler darstellt, so markieren sie doch eine Wahrheit, die trotz unserer postmodernen Zeit nicht überholt scheint.
Gerade durch die Darstellung dieser Ordnung kann aber die Konstruktion von Geschlecht bewusst gemacht werden und in eine Diskussion führen, die neue Wege aufzeigen kann.
2.6.1 Konstruktion von Geschlecht
Für die Theorien der Geschlechterkonstruktionen ist die Frage nach der Geschlechterunterscheidung und den Differenzen nicht der zentrale Kern. Vielmehr lautet hier die Frage „wie Frauen und Männer zu verschiedenen und voneinander unterscheidbaren Gesellschaftsmitgliedern werden und zugleich das Wissen miteinander teilen, dass dies natürlich, normal und selbstverständlich ist“(Wetterer in: Becker 2004, S. 123).
Der Begriff doing gender steht hier für die Annahme, dass die Geschlechter von den Menschen aktiv hergestellt und von Anderen dahingehend interpretierbar sind, Geschlecht ist also ein sozialer Prozess.
Das Geschlecht wird durch die Performität, also durch den Vollzug einer Handlung durch Sprache konstruiert und wie Budde schreibt, schafft erst der Sprechakt, „die ihm nachfolgende Materialität“(Budde in: Luca, 2003, S. 17).
Für die Konstruktion von Geschlecht bedeutet dies, dass schon durch die Benennung des Kindes bei seiner Geburt das Geschlecht definiert wird und sich im Verlauf eines Lebens immer wieder neu festigt.
Die sprachliche Definition von Mann und Frau schreibt sich in die Körper und Köpfe der Menschen ein und lässt sie das Geschlecht konstruieren.
Die sprachliche Ordnung schafft Klassifikationen und Schubladen, aus denen man sich bedienen und sich die passende Typisierung heraussuchen kann.
Erst durch die menschliche Darstellungsleistung von männlich/ weiblich ist eine Interpretation von Geschlecht möglich.
Entscheidend hat sich gezeigt, dass hierbei die männlichen Zeichen von Geschlecht die ausschlaggebende Interpretationsfläche geben. Will heißen: eine Person wird nur dann als weiblich wahrgenommen, wenn die männlichen Zeichen abwesend sind. Weiblichkeit wird immer noch als defizitäre Männlichkeit interpretiert.
Dies erfordert von den Menschen, dass sie ihr Geschlecht immer wieder neu ausschmücken und aktualisieren müssen, um Fehlinterpretationen zu vermeiden.
Dadurch also, dass Geschlecht eine Darstellungsleistung ist und der Akteur für diese Leistung selbst einsteht, muss die Konstruktion selbstevident sein, „nach der Geschlechtszugehörigkeit zu fragen, stellt einen Normbruch auf beiden Seiten dar“(Gildenmeister in: Becker 2004, S. 135).
Die Untersuchungen, die sich mit dem doing gender beschäftigen, sehen die Konstruktion von Geschlecht eng verkoppelt mit der Arbeitsteilung. Sie erscheint eine der wichtigsten Ressourcen für die Herstellung der Zweigeschlechtlichkeit zu sein.
In Studien konnte nachgewiesen werden, dass im Berufsalltag die Geschlechterkonstruktion sich der männlichen und weiblichen Zeichen bedient und dort die klassische Zweigeschlechtlichkeit postuliert. Männer betonen in frauendominierten Berufen ihre Geschlechtszugehörigkeit, wohingegen Frauen in männerdominierten Berufen ihre Geschlechtszugehörigkeit in den Hintergrund treten lassen (vgl. Gildenmeister in: Becker 2004, S. 137ff).
Auch lässt sich im Alltagshandeln beobachten, dass die jeweilige Minderheit im Beruf dem Stigma von unweiblich/ unmännlich zu entgehen versucht, indem sie sich überangepasst in die jeweilige Geschlechterzuordnung einfügt. Selbst in gemischtgeschlechtlichen Berufsfeldern lässt sich das Geschlecht unter dem Aspekt der Zweigeschlechtlichkeit interpretieren.
Geschlecht ist also immer eine Konstruktionsleistung des Einzelnen und die geschlechtliche Kategorisierung ist unhintergehbar.
Auch wenn man sich fragen muss, wie es sein kann, dass sich das Weibliche immer noch dem Männlichen unterzuordnen hat und nur durch das Fehlen von männlichen Attributen erst als weibliche Form existiert, so sehr hat das Theorem des doing genders auch Perspektiven eröffnet.
Die Frage nach dem Geschlecht und der Zugehörigkeit ist für die menschliche Selbstfindung von immenser Bedeutung.
Erst durch die Erkenntnis und das Empfinden als Frau/ Mann, lässt sich das Puzzle vom Selbst komplettieren.
Durch die Theorie vom doing gender konnte das Geschlecht und die Geschlechtszugehörigkeit nicht als Eigenschaft oder Merkmal von Individuen betrachtet werden, sondern als sozialer Prozess.
Dies eröffnet auch Chancen. Die Geschlechtsrolle ist nicht mehr nur determiniert durch das biologische Geschlecht, sondern tangiert sich aus durch die Auseinandersetzung mit dem Anderen und dem Individuum, sie wird zum „sozialem Konstruktionsakt“(Budde in: Luca, 2003, S. 23).
Demzufolge kann die Sichtweise des doing genders auch mögliche Veränderungen implizieren und letztmöglich zur Enthierarchisierung der Zweiteilung von Geschlecht beitragen.
2.6.2 Mädchenforschung
Die Frauen- und Geschlechterforschung hat sich bereits in ihren Anfängen in den 60er Jahren mit den Mädchen beschäftigt. Allerdings ging es damals vorrangig um die Herausarbeitung der Unterschiede zwischen Mädchen und Jungen.
Dies rief allerdings berechtigte Kritik hervor, denn wie Kelle schreibt, bedeutet das ständige Vergleichen von Mädchen und Jungen und das Klassifizieren von geschlechtsspezifischen Eigenschaften nur, dass man immer wahlweise das eine oder andere Geschlecht defizitär beurteilt (vgl. Kelle in: Becker, 2004, 160f).
In ähnlicher Form argumentierte Hagemann- White zu Anfang der 80er Jahre. Sie hob hervor, dass selbst die größten Unterschiede zwischen den beiden Geschlechtern im Vergleich zu den Variationen innerhalb eines Geschlechts weit geringer ausfallen und Geschlecht somit keine brauchbare Variable für die Sozialwissenschaft darstellt (vgl. Kelle in: Becker, 2004, S. 160).
So bildete sich dann immer mehr eine eigenständige Mädchenforschung heraus, welche unterschiedliche Forschungsinteressen an Mädchen entwickelte und vielfältig untersuchte.
Weiblichkeit wurde nicht mehr anhand der Unterscheidung der Männlichkeit interpretiert, sondern in einen eigenen Rahmen gesetzt.
Rendtorff konstatiert, dass sich im Zuge dieser Entwicklung ein neues Frauen- und Mädchenbild formen konnte und zu einer anderen Wahrnehmung und Sensibilität führte.
Anfänglich dominierte in der Mädchenforschung die Frage, wie Mädchen zu Mädchen gemacht werden.
Die (psychoanalytische) Kernthese in Bezug auf die Entwicklung von Geschlecht war die, dass durch die erste Objektbeziehung- die zur Mutter- bereits eine geschlechtliche Arbeitsteilung vorgelebt wird und zur geschlechtlichen Identifikation führt. Da Mädchen sich von der Mutter nicht qua Geschlecht abgrenzen können, bleiben Identifikationen und Beziehung länger bestehen.
In der Phase der Adoleszenz, so die psychoanalytische Lehre, werden frühkindliche Konflikte wieder aufgegriffen und sind entscheidend für die geschlechtliche Identitätsentwicklung von Mädchen. In dieser Zeit wird zumeist der Versuch einer Abgrenzung unternommen, fragiler allerdings als bei Jungen.
Dieses Rollenkonzept geriet aber Anfang der 90er Jahre zunehmend in die konstruktivistische Kritik, weil die Betonung zu sehr auf der Ordnung der Zweigeschlechtlichkeit und den damit verbunden Stereotypisierungen lag.
Mittlerweile liegt die Akzentuierung auf dem Blickwinkel, Mädchen als „kulturelle, diskursive und wissenschaftliche Konstrukte im Rahmen des Systems der Zweigeschlechtlichkeit zu analysieren“(vgl. Kelle in: Becker, 2004, S. 366).
So werden zum einen die individuellen Kontexte lebensweltlicher Entwürfe von Mädchen fokussiert, zum anderen stehen die unterschiedlichen Mädchenkulturen im Blickpunkt, welche eine besondere Bedeutung für die Geschlechtssozialisation haben.
2.6.3 Weibliche Adoleszenz
Die Adoleszenz ist eine lebensgeschichtliche Phase, in der physische, psychische und sozialen Prozesse besonders eng mit einander verbunden sind.
In diese Phase fallen „die Ausgestaltung der geschlechtlichen Identität, die Modifizierung des Verhältnisses zu den Eltern und die von ihnen abgrenzende Gestaltung eigener Liebes- und Arbeitsbeziehungen (Flaake, 2003, S. 13).
Wie sieht die Entwicklung von Mädchen in dieser Zeit aus?
Wie bereits im Kapitel über die Jugendforschung beschrieben, kommen Mädchen wesentlich früher in die Pubertät als Jungen- nach wissenschaftlichen Einschätzungen rund zwei Jahre früher.
Die Phase körperlicher Veränderungen beginnt für die Hälfte der Mädchen bereits im Alter zwischen neun und zwölf und für die große Mehrheit spätestens zwischen zehn und vierzehn Jahren.
[...]
- Arbeit zitieren
- Anna Jungbluth (Autor:in), 2005, "ich brauch mal eure hilfe" - Inhaltsanalytische Untersuchungen der Kommunikation in einem Online- Forum für Mädchen und junge Frauen, München, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/50468
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