"Veronika Spleiß geht in ihrer Arbeit der Frage nach, ob im neoliberalen Menschen der Gegenwart Nietzsches "souveränes Individuum" verwirklicht ist, d. h. ob die westliche Welt die höchste Ausprägung an Freiheit und Selbstbestimmung des Einzelnen im Sinne Nietzsches für sich beanspruchen kann. Im Zentrum der Untersuchung steht dabei mehr als die Übertragung eines Philosophems auf die Wirklichkeit: Was Spleiß thematisiert, ist das fundamentale Problem der Richtigkeit des Selbstverständnisses der Gegenwart. Dies verlangt zum einen eine grundlegende Reflexion auf die Frage nach dem Wesen der Freiheit im Denken Nietzsches; zum anderen muss der neoliberale Anspruch, einen beispiellos freien und selbstbestimmten Menschen hervorgebracht zu haben, herausgearbeitet sowie am Maß der Bestimmung der Freiheit bei Nietzsche gemessen werden.
Vor diesem Hintergrund gliedert sich die Arbeit in zwei große Blöcke auf: Es wird zunächst die Gestalt des "souveränen Individuums" sukzessive aus der Philosophie Nietzsches heraus entfaltet, um in einem zweiten Schritt die Tendenzen und Implikationen des neoliberalen Paradigmas für den Einzelnen zu bestimmen und mit Nietzsche kritisch zu beleuchten. Als Grundlage werden dabei u. a. Schriften des Berliner Kulturphilosophen Byung-Chul Han herangezogen."
Aus dem Gutachten von Dr. Christina Kast
Inhaltsverzeichnis
- I Der Anschein von Freiheit im 21. Jahrhundert
- II Nietzsches Philosophie des souveränen Individuums
- 1. Annäherung mit der Zur Genealogie der Moral
- 1. 1. Die Vergesslichkeit und das Gedächtnis als zwei aktive Gegenpol
- 1. 2. Verantwortlichkeit und Sittlichkeit der Sitte
- 2. Das souveräne Individuum
- 2.1. Die Freiheit von der Sittlichkeit der Sitte oder das Selbstverhältnis ohne Spiegelbild
- 2.2. Souveränität und Autonomie
- 2.3. Das schlechte Gewissen im Sinne der Sittlichkeit
- 2.4. Das intellektuelle Gewissen des souveränen Individuums und seine Verantwortlichkeit als Freiheit und Instinkt
- 3. Der Vergleich des souveränen Individuums mit dem Übermenschen und letzten Menschen
- 3.1. Das souveräne Individuum gleich dem Übermenschen
- 3.2. Die zyklische Steigerung und der Wille zum Leben als Wille zur Macht
- 3.3. Wiederkehrende Selbstüberwindung zur Selbstbeherrschung und Selbstgesetzgebung
- 3.4. Der letzte Mensch als Gegenfigur zum Übermenschen und souveränen Individuum
- III Der Neoliberalismus und seine Tendenzen im 21. Jahrhundert im Vergleich zu Nietzsches souveränem Individuum
- 1. Definition des Neoliberalismus
- 2. Der gleichzeitige Anspruch an die selbstverwirklichende Freiheit und die ordnungsschaffende Gleichheit
- 2.1. Selbstverwirklichung als wettbewerbsermöglichende Selbstoptimierung
- 2.2. Öffentliche Meinungen als regierende Lenkungen
- 2.3. Feedback-Kultur zur bestmöglichen Anpassung
- 2.4. Die Diversität des Gleichen
- 3. Der Anspruch an Positivität mit der größtmöglichen Abschaffung von Negativität
- 3.1. Die neuronale Positivität des „Hyper“ als Übersättigung
- 3.2. Die Abschaffung der Negativität als Mangel
- 4. Der Anspruch an den beschleunigten Fortschritt
- 4.1 Die Zeit und der beschleunigte Handlungsimperativ
- 4.2. Vom beschleunigten Fortschritt zur „grossen Müdigkeit“
- IV Das Ausbleiben des souveränen Individuums im Neoliberalismus
Zielsetzung und Themenschwerpunkte
Diese Masterarbeit beschäftigt sich mit dem Konzept des „souveränen Individuums“ im Kontext des Neoliberalismus. Ziel ist es, zu analysieren, ob und inwiefern das vom Neoliberalismus propagierte Ideal der individuellen Freiheit und Selbstverwirklichung mit Nietzsches Philosophie des souveränen Individuums übereinstimmt.
- Nietzsches Philosophie des souveränen Individuums
- Der Neoliberalismus und seine Tendenzen
- Der Vergleich zwischen Nietzsche und dem Neoliberalismus
- Das Ausbleiben des souveränen Individuums im Neoliberalismus
- Die Kritik an der neoliberalen Freiheitsidee
Zusammenfassung der Kapitel
Das erste Kapitel beleuchtet den scheinbaren Freiheitsanspruch im 21. Jahrhundert und führt in die Problemstellung ein. Das zweite Kapitel befasst sich mit Nietzsches Philosophie des souveränen Individuums, wobei die „Genealogie der Moral“ als Ausgangspunkt dient. Die Kernaussagen und die Entwicklung des souveränen Individuums werden im Detail analysiert. Im dritten Kapitel werden die Tendenzen des Neoliberalismus im 21. Jahrhundert betrachtet und mit Nietzsches Philosophie verglichen. Die vermeintliche Selbstverwirklichung im Neoliberalismus wird kritisch hinterfragt. Das vierte Kapitel widmet sich der Frage, ob und inwiefern das souveräne Individuum im Neoliberalismus tatsächlich existiert.
Schlüsselwörter
Die Masterarbeit beschäftigt sich mit den Schlüsselbegriffen wie souveränes Individuum, Neoliberalismus, Freiheit, Selbstverwirklichung, Nietzsche, Genealogie der Moral, Wille zur Macht, Übermensch, letzter Mensch, Selbstoptimierung, Feedback-Kultur, Positivität, Negativität, Fortschritt, Müdigkeitsgesellschaft. Die Arbeit greift auf wichtige Themen wie Individualismus, Macht, Ethik, Politik und Gesellschaft ein und betrachtet die Kritik an der neoliberalen Ideologie.
- Quote paper
- Veronika Spleiß (Author), 2019, Über Nietzsches "souveränes Individuum" des Neoliberalismus, Munich, GRIN Verlag, https://www.grin.com/document/507151